August 2003: Moby Dick

  • Hallo zusammen


    diese Details ziehen sich trotz kurzer Kapitel sehr in die Länge.


    Ich bin im Netz auf die Suche gegangen um mal zu sehen wie ein Pottwal im Gegensatz zu einem Glattwal aussieht. Der Pottwal (=Zahnwal) findet sich HIER auch in seiner typischen Stellung des Kopfes nach oben.


    Der Glattwal (=Bartenwal) ohne Zähne eher geeignet für Utensilien der damaligen Damenwelt, wie Korsett, Regenschirm, usw.


    HIER könnt ihr euch mal anhören wie ein Glattwal im Vergleich zu einem Pottwal klingt. Ich war überrascht wie der Pottwal tackert, im Vergleich zum Glattwal, der klingt wenigstens nach einem Wal.


    Viel Spaß beim Hören


    Steffi:

    Zitat


    Zum Beispiel der Vergleich der beiden Walköpfe (Kapitel 75) hinterließ bei mir nur ???


    Geht mir auch so.
    ich fands kurios und kann es nicht so ganz nachvollziehen, die Walköpfe mit 2 Philosophienarten in Verbindung zubringen, nur wegen diversen Gesichtszügen.


    KAPITEL 75 Ende
    Der Glattwal war meiner Meinung nach ein Stoiker; der Pottwal ein Plantoniker, der vielleicht in späteren Jahren zu Spinoza gefunden hat.


    Konntet ihr damit was anfangen?


    Interessant fand ich hingegen den Gedanken, daß die Augen des Wals jeweils seitlich liegen und dass somit das Gehirn des Wales 2 Bilder verarbeiten muß. Ich stellte mir das vor, wie wir damit leben würden. Ich bin doch froh, daß wir mit beiden Augen 1 Bild hervorbringen.


    Rainer:
    viel Spaß beim Don Quixote, der hat mir damals auch Ausdauer gekostet *gg*


    ikarus:

    Zitat


    Die Charakterzeichnung ist nicht Melvilles Stärke, da habt ihr recht. Die Figuren bleiben merkwürdig konturlos was es für mich etwas schwierig macht sie auseinander zu halten. Da hätte ich mir auch etwass mehr Schärfe gewünscht.


    hingegen sind die Wale besonders scharf gezeichnet. Vielleicht war das ja so beabsichtigt.



    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo !


    Danke, Maria, für deine interressanten links. Der Pottwal klingt tatsächlich etwas seltsam.


    Ich glaube, Melville hätte entweder lieber ein wissenschaftliches Buch geschrieben, oder er macht sich über die Wissenschaft lustig! Aber es stimmt, mich reizt es auch, mehr über die Wale zu erfahren, vielleicht, weil ich Melville oder Ismael nicht ganz traue.


    Zum Beispiel in Kapitel 82 behauptet er, Herakles wäre ebenfalls von einem Wal verschluckt worden. Ich habe daraufhin in Schwab's Griechischen Sagen nachgelesen, aber nichts darüber gefunden. Und dann sollen auch noch die Drachen eigentlich Wale gewesen sein, ach, ich weiß wirklich nicht, ob ich das ernst nehmen soll :zwinker: Dann noch die Spekulationen über das Ausblasen der Spauts ...


    Ich stelle mir vor, wie besessen Melville von Walen gewesen sein muß, um so viele Seiten über sie zu spekulieren und zu schwärmen. Oder sollte es doch Ironie sein ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi


    ich nehme den Stoff bisher viel zu ernst, vielleicht habe ich gerade deswegen ein bißchen Probleme Melville und seinen Schlußfolgerungen zu folgen. Dein Hinweis, dass der Autor manche Passagen mit einem Augenzwinker geschrieben hat, leuchtet mir schon irgendwie ein.


    Im Kapitel 81 fiel mir allerdings wieder auf, daß Melville gern das Schicksalhafte betont, dass alles sich so ereignen muß. Denn gleich im 1. Satz heißt es:


    Genau am vorherbestimmten Tage trafen wir die Jungfrau aus Bremen unter ihrem Kapitän Derick de Deer.


