Beiträge von uhu

    Hallo


    ich habe gestern und heute Schweigeminute gelesen. Das Buch ist dicht geschrieben, in Lenz's gewohnt prägnanter, unaufgeregter Sprache. Die Geschichte ist traurig, berührend. Ich fand es fantastisch, wie Lenz, der 82-Jährige, sich in den wohl etwa 17-jährigen Christian hineinversetzen kann. Für mich höchster Lesegenuss!


    Gruss


    Uhu

    Hallo Sir Thomas


    Ich war auch hin und her gerissen, was die Übersetzungen angeht. Mir gefällt allerdings die Sprache der neuen gut. Im übrigen ist meine Vergleichsbasis etwas knapp, da ich keine ältere Übersetzung zur Verfügung habe. Ich weiss noch nicht, ob ich mich der Leserunde anschliessen kann, bin im Juni etwas viel unterwegs.


    Der Film hat bei imdb http://www.imdb.com/title/tt0057091/ ein user rating von 8. Ich selbst habe ihm nur eine 6 gegeben. Ich war ziemlich enttäuscht. Sollte ich bei der Leserunde mitmachen, werde ich mir aber auch den Film nochmals anschauen.


    Gruss


    Uhu


    Hier ein Bericht in der FAZ über seinen neuen Roman "Schweigeminute"


    Ich habe mittlerweile die Rezension in der FAZ gelesen und finde sie ausgezeichnet. Ich werde mir das Buch so schnell wie möglich beschaffen.


    Von den Profis wird Lenz offenbar nicht immer gleich (hoch) eingeschätzt. So war ich z.B. ziemlich verblüfft, in dem Buch Inventur - Deutsches Lesebuch 1945-2003 (Carl Hanser-Verlag 2003) keinen Beitrag über Lenz zu finden.


    Gruss


    Uhu

    „Er sah hinaus: Vor ihm, unter dem aschfarbenen Licht, schaukelte die Landschaft auf und nieder – dieses Land ohne Erlösung.“


    „All das hätte nicht dauern dürfen – und doch wird es dauern – immer. [...] Danach wird es anders sein, aber schlechter. Wir waren die Leoparden, die Löwen: unseren Platz werden die kleinen Schakale einnehmen, die Hyänen. Und alle zusammen, Leoparden, Schakale und Schafe, werden wir weiter daran glauben, dass wir das Salz der Erde seien.“


    Und in der neuen Übersetzung:


    "Schaute; vor ihm hüpfte die Landschaft im aschenen Licht auf und ab, unerlösbar."


    beziehungsweise:


    "All dies [...] dürfte nicht andauern; aber es wird andauern, immer; [...] Und nachher wird alles anders sein, aber schlimmer. Wir waren die Pardel, die Löwen; die uns ersetzen, werden die Schakälchen sein, die Hyänen; und wir allesamt, Pardel, Schakale und Schafe, werden uns weiterhin für das Salz der Erde halten."


    Wie schon erwähnt enthält die Neuausgabe zwei bisher unveröffentlichte Textfragmente, zu denen man im Buchdeckel liest:


    "[...] erschien der Roman 1958 [...] wiewohl von Lampedusas Witwe um einige vermeintlich kompromittierende Passagen gekürzt."


    Den Film fand ich, trotz hervorragender Besetzung, im Vergleich zum Buch eher dünn. Mir schien, dass gerade der luxuriös-aristokratische Trauergesang, den Sir Thomas erwähnt, und der durchwegs ein wichtiger roter Faden in dem Buch ist, im Film nicht genügend zum Ausdruck kommt.


    Gruss


    Uhu

    Hallo Maria


    Ich kann mich Deiner Beurteilung anschliessen. Ich schätze ausser dem Fundbüro die Werke von Lenz sehr. Den letzten Roman fand ich allerdings langweilig und vom Thema her "aufgesetzt". Mir hat es dabei an der Natürlichkeit gefehlt, mit der Lenz's Geschichten sonst daherkommen.


    Bin gespannt auf Schweigeminute.


