Georg Büchner Gedenkjahre 2012/2013

  • Anders als bei den Neuerscheinungen zum Kleistjahr 2011 findet man bislang in den Buchhandlungen vergeblich irgend etwas Populäres zu Georg Büchner. Biografien über Georg Büchner in den Publikumsverlagen? Fehlanzeige. Der 175. Todestag war am 19. Februar diesen Jahres, der 200. Geburtstag datiert am 17. Oktober 2013, dann ist es etwas spät, um damit auf den Markt zu kommen. Zudem gibt es außer Schullektüre und wissenschaftlicher Spezialliteratur - die allerdings in den letzten Jahren einige Neuerscheinungen verzeichnete - nichts annähernd Neues. Diese Sterilität des Kulturbetriebs, der ansonsten keine Gelegenheit auslässt, sich zu artikulieren, dürfte einen Grund haben. Unsere Perspektive auf Georg Büchner wird dogmatisch durch dessen Stilisierung als Sozialrevolutionär, durch Sozialstatistiken und die entsprechenden politisch-sozialen Diskurse sowie die historischen Vorlagen seiner Figuren geprägt, allenthalben wird die Parole "Friede den Hütten! Krieg den Palästen!" nachgeplappert, obwohl Büchners literarische Werke damitnicht im Mindesten auf den Begriff zu bringen sind. Kein Friede in der Hütte, kein Krieg im Palast. Möglicherweise wird sogar der >Hessische Landbote< damit nur unzureichend wahrgenommen. Die nachträgliche Bearbeitung des Woyzeck-Fragments ist zwar unabdingbar, will man den >Woyzeck< lesen oder aufführen, führt aber dazu, dass man nicht Büchner, sondern sich selbst interpretiert. Die Büchner-Rezeption scheint in einer Sackgasse. Worin aber gründet sich Büchners obszöner Zynismus, sein maßloser Hass? Danach wird nicht wirklich gefragt. Die Antwort könnte am Bild des Dichter-Revolutionärs kratzen, dagegen dem Dichter und dem Menschen Georg Büchner zugute kommen.
    Mehr Informationen: http://georg-buechner.net

  • Ja, in der Tat habe ich das Buch "Georg Büchner. Dichter, Spötter, Rätselsteller" im Passagen Verlag, Wien geschrieben, nachdem meine Funde und die von mir gezogenen Schlussfolgerungen seitens der Büchner-Forschung, und zwar unisono, zurückgewiesen wurden. Ich habe die Korrespondenz auf der genannten Website dokumentiert.
    Ich benutze sowohl Poschmanns Ausgabe im Deutschen Klassiker Verlag, die einige Woyzeck-Passagen nur im Kommentarteil wiedergibt, als auch den "Woyzeck" von Dedner bei Reclam (Studien Ausgabe), Büchners "Danton", "Lenz" und "Leonce und Lena" sind überall editorisch gesehen unproblematisch. Die Kommentare kann man partiell vergessen, und zwar ausgerechnet dort, wo es wichtig wird. Trauen kann man im Falle des Woyzeck-Fragments nur De Angelis bei SAUR, aber wenn man mit offenen Augen liest imf Detektiv spielt, dann sieht man auch bei den zu kritisierenden Editionen. worauf Büchner hinaus will. Ein Beispiel: der Narr spricht im Maries Gebetsszene in seiner Märchensprache von "Blutwurst" und "Leberwurst". was das bedeutet, sollte man aus dem Kontext erschließen können. Die Büchner-Forschung (vgl. Poschmanns wie auch Dedners Kommentare) kapituliert hier. Das ist schon kurios und nur noch als massives Brett vor dem Kopf zu beschreiben.

  • @ Hermeneutiker:


    Eine Frage an den, der sich auskennt: was enthält eigentlich die Hardcover-Werkausgabe von Reclam? Ist das eine Zusammenstellung von Texten aus den kleinen "Gelben"?

  • Ich kenne diese Ausgabe leider nicht bzw. konnte sie noch nicht benutzen. Von Ariane Martin, der Herausgeberin, ist mir indes der Büchner-Kommentar bei Reclam (UB 17670, aus 2007) bekannt, es ist das Übliche. Hinsichtlich des Woyzeck-Fragments taugt, wenn man es genau will, überhaupt nur eine Faksimile-Edition mit Übertragung. Dedners konventionelle Studienausgabe der kleinen "Gelben" ist gar nicht einmal so übel, mit den erwähnten Einschränkungen, die für alle Übertragungen, mit Ausnahme der von De Angelis gelten. Will man das, was Büchner verfasste, in seinen Grundgedanken verstehen, kommt man um meine Entschlüsselungen nicht herum; dass das so ist, ist indes weniger mein Verdienst, sondern einer defizitären und bornierten Büchner-Forschung zu verdanken. (Vgl. Webseite)

  • Hallo in die Runde


    um dem Büchner wieder einmal etwas Aufmerksamkeit zu widmen. Ich hatte Büchner bis jetzt in einer Werkausgabe des Hanser-Verlages, nun habe ich mir diese hier gegönnt:


    [kaufen='ISBN-13: 978-3458066538'][/kaufen]


    Scheint mit der ISBN nicht wirklich zu funktionieren, ich reiche dann hier den Link nach:


    https://www.amazon.de/B%C3%BCc…Cchner+werke+2+b%C3%A4nde


    Ich bereue den Kauf nicht, ein wirklich ausführlicher Kommentar zu den Werken, den Schriften und Dokumenten, in einer handlichen Dünndruck-Ausgabe. Absolut und mit gutem Gewissen jedem zu empfehlen, der sich mit Büchner ausführlicher Beschäftigen möchte.


    Seltsamer junger Mann, dieser Büchner, hätten Kleist und Büchner das Alter eines Goethe erreicht....


    Bei Kleist denke ich immer an den Ausspruch von Hofmannsthal:


    "Ja, wer hat denn Heinrich von Kleists Seele getötet, wer denn? Oh, ich sehe ihn, den Greis von Weimar".
    (Ab und zu einmal Goethe zu bemeckern sollte man sich durchaus einmal gönnen.)