    Vorherbestimmt?
    das muß wohl eher dem Schicksal oder dem Zufall zugeschrieben werden, als ein geplantes Treffen, oder?


    Während der Moby-Dick-Leserunde habe ich mir nun eine passende Signatur aus dem Buch gewählt. Es stammt aus dem Kapitel 80. :breitgrins:


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo !


    Schöne Signatur, Maria :breitgrins: !


    Maria schrieb:

    Zitat

    Vorherbestimmt?
    das muß wohl eher dem Schicksal oder dem Zufall zugeschrieben werden, als ein geplantes Treffen, oder?


    Über dieses Wörtchen bin ich auch gestolpert. Vom Stil erinnerte mich das an die getragene Wortwahl der Bibel oder an manche alten Filme (klingt komisch, aber neulich kam mein Lieblingsfilm mit James Stewart "Mr. Hobbs macht Ferien" und da kommt immer eine Stimme aus dem Off, die in etwa so spricht), sehr pathetisch und vielleicht etwas überheblich.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Mitreisende


    wie weit seid ihr? Es ist viel zu ruhig, oder?
    Also etwas mehr habe ich mir von Moby-Dick schon versprochen, irgendwie warte ich auf einen Show-down, oder ist das eine zu hollywoodmäßige Erwartung?


    Mit den Kapitel um Jona und den Spekulationen konnte ich nicht viel anfangen, auch nicht mit den Schwanz-Kapiteln.


    Die Ausführungen über Los- und Festfische war für mich wieder intensiver, wenn auch etwas wirr.


    Steffi:
    Mister Hobbs sehe ich auch immer wieder gern. James Stewart gehört zu meinen Lieblingsdarsteller.


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Bei mir herrschte diese Woche Lese-Flaute und ich bin kaum vorangekommen. Erst heute konnte ich mal wieder eine längere Strecke lesen.


    Das mit der "hollywoodmäßigen Erwartung" hast Du gut ausgedrückt. Ich glaube auch, daß es daran liegt. Mir geht´s nämlich genau so. Aber da kann mal man sehen, was so eine eingedampfte Hollywoodverfilmung anrichtet. Ich habe auch mehr "Action" und Dramatik erwartet. (Was nicht heißt, daß ich enttäuscht bin. Ganz im Gegenteil sogar.) Besonders am Anfang hatte ich immer den Film im Hinterkopf und bei Ahab das Gesicht Gregory Pecks vor Augen. Mittlerweile hat sich das zum Glück gelegt.


    Zitat

    Mit den Kapitel um Jona und den Spekulationen konnte ich nicht viel anfangen, auch nicht mit den Schwanz-Kapiteln.


    Mit einigen von diesen Walfangkundlichen Kapiteln kann ich mehr, mit anderen weniger anfangen. Aber insgesamt finde ich sie immer noch sehr intertessant und überaschend. Immer wieder erstaunlich, mit welcher Hingabe und Akribie dieser Melville seine Leser über den Walfang aufklärt. Kein Detail wird ausgelassen. "Losfisch und Festfisch" hat mir auch gut gefallen. Das muß ja ein richtiges Gedränge auf dem Meer gewesen sein, wenn so etwas gesetzlich geregelt werden mußte.


    Ich komme zum 93. Kapitel.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen !


    Ich verspreche euch - es wird besser :breitgrins: Sobald die Flaute überwunden ist, könnt ihr wieder die Segel - äh, reffen ??


    Ich habe die 90-Kapitel hinter mir gelassen und zu meiner Freude kommt die Geschichte wieder in Schwung. In einem Satz habe ich über 100 Seiten gelesen und bin schon bei Kapitel 116 !!


