Preis der Leipziger Buchmesse 2019

  • Hier nun abgesehen von der Frage nach dem Leipziger Buchpreis ein kleiner Messe-Überblick von meiner Seite.


    Am Mittwoch begann die Messe für mich schon traditionell mit dem Abend in der Alten Handelsbörse, der vom MDR organisiert wird.

    Dort las zunächst Gunther Geltinger aus seinem Roman 'Benzin', einer Geschichte eines schwulen Paars auf einer Reise durch das südliche Afrika. Nicht so recht mein Fall. Es folgte Abbas Khider mit seinem Buch 'Deutsch für alle', einem sehr witzigen Blick auf die deutsche Sprache, erwartet unterhaltsam.
    Danach Matthias Nawrat mit seinem Roman 'Der traurige Gast'. Naja, dazu muss ich nichts mehr sagen - er hätte den Buchpreis bekommen müssen, wenn die Jury nach literarischen Kriterien entschieden hätte.


    Am Donnerstag begann mein Messetag mit der Vorstellung der Nominierten im Bereich Belletristik. Danach eilte ich zum Guggolz-Verlag, der seine Neuerscheinung eines russischen Exilromans von Boris Poplawski vorstellte. Das klang exzellent. Von dort weiter zu Frank Bösch, der über sein Buch über das Jahr 1979 sprach. Ich bin bei solchen Büchern skeptisch (siehe Florian Illies), aber das klang äußerst klug und überzeugend. Danach Doris Knecht und ihr Roman 'Weg'. Ich mag den Ton der Autorin und auch dieser Roman wird wohl auf meinem Lesetisch landen. Es folgte noch Jochen Schmidt mit einem Interview zu seinem Roman 'Ein Auftrag für Otto Kwant'. Den Autor verfolge ich seit der Leipziger Buchmesse 2001 zum ersten Mal lesen hörte, damals mit seinem Band 'Triumphgemüse'. Den Abend verbrachten wir dann bei Reinhard Kaiser-Mühlecker in der wunderschönen Kultur-Apotheke.


    Am Freitag begann mein Tag mit einer Lesung von Tadeusz Dabrowski aus seinem Roman 'Eine Liebe in New York'. Das Interview wurde leider sehr schwach von Jörg Magenau geführt (noch nicht einmal den Namen des Autors sprach er korrekt aus, was ich äußerst unhöflich finde...). Dann eilte ich zum Berenberg Verlag, wo ein Buch von Benjamin Balint zum Prozess um den Kafka- und Brod-Nachlass vorgestellt wurde, äußerst kenntnisreich und interessant vorgestellt von Natascha Freundel). Dann landete ich eher zufällig bei Masha Gessen und ihrem Buch 'Die Zukunft ist Geschichte' über Russland nach 1989. Das Gespräch mit der Autorin hat mich wirklich begeistert, ich fand sie ungeheuer klug und anregend. Das Buch muss ich lesen.


    Abschließend lauschte ich noch dem ungarischen Autor György Dragoman und einer seiner düsteren Geschichten aus dem Band 'Löwenchor'. Abends war ich im Polnischen Institut zur Vorstellung eines neuen Doppelbandes über den 1. Weltkrieg und seine Nachwirkungen im Osten Europas, gemeinsam mit Jörn Leonhard und seinem Buch über den 1. Weltkrieg aus globaler Perspektive. Anschließend noch zum Verlagsabend der Kurt-Wolff-Stiftung, auf der das Programm und die Arbeit des Merlin-Verlags und der Edition fototapeta vorgestellt wurde. Letztere interessiert mich vor allem wegen des polnischen Programmschwerpunkts.


    Am Samstag wird es auf der Messe erfahrungsgemäß unerträglich voll, weshalb ich gerne drei Stunden am Stück beim Deutschlandradio zum Bücherfrühling verbringe. Dort werden neuen Autorinnen und Autoren interviewt, man kann also sitzenbleiben und das Programm wechselt alle 20 Minuten. Es waren diesmal u.a.: Sasa Stanisic, Daniela Krien, Daniela Rinck, Andreas Eschbach, Ulrich Woelk, Matthias Nawrat und Radka Denemerkova. Stanisic natürlich wieder hinreißend mit einem kurzen Text über sein Verständnis von 'Heimat'. Menschlich, witzig, tiefgründig.


    Zuvor war ich noch bei einer Lesung von Jörg-Uwe Albig aus seinem Roman 'Zornfried', in dem er die bizarre Welt neurechter Salonfaschisten beschreibt. Dazu gab es auch eine interessante Diskussion.


    Gerne hätte ich auch noch Julia Rothenburg mit ihrem neuen Roman 'Hell Dunkel' gehört, aber es ließ sich zeitlich einfach nicht mehr unterbringen. Egal. Es war eine schöne Messe mit diesmal deutlich besserem Wetter als im vergangenen Jahr, als Schnee und Eis die Stadt vor allem am Samstag regelrecht lahmgelegt haben.


    Ich schätze mal, dass es diesmal wieder einen Besucherrekord gab.

  • Ich schätze mal, dass es diesmal wieder einen Besucherrekord gab

    Es waren jedenfalls mehr als im letzten Jahr. Ob's zu einem Rekord reichte, kann ich jetzt nicht einmal sagen. Im Übrigen ist es interessant, wie verschiedene Leute ganz verschiedene Buchmessen erfahren. Ich habe hier schon irgendwo die ersten beiden Tage verlinkt; hier noch die beiden andern Tage:


    Tag 3

    Tag 4


    Heute erst fahre ich von Leizpzig zurück nach Hause.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Mir ist es völlig unverständlich, warum die Jury sich für Anke Stelling entschieden hat.

    Ich habe am Donnerstagvormittag auf der Messe eine Vorstellungsrunde besucht, bei der alle Nominierten der Kategorie Belletristik vorgestellt wurden und auch jeweils ein kurzes Stück aus ihrem Buch lasen.


    Rein literarisch gesehen halte ich ihr Buch für das am wenigsten überzeugende der fünf.

    Du bist nicht allein. Iris Radisch kann in der heutigen ZEIT so gar nicht nachvollziehen, warum der Preis an Stelling gegangen ist. Der Text sei literarisch unbedarft.

    Hier die Perlentaucher-Zusammenfassung: Stelling - Rezensionen