Adalbert Stifter: Der Hochwald

  • Im Ländchen Hessen, zum Mittag hin, fließt ein kleiner Fluss in Richtung Sonnenuntergang und nicht weit davon entfernt, aus einer auch kleinen gewöhnlichen Stadt eröffne ich die vereinbarte Leserunde.
    Lesen werde ich die Reclam- Ausgabe der Universal Bibliothek Nr. 3861 mit einem Nachwort von Emil Merket.


    Allen Teilnehmern an unserer Runde wünsche ich eine anregende Lektüre.

  • Hallo.


    Ich lese die Kindle-Edition. :winken:


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Die Geschichte ist in 7 Kapitel eingeteilt, und diese literarische Schöpfung die in einem Tagessprint zu erledigen wäre will ich bedächtig in einer Woche lesen, Tag für Tag ein Kapitel. Heute, im ersten Kapitel erlebe ich Stifter wie ich ihn phasenweise aus dem Witiko kenne, als Landschaftsmaler, der Bilder mit Worten malen kann. Es würde mich interessieren wie blinde Menschen auf seine bildlichen Beschreibungen reagieren, für mich ist solche Natur- und Landschaftsbeschreibung wie im Hochwald bildlich und sprachlich spannend. Wieder konzentriert sich Stifter auch dabei auf das Vorzügliche, so wie er es bei seinen menschlichen Figuren macht und lässt die Wunden, die schon zu Stifters Zeiten in unsere Natur geschlagen waren beiseite oder er romantisiert sie. Die bevorzugte Farbe in seiner Beschreibung ist Blau, das kann ein Ausdruck seiner inneren Sehnsucht nach Harmonie sein, es lässt sich aber auch augenscheinlich erleben, wenn man Berge und Wälder aus der Entfernung betrachtet. Da er sich am Anfang als Autor direkt an die Leser wendet, lässt sich die erste Hälfte des ersten Kapitels als eine Einführung lesen, die Romanhandlung beginnt erst nachdem wir den Handlungsraum recht genau kennen gelernt haben und dann kommt auch ganz zurückhaltend die Handlungszeit zu uns. Ausdrucksvoll ist seine Vorgehensweise mit der er aus einer Burgruine die bewohnte Burg in der Vergangenheit wieder aufbaut, die Treppe hochstürmt um in das Zimmer der beiden Töchter des Burgherrn hineinplatzt (zum Glück sind die beiden jungen Dinger schon oder noch ausreichend bekleidet) um dann, nach einer detaillierten Personenbeschreibung, die Handlung einleitet.
    Es ist von einem mythischen Wildschütz die Rede, der durchaus auf die Legende hinweist, die in Webers Freischütz verarbeitet ist, ich bin mir aber nicht ganz sicher, aber der erfahrene Leser ahnt, der Schlüssel für die Tür zum Schluss der Geschichte ist aus der Tasche gezogen.

  • Ich lese die Werk-Ausgabe, die vor Jahren bei Winkler erschienen ist, in einer Lizenz von "Ex Libris". Der Hochwald ist Teil der Studien, die in der Winkler-Ausgabe gemäss der zweiten Auflage, von Stifter selber besorgt und korrigiert, publiziert sind. Welcher Ausgabe folgt denn Eure jeweilige Ausgabe?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • Welcher Ausgabe folgt denn Eure jeweilige Ausgabe?


    Im Abschnitt "Zur Textgestalt" des Reclam-Heftchens (1949) wird die zweite Auflage der sämtlichen Werke gemannt, herausgegeben von von August Sauer, Reichenberg 1940. Dieser Ausgabe hingegen lag die 4. Auflage der "Studien", Pest: Gustav Heckenast 1855, zu Grunde. Zu guter Letzt wurde noch für die Reclam-Ausgabe die Orthographie "behutsam" an den "gegenwärtigen" Stand (1949) angeglichen.

  • M.W. hat Stifter die Studien für jede Auflage überarbeitet. Es kann also sein, dass wir nicht zu 100% identische Wortwahl haben werden. :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    ich würde gern mitmachen.
    Das 1. Buch " Waldburg" habe ich gelesen und mir gefällt die malerische Landschaftsbeschreibung Stifters, erinnert sofort an Witiko. Auffallend war für mich noch, daß dieses Kapitel 6x die Zahl Tausend enthält. Ein Hinweis auf den Wunsch von Beständigkeit (?) doch das Kriegsgerassel des Dreißigjährigen Krieges ist bereits zu hören. Die Beschreibung der Mädchen fand ich sehr märchenhaft, fühlte mich zeitweise in ein Grimmsches Märchen versetzt. Was wohl mit dem Wildschütz noch gemeint ist, der angeblich mit Blei nicht totzuschießen ist und der Jäger deswegen einen Slbernen Knopf bei sich führt um ihn zu töten? Silber, das einzige Metall, das in den Mythen Werwölfe töten kann. Ich kann mir allerdings bei Stifter keine Werwölfe vorstellen. Vielleicht bereits ein verstohlener Hinweis auf das Ableben des Wildschütz, vielleicht durch eines der Mädchen, eines davon hat einen silberklaren Blick.


    Danke für die Lesematerialien! In Stifters malerisches Werk findet sich auch die Ruine Wittinghausen:
    http://www.zeno.org/Kunstwerke…:+Die+Ruine+Wittinghausen


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Willkommen Maria und auch alle weitere Kurzentschlossene.


    Das Bild der Ruine zeigt, dass Stifter ein besserer Dichter denn Maler war. Er selbst sah das ja eher umgekehrt. So wie mir die häufige Erwähnung der Farbe Blau aufgefallen ist, habe ich die 6x1000 nicht bewusst beachtet. In der Tat passen die Mädchen und die Burg in ein Märchen, der WIldschütz in ein Grußelmärchen aber der total umsichtige Burgherr ist wohl typisch Stifter.
    Ich freue mich schon auf die Waldwanderung am Abend - vielleicht gut als Hörerlebnis bei einem Spaziergang?
    Kennt jemand eine zugängliche Lesung?


    Ich bin gespannt, ob vereinzelt Diskussionen über Wörter oder Sätze entstehen. Ich erinnere mich da an eine Episode in R.M. Simmel: "Es muss nicht immer Kaviar sein"

  • Hallo Lost,


    der Kleinverlag Vorleser Schmidt hat eine Lesung rausgebracht:


    http://www.amazon.de/Der-Hochw…keywords=stifter+hochwald


    Und was ich von anderen gehört habe, sind seine HBs empfehlenswert. Stifter, Raabe und Jean Paul sind bei ihm gut vertreten, und füllt somit eine Lücke im Hörbuchbereich "Klassiker".



    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo liebe Mitleser.


    Ich habe gestern auch das erste Kapitel gelesen und werde auch ein Kapitel pro Tag lesen. Mich erinnert die Lektüre an den jüngst von mir gelesenen Roman "Waldrausch" von Ganghofer. Mir ist jetzt bewusst, dass er höchstens ein Nachfolger sein kann - aber die Landschaftsbeschreibungen sind sehr ähnlich. Zum "Nachsommer" finde ich derzeit keine Parallele, aber ich denke, da wird es sich ebenso verhalten wie bei Thomas Mann und seinen "Zauberberg", da kommt kein anderes Werk vom gleichen Autor ran.


    Im Moment wüsste ich gar nicht, was ich zur Erzählung schreiben sollte - Ihr? Vielleicht entwickelt sich ja noch was, bis später dann :winken:


    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • [...] mir gefällt die malerische Landschaftsbeschreibung Stifters, erinnert sofort an Witiko.


    Ja, Landschaften "konnte" Stifter. Obwohl für meinen Geschmack ein paar Vergleiche zu viel vorkommen. "Wie Kissen" und ähnliches assoziieren halt dann doch wieder Künstliches statt Natur. Und Menschen? Nun ja ... die breite, schöne Brust des Greisen ... Da idealisiert Stifter m.M.n. allzusehr. Wie überhaupt bei ihm natürlich die Vaterliebe, der Vater, hoch im Kurs steht.


    Auffallend war für mich noch, daß dieses Kapitel 6x die Zahl Tausend enthält.


    Ja? Ist mir nicht aufgefallen. Wo denn?


    Was wohl mit dem Wildschütz noch gemeint ist, der angeblich mit Blei nicht totzuschießen ist und der Jäger deswegen einen Slbernen Knopf bei sich führt um ihn zu töten?


    Nun ja, der Mythos als solcher war ja bekannt. Und gemäss meinen Anmerkungen hiess die Novelle ursprünglich "Der Wildschütz" - wird also wohl noch eine Rolle spielen. Stifter war ein zu guter Autor, um in einer Novelle Platz für nicht-weiterführende Anspielungen zu verlieren.


    In Stifters malerisches Werk findet sich auch die Ruine Wittinghausen:
    [url=http://www.zeno.org/Kunstwerke/B/Stifter,+Adalbert:+Die+Ruine+Wittinghausen]http://www.zeno.org/Kunstwerke…:+Die+Ruine+Wittinghausen[/url]


    Danke. Sieht aus wie ein Gebäude des 21. Jahrhunderts. Aus Beton ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Ja? Ist mir nicht aufgefallen. Wo denn?



    alle zu finden im 1. Kapitel Waldburg.... (Gutenberg ebook)


    Gleich im 2. Absatz .... Möchte es uns gelingen, nur zum tausendsten Theile jenes schwermüthige schöne Bild...


    4. Absatz..... ...als tief schwarzer Erde, dem dunklen Todtenbette tausendjährige Vegetation....



    Dann auf Seite 9
    1. Absatz... ...weshalb es jetzt verzaubert sei und in tausend Jahren nicht zusammenfallen könne..........
    3. Absatz ..... Ein grauer viereckiger Thurm steht auf grünem Weidegrund .... umgeben, tausend Gräser....


    S. 10 unterer Abschnitt.... denke weg aus dem Gemäuer die blauen Glocken,.... und die anderen tausend Kräuter.



    S. 17.... Daher sagte vor zweitausend Jahren jener EINE...


    Im 2. Kapitel "Waldwanderung"
    S. 30 Gott Grüße dich tausendmal
    S. 34 der ihn durch tausend Diener bestellen läßt...
    S. 35 jedes Kräutlein liebet und schätzt - er braucht auch ein jedes für seine vielen tausend Gäste...



    Zitat von Sandhofer

    Nun ja, der Mythos als solcher war ja bekannt. Und gemäss meinen Anmerkungen hiess die Novelle ursprünglich "Der Wildschütz" - wird also wohl noch eine Rolle spielen. Stifter war ein zu guter Autor, um in einer Novelle Platz für nicht-weiterführende Anspielungen zu verlieren.



    Gut zu wissen.



    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Die Mädchen in weißen Kleidern im unberührten Wald. Stifter lag das wohl fern, was Freud nahe lag. Mich verwundert es nicht, dass Stifter auch hier fast nur das Harmonische in der Natur beschreibt, aber nimmt man ihn beim Wort und stellt sich einen Urwald vor, so dürfte der Spaziergang recht strapaziös gewesen sein. Andere Autoren hätten hier bestimmt eine abenteuerlichere Durchquerung beschrieben. So ist es wieder hauptsächlich eine Traumnaturbeschreibung und eine Geschichte die sich in wenigen Sätzen abhandeln ließe.
    Haben wir es mit der Zahl 1000 vielleicht nur mit dem zu tun, was man den früheren Generationen nachsagt, den Gebrauch der großen Zahl als Synonym für "sehr viel", "sehr lang"?


    Im ersten Kapitel ist mir auch noch aufgefallen, dass Stifter bei den Richtungsangaben munter zwischen den alten und modernen Bezeichnungen wechselt. Im Witiko dann, ist er streng bei den alten Angaben geblieben.


  • Die Mädchen in weißen Kleidern im unberührten Wald. Stifter lag das wohl fern, was Freud nahe lag. Mich verwundert es nicht, dass Stifter auch hier fast nur das Harmonische in der Natur beschreibt, aber nimmt man ihn beim Wort und stellt sich einen Urwald vor, so dürfte der Spaziergang recht strapaziös gewesen sein. Andere Autoren hätten hier bestimmt eine abenteuerlichere Durchquerung beschrieben. So ist es wieder hauptsächlich eine Traumnaturbeschreibung und eine Geschichte die sich in wenigen Sätzen abhandeln ließe.
    Haben wir es mit der Zahl 1000 vielleicht nur mit dem zu tun, was man den früheren Generationen nachsagt, den Gebrauch der großen Zahl als Synonym für "sehr viel", "sehr lang"?


    Ich könnte dich als Vorredner gebrauchen, da ich ja eh tippfaul bin, ist das bequem. Denn mir kam es auch direkt in den Sinn, unschuldige Mädels und einen unschuldigen Wald, das stellt man sich vielleicht lieblich vor, aber da steckt der Wolf im Wolfspelz drin, denn das ist ein garstiger Wald ohne Wege, mit viel Gestrüpp und Unterholz, nicht gerade harmonisch fürs Auge.


    Ja, auch ich denke, dass die 1000 einfach die natürliche Übertreibung für "ganz viel" war und nicht so sehr etwas mit 1000 zu tun hat.


    Ein Wort ist mir dann gestern aufgefallen, als ich den Titel des 3. Kapitel las, nämlich "Wald", ich denke, darüber werden wir noch sprechen, denn die Kapitel sind so eingeteilt. Und die Bedeutung vom unschuldigen Urwald heißt doch schon etwas, oder? Eine Anspielung auf die Romantik? Die den Wald idealisiert hat? Stifter ist ein Biedermeier, Gegner der Romantik?


    LG
    Anita

    Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können. Nietzsche in "Also sprach Zarathustra"

  • Haben wir es mit der Zahl 1000 vielleicht nur mit dem zu tun, was man den früheren Generationen nachsagt, den Gebrauch der großen Zahl als Synonym für "sehr viel", "sehr lang"?


    Zitat von Anita

    Ja, auch ich denke, dass die 1000 einfach die natürliche Übertreibung für "ganz viel" war und nicht so sehr etwas mit 1000 zu tun hat.



    Ja, das klingt für mich durchaus stimmig. Obwohl ich durch die häufige Erwähnung der tausend automatisch auf christliche Symbolik achte, auch weil in jedem der zwei Kapitel ein Bibelvers auftauchte. Aber deine Erklärung, Lost, ist logischer.



    Zitat von Sandhofer

    ?.. Da idealisiert Stifter m.M.n. allzusehr. Wie überhaupt bei ihm natürlich die Vaterliebe, der Vater, hoch im Kurs steht.



    Vielleicht ist auch noch ein Mutter-Komplex im Werk zufinden, da Libussa kurz erwähnt wird in Bezug auf die zwei Töchter auf den Pferden. Die Stammmutter der Böhmen.



    Das 2. Kapitel empfand ich noch verstärkt das Gefühl in einer Sagenwelt zu sein, wo jedem Moment noch ein Drache auftaucht. Ganz seltsam, hab ich bei Stifter noch nie so erlebt.



    Zitat von Anita

    Ein Wort ist mir dann gestern aufgefallen, als ich den Titel des 3. Kapitel las, nämlich "Wald", ich denke, darüber werden wir noch sprechen, denn die Kapitel sind so eingeteilt. Und die Bedeutung vom unschuldigen Urwald heißt doch schon etwas, oder? Eine Anspielung auf die Romantik? Die den Wald idealisiert hat? Stifter ist ein Biedermeier, Gegner der Romantik?



    Dazu würden mich weitere Gedanken sehr interessieren.




    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Dazu würden mich weitere Gedanken sehr interessieren.


    Wenn ich kurz aushelfen darf: Stifter ging es in dieser Novelle (zumindest meiner Erinnerung nach) auch um die Randstellung des Menschen in der Natur. Der Bereich menschlichen Handelns wird von der Natur, die gegenüber Leid und Tod gleichgültig ist, förmlich verschlungen. Der Wald steht für die Welt und ihre Ordnung, die dem menschlichen Verstehen allerdings verschlossen bleibt.


    Ist das Romantik, nur weil die Waldverehrung und -ehrfurcht von den Romantikern zelebriert wurde? Ich empfinde es eher als klassisch-goethisch.

  • Hallo zusammen!


    Es ist schon sehr viel Romantisches in diesem Stifter, finde ich. Der Wald, den er beschreibt - den er auch im Nachsommer und im Wittiko so beschreiben wird, wenn ich mich recht erinnere - ist in vielem der romantische Wald eines Eichendorff. Drachen hingegen habe ich keine erwartet; es ist ja Eichendorffs Wald, nicht der Fouqués ... ;)


    Die weissen Kleider sind sicher ein Zeichen der Unschuld der beiden Mädels. Interessant fand ich, dass beim Alten vom Walde, wenn er von zu Hause erzählt, irgendwie eine Generation fehlt. Da ist sein Feld, das jetzt sein Enkel pflegt. Der Sohn wird kurz erwähnt, scheint aber irgendwie abwesend zu sein. Auch im Nachsommer hatte ich ja irgendwie immer den Eindruck, dass das Vater-Sohn-Verhältnis, das der Ich-Erzähler da aufbaut, eigentlich ein Grossvater-Enkel-Verhältnis ist ...


    Grüsse


    sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Und die Farbe Blau! Sie dürfte ja die Trendfarbe der Romantik sein und kommt bis jetzt in jedem Kapitel vor. Und:


    Zitat

    In allen hier ist Sein und Empfindung; der Stein selber legt sich um seinen Schwesterstein [sic!], und hält ihn fest, alles schiebt und drängt sich, alles spricht, alles erzählt und nur der Mensch erschaudert [sic!], wenn ihm einmal ein Wort vernehmlich wird.


    Im Reclam, S.37 Z. 6-11


    Romantik pur, denke ich. Kultur und Kunst, wo ist sie?


    Was den Einwurf von Sir Thomas betrifft, so würde ich gerne wissen, ob die darin genannte Deutung auf Stifter zurückgeht oder ist hier wieder einem Literaturwissenschaftler ein Licht aufgegangen, oder etwas anderes durchgegangen ist.
    Es lässt sich bestimmt so interpretieren, wie Sir Thomas bemerkt, es kann aber auch eine dieser Beschwörungen sein, die aus jedem Steinchen einen Felsen macht.


    Bestimmt ist aber "Wald" der zentrale Topos, wie es Anita aufgefallen ist. Es wäre schade, wenn die der Titel "Der Wildschütz" gewesen wäre. Bis jetzt (4. Kapitel) sind es die Bäume die die Geschichte rauschen lassen.


    Danke an Maria für den Hinweis auf das Hörbuch. Ich hatte Schmidt in einem anderen Zusammenhang gefunden, finde aber seine Lesungen zu Schulmeisterlich. Im gebührt Respekt, aber wenn ich an die Hörbücher denke, die von versierten Schauspielern gesprochen werden, ist mir Lesen statt Schmidt lieber.


    Heute ist Musik dran, deshalb habe ich gestern schon das 3. und 4. Kapitel gelesen.


  • Was den Einwurf von Sir Thomas betrifft, so würde ich gerne wissen, ob die darin genannte Deutung auf Stifter zurückgeht oder ist hier wieder einem Literaturwissenschaftler ein Licht aufgegangen, oder etwas anderes durchgegangen ist.


    Für meinen "Einwurf" habe ich weder Stifter noch die Wissenschaft herangezogen. Meine "Hochwald"-Erinnerungen sind etwas blass, aber mit Romantik hat dieses Werk für mich nichts zu tun. Ein Wald, eine Burgruine, die "Trendfarbe" blau ...: das reicht mEn. nicht, um das Werk unter Romantikverdacht zu stellen. Es atmet nicht den Geist eines Novalis, Brentano oder Fouqué.


    Stifter ist für mich, ähnlich wie Heine (der immerhin als Romantiker begann), einer der Liquidatoren der Romantik (was am deutlichsten im "Nachsommer" wird). Anders der erwähnte Eichendorff: Dessen "Taugenichts" ist eine romantische Nachgeburt, die ich bei Stifter (noch) nicht gefunden habe.


    Genug davon. Ich wünsche Euch weiter eine spannende Diskussion!