Hallo Zola und Imrahil,
nun bin ich bis zum 10. Kapitel des ersten Buches gelangt und der Kosmos der Exilanten und freiwillig in Paris residierenden Deutschen hat sich sehr erweitert. Ich finde es immer wieder faszinierend, wie es Feuchtwanger gelingt, auch das Seelenleben der Nazis, Rassisten, Karrieristen und anderer Mitläufer offenzulegen, ohne dass die Distanz verlorengeht. Das ist auch in "Erfolg" und den "Oppermanns" gut zu erkennen. Auch die positiven Handlungsträger haben Ecken und Kanten, werden durch den ständigen Perspektivwechsel von vielen Seiten beleuchtet. Es zeugt von Feuchtwangers Können, dass man dennoch nicht den Überblick und der Roman nicht die Spannung verliert. Bis auf die Entführung Benjamins ist ja eigentlich noch nichts geschehen, dennoch ist man gespannt auf das Weitere.
Manchmal habe ich Schwierigkeiten, die Anspielungen auf das Tagesgeschehen zu verstehen. So glaube ich, dass der erwähnte 30. Juni etwas mit dem Röhm-Putsch und der Ermordung Röhms 1934 zu tun hat?! Habt ihr eine kommentierte Ausgabe? Manchmal werden auch englische Modewörter der Zeit verwendet, die ich nur aus dem Kontext halbwegs verstehe. Bin allerdings auch zu faul nachzuschlagen. Latein setzt Feuchtwanger auch bei seinen Lesern voraus. Das habe ich mal während eines Crash-Kurses während des Studiums in sieben Wochen gelernt und sieben Wochen später wieder vergessen ...
Im Moment geht es um die Schriftsteller Tschernigg und Harry Meisel. Auch hier liefert de Autor wieder ein sehr differenziertes Bild in der Wahrnehmung durch Trautwein. Meisel ist auf der einen Seite ein arrogantes A..., auf der anderen Seite wohl auch ein großartiger Schriftsteller. (Übrigens finde ich die Idee, zu Sonettzeilen von Shakespeare jeweils Erzählungen zu schreiben, sehr schön, gerade wenn sie durch die Darstellung des damaligen Zeitgeschehens kontrastieren.)
Was du, Zola, über diese aufgefächerten Verhaltensweisen der Emigranten geschrieben hast, passt eben auch zu diesem kaleidoskopischen Kosmos, den Feuchtwanger hier entwickelt.
Imrahil: Lass dir Zeit, dieses Buch muss man in Ruhe genießen und ich werde mir beruflich auch viel Auszeit beim Lesen nehmen müssen. Viel Erfolg beim Semesterendspurt!
@ Zola: Gerade kam die Nachricht von Amazon, dass mein Suchauftrag nach Immermanns "Epigonen" von Erfolg gesegnet ist. Bekomme das Buch demnächst zugeschickt.
Lese aber trotzdem gern noch in diesem Jahr den "Münchhausen" mit.
Ein schönes Restwochenende
HG
finsbury