Beiträge von GinaLeseratte

    Im Rahmen des Forumswettbewerbs habe ich “Am Weg” von Herman Bang gelesen.

    Als Katinka mit ihrem Mann Bai in die abgelegene Bahnstationssiedlung zieht, muss sie sich an die Stille und Einsamkeit erst gewöhnen. Sie fügt sich in dieses neue Leben ein, hängt aber ihren Erinnerungen an die Jugendzeit nach. Bai interessiert sich nicht für sie, ihre Erinnerungsstücke nennt er Plunder.

    Als Huus in den kleinen Ort kommt, gerät die Damenwelt in Aufruhr. Huus interessiert sich für Katinka und ihr Leben, redet mit ihr, bringt ihr Blumen. Katinka blüht auf, sie ist ausgelassen und fröhlich. Die beiden kommen sich näher und gestehen sich ihre Liebe. Katinka sieht jedoch ihre Pflicht als Ehefrau und sagt Huus, dass sie sich nicht wiedersehen werden, wenn er abreist. Als Katinka zu Besuch bei ihrem Bruder ist, verlässt Huus das Dorf. Nach ihrer Rückkehr spürt sie die Leere und Hoffnungslosigkeit und hat der Schwindsucht, die sich schon früher im Jahr bemerkbar gemacht hat, nichts mehr entgegenzusetzen.

    Aber Katinka rackert sich auch dann noch ab, als sie schon sehr geschwächt ist - damit Bai seinen Geburtstag gebührend mit seinen Freunden feiern kann. Bai nimmt keine Rücksicht und meint nur “Und du hast dich ja brav gehalten ...”.


    Überhaupt Bai: Selbst als Katinka krank ist, ist er ihr untreu und steht ihr nicht bei, sondern betrügt sie weiterhin mit einem Zimmermädchen, das er in "Schwierigkeiten” bringt (ein Kind aus einer früheren Liebschaft hat er bereits, das Mädchen wurde weggeschickt, das Kind wird von Fremden aufgezogen). Als Katinka davon auf dem Krankenbett erfährt, ist das eine beeindruckende Szene, denn sie reagiert anders, als man es vielleicht erwartet.

    Im Roman gibt es wunderschöne Szenen, heitere wie melancholische. Die Charaktere sind insgesamt gelungen dargestellt, wie z.B. das verträumte Fräulein Jensen mit Mops Bel-Ami oder Katinkas lebenslustige, später ernüchterte Jugendfreundin Thora.

    Gut gefällt mir die Entwicklung der Pastorentochter Agnes. Sie ist anfangs eine linkische junge Frau, die unglücklich in den Kaplan verliebt ist. Erst als der Kaplan und sie auf getrennten Wegen diesen lähmenden Ort verlassen, finden sie zueinander. Agnes erweist sich auch als treue Freundin Katinkas, denn sie steht dieser bis zum Schluss bei. Nach Katinkas Beerdigung bleibt sie allein am Grab stehen und beobachtet die anderen Leute:

    “Dort gingen sie alle ...
    Und beeilten sich.
    Agnes senkte den Kopf, sie fühlte einen zornigen Widerwillen gegen dieses kleine Leben, das in allen Richtungen nach Hause strömte.”

    Die anderen eilen in ihr gewohntes Leben zurück, Bai versucht sich erfolglos als Schürzenjäger in der Stadt und wird im Dorf von den "unbemannten" Damen mit offenen Armen empfangen …


    "Am Weg" ist ein wunderbarer Roman, für mich ein Jahreshighlight.

    Mir gefällt die Idee, bewusst in Paris zu bleiben und nun diesen etwas jüngeren Roman zu lesen, thopas.


    Wie schade, dass ich mich nicht mehr an die Handlung erinnern und daher gar nicht näher auf Deine Ausführungen eingehen kann (zumindest der Leseeindruck ist noch da, und zwar ein sehr guter). - Einen Blick in den Stadtplan werfe ich auch manchmal, vor allem wenn ich eine Stadt ein wenig kenne.



    Er lebt gerne über seine Verhältnisse und kommt dadurch immer wieder in Geldschwierigkeiten. Noch ist er aber entrüstet, wenn er von einer Dame Geld zugesteckt bekommt...


