Beiträge von Volker

    Erst mal muss ich mich bei Euch entschuldigen. Ich bin ja zeitlich sehr hinter meiner Ankündigung zurückgeblieben und das wird auch inhaltlich so sein. Zeitlich wg.Mitwirkung in einer BI (Erhaltung eines hirst. Geb.). Inhaltlich aus Unvermögen

    Es ging darum, dass ich mehrmals dachte: Großer Friedrich Schiller, das ist unglaubwürdig. Auf eine Stelle in den Piccolomini hat finsbury schon hingewiesen (Picc., 2. Aufzug, 5. Auftritt) "ob ich euch nicht alle zum Besten habe" ( oder aehnlich). Wer soll dann einem Heerführer noch "blind" folgen?

    Dann in Wallensteins Tod, 4. Aufzug, Schluss. Max wird vorher als glühender Anhänger WS geschildert, den er außerdem als künftigen Schwiegersohn gewinnen will. Und ausgerechnet der sträubt sich eine Ergebenheitsadresse zu unterschreiben, die alle anderen unterschrieben haben (dass die getäuscht wurden, weiß er da noch nicht). Die Begründung, die Schiller für ihn zimmert, ernstes Geschäft, Kopf nicht frei, finde ICH angesichts des Rahmens schwach. Andererseits: Anders als die Passage bei den Piccolomini, die in DIESER Form (auf alle bezogen) "nicht nötig" gewesen wäre, ist diese gewagte Konstruktion für das Werk und dessen Dramatik von großer Bedeutung. Man sollte also drüber wegsehen.....

    Nicht so ganz ueberzeugend fnde ich auch die Eiererei im 5. Aufzug, nachdem Sesin abgefangen wurde. Da tut ja Wallenstein mehrmals so, als sei bei ihm alles noch nicht ganz entschieden gewesen und "philosophiert", ob es keinen Aus- oder Rückweg gibt. Dass das nicht der Fall ist, liegt ja für jeden"Depp" klar auf der Hand. als DICHTUNG gehören diese Erwägungen aber für mich mit zum Schönsten. Also auch über die Unstimmigkeiten weglesen.

    Dann: Das Verhalten Theklas, aber auch das Wallensteins, Max gegenüber ist einfach zu edel um glaubwürdig zu sein ich weiß natürlich: Edel sei der Mensch...., eben Schiller, aber ein Typ wie W. lässt doch seinen Gegner (und sollte er ihn wirklich lieben, wobei die Liebe ja nicht ausgereicht hat, ihm seine Tochter zur Frau zugeben) nicht frei laufen.

    Zweifel sind es nicht, eher gewisse Irritatationen. Die werde ich VERSUCHEN, in ein zwei Tagen zu formulieren.

    Jetzt etwas Anderes: Im allgem. Diskussionsforum habe ich auf eine FÜR MICH sehr interessante "Entdeckung" hingewiesen. Es würde mich interessieren, ob das für Euch auch neu ist.

    weil ich die kleine Schrift in meinem Exemplar nicht mehr lesen kann, lese ich den Wallenstein im projekt gutenberg. Nun wollte ich nicht durchs Lager und die Piccolomini durchzappen, um zu Ws. Tod zu kommen und habe nach einem Direktzugang zu Wallensteins Tod gesucht. Da sah ich oben rechts ein ziemlich kleines Feld, in dem man was eingeben kann. ZU MEINER GROSSEN ÜBERRASCHUNG KAM DANN NACH DER EINGABE "WALLENSTEINS TOD" EINE GANZE LATTE SEHR INTERESSANTE SEKUNDÄRLITERATUR.. Möglich, dass Ihr das längst wisst.

    Nachdem ich ja mit den Zitaten angefangen habe, hier eine Auswahl aus den Piccolomini, aber nur eine Auswahl:

    Spät kommt ihr....darauf hat finsbury schon hingewiesen.

    Was ist der langen Rede kurzer Sinn?

    Sie fallen aus der Rolle, Herr Minister.

    Dann DAS Zitat überhaupt:

    In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne!


    Du red'st, wie du's verstehst.

    Dann ein Zitat, bei dem ich mich plötzlich an den Lehrer erinnert habe, bei und mit dem wir den Wallenstein gelesen haben (wir hatten häufige Lehrerwechsel):

    Der Notzwang der Begebenheiten.

    Dazu hat er lange Ausführungen gemacht. Ich denke, dass er sich an eiñem Leitfaden für den Unterricht orientiert hat(?).

    Der Zug des Herzens ist des Schicksals Stimme.

    Vor Tische las man's anders.

