Hallo zusammen,
schön, @ nikki, dass du jetzt auch dabei bist und auch noch gleich den lokalen Background mitbringst! Ich war bisher nur in der Umgebung von Marseille, aber auch noch nicht selbst dort.
Diese Manie mit den Diminuitiven ist mir noch gar nicht so aufgefallen, aber es könnte sein, dass es an Seghers Geschlecht liegt. Als andere Erklärung fällt mir ein, dass das restriktive Lagerreglement die Insassen in Pennälerverhalten zurückfallen lassen könnte, so dass sie sich auch mit ihren Schülernamen anreden. Eine andere Idee wäre, auch vom Lagerleben bestimmt, dass man durch die Zärtlichkeitsform eine Nähe in der Kälte des Lagers schaffen will. Es fällt jedenfalls auf, dass nur die ehemaligen Lagerkameraden mit dem Diminuitiv bezeichnet werden.
Was ich wiederum ganz bezeichnend für eine weibliche Autorin finde, ist, wie sie die Beziehung der Hauptperson zu dem Sohn von Claudine beschreibt. Ein männlicher Autor würde vielleicht Bedenken haben, dass man das Ganze schon in die Nähe der Päderastie rücken könnte, während Seghers die Zuneigung ganz unschuldig schildert und auch nichts dahinter sieht. Aber vielleicht ist das auch nur der Sichtwinkel unserer heutigen, dafür "hochsensibilisierten" Zeit.
In 4, II fiel mir die Ähnlichkeit der Szene mit der Eingangsszene des "Alexis Sorbas" von Nikos Kazantzakis (Hafencafé inPiräus) auf: Man kann fast sagen, dass sich das Hafencafé als Leitmotiv für das Unbehauste, auf dem Sprung Seiende wohl besonders gut eignet.
Diese monotonen Satzanfänge sind mir auch aufgefallen, Zola: Wie du glaube ich aber auch, dass sie als bewusste Stilelemente des mündlichen Erzählens eingesetzt sind und außerdem die wenig von Literatur geprägte Wesensart des Protagonisten veranschaulichen sollen.
Bin jetzt in 5, II, mache aber wieder eine kurze Lesepause.
HG
finsbury