Juni 2012: Heimito von Doderer - Die Dämonen

  • Lt dem Essay von Wendelin Schmidt-Dengler:


    Das große Feuer-Kapitel ist bestimmt von der Antithese "Brandgeruch" und "Kampferduft", wobei jener für die politische Aktivität, dieser für die Privatsphäre steht, die wieder idealtypisch durch die Frau Mayrinker repräsentiert wird.

    http://www.doderer-gesellschaf…ovonDoderer_1896-1966.pdf


    Es ist schon toll, wie Fr. Mayrinker ihr eigenes "privates" Feuer bekämpft !
    Gerade diese Szene zeigt aber auch, wie unpolitisch Doderer geschrieben hat, statt den Brand des Justizpalastes anzuprangern sieht er darin eher das Problem, dass die Menschen nicht ihr eigenes Fehlverhalten erkennen, ihre eigenen Ursachen bekämpfen, ihre zweite Wirklichkeit nicht verlassen mögen. Könnte man daher die Figuren Mary K und Leonhard dazu nicht als Ausweg begreifen, nämlich dass Bildung und Realitätsbewusstsein aus diesem Dilemma herausführen ?

  • Zu Quapp habe ich mir auch ein paar Gedanken gemacht. Gerade im letzen Kapitel kommt sie nicht ins Zentrum, sie wird wieder von Geza aufgegriffen und fährt mit ihm aus der Stadt heraus, sie fahren "aus einer Schwierigkeit hinaus ins Freie" Sie beobachten aus der Entfernung. Quapp hat somit keinen direkten Zugang zu Wien. Auch scheint mir, dass sie sich selbst gar nicht einschätzen kann (Geige), bedingt durch ihre ungeklärte Herkunft, und daher ist ihr auch keine Apperzeption möglich. Sie bleibt im Zustand der Kaulquappe stecken. Indem sie die Geige zurücklässt, befreit sich sich von den Zwängen und auch von Wien.


  • Sie bleibt im Zustand der Kaulquappe stecken. Indem sie die Geige zurücklässt, befreit sich sich von den Zwängen und auch von Wien.


    Ja, das hast du wirklich auf den Punkt gebracht. Und wenn ich zunächst dachte, dass der Spitzname liebevoll und witzig ist, zeigt sich doch am Ende, dass er eher bissig gemeint ist. Deshalb wird sie sich wohl auch nie wirklich von ihren Zwängen befreien.


    Auch was du oben zur unpolitischen Haltung Doderers geschrieben hast, Steffi, scheint mir sehr bedenkenswert. Aber ich glaube, dass auch Mary K. und Leonhard nur in den Augen Doderers wirklich entwickelte und gesellschaftlich reife Menschen sind, denn sie leben doch beide sehr in ihrer eigenen Blase des Sich- selbst- überwunden- habens, ohne dass daraus erkennbare Konsequenzen für ihre Umgebung erfolgen.


    Schade, dass unsere Leserunde hier so ein bisschen ausgeschlichen wird. Letzte Woche hatte ich leider nur wenig Zeit und nun geht es schon weiter mit dem Dickens.
    Ich würde mich aber noch freuen, wenn wir uns abschließend noch einmal zu dem Gesamtroman austauschen könnten.
    Für mich war die Lektüre sicher ein Höhepunkt dieses Jahres: Obwohl Doderer sehr viele Macken hat (wobei ich nicht untertreiben und verharmlosen will) und diese auch in dem Roman pflegt, bietet er ein derartiges Panorama von Wien und seinen Menschen der Zwanziger Jahre auf einem sprachlichen Niveau und in einer Darstellungsvielfalt, dass man wirklich in diesem Roman wohnen kann.


    finsbury


  • Aber ich glaube, dass auch Mary K. und Leonhard nur in den Augen Doderers wirklich entwickelte und gesellschaftlich reife Menschen sind, denn sie leben doch beide sehr in ihrer eigenen Blase des Sich- selbst- überwunden- habens, ohne dass daraus erkennbare Konsequenzen für ihre Umgebung erfolgen.