    Natürlich setzt sich die düstere Stimmung fort. Immer wieder Anspielungen auf das Schicksal, dass unserer Pequod noch droht. Besonders eindrucksvoll und bunt wird die Begegnung mit der fröhlichen "Bachelor" geschildert: die ist randvoll mit Tran und segelt mit dem Wind gen Heimat während unser Schiff, trotz 4 erlegter Wale, düsterster Stimmung gegen den Wind angehen muß.


    ikarus schrieb:

    Zitat

    Besonders am Anfang hatte ich immer den Film im Hinterkopf und bei Ahab das Gesicht Gregory Pecks vor Augen.


    Das ist bei mir erst jetzt aufgetaucht, als ihm sein Tod durch Hanf prophezeit wird. Da ist mir das Bild "Gregory Peck an den Leib des Wals geschlungen" wieder eingefallen. :entsetzt:


    LG von Steffi

  • Hallo zusammen


    dann bin ich ja beruhigt, daß es nicht nur mir so geht, mit der Ahab-Gregory-Peck-Vorstellung.


    Ich habe mir von einer Freundin die Begriffe erklären lassen, die Melville für die Walklassifikation hernimmt. Melville spricht doch am Anfang von einer Bibliographie der Wale und teilt sie ein in Folio, Oktav, Duodez:


    In Bezug auf die Buchbinder bedeutet:


    "Folio" heißt lat. "Blatt".
    z.B. werden bei gebundenen Handschriften oder Frühdrucken statt der Seiten die Blätter gezählt. "Fol. 3 recto" bedeutet "Blatt 3, Vorderseite", "Fol. 3 verso" = "Blatt 3, Rückseite".
    Für den Buchbinder und Drucker bedeutet 2°/Folio, dass der Druckbogen einmal in der MItte gefaltet/gefalzt wird, sodass er im fertigen Buch später zwei Blätter ergibt.


    Das nächst größere Format ist 4°/Quart (lat. quartus=vier), d.h. der Druckbogen wird zweimal gefalzt, sodass es später vier Buchblätter ergibt.


    Bei 8°/oktav (lat. octavus=acht) wird dann viermal gefalzt, was 8 Blätter ergibt.


    "Duodez"-Format (lat. duodecim=zwölf)


    Ich werde mir die Kapitel nochmals mit diesem Gesichtspunkt durchlesen.
    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen


    ihr werdet mich verrückt halten, aber ich bin heute um zu entspannen vom Walfangschiff runter und rauf auf einen Luxusliner:


    Meerfahrt mit Don Quijote von Thomas Mann


    Das erinnerte mich an unsere andere Leserunde und ich habe mir mal Ikarus Beitrag rauskopiert:


    Zitat

    Und was für eine Sehnsucht! Meine Sehnsucht wurde nach dieser Stelle sogar so groß, daß ich beschloß, sobald ich mit dem Don Quijote fertig bin, erstmal wieder was von Thomas Mann zu lesen. Das habe ich dann auch gemacht. Das Zitat von dir stammt aus "Meerfahrt mit Don Quijote". Und diese Erzählung bzw. Essay in Tagebuchform fand sich tatsächlich in meiner Mann-Gesamtausgabe und bot sich so natürlich an. Thomas Mann schildert darin seine Fahrt ins Exil mit dem Ozeandampfer nach New York im Jahre 1934. Die Fahrt dauert ca. eine Woche und er liest dabei den Don Quijote. "Der Don Quijote ist ein Weltbuch - für eine Weltreise genau das Rechte" begründet er die Wahl seiner Reiselektüre. Er verknüpft seine Erlebnisse an Bord des Schiffes mit seinen Gedanken und Eindrücken beim Lesen des Don Quijote. Die gehen natürlich weiter und tiefgründiger als die unseren hier - ist schließlich auch Thomas Mann. Aber manchmal konnte ich seinen Gedankengängen auch nicht folgen und wußte nicht, worauf er hinaus will. Egal.
    Aber - obacht jetzt wird´s etwas pathetisch - Thomas Mann nach dem Don Quijote zu lesen war für mich, wie wenn man von einer langen, zwar schönen, aber auch anstrengenden Reise nach Hause kommt und erstmal ein heißes Bad nimmt. Unglaublich entspannend und einfach schön. Ich habe wirklich jeden Satz genossen, regelrecht in dieser schönen Sprache gebadet und mich pudelwohl gefühlt. Das war wie "heimkommen".