    Gruss


    Uhu

    Ich habe die neue Übersetzung vor ein paar Jahren gelesen. Hat mir sehr gefallen (kann aber zu wenig Italienisch, um etwas über die Qualität aussagen zu können). Immerhin, wenn ich mich richtig erinnere, enthält die neue Übersetzung auch einen oder zwei Teile des Romans, die bisher der Zensur zum Opfer gefallen waren.


    Gruss


    Uhu

    Thomas


    das liegt daran, dass m.W. die auf neurologischen Erkenntnissen beruhende Theorie andersrum läuft: es sind die Männer, die Wort für Wort lesen.


    Gruss


    Uhu


    Eines meiner Lieblingsbücher beginnt nach dem Vorwort so: "Komm", sagte er.
    Könnt ihr erraten, was es ist? Ich wette, ihr kennt es nicht.


    Die Leserin


    Hallo Leserin


    Wo bleibt des Rätsels Lösung?


    Meine Lieblingsbücher im Laufe der Zeit, die immer noch zu meinen Favoriten gehören, beginnen so:


    1. "Zu den Schönsten vor Allen in der Schweiz gehören diejenigen Städte, welche an einem See und an einem Flusse zugleich liegen, so, dass sie wie ein weites Thor am Ende des See's unmittelbar den Fluss aufnehmen, welcher mitten durch sie hin in das Land hinauszieht."


    2. "Es ist unsere Absicht, in diesem Buch das Wenige festzuhalten, was wir an biographischem Material über Josef Knecht aufzufinden vermochten [...]"


    3. "Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,/Die früh sich einst dem trüben Blick gezeigt."


    als da sind:


    - Gottfried Keller, Der Grüne Heinrich (Urfassung 1854/55)
    - Hermann Hesse, Das Glasperlenspiel
    - Goethe, Faust


    Grüsse


    Uhu

    Angeregt durch den von Madeleine begonnenen Thread zu Dramen lese ich zur Zeit - u.a. - Hebbels "Judith", das ich für ein sehr kraftvolles Stück halte.

    Hallo


    Venedig gehört zu meinen liebsten Städten. Ich bin auf der Suche nach Werken der deutschen klassischen Literatur, in denen Venedig ein Hauptschauplatz ist. Neben Manns "Tod in Venedig" kenne ich Heyses "Andrea Delphin". Kennt Ihr andere Werke?


    Dank und Gruss


    Uhu

    Hallo Herr Haack


    Betr. Symbolik und Metaphorik des Lichts wollte ich auf Ihren Satz "Das »ewige Licht« der Sonne steht für Erkenntnis." reagieren. Was Fausts Erschrecken angeht, bin ich mit Ihnen einig. Allerdings sehe ich die Situation nicht als unentrinnbar. Faust dreht sich doch gerade zu dem Zwecke um, um dem "Flammenübermass", dem "Feuermeer" zu entrinnen.


    Goethe verwendet das Wort "Schatten" nicht. Aber es ist genau der eigene Schatten, den man sieht, wenn man die Sonne im Rücken hat und zur Erde blickt. In einer psychologischen Deutung ist es wichtig, dass Faust seinen Schatten nun zu erkennen beginnt. Im Teil 1 ist es ein grosses Problem, dass Fausts Schatten, verkörpert durch Mephisto, völlig unabhängig ist und ihn in Bann schlägt (vgl. Vers 1535ff, wo Faust sich dem Mephisto anpasst: Mephisto ist Herr des Geschehens, nicht Faust).


    Ich glaube bestimmt, dass mit dem "zur Erde blicken" auch die Mutter Erde gemeint ist. Licht=Feuer, männlich / Erde, weiblich. Alle Elemente sind hier vertreten, auch Luft (männlich) und Wasser (weiblich). Licht und Wasser vereinigen sich im Regenbogen: die Vereinigung von Feuer und Wasser, mit welcher das Werk schliesslich endet:


    "Das Unzulängliche,/Hier wird's Erreichnis;/Das Unbeschreibliche,/Hier ist's getan;/Das Ewig-Weibliche/Zieht uns hinan."


    Die vier Elemente kommen im Faust natürlich an verschiedenen Stellen vor. In diesem Zusammenhang scheint mir von Bedeutung der Traum im ersten Teil, V 1447ff., der schon den Bogen zum zweiten Teil spannt und Fausts Sehnsucht nach der Unendlichkeit vorwegnimmt, die im ersten Teil noch unbewusst ist und darum im Traum vorkommt.


