Grimmelshausen - Abenteuerlicher Simplicissimus

  • Hallo zusammen,


    Atomium hat gepostet:
    Ich bin in der Mitte des dritten Bandes angekommen und muss zugeben, dass mich die Geschichte mehr und mehr fasziniert.


    Ikaruas hatte gepostet:
    Ich bin nun mit dem 4. Buch auch fertig und fand es bisher das Kurzweiligste.


    Maria hatte gepostet:
    Irgendwie hat mich der Simplicissimus in einem Lesetief erwischt, aus dem ich erst nun so nach und nach rauskomme. Zuerst dachte ich nicht, dass der Grimmelshausen mich darausholt, aber überraschenderweise wird das Buch in meinen Augen immer interessanter.


    Mit ist es genau so gegangen wie euch. Ich selbst, war von dem Buch am Anfang auch nicht sonderlich begeistert, aber es steigerte sich von Kapitel zu Kapitel. Die ganze Zeit, habe ich gedacht, dass man sich halt mit diesem Stil erst langsam anfreundet und es deshalb immer besser geht, weil der Stil langsam vertrauter wird. Nach meiner Lesepause über Ostern und der Lektüre von Urs Widmers Roman aus dem 21. Jahrhundert, hatte ich deshalb gedacht mich erst wieder einlesen zu müssen, dem war aber nicht so. Es muss also einen anderen Grund geben. Am Inhalt liegt es meiner Meinung nach auch nicht. Z.B. sind die Kapitel auch ähnlich aufgebaut, was mir jetzt im 5. Buch wieder aufgefallen ist. Jedes Buch (meistens in der Mitte) enthält eine phantastische Geschichte, die nichts mit dem Zeitgeschehen zu tun hat. :


    1. Buch 15 – 17. Kapitel: Der Traum
    2. Buch 17 – 18. Kapitel: Die Hexenfahrt
    3. Buch 13. Kapitel: Simplicii seltsame Grillen und Luftgebäu
    4. Buch 4- 5 Kapitel: Im Venusberg
    5. Buch: 12 – 17 Kapitel: Mummelseefahrt


    Es kann also nur daran liegen, das der Stil des Buches sich ändert. Möglicherweise, hat Grimmelshausen, seine Schreibweise dem Alter und der Bildung seines Helden angepasst? Das wäre ja genial.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen,


    Atomium hat gepostet:
    Simpel ist vom Jäger von Soest zum Dragoner geworden, wartet auf die Beförderung zum Fähnrich. Für mich als Nichtmilitarist - gibt es irgendwo eine kurze Erklärung dieser militärischen Ränge? Ich finde ja, dass Fähnrich nach nicht viel klingt, aber anscheinend ist es ja schon ein Aufstiegsposten...


    Sandhofer hat gepostet:
    Fähnrich - wenn diese Aufstellung zur preussischen Kavallerie von rund 1750 auch 100 Jahre früher in anderen deutschen Staaten Gültigkeit hatte (und ich sehe keinen Grund, warum nicht: nichts ist konservativer als das Militär und seine Organisation ...) - Fähnrich also war wahrscheinlich die höchste Stufe, die so ein Bürgerlicher in der Armee erreichen konnte. Offiziersränge waren eigentlich den Adligen vorbehalten, ein äusserst befähigter Bürgerlicher mochte allerdings schon mal den Rang eines Fähnrich oder Kornett erreichen. Ein Rang, den die 16-jährigen adligen Frischlinge geschenkt bekamen, wenn sie nicht gleich als Lieutenant beginnen durften.


    Jäger von Soest, ist m.M. nach eine Bezeichnung die Simpel sich selbst gegeben hat und unter der er als Person bekannt, ja berühmt wurde, ist aber keine militärische Bezeichnung.


    Dragoner ist kein Dienstgrad, sondern eine Waffengattung. Im Simplicissimus kommen m.M. nach drei verschiedene Waffengattungen vor, die auch unterschiedlich angesehen waren:


    a) Musketier (das waren einfache Soldaten, die zu Fuß unterwegs waren, unserer heutigen Infanterie entsprechend
    b) Reuter (das war die angesehenste Waffengattung, Söldner, die sich ein Pferd leisten konnten, sie waren zu Pferd unterwegs und kämpften auch zu Pferde, Nachfahren der Ritter und Vorfahren der Kavallerie)
    c) Dragoner (das war ein Mittelding zwischen Musketier und Reuter, sie waren mit Pferden unterwegs, kämpften aber unberitten, wahrscheinlich mangels entsprechender Waffen, oder um die Pferde zu schonen)


    Fähnrich ist ein Dienstgrad. Bei der heutigen Bundeswehr ist das ein Offiziersanwärter, der wie ein Feldwebel bezahlt wird. Also eigentlich ein höherer Unteroffizier aber mit der Aussicht (z.B. nach bestandenem Lehrgang) Offizier zu werden. Zeitsoldaten mit entsprechender Vorbildung werden heute als Fahnenjunker oder Fähnrich eingestellt und dann ziemlich schnell zum Leutnant befördert. Bei Grimmelshausen hatte ich das auch so verstanden, bin mir aber nicht ganz sicher: Der Simpel als Fähnrich, war Anwärter auf eine Offiziersstelle, musste aber warten, bis eine entsprechende Stelle frei wird.
    Zu Grimmelshausens Zeiten war es zwar nicht üblich das Nichtadlige Offiziere wurden, aber durch besondere Leistungen doch möglich, während Adlige automatisch Offiziere waren, im Ständebaumtraum des 1. Kapitels wird diese Situation ja von Grimmelshausen beklagt. Es war aber auch für Nichtadlige nicht unmöglich, im Roman werden sie ja mehrmals erwähnt, als Offiziere von Fortune.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen,


    Atomium hat gepostet:
    Für mich ist Till Uylenspiegel Flame. Aber vielleicht habe ich zuviel De Coster gelesen. (s. http://fr.wikipedia.org/wiki/Charles_De_Coster Link zur französischsprachigen Wikipedia).
    Till zeigt auch eher typische Eigenschaften der belgischen Seele. Er erkennt Autoritäten nicht an, narrt die, die die Macht haben, wer immer sie auch gerade sind. Er untergräbt die herrschende Ordnung, weil es nicht seine ist und weil man sein Land auspresst wie eine Zitrone.


    Sandhofer hat gepostet:
    Zum Eulenspiegel: De Costers Figur dieses Namens ist natürlich vom Helden des Volksbuches abgeleitet, hat aber mit diesem nicht mehr alle Züge gemeinsam. So ist De Costers Figur Repräsentant der flämischen Rebellion, während der 'deutsche' Eulenspiegel allenfalls auf eigene Rechnung rebelliert.


    Vielen Dank, für eure Beiträge, ich kenne den Eulenspiegel leider nur als Kinderbuch. Da werde ich mich demnächst wohl etwas mit befassen. Der Grimmelshausen gibt ja viele Anregungen für weitere Literatur.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen,


    Atomium hat gepostet:
    -Ich interessiere mich für Kirchen, romanische, gothische, weniger barocke, und kann Stunden damit verbringen, die "Comics" auf den Kapitellen zu enträtseln. Deshalb kenne ich viele Kirchen. Ich versuche, in jeder Stadt, die ich besuche, eine Kirche anzuschauen


    Diese „Comics“ auf den Säulenkapitellen waren ja die Bibeln der nichtlesenden Bevölkerung im Mittelalter. Besonders die Kreuzwege der alten Kirchen auf dem Jakobsweg (in Frankreich und Spanien) sind da ja wahre Fundgruben. Mein Favorit unter den gotischen Kathedralen ist aber Chartres und bei den romanischen: Speyer.


    Maria hat gepostet:
    Habt ihr auch die Angst herausgelesen, dass die Erde mit Feuer gerichtet werden soll. Ich nehme an Grimmelshausen bezieht sich hier auf den Petrusbrief.


    Ja, der Petrusbrief ist naheliegend. Vielleicht können wir beim Bibelprojekt noch mehr darauf eingehen. Behalt das mal im Auge.


    Vielen Dank, Maria, für die Links zum Mittelalter und zu Klabund. Ich habe mir den Klabund mal durchgelesen: Eine kompakte Einführung und Übersicht über die Literaturgeschichte.