    Besser könnte ich es nicht schreiben. Es war herrlich.


    Jetzt geht es wieder auf den Walfänger ;-)


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Ohweh! Da muß Deine Sehnsucht nach Thomas Mann ja sehr groß gewesen sein. Aber so schlecht ist die Sprache Melville doch gar nicht. Im Gegensatz zu Don Quichote manchmal sogar sehr poetisch. Aber es kommt ab und zu ein Punkt, an dem man einfach einen Thomas Mann BRAUCHT :smile:
    Aufgrund Deines Postings hat mich interessiert, ob Thomas Mann Melville und insbesondere Moby Dick überhaupt gelesen und sich darüber geäußert hat. In seinen Tagebüchern erwähnt er, am 17. 1. 1940, lediglich, Melvilles Novelle "Barthleby" zu lesen, die damals in der deutsch-schweizerischen Zeitschrift "Corona" erschien. Ohne weiteren Kommentar dazu.
    Den Moby Dick muß er aber auch gekannt haben, denn er setzt das Buch auf eine Liste von Büchern, die er sich nach einer Zerstörung seiner Bibliothek wieder als erstes zulegen würde. Th. Mann wurde darum innerhalb einer Umfrage gebeten. (Ich werde die komplette Liste mal in einem anderen Thread posten.)
    Mehr habe ich leider nicht gefunden. Schade, denn Thomas Manns Meinung zum Moby Dick hätte mich schon interessiert.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    ikarus:
    das hätte mich auch interessiert, schade daß sich Thomas Mann nicht über Moby-Dick geäußert hat.


    eigentlich war es ja Rainer's Schuld (Rainer ich danke dir *g*), daß ich die Meerfahrt mit Don Quijote reingeschoben habe, seit er den D. Q. erwähnte, ließ es mich nicht mehr los und du hast Recht, Ikarus, manchmal braucht man einfach Thomas Mann.


    Zitat


    Aber so schlecht ist die Sprache Melville doch gar nicht. Im Gegensatz zu Don Quichote manchmal sogar sehr poetisch


    stimmt - und oft sind es ganz einfach Aussagen und seine Vergleiche mit der Natur, die mich sogleich ansprechen.


    Wenn du mit leerem Schiffe kreuzt und die Welt dir sonst nichts gönnt, dann gönn dir wenigstens ein gutes Essen. (Ende Kapitel 101 Die Karaffe)


    Steffi:

    Zitat

    Ich verspreche euch - es wird besser Sobald die Flaute überwunden ist, könnt ihr wieder die Segel - äh, reffen ??


    deine Aussage gab meinen Segeln wieder Wind *gg*
    Als die "Pequod" auf die "Rosenknospe" stieß und Stubbs den Kapitän und die Mannschaft austrickste und er sich so den verdörrten Wal einheimste, mußte ich doch sehr schmunzeln. Dass in Darmüberresten solch ein Schatz zu finden ist *staun*. Man lernt nie aus. Außerdem mußte ich bei "Rosen" natürlich an dich denken :)


    wie gegensätzlich Kapitäne sein können hat die Begegnung der "Pequod" mit der "Samuel Enderby" gezeigt. Der Kapitän der S.E. hat durch Moby-Dick einen Arm verloren und sagt zu Ahab:


    Hab's erst gar nicht versucht. Ist ein Arm nicht genug? Und was würde ich dann machen, ohne den andern Arm? Außerdem denk ich immer, Moby-Dick beißt nicht, er verschlingt.


    Wie weit muß doch Ahabs Wahnsinn gediegen sein in all den Monaten bis er wieder in See stechen konnte, und nun auch während der Fahrt, daß er nur vom Hass gelenkt wird. Die Vernunft in dieser obigen Aussage drang garnicht zu ihm durch.


    Das Kapitel "Die Dublone" war insofern interessant für mich, wie jeder die Dublone anders deutete.


    Dann kam ich zum Kapitel 104: Der Wal als Fosil


    gleich auf der 2. Seite wird folgendes geschrieben:


    Oft hört man von Schriftstellern, welche an ihrem Thema wachsen und sich gehörig aufplustern, auch wenn es ganz gewöhnlich scheint. Wie steht es nun aber mit mir, der ich über diesen Leviathan schreibe? Unwillkürlich expandiert meine Chirographie, und ich schreibe nur noch in plakativen Großbuchstaben. Gebt mir eine Kondorfeder! Den Krater des Vesuv als Tintenfaß! Freunde, stützt mir die Arme! Sie werden mir schon schwer, wenn ich nur meine Gedanken über diesen Leviathan zu Papier bringe, sie schwächen mich mit ihrem weit ausholenden, alles umfassenden Zugriff....


    Das erinnerte mich an etwas und ich habe ein paar Stunden gebraucht um darauf zu kommen. Die Interpretation drängte sich mir richtig auf:


    Diese Druckbuchstaben, die Kondorfeder, der Vesuv als Tintenfaß fass ich jetzt mal als eine Dringlichkeit auf nie die Wissenschaft des Walfanges zu beenden, denn wenn Melville es beendet, beendet sozusagen Ahab sein Leben.


    Das unterstreicht m.E. auch die ermüdenden Arme, das mich an Mose erinnert, und Melville nimmt ja oft auf die Bibel bezug, als die Israeliten mit einem Feind kämpfte und solange Mose die Arme oben hatte, gewannen sie, sobald er müde wurde und die Arme senkte, gewann der Gegner. Man mußte dann Moses' Arme stützen. (in Thomas Mann's Erzählung: Das Gesetz, kann man es auch nachlesen, und natürlich in der Bibel)


    Noch schwimmt Moby-Dick durch den weiten Ozean, noch haben wir ihn nicht erspäht, doch sollte Melvilles Feder müde werden, kommt es zur schicksalshaften Begegnung.


    Klingt das arg verrückt?


    Das Ende vom Kapitel 105, und die Aussage Melvilles dass der Wal nie aussterben wird, war sehr optimistisch. Was er wohl heute zu den Fangmethoden sagen würde?


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Matrosen - ich bin durch


    die letzten Tage auf See waren sehr dramatisch und wehklagend.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Maria: deine Interpretation klingt überhaupt nicht verrückt - ich habe diesen Abschnitt allerdings mehr als Melvilles Beschreibung seiner Besessenheit vom Wal empfunden; eine Besessenheit, die Ahabs Besessenheit gleicht, allerdings nicht aus Rache sondern aus Liebe zum Wal.


    Ich denke immer, wie gewaltig uns schon dieses Wale vorkommen, obwohl wir sie ja von Fotos oder Filmen schon kennen (ich habe zwar leider noch nie einen in Freiheit gesehen - nur in Sea World :zwinker, was nicht wirklich zählt - aber wie gewaltig und faszinierend müssen sie den damaligen Menschen auf ihren kleinen Schiffen vorgekommen sein !


    Gruß von Steffi

  • Hallo !


    Ich habe nun gestern auch den Moby Dick beendet :smile: Und ganz ehrlich, das Ende hätte ich mir viel dramatischer und ausgefeilter vorgestellt. Es war eigentlich kein Höhepunkt, wie ich das erwartet hatte - schließlich wird das Buch ja üblicherweise auf diese ca. 40 Seiten-Handlung reduziert - sondern ganz und gar unspektakulär als Konsequenz der vorausgegangenen Handlung und Betrachtungen.


