Kafka und Ishiguro

  • Hallo,


    Da gerade im Projekt "Kafka - Der Prozeß" über das Traumartige gesprochen wird, mal die Frage in die Runde geworfen:


    Kennt jemand Kazuo Ishiguros Werk "The Unconsoled" ("Die Ungetrösteten")?


    Kazuo Ishiguro ist ein japanischstämmiger Brite (im Alter von fünf Jahren nach England eingewandert), der bisher (wenn ich richtig gezählt habe) fünf Romane geschrieben hat. Sein bekanntester Roman ist "The Remains of the Day" ("Was vom Tage bleibt"), wegen der Verfilmung mit Anthony Hopkins und Emma Thompsen.


    Aber zurück zu "The Unconsoled": Es ist eines der faszinierendsten Bücher, die ich je gelesen haben. Das traumhafte darin ist viel stärker ausgeprägt als bei Kafka. Kafka? Vergeßt Kafka... lest "The Unconsoled"!


    Ich kann übrigens verstehen, dass sich die Geister an diesem Buch scheiden. Während die einen hellauf begeistert sind, werfen andere es wütend in die Ecke oder zucken verständnislos mit den Schultern.


    Übrigens, kennt Ihr andere Romane oder Erzählungen, die eine traumhafte Realität erschaffen? Ich meine nicht Träume, die als solche gekennzeichnet sind und eine Rolle im Geschehen spielen - das gibt es schon in der Bibel, siehe Josephs Geschichte - sondern Geschichten, die als reales Geschehen daherkommen, aber die innere Logik von Träumen haben, eben wie bei Kafka und Ishiguro?


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo Harald,


    Zitat von "Harald"

    Übrigens, kennt Ihr andere Romane oder Erzählungen, die eine traumhafte Realität erschaffen? Ich meine nicht Träume, die als solche gekennzeichnet sind und eine Rolle im Geschehen spielen - das gibt es schon in der Bibel, siehe Josephs Geschichte - sondern Geschichten, die als reales Geschehen daherkommen, aber die innere Logik von Träumen haben, eben wie bei Kafka und Ishiguro?


    Auf diese beschreibung hin würde mir zuallererst der "polnische Kafka" Bruno Schulz einfallen.
    Zu ihm hatte ich schon mal hier
    etwas gebracht:
    meine posts v. 30.12.03 und 2.1.04 mit einigen text- und lexikazitaten, und ebenfalls am 2.1. eine link-sammlung:
    zum überblick am besten "Die Traumwelten des Bruno Schulz".
    Traumhaft sind diese welten tatsächlich, teilweise skurril, aber viel irrealer als bei kafka. Dabei auch mit bezügen zu bibel und jüd. mystik (siehe die gelinkten weiteren aufsätze).


    Zur stöbern würde ich den zuerst veröffentlichten erzählungsband "Die Zimtläden" empfehlen. Der zweite hat teilweise geschichten mit solcher, fast einen "lingualorgasmus" darstellenden bilderflut, daß ich kurz davor stand, die lektüre aufzugeben.


    Auch dieses ist eine extreme literatur, die man entweder gar nicht oder sehr mag.
    Das ist natüerlich ein sehr subjektives urteil und daher weiß ich nicht, ob dieses das nachgefragte auch tatsächlich trifft.
    Aber traumartig sind diese geschichten gewiß!
    gruß hafis

    Nun haben zwar manche Theologen einen ebenso großen Magen, wie man ihn der Kirche nachsagt;
    <br />sie können ebenso viele gedanklichen Ungereimtheiten verdauen wie die Kirche allerlei weltliche Güter. - Heinz Zahrnt

  • Hallo zusammen!


    Im Moment kommen mir nur in den Sinn:


    [list]- Stanislaw Lems Memoiren, gefunden in der Badewanne. Allerdings m.E. der wohl schwächste Lem. Kafka guckt an allen Enden und Ecken aus dem Text hervor ...
    - Ich habe ein schlechtes Namensgedächtnis, aber da sind noch die beiden Russen, SF-Autoren und Brüder, mit dem Buch, das vor Jahren als Stalker verfilmt wurde.
    - Mark Twain: A Connecticut Yankee at King Arthur's Court ?
    - Urs Widmer: Die gelben Männer ?
    - Novalis: Heinrich von Ofterdingen ?
    - Jean Paul?[/list:u]


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer und Hafis,


    Danke für Eure Hinweise. Ich werde mir das eine oder andere bei Gelegenheit ansehen.