    Liebe Grüße


    Hubert



  • Hallo zusammen,
    Hallo Hubert
    das würde auch auf eine Entwicklung hindeuten, nach der ich bereits gesucht habe, so eindeutig war es mir bis dato noch nicht bzw. manchmal sah ich eine, dann gab es m.E. wieder Rückschläge.


    Dann sehe ich in deiner Aufstellung, dass es auch Visionen sein könnten. Gerade wenn es phantastisch zuging, hatte Grimmelshausen seine kritischsten Ansichten und Lösungen parat.


    mir ist auch noch etwas zu den Büchern aufgefallen, darüber grübele ich schon seit Tagen, aber ich bring meine Gedanken nicht so recht auf die Reihe. Vielleicht könnt ihr euch ein Bild aus den Bruchstücken machen, was ich vom Gefühl her mal einbringen möchte:


    Buch 1 / Kapitel 5 : Wie Simplicii das Reiß-aus spielt und von faulen Bäumen erschrecket wird.
    hier tritt Mars in erscheinung um Krieg zu symbolisieren.
    Buch 2 / Kapitel 5 : Simplicius wird von vier Teufeln in die Höll geführt und mit spanischem Wein traktiert
    dieses 5. Kapitel seh ich auch irgendwie mit den restlichen in Verbindung, kann es nur nicht deuten wie.
    Buch 3 / Kapitel 5 : Wie er die Religionen miteinander vereinigen, und in einen Model gießen wird
    die Religionen, als Kategorie die Kriege verursachen.
    Buch 4 / Kapitel 5 : Wie es ihm darinnen erging, und wie er wieder herauskam
    S. ist im Venusberg
    Buch 5 / Kapitel 5 : Simplicius läuft botenweis, und vernimmt in Gestalt Mercuri von dem Jove, was er eigentlich wegen des Krieges und Friedens im Sinn habe.


    (Continuatio Kapitel 5 steht noch aus.)


    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese div. 5. Kapiteln bewußt so von Grimmelshausen gesetzt wurden bzw. die Themen.


    Seht ihr hier einen erklärenden Zusammenhang? vielleicht bilde ich mir es auch nur ein.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)


  • Nochmals Hallo zusammen,


    ich habe mal auf den vorherigen Seiten unserer Leserunde gestöbert und diesen Thread hervorgeholt, weil es gerade paßt.


    Ich habe nun parallel mit "Das Treffen in Telgte" (Eine Erzählung und 43 Gedichte aus dem Barock) von Günter Grass begonnen und bereits auf den ersten 30 Seiten kommen Merkur, Apoll und Saturn vor. Interessant.


    Jedenfalls kommen darin soviele Dichternamen aus der Barockzeit vor, dass man eine Menge nachforschen kann.


    ein beeindruckender Absatz daraus:
    Wo alles wüst lag, glänzten einzig die Wörter. Und wo sich die Fürsten erniedrigt hatten, fiel den Dichtern Ansehen zu. Ihnen, und nicht den Mächtigen, war Unsterblichkeit sicher.


    Grimmelshausen's Simplicissimus ist Unsterblich. :winken:


    Bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Zitat von "Hubert"

    Hallo zusammen,


    gestern abend habe ich noch bis zum Ende des Mummelseeabenteuers gelesen. Hier befinden wir uns eindeutig in der Mondphase. Der Mond ist ja der Herr über das Wasser (Gezeiten). Entsprechend hält sich Simpel im Reich der Wassergeister auf. Möglicherweise beginnt die Mondphase aber auch schon mit Simpels Eintreffen im Sauerbrunnen? * grübel *. Wie seht ihr das?


    Gruß von Hubert


    Hallo zum Dritten
    Hallo Hubert
    wie kamst du auf dem Gedanken, dass es bereits im Saurbrunnen anfing?


    [Faustus]
    ich habe die Stelle im Simplicissimus gefunden was mich an Faust erinnerte:


    http://gutenberg.spiegel.de/grimmels/simpl/simpl117.htm


    aus Faustus Poeta - neulateinischer Dichter
    übersetzt lt. Anhang:


    Es hat die edle Seele diese Eigenheit, daß sie sich für das Ehrenhafte erregt, und keinen Mann von hervorragendem Geist erfreuen niedrige und schmutzige Dinge.


    kann jemand etwas damit anfangen?


