Hier kann zu den Kapiteln 70 - 92 des zweiten Teils im ersten Buch geschrieben werden.
Beiträge von finsbury
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Hier kann zu den Kapiteln 47-69 im zweiten Teil des ersten Buches geschrieben werden.
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Hier kann zu den Kapiteln 24 - 46 im zweiten Teil des ersten Bandes geschrieben werden.
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Hier kann zum ersten Buch, erster Teil, Kapitel 1-19 und und zweiter Teil, Kapitel 20- 23 geschrieben werden.
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Hier können wir Materialien aus dem Internet verlinken und allgemeine Aspekte diskutieren.
Zunächst erstmal:
Für diese Leserunde angemeldet sind:
- b.a.t.
- finsbury
-Krylow
- stevenomen@web.de
- ZefiraDie Diskussion ist zunächst den jeweils dreiundzwanzig Kapitel der ersten zwei Bücher zugeordnet, die jeweils grob einem Monat zugeordnet sind, aber auch früher oder später bedient werden können. Ob und wie es dann später weitergeht können wir hier besprechen.
Uns allen viel Spaß und interessante Einblicke! -
Raymond Chandler: Der große Schlaf (The Big Sleep, 1939)
Chandlers (1888-1959) Roman führt die Figur des Privatdetektiv Philip Marlowe zum ersten Mal ein.
Handlung:
Philipp Marlowe, der eine Privatdetektei in Los Angeles führt, wird zu dem alten General und Ölmillionär Sternwood auf dessen Anwesen gerufen. Der greise General hat einen höflich formulierten Erpressungsbrief eines Buchhändlers erhalten, der sich um Spielschulden der älteren Tochter, Vivian Sternwood, dreht. Obwohl die Summe für den Millionär eher eine Bagatelle ist, möchte der alte Herr nicht zahlen und beauftragt Marlowe, die Hintergründe der Erpressung zu ermitteln und diese zu unterbinden. Außerdem macht er sich Sorgen um seinen verschwundenen Schwiegersohn Rusty Regan. Seine jüngere Tochter Carmen begegnet Marlowe ebenso wie Vivian auf dem Anwesen. Beide machen auf ihn einen starken, aber auch etwas abstoßenden Eindruck.
Marlowe findet heraus, dass der Erpresser ein pornografischer Buchhändler ist, den er kurze später in einem Ferienhaus vorfindet, wo er gerade ermordet worden ist. Carmen ist dort auch, völlig zugefixt und in eindeutiger Pose. Kurze Zeit später wird Vivian mit einem Foto Carmens in genau diesem Zustand erpresst.
Bei seinen Ermittlungen blättert Marlowe wie in einem Buch immer weitere Abgründe auf. Seine Nachforschungen führen ihn in die finstersten Winkel von Los Angeles und zu einigen Polizeibehörden, bei denen er gut vernetzt ist und die ihrerseits zum Teil korrupte Beziehungen zur Unterwelt unterhalten. Zahlreiche Schießereien und andere Gewalteinwirkungen führen zu ebenso vielen Leichen, einmal auch unter direkter Mitwirkung von Marlowe, der natürlich ebenfalls mehrmals in lebensgefährliche Situationen gerät.
Die Auflösung ist schmerzlich, wird dem alten General jedoch vorenthalten, denn er soll unbelastet in den „Großen Schlaf“ hinübergleiten, in den ihm schon zahlreiche Banditen während der Romanhandlung vorangegangen sind.
Meine Meinung:
Der Roman ist elegant geschrieben, benutzt gekonnt Metaphern und Vergleiche, passt die Satzstrukturen dem Ausgesagten an und stellt die gesellschaftlichen Verstrickungen und das Elend der in die Stricke der Halb- und Unterwelt Geratenenen plastisch und gut nachvollziehbar dar.