    Zitat von "Sandhofer"

    aber da sind noch die beiden Russen, SF-Autoren und Brüder, mit dem Buch, das vor Jahren als Stalker verfilmt wurde.


    Das weiß ich aus dem Kopf: Arkadi und Boris Strugatzki. Ist ja Ewigkeiten her, dass ich einen Roman von diesen beiden gelesen habe. Auch meine Lem-Phase liegt Jahrzehnte zurück... da ist aber etwas mehr haftengeblieben. An die Memoiren habe ich noch eine schwache Erinnerung. Am besten haben mir Solaris und die Sterntagebücher gefallen. Science Fiction ist mittlerweile völlig aus meinem Gesichtskreis verschwunden.


    Herzlichen Gruß, Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Harald"

    Das weiß ich aus dem Kopf: Arkadi und Boris Strugatzki.


    Stimmt: Picknick am Wegesrand!


    Ausser Lem lese ich heute auch praktisch keine SF mehr. Früher mal, ja. Sehr vieles aus der goldenen und silbernen Ära der amerikanischen SF: "Doc" Smith, Anderson, Heinlein, Asimov, van Vogt. Damals hatte Heyne eine ausgezeichnete SF-Abteilung. Mit - wenn ich mich richtig an den Namen erinnere - Wolfgang Jeschke als Cheflektor oder so ähnlich. Dann irgendwann mit Joe Haldemann und den beiden Strugatzkis hat's bei mir aufgehört.


    Zum eigentlichen Thema wären vielleicht noch nachzutragen:
    [list]- Einige Erzählungen von Dürrenmatt, z.B. Grieche sucht Griechin
    - Karl Valentin, der mir persönlich immer vorgekommen ist wie ein ins Komische gedrehter Kafka
    - Ferdinand Raimund ?
    - Robert Walser ?[/list:u]
    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo Sandhofer,


    Zitat von "Sandhofer"

    Damals hatte Heyne eine ausgezeichnete SF-Abteilung.


    Ist Dir dann auch Herbert W. Franke ein Begriff? Fällt mir gerade ein.


    Harald

    Aktuell: Altägyptische Literatur. Kafka. Theater des Siglo de Oro. Gontscharow. Sterne, Fielding, Smollett.

  • Hallo zusammen!
    Hallo Harald!


    Zitat von "Harald"

    Ist Dir dann auch Herbert W. Franke ein Begriff? Fällt mir gerade ein.


    Ich kenne den Namen, habe auch schon mal was von ihm gelesen - frag mich nur nicht was ...


    Generell hat - ausser Lem - die nicht-US-amerikanische SF bei mir allerdings keinen grossen Eindruck gemacht.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat von "sandhofer"

    Hallo zusammen!
    Hallo Harald!



    Ich kenne den Namen, habe auch schon mal was von ihm gelesen - frag mich nur nicht was ...


    Sandhofer


    "Wüstenplanet"?


    bin kein SciFi-Kenner, aber ich meine der Autor steht mit diesem Buch in Verbindung.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "sandhofer"

    Hallo zusammen!
    Hallo Harald!



    Ich kenne den Namen, habe auch schon mal was von ihm gelesen - frag mich nur nicht was ...


    Vielleicht einen der folgenden Titel?


    - Sirius Transit


    - Die Kälte des Weltraums


    - Der Elfenbeinturm


    Gruß von Hubertl

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Harald"

    Übrigens, kennt Ihr andere Romane oder Erzählungen, die eine traumhafte Realität erschaffen?


    Da habe ich doch glatt zwei meiner Lieblinge vergessen:
    [list]Lewis Carrol: Alice im Wunderland, Alice im Spiegelland, Sylvie und Bruno
    Flann O'Brian: The Third Policeman[/list:u]

    Zitat von "Hubert"

    Vielleicht einen der folgenden Titel?
    - Sirius Transit
    - Die Kälte des Weltraums
    - Der Elfenbeinturm


    Letzeres war's wohl. Hat mir aber keinen grossen Eindruk gemacht.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus