Beiträge von finsbury

    Hallo zusammen,


    sandhofer,
    herzlichen Glückwunsch, denn du hast den Roman, scheint's, nicht genossen. Nun hast du's hinter dir!


    Ich bin jetzt raus aus der Brandgasse und auf dem Weg zum Fortunaball (IV, 8). Die Milieu- und Personenschilderung der letzten Kapitel kam mir sehr "Dickensisch" vor, bei der Schilderung der Familie Eisold wehte sogar ein Hauch "Weihnachtserzählungen" durchs Buch. Dickens und Gutzkow waren ja auch Zeitgenossen, allerdings weiß ich nicht, ob sich Gutzkow mit dem Werk Dickens' auseinandergesetzt hat, was frühe Übersetzungen desselben bzw. bei Gutzkow Englischkenntnisse vorausgesetzt hätte. Vielleicht ist es einfach nur ein Phänomen des Zeitgeistes, dass man sich langsam auch der Schilderung des Milieus der sozialen Verlierer zuwendete und auf Missverhältnisse aufmerksam machte.
    Die Brandgassenkapitel gehören jedenfalls in der Tat zu den besseren des Buches, wobei es Gutzkow durch die Schilderung der Gebrochenheit Hackerts und des Pförtnerehepaars gelingt, weitgehend Sozialkitsch zu vermeiden, solange er nicht Louise Eisold und ihrer Sippe zu Füßen liegt. Aber da ist ja auch Dickens manchmal ziemlich unerträglich!


    Einen schönen Sonntag
    wünscht finsbury

    Hallo,


    leider muss ich gestehen, dass ich noch nie ein Hörbuch gehört habe, weshalb ich hier eigentlich keine Meinung dazu äußern dürfte. Dennoch, der Grund für meine bisherige Verweigerung ist, dass ich mir einen Text ungern von anderen gestalten lasse, weder im Theater, noch im Kino oder eben als Hörbuch, weil ich meinen Kopf als eigene Bühne und Aufnahmestudio bevorzuge. Da geht es mir ähnlich wie dir,
    @Evelyne, denn zumindest bilde ich mir ein, die Handelnden in meinem Kopf zu hören und zumindest in Andeutungen auch zu sehen.
    Allerdings kann ich auch dich, @ Bücherochse, gut verstehen, da ich auch beruflich viel über Büchern, Handgeschriebenem und Computer sitze und mir vorstellen kann, dass es schön ist und entspannend, die Augen zu schließen und zuzuhören ... . Aber das ist eben nicht das Gleiche, als wenn die Phantasie ihr ganz eigenes Fest feiern kann. Außerdem höre ich gerne und viel klassische Musik beim Lesen und suche mir diese sehr bewusst passend zur Lektüre aus. Dann müsste ich schon mal auf diesen Genuss verzichten ... .


    Ein schönes Wochenende, gleich mit welcher Darreichungsform von Literatur


    wünscht


    finsbury

    So,


    nun bin ich wieder zurück in den "Rittern". Bin neben anderen Tätigkeiten mit einem historischen Roman ([kaufen='9783894256074'][/kaufen]) fremdgegangen, der in fast der gleichen Zeit spielt und von dem ich mir ein bisschen mehr Spannung versprach, aber dann merkt man dann doch, dass Gutzkow bei all seinen Schwächen eben doch nicht ein reiner Unterhaltungsautor ist, sondern ein wenig mehr für Intention , Romanaufbau und sprachliche Gestaltung getan hat. Also kehre ich nun mehr oder weniger reumütig zurück und lese im vierten Buch weiter. Im Moment finde ich es etwas anstrengend, weil mit dem neuen Schauplatz Brandgasse ( ...nur ein Kapitel weitergekommen :sauer:) auf einen Schlag eine Menge neuer Personen eingeführt werden, deren angerissene Lebensumstände, Charakere und Beziehungen untereinander ich erstmal verdauen muss. Aber nun sind auch schon wieder die Gebrüder Wildungen miteinbezogen, denen scheint eine Polizeirazzia bevorzustehen, während sie sich bei Fritz Hackert in der Brandgasse treffen wollen.
    Hoffe, nun am Wochenende weiterzukommen. Nebenbei schmökere ich im GEO-Epochenheft Preußen, da sowohl Schauplatz und Zeit auch darin thematisiert werden, wenn auch nicht streng wissenschaftlich :zwinker:.


    Ein schönes Wochenende


    HG
    finsbury

    Hallo,


    Zitat von "sandhofer"

    Parforce? Nein. Tägliche 60 bis 100 Seiten am Abend vor dem Einschlafen ... Das ist ungefähr Standard bei mir. Mehr als das schaffe ich pro Tag kaum je.


    Aber dann hast du doch eine kürzere Ausgabe (oder größere Seiten bzw. enger gedruckt) als wir Zweitausendeins-Leser.
    Denn wir lesen seit dem 1. Juni, also jetzt 26 Tage. Demnach müsstest du jetzt höchstens 2600 Seiten gelesen haben, bist aber fast fertig.
    Unsere Ausgabe hat mehr als 3500 Seiten. Auch sind die Bücher jeweils 300 bis 400 Seiten dick.
    Aber unsere Seiten sind klein.


    HG
    finsbury

    Hallo,


    ich habe eine Weltbild-Ausgabe der Wanderungen aus den 90ern in fünf Bänden, die auf der dreibändigen Hanser-Ausgabe von 1966-1968, besorgt von Walter Keitel und Helmut Nürnberger, beruht.
    Mitte Juli fahre ich in den Norden der Grafschaft Ruppin, daher ich diesen Band mitnehmen werde.


    HG
    finsbury

    Halli hallo,


    bin nicht wesentlich weitergekommen und werde das auch nicht in den nächsten zwei bis drei Tagen aufgrund vermehrter nicht-literarischer Tätigkeiten.
    Das vierte Buch gefällt mir bis jetzt ganz gut. Ich bin im Moment im Brandgassenkapitel.
    Gutzkow kann sich politisch nicht so recht entscheiden und ist daher oft zu gnädig mit den herrschenden Klassen. Ich habe in den letztenTagen vermehrt in meine Georg Herwegh und Georg Weerth - Ausgaben geschaut: Da herrscht ein ungleich schärferer Ton, echter Vormärz.
    Dennoch bleibe ich dabei: Für mich lohnt sich die Lektüre, weil sie viel Authentisches über die Zeitumstände der Mitte des vorletzten Jahrhunderts vermittelt. Vieles ist zäh, aber dazwischen finde ich immer wieder Lesenswertes.


    sandhofer,
    herzlichen Glückwunsch! Du bist ja im Parforceritt durch den Roman gejagt und nun wahrscheinlich schon fertig! Wir anderen werden wohl noch einige Wochen damit zu tun haben!


    HG
    finsbury


    Ich seh's jetzt erst und hab einen Text schon angeklickt: wunderschöne Sprache, das kann ich sogar mit meinen nicht sehr umfangreichen Englischkenntnissen erkennen. Auch maniriert -wie unsere Barockdichter - aber das macht für mich ein gerade ein Gedicht nicht weniger schön und wertvoll.


    Herzlichen Dank


    HG
    finsbury

    Halli hallo,
    so, ein Drittel habe ich nun bewältigt und bin in IV, 3. Gerade habe ich den Tee umgeworfen, weil das Balkontischbein so unpraktisch stand und mir meine schöne Silberschnittausgabe verdorben! :grmpf:


    Wie ihr bin auch ich immer so hin und hergerissen. Manchmal ist Gutzkow ein richtiger Könner, besonders wenn er die Frauen schildert, und manchmal geht es mir unheimlich auf den "Geiste" :breitgrins:, wenn er die Auflösung eines der vielen Geheimnisse wieder durch eine plötzliche Störung oder anfallsartige Skrupelhaftigkeit, die natürlich auf zehn Seiten ausgewalzt wird (jedenfalls kam es mir bei Siegbert angesichts des Portraitgeheimnisses der Fürstin Amanda so vor), um mehrere hundert Seiten aufschiebt.


    Aber immer wieder interessant finde ich doch die "Politisierungen", denn da stecken Hintergründe drin, die mir vieles aus dieser Zeit näher bringen.


    Die Verhaltensweisen einiger Personen sind auch zeitlos: Ich nehme an, wir kennen alle Franz Schlurcks, Gelbsattels und Paulines in modernem Gewand. Nur die "Guten" sind tatsächlich etwas übertrieben, vor allem was das entsagungsvolle blonde Schaf Siegbert angeht.


    Noch einen schönen Sonntag


    wünscht


    finsbury

    Hallo Sir Thomas,


    dann sei doch bitte so gut und nenne den einen oder anderen Gedichttitel von Andrew Marvell, den ich mir mal ansehen sollte.


    Mit Dank :blume:


    finsbury

    Hallo Maria und alle an der frühneuzeitlich-englischen Lyrik Interessierten,


    da wir jetzt mehr Zweitausendeinse im Ruhrgebiet haben - dank Integration in die Mayer'schen Buchhandlungen, wird mein Geldbeutel wieder mehr strapaziert.
    Gestern gelang es mir, in dem Dortmunder Zweitausendeins ein Insel-Tb aus den 90ern für 2,50 € zu ergattern:


    [kaufen='3458344918'][/kaufen] 
    Geh, fang einen Stern, der fällt (Gedichte von John Donne, George Herbert und Andrew Marvell)


    Das Ganze ist zweisprachig, enthält 100 Gedichte der sogenannten "Metaphysicals" und einen Essay von T.S. Eliot. Ist sicher auch über den Zweitausendeins-Versandhandel zu bekommen.


    HG
    finsbury

    Hallo,


    ich halte zwischen euch, BigBen und sandhofer, ungefähr die Mitte - na, näher zu BigBen - und bin in III,1. Nun habe ich Pauline von Harder kennen gelernt, die ich sehr plastisch gestaltet finde. Diesen Charakter hat Gutzkow sehr gut ausgemalt und dabei, zumindest für den Moment, mehr die Handlungsebene als den auktorialen Kommentar benutzt. III,1 bietet auch eine schöne Chrakterisierung Paulines durch die Kontrastierung ihrer dreigeteilten Privatgemächer.


    Auch Melanies Scherze haben in dem Kapitel "Melanie-Späße" (II, 12) zwar noch die gleiche egomanische, aber eine doch witzigere Qualität gewonnen.


    Insgesamt habe ich im Moment den Eindruck, dass Gutzkow besser schreibt, da wo es städtischer wird. Als Publizist ist er wohl auch eher ein urbaner denn ein ländlicher Typ gewesen. Und Pauline scheint ihm zu liegen, denn da kommen ja wohl noch ein paar nette Szenen, wie du, sandhofer, andeutest.


    Inzwischen habe ich ein wenig in Gutzkows Biografie gesurft und geblättert: Der Mann muss für seine Umgebung und sich ein ziemlich schwieriger Charakter gewesen sein. Das tut seinem Dankmar ganz gut: Er wird dadurch nicht ganz so gut, sondern vertraut den und verdächtigt zum Teil die falschen Personen, handelt dann auch unkonsequent, z. B. bei Hackert und den Spitzkugeln. Ich finde nicht, dass das Gestaltungsfehler sind, sondern genauso inkonsequent - mal skrupulös, mal leichtsinnig, auch unbarmherzig verhalten sich nun mal viele Menschen.


    Regina, wo bist du denn abgeblieben? Hast du den Schinken schon durch oder dir eine "Zwangs"pause verordnet?


    Zunächst euch allen einen schönen Restsonntag


    HG
    finsbury

    Hallo FA,


    die "Wanderungen" spare ich mir seit Langem auf, werde sie, sofern Gutzkow mich bis dahin aus seinen Fängen lässt, aber mit in mein Urlaubsdomizil an einem Meckenburger See nehmen. Zwa nicht ganz die gleiche Gegend, aber wenigstens in der Nähe!


    Von den Romanen Fontanes liebe ich neben dem "Stechlin", seinem letzten, am meisten seinen ersten "Vor dem Sturm". Das ist ein
    wunderbares Buch, das sehr dicht die Atmosphäre der napoleonischen Befreiungskriege und danach in der Brandenburger Provinz und dem damals auch noch provinziellen Berlin einfängt. Am schönsten die Schlittenfahrt zum Kloster Lehnin!


    HG
    finsbury

    Hallo,


    inzwischen in II,9 angelangt kann ich nichts so recht Neues sehen und erwähnen. Abweichend zu dir, sandhofer, empfinde ich Dankmar Wildungen nicht so als Gutmenschen: Er ist durchaus von Geltungstrieben beseelt und spiegelt sich auch recht gern in seiner neu entstandenen Freundschaft zum Prinzen, die ihm trotz seiner demokratischen Gesinnung doch recht schmeichelt. Auch seine Suche nach den Erbpapieren wirkt trotzt der auctorialen Beteuerungen des Gegenteils nicht selbstlos.


    Auch Melanie wird mir weiterhin nicht sympathischer, wohingegen ich mich an den Nebenfiguren, dem Jäger, der Pfannenstielsippe durchaus erfreuen kann.


    Schau'n wir mal. Schönes Wochenende!


    HG
    finsbury

    Hallo,


    nun lese ich - wie manche andere hier im Forum - gerade Gutzkow, einen zeitnahen Schriftsteller, und merke mal wieder, was wir an unserem Fontane haben: einen echten Dichter, der poetisch gestaltet Menschen, Landschaften, Verhältnisse vermittelt: Chapeau!!


    HG
    finsbury

    Hallo zusammen,


    habe nun endlich das erste Buch abgeschlossen und kann ein erstes Zwischenstatement geben:


    Gutzkow ist kein Dichter, kein Sprachkünstler auf leichten Flügeln:
    Er hat nicht das Talent, mit wenigen Pinselstrichen einen Charakter zu skizzieren, von dem jeder weiß, wen er vor sich hat.
    Unser Autor ist gravitätisch, Schritt für Schritt malt er jedes Detail aus und entmündigt dabei oft den Leser, der auch ohne seine Kommentare verstanden hätte, um wen es geht. Das nervt auch mich häufig und langweilt.
    Aber er kann beschreiben: Wenn auch nicht mit leichter Hand, so doch autentisch, wie mir scheint, ersteht die Zeit vor uns.
    Man muss zu den Personen Stellung beziehen, und bisher sind sie mir eigentlich alle ziemlich unsympathisch, aber man erkennt sich und seine Zeitgenossen wieder :zwinker: und das wiederum zeigt, dass der Autor durchaus über sich und seine Zeit hinausweist, wenn auch nicht durch literarisches Können!


    Melanie ist zunächst ein rechter "Kotzbrocken", dazu trägt sie ja auch den rechten Namen und auch die ganze Blase, die auf Schloss Hohenberg die zurückgelassenene Güter verzehrt, ist entsprechend beschrieben, wäre aber einem, wie oben erwähnt, auch mit weniger Worten lächerlich vorgekommen.


    HG
    finsbury

    HAllo zusammen, hallo Leserin,



    Dafür hat er uns aber mit dem "Abschied von Gülsary", mit "Der weiße Dampfer" und vor allem mit " Ein Tag länger als ein Leben", der im Westen erschienenen erweiterten Ausgabe des Romans, der in der DDR unter dem Titel "Der Tag zieht den Jahrhundertweg" herausgegeben worden ist, beschenkt.
    Grüße von der traurigen Leserin


    genau diese hätte ich auch hervorgehoben und kann nur unterstreichen: Viele von uns in West- und Mitteleuropa wissen gar nicht ,was für eine wichtige und dichterische Stimme da erloschen ist!


    HG
    finsbury

    Hallo giesbert,


    da gehe ich nach dem Motto "wenn schon, denn schon" zu Werke ;-)


    Vor ewigen Zeiten habe ich dazu mal einen Aufsatz gelesen, in dem es hieß, dass man Anstreichungen so anbringen sollte, dass sie auf der Seite eine deutlich erkennbare Spur hinterlassen. Studien hätten gezeigt, dass hingehuschte Markierungen nicht so gut im Gedächtnis bleiben. Schien mir immer sehr plausibel.


    Das ist aber ein anderer Zusammenhang: Da geht es um einen methodischen Ansatz, das Markieren und Strukturieren zugunsten der erhöhten Gedächtnisleistung, nicht um das Erstellen eines kleinen Bezugssystems, auf dessen Grundlage man dann zum Bespiel für eine Leserunde Stellen wiederfindet oder damit man im Nachhinein etwas weiter recherchieren oder mit Anderem vergleichen kann. Das wichtigere System ist mein Glossar auf den ersten leeren Seiten, die Markierungen auf den Textseiten dienen nur dazu, die entsprechenden Stellen wiederzufinden.


    Glücklicherweise bin ich schon lange aus der Phase des Lernen und Behalten müssens raus: Bis auf berufliche Sachen darf ich Lustleser sein.


    HG
    finsbury