    Vermutlich legt sich die Entrüstung bald ... :breitgrins:

    thopas:
    Ich habe auch die dtv-Ausgabe gelesen (laut Liste im Juli 2002). Leider kann ich mich an die Übersetzung und auch an die Handlung nicht mehr erinnern. Ich weiß nur noch ungefähr, worum es geht. Deshalb freue ich mich sehr auf Deine Eindrücke. :smile:


    __________


    Ich habe inzwischen mit Herman Bangs "Am Weg" angefangen und bin bisher mehr als angetan. Die Darstellung der kleinen Dorfgemeinschaft und der einzelnen Charaktere ist sehr gelungen und überaus unterhaltsam. - Übrigens heißt der Mops eines älteren Fräuleins ausgerechnet Bel-Ami! :breitgrins:


    @Gina
    in einem Kalender habe ich das auch schon gemacht und habe Seiten zusätzlich reingeklebt, am Ende muss ich meine Kalender und Notizbücher mit einem Gummiband fixieren :breitgrins:


    Ich klebe auch regelmäßig Seiten rein ... Der Kalender ist zum Glück mit einem Gummiband ausgestattet - für alle Fälle. :breitgrins:



    Eure Lesetagebücher klingen ja wirklich sehr verlockend. Ob ich es mal probieren sollte?


    Ja. :breitgrins:


    Bei mir hat es anfangs ein bisschen gedauert, bis ich das Lesetagebuch regelmäßig geführt habe. Jetzt möchte ich es nicht mehr missen.

    Ich notiere seit vielen Jahren die gelesenen Bücher in einem Notizbuch (Autor, Titel, Datum).


    Seit fünf oder sechs Jahren führe ich ein Lesetagebuch. Ich nutze dafür einen Wochenkalender (A5, fester Einband), zwei Seiten pro Woche. Was und wie viel ich jeweils notiere, ist sehr unterschiedlich, manchmal wenige Stichwörter, manchmal mehrere Sätze, mal mehr zum Inhalt, mal mehr zu meinen Eindrücken. Das kommt auf das Buch an und meine Lust und Laune. Da in dem Kalender noch einige zusätzliche Seiten sind, ist genug Platz für diverse Leselisten, Wunschzettel, Zitate, Gedanken und Ideen rund ums Lesen und Bücher etc.


    Eine bunte Sammlung, bunt auch im wörtlichen Sinn, weil ich schönes Papier als Trennseiten einklebe oder ein wenig male/zeichne/kritzle. Und das Vorbereiten des nächsten Kalenders macht auch Spaß. :smile:

    Nein. Die haben nichts miteinander zu tun, aber beide stellen gemeinfreie Texte online zur Verfügung.


    Beim Projekt Gutenberg des Spiegels gibt es nur deutschsprachige Texte, die nach deutschem Urheberrecht gemeinfrei sind.


    Bei der amerikanischen Variante werden Texte in vielen verschiedenen Sprachen angeboten, gemeinfrei nach US-amerikanischem Recht. Darauf wird auch auf der verlinkten Seite hingewiesen. D.h. bei den deutschsprachigen Texten dort können Texte vorhanden sein (sind es auch), die bei uns (D) nicht gemeinfrei sind. Das muss man bei der Nutzung beachten.

    Vielen Dank fürs Auffrischen meiner Erinnerungen, thopas. :smile:


    Ich fand den Roman damals (2003) sehr lesenswert. Die Handlung wusste ich in groben Zügen noch, aber manches - wie z.B. Armands Unreife - hatte ich vergessen. Ich kann mich erinnern, dass mich die Einmischung des Vaters geärgert hat, aber vermutlich konnte er nicht anders handeln.


    Trotz der Tragik ein schönes Buch.

    Im Herbst/Winter 2017 erscheinen die ersten drei Bände bei dtv:


    - Eine Frage der Erziehung
    - Tendenz: steigend
    - Die Welt des Wechsels


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    Im Oktober 2017 erscheinen Band 9 und 10 im Elfenbein Verlag (amazon ist beim Erscheinungstermin nicht aktuell):


    - Die Philosophen des Krieges
    - Bücher schmücken ein Zimmer


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