    Gruß Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,
    hallo Maria,


    Du hast gepostet:
    das würde auch auf eine Entwicklung hindeuten, nach der ich bereits gesucht habe, so eindeutig war es mir bis dato noch nicht bzw. manchmal sah ich eine, dann gab es m.E. wieder Rückschläge.


    Ja, Deine Beobachtung ist durchaus richtig, aber ist es nicht oft so, dass Entwicklungen nicht linear verlaufen, sondern von Rückschlägen unterbrochen werden?. Auch bei Goethes Wilhelm Meister gibt es keine lineare Entwicklung


    Dann sehe ich in deiner Aufstellung, dass es auch Visionen sein könnten. Gerade wenn es phantastisch zuging, hatte Grimmelshausen seine kritischsten Ansichten und Lösungen parat.


    Ja, ich denke Grimmelshausen hat diese phantastischen Stellen bewusst eingeschoben, um unverblümt seine Ansichten oder Visionen zu äussern.


    mir ist auch noch etwas zu den Büchern aufgefallen, darüber grübele ich schon seit Tagen, aber ich bring meine Gedanken nicht so recht auf die Reihe. Vielleicht könnt ihr euch ein Bild aus den Bruchstücken machen, was ich vom Gefühl her mal einbringen möchte:


    Buch 1 / Kapitel 5 : Wie Simplicii das Reiß-aus spielt und von faulen Bäumen erschrecket wird.
    hier tritt Mars in erscheinung um Krieg zu symbolisieren.
    Buch 2 / Kapitel 5 : Simplicius wird von vier Teufeln in die Höll geführt und mit spanischem Wein traktiert
    dieses 5. Kapitel seh ich auch irgendwie mit den restlichen in Verbindung, kann es nur nicht deuten wie.
    Buch 3 / Kapitel 5 : Wie er die Religionen miteinander vereinigen, und in einen Model gießen wird
    die Religionen, als Kategorie die Kriege verursachen.
    Buch 4 / Kapitel 5 : Wie es ihm darinnen erging, und wie er wieder herauskam
    S. ist im Venusberg
    Buch 5 / Kapitel 5 : Simplicius läuft botenweis, und vernimmt in Gestalt Mercuri von dem Jove, was er eigentlich wegen des Krieges und Friedens im Sinn habe.


    Irgendwie habe ich das Gefühl, dass diese div. 5. Kapiteln bewußt so von Grimmelshausen gesetzt wurden bzw. die Themen.


    Hmm, das sieht tatsächlich nicht nach Zufall, sondern schon mehr nach bewusster Gestaltung aus – muss diese Stellen wohl noch einmal nachlesen.


    Liebe Grüße


    Hubert


  • Hallo zusammen,
    hallo Maria,


    Du hast gepostet:
    Ich habe nun parallel mit "Das Treffen in Telgte" (Eine Erzählung und 43 Gedichte aus dem Barock) von Günter Grass begonnen und bereits auf den ersten 30 Seiten kommen Merkur, Apoll und Saturn vor. Interessant.


    Jedenfalls kommen darin so viele Dichternamen aus der Barockzeit vor, dass man eine Menge nachforschen kann.


    Grass’ „Das Treffen in Telgte“ ist m.M. nach eines seiner besten (wenn auch, oder gerade deshalb, kürzeren) Werke. Um es richtig zu verstehen, muss man sowohl die Barockdichter, als auch die Schriftsteller der Gruppe 47 kennen. Kleiner Tipp: Simon Dach = Hans Werner Richter; Gelnhausen = Grimmelshausen = Grass.


    Kennst Du die Entstehungsgeschichte von „Das Treffen in Telgte“?, oder soll ich dazu etwas sagen?


    Liebe Grüße von Hubert

  • Hallo zusammen


    Interessant, was euch alles auffällt :rollen: Besonders das mit den 5. Kapiteln. Ich glaube auch nicht an Zufall. Überhaupt denke ich, daß das Buch bewußter konstruiert wurde, als es beim Lesen scheint. Man merkt das Konstruktionsgerüst nicht. Und das soll ja u. a. einen guten Autor ausmachen.


    Ich bin mittlerweile mit dem 5. Buch fertig. Gegen Schluß ging mir die Geschichte fast zu schnell. Simplicius verschlägt es nun sogar in die weite Welt. Die einzelnen Stationen werden aber nur noch abgehakt. Russland, Japan, Macao, Ägypten, Konstantinopel, Rom. Ein Bart ist alles, was er mitbringt. Soweit er auch reist, nirgends Beständigkeit und Glück.
    Für mich ist das Buch hier zu Ende. Simplicius ist wieder an seinem Ausgangspunkt, der Kreis hat sich geschlossen.

    Die Continuatio lese ich aber jetzt trotzdem noch.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Zitat von "Hubert"


    Grass’ „Das Treffen in Telgte“ ist m.M. nach eines seiner besten (wenn auch, oder gerade deshalb, kürzeren) Werke. Um es richtig zu verstehen, muss man sowohl die Barockdichter, als auch die Schriftsteller der Gruppe 47 kennen. Kleiner Tipp: Simon Dach = Hans Werner Richter; Gelnhausen = Grimmelshausen = Grass.


    Kennst Du die Entstehungsgeschichte von „Das Treffen in Telgte“?, oder soll ich dazu etwas sagen?


    Liebe Grüße von Hubert


    Hallo zusammen,
    Hallo Hubert
    das wäre nett von dir, wenn du mehr darüber schreiben würdest und ich glaube es interessiert nicht nur mich in dieser Leserunde.


    Auch wenn ich jetzt über die Mitglieder der Gruppe 47 sehr wenig weiß, spürte ich während des Lesens, dass Grass hier eine Parallele aufbaut.
    Über mehr Infos würde ich mich freuen.


    Im Moment gehen mir eine Menge Dinge über den Inhalt des Treffen in Telgte im Kopf rum.


    z.B. wie nahe die Dichter mit ihrer Dichtkunst der Religion waren.


    Die Sprache = ein Schlüsselthema, wie ich finde/empfinde. Es geht irgendwie darauf hinaus, dass die Verrohung der Sprache zu Unordnung der Gesellschaft führt, die extremste Form = Krieg. Wenn man die Sprache beherrscht - herrscht Ordnung und Frieden (?). Liege ich in etwa richtig?


    Es steckt soviel in dem Buch! Ich finds genial.


    Es bringt auch den Simpel bzw. die Trostlosigkeit von damals dem Leser des Simplicissimus näher. Verschacherung der Länder ohne die Bürger zu fragen, ein Teufelskreis der Gewalt, aus dem die Menschen damals keine Chancen sahen, heraus zukommen.


    ikarus:
    du hast ja ganz schön aufgeholt.
    Dann werde ich nun auch weiter lesen und das 5. Buch zuende bringen.


    Zitat von "Hubert"

    Ja, Deine Beobachtung ist durchaus richtig, aber ist es nicht oft so, dass Entwicklungen nicht linear verlaufen, sondern von Rückschlägen unterbrochen werden?. Auch bei Goethes Wilhelm Meister gibt es keine lineare Entwicklung


    ich sollte mich mehr mit Goethe beschäftigen. Ich kenne zuwenig von ihm.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,
    hallo Maria,


    Du hast gepostet:
    wie kamst du auf dem Gedanken, dass es bereits im Saurbrunnen anfing?


    Na ja, wenn man den Mond als Herrscher über das Wasser akzeptiert, ist ja der Gedanke an die Wasser-Heilorte (Sauerbrunnen) nicht sehr weit. Grimmelshausen spricht ja den Wasserkurort Griesbach direkt an und wenn er vom unteren Sauerbrunnen spricht meint er Peterstal. Heute sind die Bäder Griesbach und Peterstal zu dem Kneippkurort Bad Peterstal-Griesbach zusammen geschlossen und das Mineralwasser aus Griesbach und Peterstal ist m.M. nach in der ganzen Welt bekannt.


    Vielen Dank für den Link zur „Faustus Poeta“. Ich will die Stellen gelegentlich mal vergleichen, aber i.M. bin ich so im Stress (beruflich und privat), dass ich zu nichts komme. Ich stecke auch noch mitten im 5. Buch und werde auch am Wochenende nicht viel zum Lesen kommen.


    Liebe Grüße


    Hubert


    PS: Mehr zum „Treffen in Telgte“ gibt’s Anfang nächster Woche


  • Hallo Hubert


    *an_die_Stirn_klatsch* - du hast natürlich recht mit dem Kurort Sauerbrunnen. Manchmal seh ich das offentliche nicht. Wenn ich euch nicht hätte.


    Stress dich nicht wegen 'Telgte' - ich such auch noch etwas im Netz herum, bis auf ein paar wenige Barockgedichte habe ich das Buch nun durch und so geht es nun weiter mit Simplicissimus.


    Ich wünsche dir eine gute Stressbewältigung. Manchmal kommt alles zusammen. :knuddel:


    Viele Grüße an alle Simplici-Leser und schönen Sonntag wünscht
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen,


    Grass’ „Das Treffen in Telgte“ ist m.M. nach eines seiner besten (wenn auch, oder gerade deshalb, kürzeren) Werke. Um es richtig zu verstehen, muss man sowohl die Barockdichter, als auch die Schriftsteller der Gruppe 47 kennen. Kleiner Tipp: Simon Dach = Hans Werner Richter; Gelnhausen = Grimmelshausen = Grass.


    Vorgeschichte:


    1647:


    Deutschland ist in zwei Teile geteilt, einen protestantischen und einen katholischen, die sich feindlich gegenüber stehen.


    In Königsberg, im äußersten Nordosten Deutschlands, bildet sich ein Dichterkreis. Simon Dach (geboren 29.7.1605 in Litauen, gestorben 14.4.1659 in Königsberg) wird das Haupt dieses Kreises.


    1947:


    Deutschland ist in zwei Teile geteilt, einen westlichen und einen östlichen, die sich feindlich gegenüber stehen.


    Im westlichen Teil Deutschlands bildet sich ein Schriftstellerkreis, der sich von 1947 bis 1967 auf Einladung des Schriftstellers Hans Werner Richter ein- bis zweimal im Jahr an unterschiedlichen Orten trifft und sich gegenseitig aus noch unveröffentlichten Werken vorliest. Zwischen 1950 und 1965 wird in unregelmäßigen Abständen an einen der Vorlesenden, insgesamt 10 mal, ein Preis vergeben. Dieser „Preis der Gruppe 47“ macht den jeweiligen, bis dahin unbekannten Preisträger mit einem Schlag bekannt. Preisträger waren u.a.: Heinrich Böll, Ingeborg Bachmann, Martin Walser und Günter Grass.


    Entstehung:


    Zehn Jahre nach dem letzten Treffen der Gruppe 47 lädt Hans Werner Richter anlässlich seines 70. Geburtstags 1978 erneut ein, zu einer Geburtstags-Tagung in Saulgau. Hier hatte die Gruppe bereits 1963 einmal getagt. Den Rest erfährt man aus einem Brief von Grass an Richter:


    „Mein lieber Hans Werner,
    anfangs war es nur eine kleine Sonntagsidee, Dir zum 70. Geburtstag ein Gruppentreffen im Jahr 1647 zu skizzieren, doch dann wuchs sich die Idee zu der Erzählung „Das Treffen in Telgte“ aus, an der ich nun ein gutes halbes Jahr sitze; ....
    ....
    Wenn Du willst, lese ich Dir (und uns) ein Stückchen draus vor, wenn wir uns in Saulgau treffen, um Dich zu feiern.
    Dein Freund Günter“


    Grass hat in dieser Erzählung, die 1979 als Buch erschien, seine hervorragenden Kenntnisse der Barockliteratur mit seinen Erinnerungen an die Treffen der Gruppe 47 verknüpft und ein geschichtlich-übergeschichtliches Ganzes geschaffen.


    Der Plot:


    Simon Dach beruft während der sich anbahnenden Westfälischen Friedensverhandlungen Barockdichter nach Münster, die eine zu erneuernde Sprachkultur propagieren sollen. Zufällig stößt Gelnhausen(/Grimmelshausen mit seinem Trupp zur Dichtergesellschaft und beschafft auf simplizianische Weise ein Quartier. Drei Tage lang findet nun ein Dichtertreffen statt,


    Interessant wird das ganze durch die historische Reflexion und die literarische Satire. .


