Die Antwort fällt mir einigermaßen schwer, da die meisten dieser Texte bei mir nur eine begrenzte Haltbarkeit hatten.
In meiner Jugend war es zweifellos John Rechy, City of Night, in den/das ich aber auch heute noch gerne reinschaue. Und ich habe Schopenhauers Welt als Wille und Vorstellung verschlungen, auch wenn ich die Feinheiten dieses Werks mangels Vorkenntnisse gar nicht richtig einschätzen konnte.
Dann hatte mir jemand Michael Endes Unendliche Geschichte geschenkt, die mir sehr gefiel, aus der ich allerdings keine "existenziellen" Schlüsse gezogen habe.
Etwas später hat mich Max Stirner, Der Einzige und sein Eigentum, umgehauen, und die produktive Auseinandersetzung damit hat mich zu Hegel, Wissenschaft der Logik, gebracht, die ich allerdings nur zu 2/3 gelesen habe und dann einigermaßen erschöpft war.
Um die WdL wiederum genauer einschätzen zu können, habe ich mich eingehender mit den Platonischen Dialogen auseinandergesetzt, da sind vor allem das Gastmahl, Phaidros und Sophistes bedeutsam gewesen und sind es noch. Darüber hinaus mit Plotin und vor allem Proklos, dessen Gedankenwelt mit der von Hegel eng verwandt ist. Eng verwandt mit Platon hatte ich auch Stifters Nachsommer empfunden.
Eine Zeitlang hat mich Poppers Auseinandersetzung mit Platon sehr beeindruckt (Die offene Gesellschaft und ihre Feinde), daneben die Logik der Forschung. Platon und Popper erschienen mir immer als die eigentlichen Antipoden, und trotz des Einflusses von Hans Albert (Schüler von Popper, mein Uni-Lehrer) habe ich mich letztlich auf die Metaphysik eingeschworen als dasjenige Denk-Gebiet, das am Ende mehr zu sagen hat als Wissenschaft. Ich lehne mich da an Wittgensteins berühmten Satz 6.52 aus dem Tractatus an: "Wir fühlen, dass selbst, wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen. beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind." Ach ja, wenn ich gerade bei Wittgenstein bin, da gibt es einen Satz, den er kurz vor seinem Tod niedergeschrieben hat, der mich - vielleicht wohl bis heute - prägt, er ist aus "Über Gewissheit", §341: "D.h. die Fragen, die wir stellen, und unsere Zweifel beruhen darauf, daß gewisse Sätze vom Zweifel ausgenommen sind, gleichsam die Angeln, in welchen jene sich bewegen."
Dagegen haben mich die Schriften von Nietzsche immer angeekelt, insofern hatten sie auch einen "existenziellen Eindruck" auf mich hinterlassen, nämlich dass ich nun wusste (genauer: zu wissen glaubte), was Leben und Denken gerade NICHT bedeutet. Überhaupt sind vielleicht gerade diejenigen Texte, die mich abgestoßen haben, die wichtigsten?
Und heute? Was würde ich heute als ein "existenzielles Werk" bezeichnen, also eines, worüber ich nachdenke, das mir wirklich etwas "bringt"? Eigentlich keines bis auf jenen erwähnten Satz aus Über Gewissheit.
(Ich sehe gerade: Aus der Belletristik ist wenig dabei.^^)