So, jetzt bin ich durch mit dem Buch. Und es hat viel Spaß gemacht. Hier ein paar noch etwas ungeordnete Eindrücke:
Der Roman wirkt sehr modern gegenüber anderen aus dieser Zeit. Es wird immer mal wieder auf die Religion geschimpft und amouröse Szenen sind schon relativ explizit. Gut, ich lese viel englische Literatur, die ist im Gegensatz zur französischen da vermutlich eh verklemmter :zwinker:.
Georges Duroy wird relativ gnadenlos geschildert. Er ist ambivalent angelegt, einerseits der etwas einfache Bauernsohn, auf der anderen Seite der rücksichtslose Emporkömmling, der so alles machen kann, was er sich vorstellt. Auch heute gibt es ja immer wieder mal Studien, die belegen, dass gutaussehenden Menschen viel mehr geglaubt wird und v.a. zugetraut wird, als weniger gutaussehenden. Das ist möglicherweise auch der Grund, warum Bel-Ami so ziemlich mit allem durchkommt, was er sich so leistet. Und er hat ja auch Erfolg damit. Als Leser wartet man ja eigentlich nur darauf, dass er mal reinfällt, aber nein: alles gelingt!
Die Nebencharaktere sind sehr gut gezeichnet, v.a. die Damen, die Bel-Ami beglückt. Gut gefallen hat mir Madame Walter, die etwas ältliche Matrone (wenn man genau rechnet, muss sie wohl um die 40 sein :rollen:), die sich zum ersten Mal richtig verliebt und nun wie ein Backfisch für Bel-Ami schwärmt.
Auch die Naturschilderungen sind sehr gut gelungen. Des öfteren mischen sich sehr melancholische Bilder in das ansonsten heitere, vergnügungssüchtige Paris. V.a. der Abschnitt in Cannes ist beeindruckend, als Georges dem Tod seines Freundes Forestier beiwohnt. Nichtsdestoweniger kann das Georges nicht davon abhalten, der Witwe sofort nach dem Ableben des Gatten zu signalisieren, dass er sie gerne heiraten würde...
Ich werde das Buch noch ein bißchen auf mich wirken lassen, mal sehen, was mir dann noch einfällt bzw. auffällt. Aber ich kann schon sagen: eine Lese-Empfehlung!