Ich habe allerdings keine sozialistische Kampfschrift à la Engels "Die Lage der arbeitenden Klasse in England" erwartet, dazu ist Dickens die Personenbeschreibung fast immer wichtiger als die Zustandsbeschreibung, so nehme ich es jedenfalls in den von mir bisher gelesenen Romanen wahr. Dickens empört sich schon sehr gegen die menschen- und umweltverachtende Art, in der die ausschließlich gewinnorientierte Industrialisierung vorangetrieben wird, aber der Mensch oder Menschentyp als Verursacher ist ihm - so scheint es mir - immer wichtiger als die Darstellung der Verhältnisse.
Das ist richtig und ich denke, dass er sich auch hier nicht von seinem Konzept abbringen lässt. Im Vergleich zu Zola, der ja überwiegend den Einfluss der Umwelt auf die Personen zeigt und das eher exemplarisch, beschäftigt sich Dickens mit den Beziehungen der Personen untereinander. Auch wenn er seine Figuren mitunter sehr ausreizt, z.T. ist das für mich auch zuviel, so bei der Frau von Blackpool. Für mich ist dieser Vergleich sehr interessant.
Von dem konservativen Dickens hatte ich auch keinen dokumentarischen Bericht erwartet und auch keinen blanken Realismus (wir wollen doch auch nicht, dass unseren Freund Sir Thomas der Schlag trifft, wenn sich der Fabulierer Dickens als Vorläufer von Zola zeigen würde). Gehofft hatte ich allerdings, dass die spezifischen Beziehungen seiner Figuren, den neuen Charakter der Industriegesellschaft ausdrücken. Nun gab es den Utilitarismus schon vor dem ersten Maschinenwebstuhl und der ersten Wattschen Dampfmaschine. Selbst die Fabrikarbeit bleibt außen vor, wo er sonst in seinen Romanen so detailiert schildert, wenn es um Schule und Erziehung und um die Unterwelt geht. So bleibt es auch in "Harte Zeiten" bei dem, was sich mit wenigen Ausnahmen, durch die ganze Literaturgeschichte zieht: die einzige geschilderte, wertschöpfende Arbeit machen die Frauen.