    Schönen Sonntag!


    Uhu

    Dort ist auch das Grab von Vera und Igor Strawinsky. Ich habe es damals leider nicht mehr geschafft, auf die Insel zu kommen.


    Hallo mombour


    Sorry, ich muss Deinen Beitrag bisher übersehen haben. Wir haben trotz intensivem Suchen das Grab der Stravinskys nicht gefunden. Das ist aber nicht weiter verwunderlich, die Friedhofsinsel ist immens gross. Die Gräber von Pound und seiner Partnerin und von Brodsky finden sich in einem ganz abgelegenen Teil (mindestens dorthin hatte es eine - recht dürftige - Beschilderung). Ich habe den Besuch in bester Erinnerung: lohnt sich beim nächsten Mal!


    Gruss


    Uhu

    Hallo Josmar


    Ich habe das Buch aus dem Bücherstapel meiner Frau gezogen, also nicht wegen der "hype" gelesen. Das beste Argument dafür, ein Buch zu lesen, ist für mich die Tatsache, dass ich es noch nicht gelesen habe. Argumente dagegen finde ich allenfalls nachher.


    Leider sagt Dein Profil nichts über Dein Alter aus. Hier nur so viel: meine Frau wollte das Buch auch unseren Töchtern empfehlen. "Tu das nicht!" hab ich ihr geraten. Das Buch ist m.E. eindeutig für Leute jenseits der 40. Da hat es durchaus seinen Reiz. Wär ja hin und wieder ganz schön, selbst mal in den Nachtzug nach Lissabon zu steigen.


    Uhu

    Hallo Madeleine


    zur Zeit lese ich weniger Dramen, ausser dem Faust, obwohl ich dieses Genre eigentlich liebe. Sperrig finde ich die Literaturgattung aber gar nicht, auch wenn die Art und Weise, wie eine Geschichte erzählt wird, etwas gewöhnungsbedürftig ist. Zuckmayers Des Teufels General oder sein Hauptmann von Köpenick sind aber in dieser Hinsicht ziemlich bekömmlich, ebenso die Dramen von Dürrenmatt. Weniger Spass hat mir Frisch gemacht. Oder versuch's mal mit dem Sommernachtstraum oder sonst einer Komödie von Shakespeare oder der Minna von Barnhelm (finde ich immer noch ein geniales Stück).


    Dein Beitrag hat mich gerade dazu angeregt, wieder einmal ein Drama aus dem Büchergestell zu nehmen. Danke!


    Uhu


    Ps: weitere Hinweise hat es auch in den Threads gute,eher leichtzulesende dramen und Schillers Dramen: welche sind lesenswert?

    Hallo Donna


    Es gibt weder Haue noch Schelte, jedenfalls nicht von mir, weil ich zu Sinn oder Unsinn von Klassiker-Warnungen nichts mehr sage. Aber:


    Hast Du mal das Glasperlenspiel gelesen? Ich glaube nicht, dass man davon viel hat, bevor man die Pubertät überwunden hat. Auch zu vielen Gedichten Hesses habe ich erst viel später Zugang gefunden.


    Gruss


    Uhu

    Da sich die Argumente im Kreis zu drehen beginnen, verzichte ich darauf, in der Sache selbst nochmals zu antworten und harre gespannt der Dinge, die da kommen sollen. Jedenfalls werde ich's wie Thomas halten und die Warnungen eher als Aufforderung verstehen, mir selbst ein Bild zu machen.


    Uhu

    Nehme es doch mit ein wenig Humor, uhu, denn wer gerne Klassiker liest, der sollte doch erst recht das haben, was man ansonsten bei vielen, zu vielen Menschen leider vermisst, den wirklichen - Humor meine ich jetzt!
    (Leider gibt es auch so "Klassikliebhaber" die über jeden Ottonormalleser leicht angewiedert die Nase rümpfen, ja, die gibt es auch).