    Weitere Barockdichter, die in dem Buch vorkommen:


    Andreas Gryphius
    http://www.uni-essen.de/litera…sungen/lyrik/gryphius.htm


    Michael Moscherosch
    http://www.ni.schule.de/~pohl/…/sadl/barock/moschero.htm


    Paul Gerhardt
    http://www.heiligenlexikon.de/…aphienP/Paul_Gerhardt.htm

    Gruß von Hubert

  • Hubert - viiiielen Dank. :klatschen: :klatschen: :klatschen:


    ich bin gerade fleißig am ausdrucken. Du hast absolut recht in deinem Beitrag im Allgemeinen Diskussionsforum, Simplicissimus hat sich bereits zu einem Leseprojekt entwickelt, das mir sehr viel Freude macht.


    ich lese nun, nachdem mir "Telgte" neugierig machte, die Monographie von Rowohlt über Günter Grass und darin finden sich auch eine Menge Fotos u.a. auch über Hans Werner Richter. Diese Parallelen 1647 zu 1947 ist beeindruckend und dass Grass sie gesehen hat *staun*. Aber er hat sich ja immer sehr intensiv mit Deutschland beschäftigt, wie ich aus der Monographie nun ersehen kann.


    hast du dir Gedanken gemacht, wer dieser Ich-Erzähler ist in "Das Treffen von Telgte" ?


    ich werde bestimmt noch öfters auf die Barockdichter in Beiträgen zurückgreifen. Wenn mich ein Projekt begeistert muß ich mich einfach äußern, so wie damals mit meinem Fontane-Projekt, das eigentlich auch noch nicht beendet ist.


    [Ikarus]
    Ich bin mittlerweile mit dem 5. Buch fertig. Gegen Schluß ging mir die Geschichte fast zu schnell. Simplicius verschlägt es nun sogar in die weite Welt. Die einzelnen Stationen werden aber nur noch abgehakt. Russland, Japan, Macao, Ägypten, Konstantinopel, Rom. Ein Bart ist alles, was er mitbringt. Soweit er auch reist, nirgends Beständigkeit und Glück.
    Für mich ist das Buch hier zu Ende. Simplicius ist wieder an seinem Ausgangspunkt, der Kreis hat sich geschlossen.


    ich bin nun auch mit dem 5. Buch durch und kann dir nur zustimmen. Die letzten Kapitel sind wie eine schnelle Umrundung der Erde.
    (Der Gang der ganzen Erde? - ein Auszug aus einem Bibeltext aus Josua)


    wie interpretiert ihr im letztes Kapitel des 5. Buches diese " Adieu o Welt" und "Behüt dich Gott Welt", so beginnen nämlichen die Absätze in einer nicht definierbaren Reihenfolge (jedenfalls nicht für mich definierbar).


    Nun geht es weiter mit dem Continuatio.


    Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria,


    Du hast gepostet:
    hast du dir Gedanken gemacht, wer dieser Ich-Erzähler ist in "Das Treffen von Telgte" ?


    Ja, der sich sporadisch einschaltende Ich-Erzähler, ist m.M. nach auch Grass, da er ja die Erzählung der Gruppe und insbesondere Hans Werner Richter vorliest.


    Liebe Grüße


    Hubert


  • Hallo zusammen,


    Danke Hubert :winken:

    ich bin nun mitten im Continuatio und hinterläßt bei mir einige Fragezeichen.
    S. scheint ja nur noch zu Träumen. Wieweit seit ihr?


    Ich habe das Rätsel im 9. Kapitel gerade gelöst und komme zu Kapitel 10.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Maria hat gepostet:
    ich bin nun mitten im Continuatio und hinterläßt bei mir einige Fragezeichen.
    S. scheint ja nur noch zu Träumen. Wieweit seit ihr?


    Hallo zusammen,


    leider bin ich immer noch nicht mit dem 5. Buch zu Ende, und immer noch im Streß. Vielleicht wird es nächste Woche besser.


    Gruß von Hubert

  • Hallo zusammen


    Ich bin noch nicht weiter gekommen. Vielleicht schaffe ich es dieses Wochenende die Continuatio zu lesen - ist aber eher fraglich.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)