• Hallo liebes Forum,


    ich habe die Forumsseiten ein wenig durchstöbert und erstaunt festgestellt, dass Lyrik hier kaum besprochen wird. Gibt es dafür einen Grund, etwa mangelndes Interesse? Dabei würde Lyrik sich hervoragend eignen, um sie sich häppchenweise -z.B. vor dem Einschlafen- zu erlesen.


    Auch böte die tägliche FAZ-Lektüre einen schönen Einstieg in das Thema.


    Wer teilt meine Vorliebe und kann zu Lektüre anregen?

  • Zitat von "famos"

    Dabei würde Lyrik sich hervoragend eignen, um sie sich häppchenweise -z.B. vor dem Einschlafen- zu erlesen.


    Bei mir auch vor dem aufstehen.
    Ich interessiere mich ebenfalls für lyrik, nicht nur aus dem erwähnten zeitaspekt.
    Als ziemlicher anfänger lese ich "kreuzbeet", besonders auch aus anthologien. Bei gutenberg.spiegel.de gibt es eine umfangreiche online-sammlung deutscher lyrik.
    Warum hier sowenig lyrik behandelt wird? Einige hypothesen:
    - das geringere interesse hier entspricht dem geringeren interesse an lyrik überhaupt
    - unter gedichten gibt es keine "klassiker"
    - gedichte eignen sich weniger als prosa zur diskussion
    gruß hafis

  • Sicher eignet sich Lyrik, um sie vor dem Einschlafen zu lesen, und möglicherweise auch vor dem aufstehen, - ich denke es gibt noch viele andere Gelegenheiten. Auch glaube ich nicht, dass kein Interesse für Lyrik bei den Forumsmitgliedern besteht. Ich z.B. interessiere mich sehr für Gedichte, nur um ein Gedicht zu lesen, brauche ich kein Diskussionsforum, meistens schaffe ich das allein in wenigen Minuten. Geht es allerdings um Romane wie z.Zt. U.S.A. von Dos Passos, (an denen ich mehrere Wochen lese) dann macht es schon mehr Spaß sich mit anderen darüber auszutauschen.


    @hafis
    Wieso soll es unter Gedichten keine Klassiker geben?

  • Ich denke auch, daß sich Gedichte einfach nicht zum soooo ausschweifenden Diskutieren eignen. Wohl eher dann Gedichtszyklen.
    Dagegen würde ich ein allgemeines Interesse schon unterstellen. Ich selber lese ganz gerne immer mal wieder Brecht, Jandel, Benn, Beyer, u.a., aber mein Diskussionsbedürfnis ist dann eigentlich nie so umwerfend groß. Ich lasse es auf mich wirken, denke darüber nach, aber dann hats sich auch schon wieder damit.
    Wenn Ihr aber mal nen interessanten Zyklus habt, dann wäre ich gerne dabei. Was ich z.B. empfehlen könnte wäre die Schädelbasislektion von Durs Grünbein. Da gibt es wirklich ein großes Potential zum spekulieren und diskutieren...

  • Hallo zusammen!


    Ist es nicht auch so, dass (gute!) Lyrik uns oft auch sehr persönlich, in unserem Innersten anspricht, und das wir das nicht gerne gegen aussen kehren? Ich denke, das spielt auch eine Rolle, warum hier kaum Lyrik diskutiert wird.


    (Es gäbe schon Gedichte, über die ebenso spannende Diskussionen möglich wären, wie über 1000 Seiten lange Romane. Ich denke hier an Hölderlin, Rilke, Whitman ...)


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • ich hatte alle hypothesen genannt, die mir einfielen, -unabhängig von meiner eigenen meinung. Natürlich glaube ich, daß es auch hier "klassiker" gibt, zumindest in einem kanonischen sinne (siehe schülerkanon). Auch die bloom'schen kriterien, bewegende unheimlichkeit, originalität, und wunsch des wiederlesens, lassen sich hier anwenden. Vielleicht ist hier im vergleich zur prosa aber mehr das gesamtwerk oder ein teil davon "klassisch" als nur ein einzelnes gedicht. Bei schiller fällt einem ja noch die glocke ein, aber wieviele gäbe es bei goethe oder rilke?
    Mit der letzten hypothese, die ich auch persönlich irgendwie substantiiert sehe, scheine ich wohl "etwas getroffen" zu haben. An sich erstaunlich, weil viele gedichte nmM viel mehr interpretationsbedarf haben als prosastücke, -siehe das hier zuletzt gepostete rilke-gedicht.
    gruß hafis

  • Die Lyrik ist in der Tat eine recht persönliche Sache, da gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Morgenstern, Hesse, Rilke, Brecht, Goethe usw. gehören zu meinen liebsten Klassikern und sind unter sich schon so grundverschieden. Viele Klassiker der Lyrik kann man über die Lieder der klassischen Musik kennenlernen, wie Rellstab oder Heine bei Schubert, Des Knaben Wunderhorn bei Mahler usw. Aber auch junge Klassiker wie Erich Fried haben sehr viel zu bieten. Bei der Gegenwartslyrik gibt es auch großartiges zu entdecken. Hier helfen Lesungen, Zufallskäufe, Programmvorschauen der Verlage, gute Buchhandlungen usw. Mir sagen dabei besonders Dagmar Leupold, Karl Lubomirski und Hans-Ulrich Treichel sehr viel. Aber das alles ist auch nur sehr grob hier ausgedrückt, angedeutet. Die Lyrik ist ein Kosmos, so alt, das man sich streitet ob da erst die Musik oder erst die Dichtung war. Beides zusammen macht aber Lysik aus. Wichtig für Entdeckungen ist auch die Frankfurter Anthologie - einfach mal eine Samstagsausgabe der FAZ kaufen und das Feuilleton durchschmökern... Wer erst einmal die Lyrik entdeckt hat, wird ihr verfallen. Sie ist unser Spiegel, unser Seelenspiegel!

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10

  • Noch ein Zusatz: es gibt eine deutsche domain mit dem Namen LyrikMail, die versendet eine Art Newsletter (täglich von montags bis freitags). Täglich ein Lyrikmail mit einem Gedicht - man muss sich nur registrieren. Die Vielfalt der Auswahl ist erstaunlich!

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10