Marlowe hebt sich als Vorbild des beziehungsunfähigen einsamen und gewitzt überlegenen Ermittlers von den Zehntausenden seiner bisherigen literarischen Nachfolger relativ angenehm ab. Dennoch fällt dieser zum Klischee ausgewälzte Charakter auch auf sein Vorbild zurück. Glaubwürdig wirkt er nur in seiner Zeit, den End-Dreißiger Jahren. Heute sagt er mir zumindest nicht mehr viel.
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Die Struktur ist auch nicht dafür gedacht, dass man die Spannung bei Hinterherlesern aufrecht erhält - aus diesem Grunde lesen wir in diesem Forum wohl weniger
-, sondern um die Diskussion bei der großen Masse an Material besser zu strukturieren. Wenn man etwas hinterherhinkt oder vorauseilt, kann man an der entsprechenden Stelle posten, und die anderen finden dort gezielt die Diskussionspunkte, bei denen sie selbst gerade sind.
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Warten wir mal ab, was die anderen drei schreiben. Wenn ich bis morgen 18 Uhr nichts weiter höre, würde ich die Leserunde so einrichten, wie oben vorgeschlagen, und wir könnten morgen Abend dann mit der Diskussion beginnen. Ich muss allerdings noch ein Buch zu Ende lesen und bin außerdem morgen einen großen Teil des Tages unterwegs, deshalb kann ich morgen Abend bestimmt noch nicht viel beitragen.
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So, der Termin nähert sich. Morgen sollte es losgehen.
Daher meine Frage, soll ich eine Kapiteleinteilung, wie oben vorgestellt, für die Leserunde vornehmen und als extra Ordner anlegen? Dann hätte man für jeden Monat eine Zielvorgabe, bzw. müsste nicht, wenn man aufgrund von Reisen etc. nachhängt, nach den entsprechenden Posts zu seinem Leseabschnitt suchen. Die, die weiter sind, könnten dann auch ganz gezielt nochmal zurückgehen und Stellung nehmen.
Außerdem würde ich wieder einen Materialien- und Gesamtüberblicksordner anlegen.
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Ein kleines Bändchen mit Gedichten und poetologischen Texten von Karl Krolow habe ich für die Vierziger Jahre mit eingetragen.
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Karl Krolow: Gedichte und poetologische Texte (seit 1948 – 1983)
Karl Krolow (1915-1999) gilt als einer der wichtigsten Lyriker der deutschen Nachkriegsliteratur.
Er durchschritt in seinem Werk unterschiedliche literarische Strömungen, von denen er einige für sein Werk nutzte und abwandelte. Er begann mit Naturlyrik in der Tradition von Oskar Loerke und Wilhelm Lehmann, nahm dann nach dem Krieg Anregungen vor allem aus der französischen Lyrik auf und verwandte zum Beispiel Elemente des Surrealismus. Bald aber entwickelte er immer mehr seinen eigenen Stil des Minimalismus, der individuellen Zurückgenommenheit, der dem Stoff, den Sachen, den Emotionen im Gedicht weniger Raum geben will als den grundsätzlichen Themen, die Krolow umtrieben: z.B. was man mit Sprache eigentlich ausdrücken kann und wie sprachlos man oft ist, gegen Gewalt, Terror und Krieg, das Leben im ständigen Angesicht des Todes, die erstarrte Gesellschaft.
Krolow verwendete klassische, strenge Gedichtformen wie das Sonett und genauso oft freie Verse ohne Bindung durch Reim und Metrum.
Ich habe ein kleines Reclam-Heftchen mit 34 Gedichten und vier poetologischen Texten gelesen. Einiges gefällt mir sehr gut, gerade wegen der oben erwähnten Zurückgenommenheit.
Ein Beispiel:
Neues Wesen (1967)
Blau kommt auf
Wie Mörikes leiser Harfenton.
Immer wieder
wird das so sein.
Auf die verschiedenen Wände
scheint Sonne.
Jeder erwartet das.
Frühling, ja, du bist’s!
Man kann das nachlesen.