    Ja, das stimme ich dir zu. Ich glaube, dass Doderer hier auch nicht wirkliche Menschen darstellen will, sondern eher bestimmte Charakterzüge oder auch im Hinblick auf das, was er dem Leser verdeutlichen will. Alle Hauptpersonen sind doch mehr oder weniger realitätsfremd und es geht mehr um das große Ganze, als um naturalistische Kleinigkeiten und Lebensechtheit. Auch wenn ich die Naturalisten z.B. Zola sehr liebe, so mag ich die Gesamtheit von Doderers Darstellung, die er allerdings auch mit naturalistischen Stilmitteln erzeugt. Je mehr man bei ihm über einzelne Dinge nachdenkt, je größer wird die Tiefe des Romans, das finde ich faszinierend. Für mich ist Doderer einer der ganz besonderen Schriftsteller und jedesmal, wenn ich etwas von ihm lese, begreife ich nicht, warum er nicht viel bekannter ist. Wenn ich ihn z.B. mit Thomas Mann vergleiche, so hat Mann mehr Theorie in seine Werke gepackt, aber Doderer hat mehr Poesie für mich. Beide sind für mich in der Verwendung der Sprache gleichwertig.


  • Je mehr man bei ihm über einzelne Dinge nachdenkt, je größer wird die Tiefe des Romans, das finde ich faszinierend. Für mich ist Doderer einer der ganz besonderen Schriftsteller und jedesmal, wenn ich etwas von ihm lese, begreife ich nicht, warum er nicht viel bekannter ist. Wenn ich ihn z.B. mit Thomas Mann vergleiche, so hat Mann mehr Theorie in seine Werke gepackt, aber Doderer hat mehr Poesie für mich. Beide sind für mich in der Verwendung der Sprache gleichwertig.


    Ja, das kann ich auch unterschreiben, vor allem was die Poesie angeht.


    finsbury

  • Mit Interesse lese ich, was Ihr in meiner Abwesenheit an interessanten Beobachtungen und Fragen zusammengetragen habt. Euren Posts entneme ich, dass Ihr den Roman in seiner Gesamtheit recht positiv seht. Nun kann ich mit meiner Meinung wohl nicht mehr hinter dem Berg halten :zwinker:: Äh… bei mir ist es umgekehrt. Ja, einzelnes ist schön, poetisch und meisterhaft geschrieben, aber der Roman als Ganzes ging mir zunehmend auf den Geist. Einmal das exzessive Wiederholen von Motiven und Formulierungen. Den strichweisen oder strichfeinen Kampferduft konnte ich zum Schluss nicht mehr riechen genausowenig wie die inflationären Jenseits im Diesseits und zweiten Wirklichkeiten, mit denen der Leser ständig konfrontiert wird. Immer wieder verschleißt der schwarze Samt der Nacht und gibt einzelne Dinge preis… Das schöne Motiv der schweigenden Vöglein bzw. Murmeltiere bei Sonnenaufgang, das mich zu Anfang (nach etwa dreimaliger Wiederholung) noch erfreut hat, kommt dann zumTeil in identischem Wortlaut noch mindestens drei weitere Male vor. Und ewig grüßt das Murmeltier… . Die Funktion für das Ganze erschließt sich (mir) nicht. Oder ist das einfach nur Manierismus, l’art pour l’art, erübrigt sich die Frage nach dem Sinn bzw. der Funktion?
    Finsbury hat einige Fragen gestellt, z. B nach der Rolle von Eulenfeld und Dr. Kröger bei den politischen Aktionen. Darauf gibt der Roman keine Antwort. Es wird nur alles Mögliche angedeutet. Natürlich wissen es Kröger und Eulenfeld und zumindest noch der Chronist, nur der Leser nicht. Die Liste solch (künstlich) offen bleibender Fragen ließe sich verlängern. Was hat eigentlich Schlaggenberg und seine Camey entzweit? Worüber streiten sich Stangeler und Grete ständig? Was ist so wichtig daran, dass Renata die spazierengehende Gruppe der Unsrigen „ durchkreuzt“, dass es des öfteren erwähnt wird? Was ist daran so bedeutungsvoll, dass Schlaggenberg bei seiner Wiederkehr( letztes Kapitel) darauf Bezug nimmt? Ihm sei nun endlich klar, dass es Renata gewesen sei. Ja und ? Worin besteht das Trauma, das der fünzehnjährige Geyrenhoff durch Clara, Quapps Mutter, erlitten hat? Was hat sie um Gottes willen mit ihm gemacht? Warum erfahren wir das nicht , hören aber ständig davon läuten? Was befähigt Frau Ruthmayr, diese mysteriöse Verletzung im Handumdrehen zu heilen? Was ist überhaupt so „böse“ an Clara? Ihr Standesbewusstsein, ihr Dünkel, dass sie den alten Ruthmeier nicht wollte? So schlimm ist das ja nun auch nicht.
    Die aufdringliche Fahnensymbolik durch die vergossene Milch und das Blut der einfachen Frau aus dem Volke im Kapitel Das Feuer finde ich kitschig. Die Farbsymbolik kommt übrigens noch mal um einiges schwülstiger beim Tod von Leonhards Freund, dem Polizisten Zeitler, vor: Als schlüge jemand einen roten Mantel auseinander, innen atlasgefüttert mit jetzt aufglänzendem Weiß… (S.1311) Irgendwie ist dieser Patriotismus, diese Apotheose der Nationalfarben wenig glaubwürdig bei jemandem, der kurz vorher für sein Land noch die Rolle des Anhängsels als „Ostmark“ begrüßt hatte. Kitschig,schwülstig und geradezu peinlich ist auch die "Ehrenrettung" die Gyurkicz in diesem Kapitel zuteil wird. Schon was ihn zur zwielichtigen Figur machte - seine Hochstapelei, seine verleugnete (jüdische) Abkunft ( Er ist ein Friedmann, na sowas!), seine „Drückebergerei“ - war schwer nachzuvollziehen. Nun wird er „geadelt „ und avanciert zum Freund Geyrenhoffs dadurch, dass er rumballert und sich abknallen lässt. Unsäglicher Unsinn!
    Ich will Euch nicht weiter langweilen mit meinen negativen Wertungen, die ich noch endlos fortsetzen könnte. Nur noch so viel: Ich finde nicht, dass der Roman ein Panorama der Gesellschaft der zwanziger Jahre abgibt. Die Figuren sind weder typisch noch repräsentativ. Die niederen Stände sind genrehaft, die „Unterwelt“ kolportagehaft geschildert, die oberen mit Ausnahme von Gürtzner-Gontard und Levielle sämtlich kleine Doderers mit Macken, Ticks, obskuren Theorien und verklemmter Sexualität - letzteres wäre noch ein Kapitel für sich. Die beiden Lichtgestalten Leonhard und der deus ex machina Gach übrigens peinlich in ihrer Positivität und Konstruiertheit.


    Eine Stelle - nicht die einzige- die mir gut gefallen hat:
    Leonhard schlüpfte durch den geöffneten Spalt, warf sich vor Mary nieder und küßte ihre beiden Füße. Auch den unechten.(S.1322)

  • Oh, wow, da muss ich erstmal schlucken, Gontscharow :zwinker:


    Ich habe den Roman ganz anders gelesen, gerade die offene Handlung, dass also nicht alles erklärt wird und der Leser mitunter weniger weiß als der Erzähler, gefiel mir besonders, für mich ist das ein Hinweis, dass Doderer es ernst meint mit der Beschreibung eines kleinen Teils einer Gesellschaft, die man doch nur von außen und nur in Einzelteilen begreifen kann. Eben nicht das Interesse an dem dargestellen Charakter als Person sondern das Zusammenspiel der Charaktere. Es ist mehr ein Beobachten als ein Erklären. Sind dies nicht auch Stilmittel des modernen Romans ?


    Ja, es stimmt, manche Bilder sind in der Wiederholung etwas aufdringlich, was für mich aber nicht so immens störend wirkte.


    Wegen der offenen Fragen: zu der einen oder anderen gibt es meiner Meinung nach schon Antworten, im Moment fehlt mir jedoch die Zeit, das näher herauszusuchen. Aber ich schreibe dazu später mehr.

  • O ja, das grenzt an einen Totalverriss, Gontscharow,


    und in den meisten deiner Kritikpunkte gebe ich dir auch Recht.

