Hallo BigBen, Zola und alle,
ja klar, bezüglich Pückler-Muskaus habe ich nicht schnell genug geschaltet. Das muss sowieso ein sehr farbenprächtiger Kerl gewesen sein. Vor Jahren war ich im Rahmen einer Brandenburg /Sachsen -Reise mal in dem von ihm angelegten Park mit seiner orientalischen Gruft, wenn ich mich recht erinnere im Stile einer Pyramide.
Ich bin nun durch und – ähnlich wie bei den „Rittern vom Geiste“ - aber aus anderen Gründen zwiespältig in meiner Meinung. Gegenüber dem letzgenannten Werk halte ich dieses für das literarisch deutlich höherwertigere.
Was mir gut gefallen hat, gleichzeitig originell und zumindest ansatzweise innovativ ist, ist die ständekritische Grundhaltung, die ironische Brechung literarischer und kultureller Zeitströmungen, die humoristische Einstellung zu sich selbst und die richtig wilden Münchhausen-Kapitel.
Dagegen stehe ich dem Oberhof-Teil deutlich kritischer gegenüber. Hier ist eine romantische Verklärung „germanischer Stammestraditionen“ im Deckmantel der oben genannten Ständekritik sehr problematisch. Solche Verherrlichungen haben unserer geistigen Tradition und unserem politischem Werdegang sehr geschadet. Im siebten Buch dachte ich, der Hofschulze würde nun kritischer gesehen, da ja 1. immerhin sein Sohn nicht unschuldig ermordet wurde, sondern durch den Überfall auf den Patriotenkaspar diesen provozierte und 2. er sich selbst durch die Schwertgeschichte und den Angriff auf Oswald in Misskredit brachte. Aber in der Gerichtsverhandlung des achten Buchers erscheint er wieder als Apotheose des gesunden Volkeswillens.
Auch die Gestalt der Lisbeth sehe ich zwiespältig. Einerseits ist sie eine für ihre Zeit sehr emanzipierte starke Frau, was sich nicht nur in ihrer Antwort auf Clelias Anmutung zeigt, sondern auch schon am Anfang, als sie sich alleine aufmacht, um die ausstehenden Geldansprüche ihres Pflegevaters einzutreiben. Das war zu der damaligen Zeit sicher ungewöhnlich.
Andererseits wird sie hoffnungslos verklärt und verkitscht, während Graf Oswald durchaus mit Licht- und Schattenseiten ausgestattet ist. Der Anhang mit den Ausführungen zur wahren Liebe war schon schwer erträglich.
Nun, insgesamt bin ich mit dieser Lektüre dennoch recht zufrieden: Ein wichtiger literaturhistorischer Markstein zwischen Romantik und Realismus und über weite Strecken eine immer noch lesenswerte, originelle und amüsante Lektüre.
Es war wie immer eine Freude, mit euch gelesen zu haben :winken:.
HG
finsbury