Die grüne Hecke ist ein Zitat
aus einem unbekannten Dichter.
Die Leute streichen auch
ihre Familien an, die Autos,
die Boote.
Ihr neues Wesen
gefällt allgemein.
Womit ich Probleme habe, ist, dass Krolows Haltung während des Nationalsozialismus weder in meinem kleinen Büchlein noch in dem, was ich im Netz gefunden habe, von und über ihn, wirklich thematisiert wurde. Nur eine Bürgerinitiative, die sich mit ihm beschäftigte, als eine Straße in seinem langjährigen Wohnort Darmstadt nach ihm benannt wurde, hat herausgefunden, dass er Mitglied der HJ, der NSDAP und sogar Referent beim Reichsführer SS für das deutsche Volkstum war, seine frühen Gedichte in NS-Blättern veröffentlichte. Dazu nimmt er in den Interviews und Texten, die ich bisher gefunden habe, nicht Stellung, wird aber auch nicht danach gefragt. Nach dem Krieg hat er sich sehr eindeutig gegen jede Art von Gewalt und Diktatur gewandt, aber bei dieser Vergangenheit bleibt doch ein ziemliches Geschmäckle übrig, auch wenn es sicherlich schwierig war, als Autor in jenen Zeiten berufstätig zu sein.
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Wir wollten den Musil ja auch in kleinen Häppchen von ca. 100 Seiten pro Monat lesen. Dann gibt es ja noch genug Zeit für andere Werke.
Ich lese momentan "Mutmaßungen über Jakob" von Uwe Johnson. Das ist eine sehr anspruchsvolle Lektüre für mich, weil ein ständiger Perspektiv- und zum Teil auch Zeitebenenwechsel stattfindet, ohne dass dem Leser verdeutlicht wird, wer da gerade "dran ist". Außerdem sind Passagen in Dialekt, Mecklenburgisch und Sächsisch, oder auch anderen Sprachen wie Russisch und Englisch vorhanden, ohne dass es Übersetzungen gäbe. Weiterhin benutzt Johnson über lange Passagen so eine Art biblischen Stil, der manchmal auch etwas merkwürdig anmutet und verzichtet auf die Kommasetzung. -
Nun habe ich Christa Wolfs "Kindheitsmuster" durchgelesen. Eine herausfordernde, aber sehr lohnende Lektüre!
Ich fahre fort mit
Uwe Johnson: Mutmaßungen über Jakob. -
Christa Wolf: Kindheitsmuster. Roman 1976
Christa Wolf veröffentlichte diesen Roman nach ca. fünf Jahren Recherchearbeiten und Schreiben 1976 im Aufbau-Verlag. Sie beschäftigt sich darin mit ihrer Kindheit und Jugend während des Nationalsozialismus und in den ersten Nachkriegsjahren.
Zum Inhalt und zur Darstellungsform
Wolf beginnt mit Überlegungen zur Perspektive, die sie zur Erzählung der folgenden autobiografischen Inhalte einnehmen will. Da die Zeit die Erinnerung verändert und sie in sich selbst auch nicht mehr das authentische Kind, von dem sie berichten will, finden kann, entschließt sie sich, dieses in der dritten Person unter dem Namen Nelly zu führen und auch – um Abstand von sich selbst als Autorin und Erinnerungsinhaberin zu gewinnen – sich in der Du-Perspektive zu führen, eine sehr außergewöhnliche Erzählperspektive, die ich zum ersten Mal in einem Roman gelesen habe, jedenfalls darauf bezogen, dass hier nicht Leser*in gemeint ist, sondern Autorin/Erzählerin, die die Perspektive als Mittel der Distanz zu sich selbst benutzt.
Wolf verschränkt in diesem Roman drei Erzählebenen:
- die von Nelly, die sich von Beginn der dreißiger Jahre in dem Städtchen Landsberg/Warthe bis 1946 in einem Sanatorium in Mecklenburg, wo sie von einer Tuberkulose-Erkrankung gesundet, erstreckt,
- die der Erzählerin, die 1971 mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrem Bruder eine Kurzreise in jenes Landsberg unternimmt, das nun zu Polen gehört und Gorzów Wiekopolski heißt,
- die der Erzählerin während des Erzählprozesses, die von diesem berichtet, aber auch von Alltagsereignissen, einer USA-Reise und weltpolitischen Ereignissen in der Zeit zwischen 1971 und 1975. Diese Ebene ist fast immer reflexiv und setzt sich mit Themen wie Wahrheit, Verzerrung durch Perspektivität und erlebte Zeit sowie Schuld und Verantwortung auseinander.
Nelly wird 1929 geboren, ihre Eltern sind Lebensmittelhändler in Landsberg. Ihr bewusstes Leben als Kind steht unter der Indoktrination des Nationalsozialismus, der durch BDM und Schule, aber auch die recht kritiklose Akzeptanz der Familie und Bekanntschaft bestimmt wird. Man nimmt eben hin, was man nicht ändern kann. Auch Nelly führt stolz ihr Fähnlein im BDM und verehrt eine Lehrerin, die die Ideale der NS-Zeit vertritt. Von der eigentlichen Bedeutung der KZs bekommt die Familie nicht viel mit, sieht aber in Übereinstimmung mit der herrschenden Ideologie die Menschen im Osten – Polen und Russen – vorwiegend als nicht ebenbürtig oder sogar bedrohlich an.
Mit der Flucht beginnt dann das schmerzliche Umlernen. Die Familie flieht so ziemlich im letzten Moment und schließt sich einem Flüchtlingstreck an, der sie durch Brandenburg bis nach West-Mecklenburg führt. In einem kleinen Dorf und der Kleinstadt in der Nähe bleiben sie dann anderthalb Jahre, Nelly zunächst als Schreibhilfe des Dorfbürgermeisters mit immer mehr Verantwortung und dann als Oberschülerin, nachdem der Schulbetrieb wieder aufgenommen wurde.
Wieder ist es eine Lehrerin, die Nelly bewusst macht, wie sehr sie ideologisiert worden ist. Mithilfe von Literatur, die sie - auch durch ihre Lungenerkrankung zu körperlicher Ruhe gezwungen - massenhaft liest, eignet sie sich nun die grundlegenden Werte der humanistischen Tradition an.
Der Roman endet offen: Eigentlich war der Plan, dass die Autorin/Erzählerin vom Du zum Ich zurückkehren kann, aber das gelingt nur zaghaft. Nelly lassen wir im Sanatorium mit Blick auf eine offene Zukunft zurück.
Meine Meinung
Die Lektüre dieses Romans war für mich herausfordernd, aber auch sehr lohnend. Aus unterschiedlichen Gründen:
Die erzählte Zeit betrifft auch meine Familie. Meine Eltern haben den Krieg noch als junge Erwachsene miterlebt, mein Vater kam aus Ostpreußen, war als Soldat an der Ostfront und jahrelang in Minsk in Gefangenschaft. Meine Mutter hat diese Zeit relativ privilegiert als Bauerntochter auf einem westfälischen Hof überstanden, so dass sie keine wirkliche Not auszuhalten hatte. Die Schuldfrage war auch in unserer Familie ein Thema, weniger Flucht und Vertreibung, da mein Vater ja als Soldat daran nicht teilgenommen hatte. Seine Heimat hat er dennoch vermisst, aber ohne Ressentiments gegenüber den Siegermächten. So konnte ich mich in die Problematik, die diesem Roman zugrundeliegt, recht gut einfühlen und spürte auch oft Betroffenheit bei der Schilderung.
Zusätzlich zu diesem Erlebnis einer Kindheit und Jugend im Nationalsozialismus kommt hier noch die völlig andere Perspektive, die durch das Leben in einem anderen Staat mit anderer Ideologie bedingt war. Wolf war lange Zeit eine überzeugte Sozialistin, die dennoch nie die Schwächen des bestehenden Systems übersehen hat. So zeigt sie eine ganz andere Wahrnehmung zeitgeschichtlicher Ereignisse, als sie uns im Westen übermittelt wurde, z.B. bezüglich des Vietnamkriegs, des Militärputsches in Chile. Vieles an dieser Darstellungsweise hat eine mindestens genauso gute Berechtigung wie das, was uns durch die Sichtweise der USA übermittelt wurde, wobei es ja auch im Westen genug kritische Stimmen und Proteste gab.
Weiterhin hat die Auseinandersetzung zwischen der Erzählerin und ihrem Alter Ego Nelly auch dazu geführt, dass ich selbst mich auch gefragt habe, ob man sich als Kind wirklich als Teil seiner selbst begreift oder ob sich dieses Kind oder auch die anderen Lebensphasen so von dem heutigen Selbst entfernen, dass man den Erinnerungen dieser Entwicklungsphasen nicht unbedingt trauen kann.
Es ist dann insgesamt das Problem der Wahrheit und Perspektivität, das auch das eigene Denken anregt.
Ein faszinierendes Buch und eine sehr tief denkende Autorin, die ganz zu Unrecht ein bisschen in Vergessenheit geraten ist.
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Ach ja, den Dr. Faustus habe ich auch noch als schlecht geleimtes FIschertaschenbuch 1978 gelesen. Wenn ich den in den nächsten Jahren nochmal lesen will, was ich mir vorgenommen habe, müsste ich mir auch eine neue Ausgabe kaufen.
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Das Gartenhäuschen wäre noch eine Option. Aber wirklich die letzte. Man kommt sich vor wie ein Alkoholiker, der seine Flaschen versteckt.
Ja, das ist ein schöner Vergleich. Wir wohnen in einer Maisonette-Wohnung, zwar mit Schrägen, aber dennoch schön groß. Aber alle geraden Wände sind mit Büchern und CDs vollgestellt. Wir haben nun schon - wegen Einstiegs in den Ruhestand - vieles von beruflichem Gruscht befreien können und in dem gleichen Rutsch auch eine Menge Unterhaltungsliteratur entsorgt, dennoch habe ich Angst vor einem möglichen Umzug, denn die Wohnung ertrinkt immer noch in Büchern und Tonträgern. Und Ausmisten bei der Belletristik und den Sachbüchern, das fällt mir sehr schwer, obwohl es ja inzwischen alle Klassiker gemeinfrei als Ebook gibt.
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Stendhal habe ich seit Ewigkeiten nicht mehr gelesen, die "Kartause von Parma" und "Rot und Schwarz" vor Jahrzehnten. Beide haben mir ganz gut gefallen, aber bisher nicht den Wunsch nach Weiterlektüre ausgelöst. Wie sind denn die italienischen Sachen?
Bin immer noch mit dem "Kindheitsmuster" von Christa Wolf beschäftigt, eine hoch interessante, aber auch emotional sehr berührende und anstrengende Lektüre, weil Wolf die Indoktrination gerade der Kinder, aber auch der Gesellschaft im Nationalsozialismus thematisiert und sich dabei intensiv mit der Frage der Schuld auseinandersetzt.
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Und nun etwas für die Vierziger Jahre
Carl Zuckmayer: Des Teufels GeneralAußerdem habe ich ein GEO Epoche Magazin über die DDR beendet und lese jetzt eins über die "Stunde Null". Das sind jetzt keine tiefgreifenden historischen Fachschriften, aber diese Magazine helfen mir, Erinnerungen an Gelerntes aufzufrischen und einige Zusammenhänge und Ereignisse neu kennen zu lernen. Wobei man auch sehr darauf achten muss, dass der hier dahinter stehende Journalismus durchaus meinungsstark ist. Gerade bei dem DDR-Heft ist mir das aufgefallen. Da hätte ich mir gerne etwas mehr Differenzierung, insbesondere was die Rolle der BRD-Politiker und der Wirtschaftsinteressen bei der Wiedervereinigung anbetrifft, gewünscht.
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Carl Zuckmayer: Des Teufels General (UA 1946 Zürich)
Inhalt:
Heinrich Harras, „General der Flieger“ ist seit dem Ersten Weltkrieg bei der Luftwaffe. Auch unter den Nazis, die er offen verabscheut, ist er dennoch weiter aktiv und macht Karriere. Er ist für die technische Kontrolle und Instandhaltung der Luftwaffenmaschinen verantwortlich.
1. Akt: Harras gibt im Herbst 1941 in einem Berliner Edel-Restaurant ein Fest für seinen Freund Oberst Friedrich Eilers, Führer einer Kampfstaffel, der auf Urlaub von der Ostfront ist. Zahlreiche Personen, die unterschiedlich zum Regime stehen, nehmen an dem Fest teil. Harras‘ zwei Bedienstete, sein Adjutant Lüttjohann und sein Chauffeur und Faktotum Korritke sind ihrem Chef treu ergeben, der den überzeugten Kommunisten Korritke vor dem KZ bewahrt hat und dem verletzten Fliegerfreund Lüttjohann eine neue Funktion gab. Der Luftwaffengeneral ist irritiert durch merkwürdig tickende Geräusche, bekommt dennoch nicht mit, dass die Gespräche auf dem Fest abgehört werden. Personen aus der Wirtschaft und Kulturszene erscheinen auf dem Fest, darunter der Kulturleiter Schmidt-Lausitz, ein Nazifunktionär, der Großindustrielle von Mohrungen und seine Töchter Anne, mit Eilers verheiratet, und Pützchen, die kesse jüngere, die sich opportunistisch dem Naziregime zuneigt und ausschließlich auf ihr eigenes Vergnügen bedacht ist. Außerdem erscheinen später die Operndiva Olivia Geiss mit ihrer an Kindes Statt angenommenen Nichte Diddo. Olivia hatte früher ein Verhältnis mit Harras, ist ihm heute noch freundschaftlich zugeneigt, während Diddo sich nun in den charismatischen General verliebt. Olivia versichert sich in einem privaten Gespräch Harras‘ Hilfe bei der Flucht eines jüdischen Arztes und dessen Frau, die in zwei Tagen stattfinden soll. Äußerst offen spricht Harras mit allen über das Regime und seine Verbrechen. Er fühlt sich sicher, weil die Nazis ihn in seiner Funktion brauchen, ist sich aber im Klaren, dass er sich durch seine Beteiligung auch schuldig macht.
2. Akt: Im ersten Akt hatte sich schon angedeutet, dass es zu Unfällen mit den Kampfmaschinen an der Front gekommen ist, deren Ursache man bisher noch nicht erkannt hat. In Harras‘ Wohnung warten Lüttjohann und Korritke auf ihn. Es ist zweieinhalb Wochen nach dem Empfang, und seit zwei Wochen ist Harras verschwunden, nach Auskunft der Behörden zur Frontinspektion, in Wahrheit aber in den Verhörkellern der Gestapo – wohl wegen der bei dem Fest mitgeschnittenen Gespräche. Er kommt nun zurück und findet neben seinen Bediensteten den Nazi-Schergen Schmidt-Lausitz vor, der ihm die Bedingungen seiner Freilassung mitteilt: Er solle innerhalb von zehn Tagen den / die Verantwortlichen für die Schäden an den Flugzeugen finden, sonst müsse er die Verantwortung dafür tragen. Kurze Zeit später kommt Diddo zu Besuch, der Korritke Harras‘ Wiederauftauchen mitgeteilt hatte. Diddo und Harras gestehen sich ihre Liebe, und Harras fasst neuen Lebensmut. Dann erscheint auch Olivia und bringt einen Brief des jüdischen Arztes mit, dessen Flucht Harras wegen seiner Verhaftung nicht mehr hatte organisieren können, der aber auch so schon so verzweifelt war, dass er sich mit seiner Frau zusammen getötet hat und Harras in diesem Brief für die von ihm schon vorher erfahrene Unterstützung bedankt. Mohrungen kommt mit Pützchen, die inzwischen die Uniform einer BDM-Leiterin trägt und sich des Briefes bemächtigt, um Harras damit zu erpressen, sich nun auch ideologisch offen zu dem Regime zu bekennen. Harras lehnt empört ab und wirft sie – wie zuvor Schmidt-Lausitz - unter Androhung von Gewalt heraus. Sein technischer Leiter Oderbruch kommt und erklärt, er könne keine Unregelmäßigkeiten in der Herstellung und Wartung der Maschinen finden.
Währenddessen kommt die Nachricht, dass Eilers mit einer der manipulierten Maschinen den Unfalltod gefunden hat.
3. Akt: In einem Büro auf einem Fliegerhangar in der Nähe von Berlin finden wir Harras am letzten Tag der gestellten Frist. Schmidt-Lausitz kommt unter Androhung der baldigen Verhaftung vorbei und bringt ihm einen Revolver zur Andeutung, dass er vielleicht besser selbst aus dem Leben scheiden sollte. Die Anhörung von zwei inhaftierten Arbeitern, die an den manipulierten Maschinen beschäftigt waren, bringt nichts, die Witwe Anne Eilers kommt vorbei und beschuldigt Harras als den verantwortlichen Mörder ihres Mannes. In einem letzten Gespräch mit Oderbruch manifestiert Harras seinen schon lange schwelenden Verdacht, dass dieser mit den Sabotagen zu tun hat und erkennt, dass Oderbruch zu einer Widerstandsgruppe gehört, die den Krieg verkürzen und damit das Nazi-Regime zu Fall bringen möchten. Es kommt zu einer Auseinandersetzung um Werte wie Freundschaft, Opfer, Freiheit und Gerechtigkeit, an deren Ende sich Harras auf Oderbruchs Seite stellt. Er nimmt für sich als Ausweg, mit einer der manipulierten Maschinen in den Tod zu fliegen. Sarkastisch endet das Drama mit Schmidt-Lausitz‘ Telefonat an das Hauptquartier : „General Harras soeben in Erfüllung seiner Pflicht tödlich verunglückt. Beim Ausprobieren einer Kampfmaschine. Staatsbegräbnis.“
Meine Meinung:
Zuckmayer ist schon ein guter Dramatiker: Charakterzeichnung der plastisch dargestellten Personen, Spannungsaufbau, pointierte Dialoge, wunderbar genaue und für sich schon kunstvolle Regieanweisungen, gekonnt gesetzte Effekte wie die Strahlenhand der Suchscheinwerfer im 2. Akt machen das Lesen dieses Dramas zum Genuss. Was mich stört, ist weniger die überholte Wein, Weib und Gesang-Mentalität insbesondere des ersten Aktes als vielmehr die Pathetik des dritten. Hier werden die Wertvorstellungen durch schwammige Ausdrucksweise und gefühlvolle Überhöhung ausgehöhlt, und dadurch wird dem nationalsozialistischen Grauen und der Schuld seiner Mitläufer kein wirklich klares Konzept entgegengestellt. Dass Zuckmayer allerdings hier eine deutliche Kritik am Nationalsozialismus und alle, die ihn – ungezwungen – unterstützten, gestaltet hat, ist völlig klar.
Fazit:
Ich habe das Drama jetzt gelesen, weil ich neulich auf Arte die Verfilmung mit Curd Jürgens aufgenommen hatte, denn ich hatte diesen bekannten Film noch nicht gesehen.
Das Drama ist auch heute noch lesenswert, aber nach der Lektüre verzichte ich gerne darauf, mir die Verfilmung mit Curd Jürgens anzusehen, Pathos hatte ich jetzt erstmal genug!