    Dennoch kann ich mich diesem Roman nicht entziehen. Das Atmosphärische nimmt mich gefangen. Wenn Doderer die Wohnungen nur in Kleinigkeiten oder auch ausführlicher beschreibt, in denen seine Protagonisten handeln, dann sehe und fühle ich diese Behausungen, auch wenn sie zu viel Kampfer ausströmen. Das gilt für das Haus zum blauen Einhorn, aber auch für Leonhards Zimmer, die Wohnung von Gürtzner-Gontard, das Palais des Prinzen und und und ... . Ich kann gar nicht auf den Punkt bringen, wie Doderer diesen Effekt erzielt, aber ich fühle mich immer mittendrin, auch wenn es in die Natur und Landschaft geht, mit dem Motorrad um den Neusiedler See oder auf der Piste mit den Unsrigen.
    Vielleicht sagen deshalb einige, dass dieser Roman ein Roman Wiens ist, weniger der von Personen.


    finsbury

  • Zitat von Autor: Steffi« am: Gestern um 09:07 »


    …gerade die offene Handlung, dass also nicht alles erklärt wird und der Leser mitunter weniger weiß als der Erzähler, gefiel mir besonders, für mich ist das ein Hinweis, dass Doderer es ernst meint mit der Beschreibung eines kleinen Teils einer Gesellschaft, die man doch nur von außen und nur in Einzelteilen begreifen kann.


    Da hast du natürlich recht. Was mich stört, ist dieser Gestus der Bedeutsamkeit mit dem Sachen vorgetragen werden, die sich bei näherer Betrachtung als belanglos oder mangels Informationen als für den Leser unergründlich herausstellen. Wenn in besagter Passage im Feuer-Kapitel , die Dr. Kröger und Eulenfeld im Gespräch zeigt, - übrigens wirklich exzellent geschildert, wie der jüngere faschistische Aktivist Kröger den Weltkriegsveteranen Eulenfeld in den Suff begleitet und sich Gedanken darüber macht, wie dessen Frontkämpfertum für die "Bewegung" zu nutzen sei, dabei aber nicht vergißt, ihn schon jetzt auszunützen, indem er seinen Kaffee auf die Rechnung des Eingesäuselten setzen lässt - wenn der Erzähler/ Chronist oder wer auch immer hier also in der Lage ist, die Gedanken der Personen wiederzugeben und Andeutungen über Zufkünftiges zu machen, warum nicht über ihre Involviertheit in die gegenwärtigen Ereignisse?...


    Zitat von Autor: finsbury« am: Gestern um 18:15 »


    Dennoch kann ich mich diesem Roman nicht entziehen. Das Atmosphärische nimmt mich gefangen. …..ich fühle mich immer mittendrin, auch wenn es in die Natur und Landschaft geht ... ein Roman Wiens...


    Auch hier kann ich nur zustimmen. Doderer ist ein Sprachmagier. Aber gerade damit überdeckt er mMn so einiges an Trivialität und Inhaltslosigkeit, vielleicht auch die Weigerung oder Scheu, gewisse Dinge auf den Punkt zu bringen. Für mich hat der Roman etwas Verdruckstes und Verlogenes.


    Zitat von Autor: Steffi« am: 17. September 2012


    Je mehr man bei ihm über einzelne Dinge nachdenkt, je größer wird die Tiefe des Romans ...


    Mir geht es umgekehrt, leider! Je mehr ich über einzelnes nachdenke und quasi die Sprachmagie abziehe, desto hohler kommt es mir vor. Geyrenhoff sagt im Feuer-Kapitel : Es gibt bei und nach solchen Anlässen immer Leute, die dem schrecklich blickenden Leben Sand in die Augen streuen wollen. Um nicht in diese schauen zu müssen, verbreiten sie lieber Geschichterln.


    Ich finde , genau das tut Doderer in seinem Roman.

  • Ich kann schon nachvollziehen, was du meinst, Gontscharow ! Für mich ist es eher so, dass ich kleinere Unzulänglichkeiten (und für mich gibt es da bei weitem nicht so viele Kritikpunkte wie bei dir) jedem Autor verzeihe, wenn er mich mit seiner Sprache und den Bildern überzeugt hat. Wie gesagt, ich mag es ganz gerne, wenn der Autor auch mal mit dem Leser spielt, solange ich nicht das Gefühl habe, hintergangen zu werden. Ich empfand das eher wie :"guck mal, da verbirgt sich noch eine ganz andere, interessante Geschichte".


    Neben der Sprache empfand ich auch die nichtlineare Konstruktion des Romans als großartig, wie sich z.B. die einzelnen Szenen und Beschreibungen ineinander fügen. Dies betont ja auch den Zeitaspekt: Erinnerung, Geschichte, Gegenwart, Verdrängung, Phantasie und unbewusste Verknüpfung von all diesem. Die Personen sind auf der Suche nach einer Welt, in der das alles übereinstimmt und auch die Konstruktion der unterschiedlichen Erzähler, auch mit den offenen Fragen, spiegelt das wider.



    Finsbury hat einige Fragen gestellt, z. B nach der Rolle von Eulenfeld und Dr. Kröger bei den politischen Aktionen. Darauf gibt der Roman keine Antwort. Es wird nur alles Mögliche angedeutet. Natürlich wissen es Kröger und Eulenfeld und zumindest noch der Chronist, nur der Leser nicht. Die Liste solch (künstlich) offen bleibender Fragen ließe sich verlängern. Was hat eigentlich Schlaggenberg und seine Camey entzweit? Worüber streiten sich Stangeler und Grete ständig? Was ist so wichtig daran, dass Renata die spazierengehende Gruppe der Unsrigen „ durchkreuzt“, dass es des öfteren erwähnt wird? Was ist daran so bedeutungsvoll, dass Schlaggenberg bei seiner Wiederkehr( letztes Kapitel) darauf Bezug nimmt? Ihm sei nun endlich klar, dass es Renata gewesen sei. Ja und ? Worin besteht das Trauma, das der fünzehnjährige Geyrenhoff durch Clara, Quapps Mutter, erlitten hat?


    Geyrenhoff hat Quapps Mutter damals seine Liebe gestanden, sie wies ihn mit Hohn und Geringschätzigkeit ab. (S. 54)
    Schlaggenberg und Camy trennen sich, da er abhängig vom Geld ihres Vaters ist und sie ihn damit bloßstellt; dazu sagt sie wohl nicht die Wahrheit bzgl. der Arztrechnung (S. 64 f)
    Renata steht meistens im Zusammenhang mit Erinnerung - man erinnert sich, sie gesehen zu haben usw., die Erinnerung ist aber nicht verlässlich, für mich eher ein symbolischer Charakter.

  • Hallo,


    Steffi, du hast Recht; der Konflikt zwischen Camy und Schlaggenberg lässt sich im Roman gut nachvollziehen, auch Geyrenhoffs Trauma mit der nachmaligen Gräfin ist begründet,wenn auch schwach. Wo ich dir, Gontscharow, ganz zustimme, ist das Motiv mit Renata und die häufigen und aufdringlichen Wiederholungen.
    Dem gegenüber steht aber neben dem oben von mir Angesprochenen aber auch genau das, was du, Steffi, auch erwähnst: die Konstruktion des Romans dieses spiralige sich Ineinanderverdrehen und gegenseitig Erklären, das ist oft schon genial und lässt die manchmal nervigen wörtlichen Wiederholungen von Motiven verzeihen.
    Manierismen muss man bei vielen Schriftstellern verzeihen, insbesondere z.B. bei Thomas Mann. Die problematische politische Haltung von Doderer - so denke ich - muss immer mitgedacht und berücksichtigt werden.


    finsbury

  • Danke, Steffi, dass du dir die Mühe gemacht hast. Allerdings kann ich auf S.54 beim besten Willen keinen Hinweis auf ein Liebesbekenntnis G.s und eine Abfuhr durch Clara entdecken. Es werden nur bruchstückhafte Erinnerungen an eine schöne, aber überhebliche und dumme Claire Neudegg/ Charagiel wiedergegeben in ähnlicher Form wie an vielen anderen Stellen im Roman. Inwiefern sie so ist (das war meine Frage) und was an der Gartenpforte passiert ist, erfährt der Leser hier und, wie ich meine, an anderer Stelle nicht. „Es handelt sich hier nur und ausschließlich um Geld…von irgendwelchen seelischen oder geistigen Schwierigkeiten, die etwa zwischen mir und Kajetan bestehen, darf überhaupt kein Wort gesprochen werden(S.64)… gibt Camy die Devise heraus, einer unter vielen Hinweisen , dass es bei ihrer Trennung um Geld am allerwenigsten geht.


    Aber die „offenen Fragen“ sind, wie hoffentlich deutlich geworden ist, eigentlich der geringste Grund meines Unbehagens an dem Roman.


    Übrigens gibt es hier im Forum eine [url=http://www.klassikerforum.de/index.php/topic,911.msg28017.html#msg28017]Einschätzung [/url] der Dämonen von Gantenbeinin, die ich nur unterschreiben kann!


    Allen Leserundenteilnehmern Dank für die anregende Mitwirkung! :winken: