Beiträge von Fevvers

    Hallo,


    ich bin nun auch durch. :bang:


    Die letzten Gesänge haben mir gut gefallen, aber nicht wegen des schier brutalen Gemetzels. Mir ging es wie Dir, Ingrid, ich hatte das Gefühl, im Kino zu sitzen, so anschaulich wurde der Untergang der Freier beschrieben. Habe ich das eigentlich richtig verstanden, dass der Schurke Antinoos der einzige von den Freiern war, der gar nicht versucht hat, den Bogen zu spannen, sondern nach dem Scheitern des Eurymachos vorschlug, am nächsten Tag Opfer zu bringen und dann einen neuen Versuch zu starten? Was für ein verabscheuungswürdiger Feigling!


    Besonders berührt haben mich die Szenen, in denen Odysseus nach Hause kehrt, er ist wirklich der Prototyp eines Kriegsheimkehrers. (Ich habe neulich ein Interview mit einem Psychologen/Soziologen im TV gesehen, der sich mit dem Thema beschäftigt und in seinem neuesten Buch auf die Odyssee eingeht.) Er sieht, wie alles den Bach runtergegangen ist, am deutlichsten wird das bei der geschilderten Verwahrlosung des Hundes. Das einst Vertraute ist fremd geworden. Die Zweifel, wer steht noch zu ihm und wer nicht? Er sieht den Kummer des Vaters. Seine Frau, die sich 20 Jahre lang die Augen aus dem Kopf geheult hat, reagiert zunächst ungläubig und distanziert, was ich sehr nachvollziehbar finde. Solche Szenen habe ich bislang nur im Zusammenhang mit dem Ende des 2. Weltkrieges gesehen oder gelesen.


    Fast schon zusammengezuckt bin ich, als die schamlosen Mägde erst die Blutlachen beseitigen mussten und anschließend gehängt wurden, genau wie der Ziegenhirt. Immer und immer wieder haben wir gelesen, welche unglaublichen Freveltaten die Freier jahrelang begangen haben - aber die Untreue der Mitglieder des eigenen Haushalts, das zeigt die unehrenhafte Todesstrafe, wiegt viel schlimmer.
    Odysseus scheint am Ende der Handlung gereifter als am Anfang, etwa wenn er daruf hinweist, dass der Sieg über die Freier kein Grund zum Jubeln ist.


    Schön, dass Athene für Odysseus und Penelope die Nacht verlängert. *g*


    Gruß, Fevvers

    Hallo alle zusammen,
    ich hangele mich von einem Kapitel zum nächsten (bin jetzt beim 17.) in Erwartung des großen Finales. Ich find's nach wie vor gerade nicht so spannend, aber das gemeinsame Lesen mit Euch hat auch mir viel Spaß gemacht, und andernfalls hätte ich es wahrscheinlich in diesem Leben nicht mehr geschafft, die Odyssee in Angriff zu nehmen. :smile:
    Irgendwo habt Ihr mal kurz in Erwägung gezogen, den "Ulysses" von Joyce zu lesen. Auch so ein Buch, das schon bestimmt schon an die 10 Jahre in meinem Regal steht und das zu lesen ich allein überhaupt keine Lust habe.
    Gruß, Fevvers

    Zitat von "JMaria"


    Schön finde ich den regelmäßig auftretende Ausspruch, wenn der Tag heranbricht:
    in meiner Ausgabe:
    Als aber die frühgeborene Mörgenröte mit ihren Rosenfingern erschien...


    Hallo Maria,
    die Rosenfingrige hat es mir auch angetan! Ich muss daran jeden Morgen denken, wenn ich bei Sonnenaufgang die Balkontür öffne. Ich habe in meinem Mythologielexikon unter "Eos" nachgeschlagen. Die Göttin der Morgenröte hatte leider ein furchtbares Pech in ihrem Liebesleben: Ihr Geliebter Orion wurde von Artemis aus Missgunst erschossen. Dann entführte sie den Kephalos, aber der mochte sie nicht und vermisste seine Ehefrau. Dann erwärmte sie sich für den trojanischen Prinzen Tithonos und bat Zeus, jenem die Unsterblichkeit zu geben, was der auch tat. Leider vergaß Eos, gleichzeitig um ewige Jugend zu bitten. Zunächst pflegte sie den Greis, aber als ihr sein Genörgel zu viel wurde, sperrte sie ihn ins Schlafzimmer ein. Der Autor des Lexikons vermerkt dazu süffisant: Kein Wunder, dass die "rosenfingrige Eos" so früh ihr Heim verlässt.


    Ich habe jetzt ebenfalls den 15. Gesang gelesen und finde es zurzeit etwas langweilig. Hoffentlich ändert sich das bald wieder.
    Gruß, Fevvers

    Die "Du"-Anrede ist mir zwar aufgefallen, aber merkwürdigerweise nicht sofort. Ich habe das zunächst nur unbewusst zur Kenntnis genommen. So redet jemand, der im Kreise seiner Lieben erzählt, was ihm widerfahren ist, und dabei die Beteiligten zwischendurch direkt anspricht. Aber davon war vorher ja nicht die Rede.
    Da wir bei der Odyssee von mehreren Verfasserm ausgehen müssen: Könnte es sein, dass an dieser Stelle ein Einschub eines anderen Autors/Bearbeiters vorliegt, dessen ursprüngliche Rahmenhandlung verloren ging? (Nachdem Odysseus bei den Phäaken ausführlich Bericht erstattet hat, erzählt er in seinem eigenem Haushalt rückblickend, so was in der Art?)
    Das ist meine Vermutung, leider kann ich das derzeit nicht überprüfen, und es findet sich in den Anmerkungen meiner Ausgabe kein Kommentar dazu.
    Gruß, Fevvers

    Hallo,


    ich habe gestern Abend bis zum Ende des 14. Gesangs gelesen und bin etwas traurig darüber, dass die Abenteuerzählungen des Odysseus vorüber sind. Darauf war mein Hauptaugenmerk gerichtet. Aristoteles hat das anders gesehen:


    Denn der Inhalt der Odyssee ist kurz: ein Mann ist viele Jahre entfernt, von Poseidon belauert und ohne Gefährten, während es mit seinen häuslichen Umständen so steht, dass sein Gut von den Freiern verzehrt wird, und sein Sohn Nachstellungen ausgesetzt ist; endlich kommt er nach überstandenem Sturm zurück, erkennt einige, macht sich an sie und geht selbst siegreich aus dem Kampf hervor, vernichtet aber seine Feinde. Dies ist der eigentliche Inhalt, das andere sind Episoden. (Poet. 17, 10)


    Die Opferblut-Szene am Rand des Hades habe ich so verstanden: Durch das Trinken des Blutes (Zeichen des Lebens) erlangten die Toten vorübergehend ihr altes Bewußtsein zurück, das sie zu Lebzeiten hatten. Teiresias muss also erst trinken, um 'sehen' zu können. Da seine Prophezeiung der eigentliche Grund für die Hadesfahrt war, sollte er als erster trinken und sprechen können. Odysseus sollte sich nicht verplaudern, denn - natürlich - konnte er es nicht lassen, ihm bekannte Seelen wie die seiner Mutter anzusprechen. Und so hat er einzelne ihm zu ihren Lebzeiten bekannte Verstorbene ebenfalls trinken lassen, um mit ihnen reden zu können. Bis auf den sogar noch im Tode nachtragenden Aias hat das ja auch gut funktioniert.


    Die Elpenor-Episode war pädagogisch höchst wertvoll :smile: , warnt sie doch die übermütige Jugend vor den Gefahren des unkontrollierten Alkoholgenusses.


    Die Skylla-Szene fand ich enttäuschend kurz. Darauf war ich sehr gespannt gewesen, da ich vor einiger Zeit verwundert eine Odysseus-Skylla-Wandmalerei im romanischen Westwerk der Klosterkirche Corvey betrachtet hatte (eine schmückende Illustration des Elements Wasser), die man erst vor einigen Jahren frei gelegt hat. In der karolingischen Ikonographie repäsentiert Odysseus den Tugendhaften, der den Anfeindungen der Welt - symbolisiert durch Skylla oder die Sirenen - zu trotzen versteht.


    @ Ikarus: Danke für die Aufklärung hinsichtlich antiker Damenfrisuren. :zwinker: Bei Voss sind diese "schöngelockt". Ansonsten reizt mich meine Übersetzung oft zum Lachen. Freche Worte entweichen gewöhnlich dem "Gehege der Zähne". Odysseus wird von Athene als "Gedankenbunter" bezeichnet. Sehr anschaulich, wenn man bedenkt, was er manchen Leuten für Lügengeschichten auftischt.


    Gruß, Fevvers

    Hallo,
    nun bin auch ich endlich bei den Irrfahrten des Odysseus angekommen und habe gerade Eure bisherigen Beiträge in Ruhe gelesen.


    @ Ingrid: Das war ja wieder klar, dass Dich die Vorgänge in des Kyklopen Höhle arg mitnehmen. :zwinker: Bedenke jedoch: Du sollst durch den gruseligen Schauder zur persönlichen Läuterung gelangen. Und erinnere Dich an den Schluss des 8. Gesangs, wo es heißt: "Doch dieses haben die Götter bewirkt und das Verderben den Menschen zugesponnen, damit es noch den Künftigen zum Gesange werde."
    Zur Schweizer Fassung der Odyssee hier mein einziger Kommentar, da noch schlimmer als Züridütsch: :entsetzt:


    @ Elfenkönigin: Ich fand die Proteusszene auch sehr witzig, vor allem aber weiß ich jetzt, dass man sich Ambrosia unter die Nase schmieren kann, um unangenehme Düfte abzuwehren. Hast Du eigentlich etwas zum Thema "Blut" nachschlagen können? (Kannst Du ein bestimmtes Symbollexikon empfehlen? Ich möchte mir schon langes eines anschaffen.)


    @ JMaria: Die Kalypsoszene! Erst jammert Odysseus, dass er Kalypso kaum noch ertrage, dann gibt es aber doch ein letztes Schäferstündchen, als seine Abreise ansteht. (Da kann der Widerwillen ja nicht wirklich sooo groß gewesen sein.) Völlig zu Recht beklagt Kalypso, dass in amourösen Dingen auch in der Götterwelt unterschiedliche Regeln für Götter und Göttinnen gelten.


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    Abgesehen davon, dass meine Athene "helläugig" ist, beschäftigt mich noch ein anderer Begriff meiner Schadewaldt-Übersetung: Frauen wie Nausikaa z.B. werden oft als "flechtenschön" bezeichnet. Was habe ich mir darunter vorzustellen? Haben sie kunstvolle Zopffrisuren? Oder wird ihre Kleidung mit geflochtenen Bändern gehalten und geschmückt? Was steht in Euren Ausgaben?
    Ferner finde ich es merkwürdig, dass das Meer, wenn es beschrieben wird, häufig mit der Farbe rot o.ä. in Verbindung gebracht wird, es wird als dunkelrot bezeichnet oder wein- bzw. purpurfarben. Habt Ihr eine Erklärung dafür? Es wird doch nicht ausschließlich beim Abendrot gesegelt.


    Zwei Kleinigkeiten, aber Grund genug zum Grübeln.


    Es ist schon lange her, dass ich die Ilias gelesen habe, Einzelheiten habe ich nicht mehr in Erinnerung, aber mir kam es damals so vor, als ob die Kriegshelden mehr oder weniger Schachbrettfiguren der Götter gewesen seien. Von der Odyssee habe ich bislang einen ganz anderen Eindruck. Hier wird sehr deutlich, vor allem in der Telemachie, dass Athene eine Art Impulsgeberin und Ermunterin ist, sodass Telamchos die in ihm schlummernden Fähigkeiten zur Entfaltung bringen kann.


    Ein schönes Internetnachschlagewerk ist graeca, dort gibt es auch eine vergrößerbare Griechenlandkarte mit antiken Stätten.


    Gruß, Fevvers

    Hallo,


    ich wolte mich nur kurz melden. Ich hinke mit der Lektüre leider sehr hinter Euch her, da ich zurzeit viel zu tun habe. Ich bin jetzt erst beim fünften Gesang, hoffe jedoch, in dieser Woche aufzuholen.
    Alles in allem liest sich die Odyssee sehr viel kurzweiliger als die Ilias, finde ich. Durch letztere habe ich mich wirklich hindurch gequält.


    @ Steffi: "Schicksal eines Volkes" - ein interessanter Gedanke, den ich noch nicht gehabt habe. Ich habe Odysseus stets als individuellen Abenteurer gesehen, wahrscheinlich beeinflusst durch Jugendbuchbearbeitungen und diese schaurig-schönen italienischen Verfilumungen antiker Klassiker, die es manchmal sonntags im Fernsehen gibt. Die Entstehungszeit der Odyssee fällt etwa mit dem Beginn der griechischen Kolonisation (ursprgl. verursacht durch Überbevölkerung) im Mittelmeerraum zusammen. Das hat sicherlich bei den Zuhörern einen Nerv getroffen. wenn sie daran dachten, was wohl an fremden Küsten aus den Verwandten werden wird bzw. in der Fremde geworden ist.


    Bis bald,
    Fevvers

    Zitat von "JMaria"


    ich vermute aber eher, daß Lyrik gern in Gesänge eingeteilt wurde.


    Hallo Maria,
    die homerischen Epen wurden wirklich "gesungen", es gab Vortragende, die die "Ilias" oder die "Odyssee" komplett im Programm hatten. Eine enorme Gedächtnisleistung, die sich heute wohl niemand mehr vorstellen kann. Ob man das zu Dantes Zeiten in Italien auch noch gemacht hat, weiß ich aber nicht.
    Gruß, Fevvers

    Hallo Maria, Ikarus, Elfenkönigin & Steffi,


    nach langer Zeit hätte ich mal wieder Interesse an einer gemeinsamen Lektüre im Klassikerforum. Die "Odyssee" habe ich bisher nur in Auszügen gelesen. Ich habe sogar zwei Ausgaben, eine in Versform, eine in Prosa. Allerdings ist mein Lesetempo derzeit nicht sehr schnell, wie sieht es bei Euch aus? Wie weit seid ihr eigentlich?


    Eines meiner seit Jahren unentbehrlichen Lieblingsnachschlagewerke ist Gerhard Finks "Who's who in der anitken Mythologie" (dtv) sein. (Gibt's auch für Shakespeare und die Bibel.) Da lichtet sich der mythologische Nebel.


    Warum schmeißt Penelope die Freier nicht raus? Gute Frage. Die nächste Frage lautet aber: Wie hätte sie das bewerkstelligen können?
    Die Stellung der Frauen war in der frühgriechischen Zeit noch selbstständiger als später in der Klassik, aber ein gesellschaftlicher Druck zur Wiederheirat war sicherlich vorhanden. Zumal die Ehefrau in die Familie des Mannes übergeht, schon allein dessen Verwandte hätten ein Interesse daran gehabt, dass der Besitz geschützt wird. Vor allem aber war der einzige Sohn noch zu jung, die Rolle des abwesenden Vaters einzunehmen. Telemach fehlt es an Autorität, genau wie seiner Mutter.
    Ferner spielte im homerischen Griechenland die Gastfreundschaft eine wesentliche Rolle, verbunden damit das Prinzip des Tausches, Gabe und Gegengabe. Der wirkliche Skandal ist nicht nur, dass die Freier einfach bleiben, sondern dass sie ohne übliche Gegenleistungen die Vorratskammer leer fressen. Sie bringen noch nicht einmal die traditionellen Brautgaben mit. Ein unzivilisiertes, raues Pack also und nicht ungefährlich. Wer hätte die Freier mit gewaltsamen Mitteln vertreiben können? Wenn ich mich recht erinnere, kam da niemand in Frage. Daher Penelopes gewaltfreier Trick mit dem Tuch, Zeit schindend und hoffend, dass der Gatte wiederkehrt.


    Gruß, Fevvers

    Hallo Nimue,
    bislang habe ich damit gute Erfahrungen gemacht, und zwar hauptsächlich bei Dramen, z.B. beim "Zerbrochenen Krug" von Kleist. Da diese von verschiedenen Sprechern mit vberteilten Rollen gelesen werden, ergibt sich oft ein ganz anderes Bild als beim Nur-Lesen, ist dann wirklich 'Theater im Kopf'.
    Bei Thomas Mann würde ich aber Abstand nehmen von Texten, die er selbst aufgenommen hat (in meiner Bibliothek gibt es davon einiges, kommt nicht so gut rüber).
    Gruß, Fevvers

    Hallo kang bondet,
    ich habe von Felicitas Hoppe, Jg. 1960, vor einigen Jahren "Picknick der Friseure" gelesen (für dieses Buch hat sie einen Preis erhalten), das ist eine Sammlung von grotesken Erzählungen und ihre erste Veröffentlichung.
    Ihren Roman "Pigafetta" kenne ich noch nicht.
    Wofür brauchst Du denn diese Infos?
    Liebe Grüße,
    Fevvers