    Ich weiss nicht genau, was das mit Humor zu tun hat und wieso bei Klassikliebhabern der Humor besonders ausgeprägt sein soll (aber das kommt vielleicht daher, dass ich davon nicht viel habe, sagt mir meine Frau manchmal auch :zwinker:).


    Dennoch, ich bleibe dabei: nichts gegen persönliche Wertungen von Büchern und einen Gedankenaustausch darüber. Dafür ist dieses Forum ja da. Und schliesslich kann nicht jeder jeden Klassiker gerne mögen oder gut finden. Deswegen ist man noch nicht gleich ein Klassikermuffel. Ich selbst kann z.B. mit Stifters Nachsommer herzlich wenig anfangen. Aber den Warnfinger zu erheben und so Abschreckungspolitik zu betreiben, finde ich fehl am Platz.


    Klar gibt es Klassikliebhaber, die über Ottonormalleser die Nase rümpfen. Das ist ziemlich arrogant. Ich bin selbst sehr oft Ottonormalleser (Grisham, Carofiglio, Peter Berling, Robert Harris, Ian Fleming, ...) und habe damit kein Problem. Jedes Ding zu seiner Zeit.


    Gruss


    Uhu

    Hallo Friedrich-Arthur


    das erste Buch von Jacobi gibt es schon noch, m.W. aber nicht das zweite mit dem Titel "Komplex Archetypus Symbol". Das müsste Dich als Kunstinteressierter und selbst künstlerisch Tätiger eigentlich interessieren. Ich hab's seinerzeit antiquarisch aufgetrieben. Das Buch enthält viele Zitate aus den Werken Jungs und führt daher auch direkt zu Jung.


    Für mich ist Jung einfach eine grosse persönliche Erfahrung. Ich bin selbst ebenfalls nicht vom Fach, habe aber viel Jung gelesen und besuche in der Freizeit hin und wieder Veranstaltungen am C.G. Jung Institut in Küsnacht/Zürich. Mich fasziniert v.a. Jungs Darstellung des kollektiven Unbewussten und dessen Einfluss auf unser Ich und seine Theorie von der Individuation = Selbstfindung als Lebensziel (wobei wohl gelten muss: der Weg ist das Ziel). Grundlegend diesbezüglich ist Band 7 der Gesammelten Werke, Zwei Schriften über Analytische Psychologie. V.a. die zweite Schrift mit dem Titel Die Beziehungen zwischen dem Ich und dem Unbewussten ist, wie der Titel schon sagt, sehr aufschlussreich für das Verhältnis zwischen Bewusstem und Unbewusstem in Jung'scher Sicht. Zum Thema Individuation hat Jacobi ein weiteres in meinen Augen sehr gutes Buch geschrieben: Der Weg zur Individuation, leider ebenfalls vergriffen.


    Sodann finden sich v.a. in Band 9/1 der GW ((Die Archetypen und das kollektive Unbewusste) zahlreiche Aufsätze zum Thema der Archetypen, die dich interessieren dürften. Allenfalls sind sie aber in dem von Dir genannten Buch Archetypen vorhanden. Persönlich ziehe ich die GW den dtv-Bändchen vor, weil sie das Querlesen und das Auffinden von Zitaten bei anderen Autoren erleichtert, die sich meist auf die GW beziehen. Die GW gibt es auch in einer broschierten (allerdings trotzdem nicht sehr preiswerten) Ausgabe.


    Zur Zeit lese ich - unsystematisch - in den späteren Werken Jungs, die sich mit Alchemie befassen, da er darin immer wieder auf Goethes Faust zu sprechen kommt, den ich seit ein paar Monaten intensiv "beackere".


    Gruss


    Uhu


    PS: Faszinierend fand ich auch die drei Bände mit Briefen Jungs, die viele Aussagen zu seinem Werk und seinen Auffassungen enthalten und Jung als Menschen aufleben lassen, auch wenn die Auswahl bedrückend klein ist und die "Gegenbriefe" fehlen (in den Archiven lagern 35,000 [sic!] Briefe von und an Jung!)

    Also mir reicht es, dass mittlerweile in gewissen Ländern schon auf jeder Flasche Wein draufsteht, der Genuss des Inhalts schade der Gesundheit. Ich brauche das für Bücher nicht auch noch!