Hallo zusammen!
Steffi
"In den 2 größeren Buchhandlungen hier bekommt man z.B. so gut wie keine Klassiker; Belletristik und Buch zum Film jedoch en masse !" - Dass der Geschmack der Masse gerade die grossen Buchhandlungen dominiert (und die kleinen dabei eingehen) war immer schon der Fall. Welche Mühe hatte nicht z.B. Schiller, seine Werke zu verkaufen...
"Ich bin kein Literaturwissenschaftler, aber ich denke schon, dass Literatur die Gesellschaft verändert. Oder meinst du, das Literatur die Veränderungen der Gesellschaft nur wiederspiegelt ? Homer keinen Einfluß auf die Entwicklung der westlichen Kultur hatte ?" - Je älter ich werde, desto weniger glaube ich an einen Einfluss von Kunst auf die Gesellschaft. Wie sonst hätte das Volk, das Lessing, Goethe, Schiller, Hölderlin vervorbrachte, einem Adolf Hitler derart folgen können, wie es geschah??? Das Volk des Dante und Petrarca einem Mussolini??? Das Volk des Cervantes einem Franco??? Das Volk des Camoëns einem Salazar??? Das Volk eines Tolstoj und Dostojewskij einem Stalin??? Das Volk des Homer, Sophokles, Sokrates, Platon, Aristoteles ihren Tyrannen???
"Mir fällt z.B. Gerhart Hauptmann ein oder Brecht, auch Fontane." - Kannst Du mir erklären, was Du meinst? Ich versteh jetzt wirklichnicht.
JMaria
"Es gibt doch immer wieder Zeiten der Wiederentdeckung von Klassikern, und wenn andere Medien mitmischen, kann es gerade zu boomen (was ich aber auch schade finde, das man einen Klassiker erst durch das visuelle wahrnimmt, das nur am Rande), wie z.B. Oscar Wilde, Shakespeare, Jane Austen, u.a. " - Ich glaube ja nun, dass nicht Hollywood diese Namen wieder ins Gespräch gebracht hat, ausser vielleicht bei Leuten, die schon stolz darauf sind, wenn sie 2 Seiten von Effenbohlens gelesen haben. Ich glaube vielmehr, dass Hollywood diese Autoren verfilmt hat, weil sie noch immer im Gespräch waren. Es gab und gibt schon lange vor den Verfilmenungen z.B. billige Ausgaben für Jedermann im englisch-amerikanischen Raum von Austen, Brontë, Dickens...
Warum wird Chaucer immer wieder hervorgeholt und (der um einiges jüngere!) John Donne bleibt ein Name für Spezialisten? Weil der eine ein Klassiker ist, der andere bestenfalls eine Zeitlang einer war. Um im deutschen Sprachraum zu bleiben: Ältere Semester mögen sich vielleicht an eine Fernseh-Serie erinnern, zur Zeit, als es nur Öffentlich-Rechtliches gab: "Rinaldo Rinaldini". Wird das Buch seither wieder gelesen? Nein. Verständlich: Obwohl zur Goethe-Zeit ein Bestseller (um einiges better selling als Goethes Werke!) - der sentimental-larmoyante Held entspricht zwar dem ausgehenden 18. und dem 19. Jahrhundert, heute ist er ungeniessbar...
Ich bin, was die Verbreitung und den Einfluss von Literatur auf die Leute betrifft, ein unverbesserlicher Pessimist. Wenn ich meinen Alltag so anschaue, und die Mussestunden, wo ich ein Buch hervornehme, mal beiseite lasse, muss ich sagen, dass den grössten Einfluss auf mein Leben und die Gesellschaft um mich keine Literaten und Künstler haben, sondern - jeder in seiner Weise - Figuren wie Albert Einstein, Adolf Hitler und Bill Gates. Und das ist nicht ironisch gemeint.... Weil andererseits glaube ich daran, dass sich Qualität letztlich doch durchsetzt. Aber Qualität (auf die Gefahr hin, als unmöglicher Zyniker verschrien zu werden), Qualität ist nichts für die Masse. So ist es auch mit Kultur, die nicht McDonald's meint. (Und ich weiss, wovon ich spreche, weil ich mindesten 1x wöchentlich dort esse. Auch ohne Ironie. Denn erst die Mischung macht's. Deswegen rege ich mich über Hollywood-Verfilmungen auch nicht mehr auf. Ich führe sie mir aber auch nicht zu Gemüte. Ausser "Harry Potter" und "Herr der Ringe"...)
Grüsse
Sandhofer