Galsworthy: Forsyte Saga 1: The Man of Property

  • Bei mir im Vorwort steht dazu: "Soames Forsyte, the "man of property", as old Jolyon whimsically calls his nephew (...) and who comes to stand for the central idea of family, is a triumph of characterization, and one of the most remarkable creations in Englisch fiction."


    Ebenfalls eindrücklich dargestellt fand ich in Kapitel 1.7 die Schilderung von Old Jolyons Einsamkeit, Langeweile und Selbstmitleid.

    Ein nettes kleines Detail: er geht noch St Johns Wood, um seinen Sohn zu besuchen, schaut sich im goldenen Nachmittagslicht interessiert um, denn:

    "...this was a district which no Forsyte entered without open disapproval and secret curiosity." - Bei aller Hochnäsigkeit kein bisschen besser als Normalsterbliche 😉


    Unterdessen bin ich auch im 2. Teil angelangt.

    ...Und so richtig toll fand ich auch die Beschreibung des Essens in "Junes Fest" - wie da alles aufgetragen, abgetragen, hereingebracht, herumgereicht wird - wie Figuren auf einer Spieldose. ....

    Ja, die fand ich auch toll. Nicht "beredtes Schweigen", sondern sozusagen "inszeniertes Schweigen. Bei all dem Auf- und Abgetragen steht wie ein grosses Monster das, worüber nicht gesprochen wird, im Raum.


    Herrlich auch anfangs Kapitel 2.4 wieder die Beschreibung der Klatsch- und Tratschbörse, bezeichnet als Forsyte 'Change. Wer wem wann was erzählt, selbstverständlich immer "with the least suspicion of curiosity, the merest touch of malice, and a real desire to do good." Es fast nie nötig, etwas offen zu sagen, denn: "This machine was too nicely adjusted;"

  • Ich lese gerade die eingefügte Erzählung "Nachsommer", ganz anders als der Hauptroman, fast impressionistisch Landschaft und Stimmungen einfangend, dabei manchmal knapp am Kitsch vorbei schrammend und doch von ganz eigenartigem Charme. Dem alten Jolyon verzeiht man seine leicht lüsterne, aber völlig harmlose Sehnsucht nach Schönheit und Irenes Passivität, die mir im Hauptroman ziemlich auf den Wecker geht, passt hier schön zur lyrischen Stimmung.

  • Ich stecke immer noch im ersten Teil fest, habe soeben in Kapitel 1.9 die Ausfahrt von Dartie und Winifred mit Irene und Bosinney mitgemacht.


    Dartie würde Irene auch gerne ein bisschen näherkommen... wird sie schon als Freiwild betrachtet, weil sie ausserhalb der Ehe herumflirtet?

    Dartie wird im Stammbaum als "Man of the World" bezeichnet, während ja die Forsytes "Man of Property" sind. Wäre interessant, worin der Unterschied besteht.

  • Nun bin ich auch über den Indian Summer in den zweiten Teil gestartet.

    Der Indian Summer ist irgendwie ein merkwürdiges Kapitel, finsbury hat das oben treffend ausgedrückt:

    ... ganz anders als der Hauptroman, fast impressionistisch Landschaft und Stimmungen einfangend, dabei manchmal knapp am Kitsch vorbei schrammend und doch von ganz eigenartigem Charme. ...

    Im alte Jolyon sehe ich einen Menschen, der nicht allein sein kann, und deshalb die anderen eigentlich instrumentalisiert. Alle haben ihre Funktion nur für ihn.


    Im Moment bin ich nicht besonders in Leselaune, zuviele andere Projekte. Mal sehen, wie ich mit dem 2. Teil vorwärtskomme, aber ich bleibe dran!

  • Du gehst aber mit dem alten Jolyon recht hart ins Gericht, Vogelbeere. So sehe ich ihn nicht! Einerseits ist er ein Forsyte, der in dem Besitz- und Moraldenken seiner Klasse gefangen ist, andererseits erkennt er emotional, andere würden vielleicht sagen "mit dem Herzen", dass er seinem Sohn und dessen Familie unrecht getan hat und verbringt den Rest seines Lebens damit, so viel wie möglich mit ihm und den seinen zusammen zu sein. Dass er sich für Irene interessiert , liegt meiner Ansicht nach daran, dass Galsworthy diese Frauengestalt sowieso als positive Sirene (interessant die Namensähnlichkeit!) angelegt hat, die die Männer anlockt wie süße Backwaren die Wespen. Seine Güte spricht im Übrigen auf das Leid an, das ihre Gestalt umfängt. Die Anbetung der Schönheit tut dann noch ein Übriges.

    Dass er nicht andere Menschen instrumentalisiert, erkennt man doch auch daran, dass er June alle Freiheiten lässt und ihr die Erlaubnis zur Verlobung mit Bosinney erteilt hat, obwohl er von dem zunächst nicht besonders viel hält.

  • Der Gedanke kam mir zum ersten Mal im Kapitel 1.7, bevor Old Jolyon seinen Sohn zuhause besuchen geht.

    "June had hardly been at home at all that week ; she had given him nothing of her company for a long time past, not, in fact, since she had become engaged to Bosinney. He never asked her for her company. It was not his habit to ask people for things! .... But where was he to go by himself? Ge could not go abroad alone;"

    So wie das geschrieben ist, kling für meine Ohren durchaus ein Vorwurf mit, dass June ihn "im Stich lässt."


    Irgendwo, ich glaube, bevor er seinen Sohn erstmals zu treffen wünschte, wurde auch ausdrücklich gesagt, er sei einsam, und an anderer Stelle, dass er sich selber jung fühlt, wenn er von Jüngeren umgeben ist. Sein plötzliches Interesse für seine Grosskinder wurde, wenn ich mich richtig erinnere, so erklärt.

    Deshalb mein Eindruck, dass er das Alleinsein zu Vermeiden versucht.

  • O ja das auf jeden Fall! Einsam ist er, und das bestimmt natürlich seine Handlungen. Ich finde nur die Formulierung, dass er "Menschen instrumentalisiert" überzogen, denn wenn er gern mit seinen Enkeln und anderen zusammen ist und das auch gegen seine Einsamkeit hilft, heißt das ja nicht , dass er diese Menschen instrumentalisiert. Er nimmt sie doch als Persönlichkeiten ernst und liebt sie in ihrer Art.