    Das ist der Fluch der bösen Tat, dass sie, fortzeugend, Böses muss gebären.

    Solche Illoyalität gibt es ja immer wieder. Hier ist es eine charismatische Persönlichkeit, der die Truppe als der "eigentlichen Macht folgt, Ereignisse, wie der Kapp- Putsch, dann, gerechtfertigt als Auflehnung gegen ein verbrecherisches System, der 20. Juli 44 und - ganz aktuell - offenbar ernste Umsturzvorbereitungen innerhalb von Spezialkräften der Bundeswehr (14.08. ZDF spätabends: Verschwörung...), man kann es kaum glauben, aber die, die das planen , fühlen sich im Recht.

    Ihr müsst mir das nochmal mit dem Zitieren erklären: Ich fand das auch verwunderlich, dass Schiller den Wallenstein hier so sprechen lässt und erwartet, dass es glaubhaft ist, wenn ihm dennoch alle folgen. Eigentlich ist mir hier Schillers Dichten unverständlich. Das wäre m.E. eine Äußerung für "beiseit:" gewesen, finde ich(?).

    Es ist manchmal seltsam, wie sich die Knoten schürzen: Vor ein paar Tagen las ich ein Interview mit Monika Maron, in dem es auch um ihren neuen Roman ging. Das Interview hatte eine Faltkollegin aus dem Erzgebirge eingestellt. Da dachte ich zurück an unsere interessnte Leserunde über Munín und wollte sie darauf hinweisen.Zuerst fand ich gar nichts wieder und dann nur Bruchstücke, ABER ich sah dann einen fast zwei Jahre alten Neujahrsgruß von finsbury an mich und, dass er z.Zt. mit Karamzin den Wallenstein liest. Da bin ich eingestiegen. Und nun tauchst Du mit der Maron auf. Was Du schreibst ist interessant. Ich werde mir das Buch nach Wallenstein kaufen und "unterhalte" mich dann sehr gern mit Dir, SO DU MAGST.

    Was mich immer wieder fasziniert, ist, wie prägnant der Schiller formuliert. Z.B. dies Zitat (ich hoffe, dass ich es korrekt wiedergebe, aber es ist immer auch interessant, WIE man es behält):

    Über Wallenstein:

    Von der Parteien Gunst und Hass verwirrt,

    schwankt sein Charakterbild in der Geschichte.

    Ach, wer das doch könnte, nur ein einziges Mal!

    vielen Dank, Karamzin! Ein Glück, dass ich nochmal zurückgeschaut habe. Du bist ja voller Goldadern! Ich habe leider einen zu wenig "kontinuierlichen Kopf" für solche goßen Linien, aber viel Spaß an den Brosamen, die von der Reichen Tische fallen und da ist natürlich die Sache mit dem Sauerkraut und dem Würstchen auf dem Kopf was Erstklasiges. Was Du mir aber erklären "musst", gerne in einer PN, ist die Sache mit dem Salzstreuer und der Frau auf der Bank. Da hab ich nie was von gehört. Hat die Corona gekriegt oder was? Spaß beiseite: Ganz herzlichen Dank für die Zusammenhänge und Hintergründe!!!

    Die meisten Figuren oder gar alle(?), sind ja historisch. Max Piccolomini, der, wie finsbury ausführt, eine wichtige dramatisch Funktion erfüllt, ist aber, wie ich bei Wikipedia(?) gelesen habe, Schillers Erfindung. Es gab wohl einen Max, das war aber der Neffe und zur Zeit der Handlung erst 11 Jahre alt. Den "Riss" zwischen Vater und Sohn anzulegen, ist natürlich besonders "spannend", aber das hat es ja in Wirklichkeit immer wieder gegeben in Situationen, die nur schwarz oder weiß zuließen z.B. NS- Zeit oder DDR. (Entschuldigung, ich hatte mich vertan und hatte Max und Octavio vertauscht. Octavio ist der Vater, Max der Sohn, nicht umgekehrt. Der Kalk rieselt bedenklich).

    hab das schon beim Munin bewundert, was Du alles weißt und wie Du es "rüberbringst". Der Vers über die Gustel von Blasewitz ist mir auch noch aus der Schulzeit in Erinnerung, obwohl ich nicht die geringste Ahnung hatte, wo das liegt und wie Schiller zu der Figur kam. Schön, mit Euch lesen zu dürfen!

    Nachdem Ihr zwei dankenswerterweise den Grund gelegt habt, macht Ihr es mir leicht, ein wenig Senf dazu zu geben:

    Schiller ist ja bekannt dafür, dass seine Werke voller geflügelter Worte sind. Karamzin hat

    schon darauf aufmerksam gemacht. Ich hatte aber nicht in Erinnerung, dass die geprägten Goldstücke in der Wallenstein Trilogie so dicht schon gleich am Anfang gesät sind. Die Passage, bei der finsbury beim ersten Lesen ein wenig ins Grübeln gekommen ist, fasst Schiller bündig zusammen in dem seither geflügelten Wort: Dem Mimen flicht die Nachwelt keine Kränze.

    Wenig später ein anderer Kernsatz: Es wächst der Mensch mit seinen größern Zwecken. Und dann:

    Ernst ist das Leben, heiter ist die Kunst. Das alles schon im Prolog.

    Im Lager dann der herrliche Satz: Und wie er räuspert, wie er spuckt, das habt ihr ihm glücklich abgerückt.

    Tilly wird die Haltung gegenueber seiner Truppe zugeschrieben: leben und leben lassen. Bei einige solchen Kernsätzen ist mir nicht klar, ob sie von ihm stammen oder ob er "Sprichwörter" eingebaut hat.

    Womit ich überhaupt nicht gerechnet hatte, es hier und bei Schiller zu finden ist: Prost Mahlzeit! Das hätte ich zeitlich in den Zwanzigern des vorigen Jahrhunderts verortet, so schnoddrig-"modern" wie das klingt.

    Jetzt kommen wieder zwei, die auch"Volkston" sein könnten: Wir haben das Heft noch in der Hand und ...hat auch einen großen Stein im Brett.

    Worüber ich nicht schlecht gestaunt habe, ist, dass am Schluss des Lagers ein Lieblingslied meines Vaters "auftaucht":

    Wohlauf Kameraden aufs Pferd, aufs Pferd!

    Ins Feld in die Freiheit geritten!

    Im Felde, da ist der Mann noch was wert,

    Da wird das Herz nochvgewogen.

    Da tritt kein andrer für ihn ein,

    auf sich selbst steht der da ganz allein.

    Ihr werdet vielleicht fragen, wie konnte so ein altmodischer song ein Lieblingslied seines Vaters sein?: Ich bin ein Nachkömmling, bei meiner Geburt war mein Vater, geb.1887, 50 Jahre alt. Er hat am ERSTEN Weltkrieg 1914-1918 teilgenommen. Da "war die Kavallerie noch etwas"....

    Ja, und nun noch was, woran ich mich nicht erinnerte: Da tritt doch der Kapuziner auf, der in einer längeren "Philippika" dem zuchtlosen Haufen "die Leviten liest". Heute Nacht "schoss es mir durch den Kopf": Sollte das die sprichwörtliche Kapuzinerpredigt sein? Ja, so ist es. Das Netz weiß so was!

    Einen schönen Sonntag!

    Liebe Zefira, lieber finsbury und Karamzin,

    wenn Ihr mich mitlesen lasst, würde ich das sehr gerne tun. Ich habe mich zwar leider überhaupt nicht vorbereitet, sondern gestern nach über zweijähriger Abstinenz einen Neujahrsgruß von finsbury gelesen, der mich gerührt hat. "Zufällig" hab ich dann gesehen, dass Ihr Euch an den Wallenstein macht. Das hatte ich auch schonmal vor, weil ich "zufällig" im letzten Jahr von Johannes Kepler GEFESSELT war. Das passt ja nun alles wie der Topf auf den Deckel.

    finsbury, toll, dass Du dran geblieben bist. Bei mir war es ja sogar so, dass ich den zweiten Teil brauchte, um den Rang des ersten zu "glauben". Bei Thomas Mann in der Meerfahrt habe ich dann gelesen, dass er den zweiten Teil zwariintellektuell ambitionierter fand, darin aber die Frische des ersten vermisste.Erst beim zweiten und dritten Mal lesen "ging der erste Teil zu mir". Wie auch einige von Euch haben mich vor allem die eingeschobenen Nove!!en genervt, die ich mir beim dritten Mal geschenkt habe. Ja, die Passagen, die sich im zweiten Teil mit dem veröffentlichen ersten und seiner Rezeption befassen fand ich auch ganz grossartiuund es ist wohl so, dass Cervantes der erste war, der so was gemacht HT. Das hat auch TH.MMann geschrieben, wenn ich es richtig in Erinnerung habe. Der SP ist wirklich eine herrliche Figur und es ist wunderbar, zu erleben, wie er immer mehr an Leben und Komplexität gewinnt. Kafka hat das ja sehr schön und witzig auf den Punkt gebracht.