    Manches ist mir noch nicht so ganz klar, vor allem, ob es eine einheitliche, große Aussage des Buches gibt. Da werde ich noch ein bißchen nachdenken
    :zwinker:


    Nun wende ich mich erstmal einem recht hektischen Wochenende zu :winken:


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen


    JMaria: Danke für die Erklärung zu den "ermüdenden Armen". Das kommt mir sehr plausibel vor, da Melville sich sehr oft auf die Bibel bezieht. (Ich muß endlich doch mal "Das Gesetz" lesen :smile: )


    Genau so groß wie Ahabs Haß ist Melvilles Liebe zu den Walen, da hast Du recht Steffi. Immer wieder merkt man auch Melvilles zweifel daran, der Größe (nicht nur der körperlichen) dieser Tiere gerecht werden zu können. Und immer wieder bezeugt er seinen Respekt und Bewunderung zu diesen Tieren. Aber nicht nur zu den Walen. In Kapitel 87 schreibt er:
    "...denn es gibt keine Torheit der Tiere auf Erden, welche der Irrsinn der Menschen nicht unendlich weit übertrifft." Wer wollte da widersprechen?


    Von einem Erlebnis möchte ich euch noch kurz berichten:
    Aufgrund des zur Zeit stattfindenden Oktoberfests unterhielt ich mich mit einer Arbeitskollegin über kulinarische bayerische Spezialitäten. Die Sprache kam auch auf Weißwürste und meine Kollegin meinte, daß sie so etwas nicht essen könne. Als ich sie fragte: "Warum denn nicht?", wußte sie es auch nicht genau zu sagen, meinte aber: "Wahrscheinlich vor allem deshalb, weil sie weiß sind. Hätten sie eine andere Farbe, hätte ich keine Probleme damit. Aber dieses Weiß ist so abstoßend und widerlich."


    Melville hat also doch recht! Nur daß sich manche Leute vor weißen Walen, Eisbären oder Albatrossen fürchten und andere eben vor Weißwürsten :breitgrins:


    Ich komme zu Kapitel 111. Eure Eindrücke vom Ende sind ja etwas widersprüchlich, was es für mich nur noch spannender macht. Vielleicht schaffe ich das Buch bis Sonntag.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    Ikarus:
    jetzt wo die Weißwürste erwähnst, sind mir auch zwei Leute eingefallen, die ebenfalls ihre Abneigung auf die Farbe der Würste beziehen.
    Also doch nicht so abwegig. *staun*


    Zitat

    Ich komme zu Kapitel 111. Eure Eindrücke vom Ende sind ja etwas widersprüchlich, was es für mich nur noch spannender macht. Vielleicht schaffe ich das Buch bis Sonntag.


    Melville deutet einiges am Ende nur an, aber er hat es bei mir geschafft, daß meine Phantasie in Gange kam und was er nicht schrieb, hat sich vor meinem Auge abgespielt. Ich war eigentlich ganz froh, daß er das Ende nicht ganz so füllend beschrieben hat.


    S P O I L E R (wer noch nicht das Ende kennt)
    .
    .
    .
    .
    .
    .
    .
    .


    Ich hatte zwar keine Gänsehaut aber doch fast als die Rachel auftauchte und der Kapitän seine Söhne suchte und Ahab ihn im Stich ließ.
    Oder als im Kampf (2.Tag?) plötzlich, als der Wal sich auf die Seite drehte, Fedallah auftauchte. Er ging Ahab voraus. Die Prophezeiungen begannen sich zu erfüllen.


    Dann, als der Tod auf Stubbs zukam und er sich so wacker hielt. Das ging mir sehr nahe.


    Ahabs Tod und der Untergang des Schiffes war wirklich etwas unspektakulär beschrieben, aber wie gesagt, ich war ganz froh darüber.


    Am Ende hat der Sarg (auf ihn wurde ja zu Beginn des Buches oft angespielt) Ismael das Leben gerettet.


    Dann gab es noch einen Gedankengang mit dem Stichwort "Lee" und "Land" in den letzten Tagen der Suche nach Moby Dick, das mich wieder an das Kapitel "Land in Lee" erinnerte. Aber darüber habe ich noch nicht vollständig nachgedacht und ich weiß auch nicht ob es da eine Verbindung gibt. Mir fiel nur das vermehrte Erwähnen dieser Worte auf den letzten Seiten auf.


    LG Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo !


    Nein, ich hätte mir eigentlich kein spektakuläreres Ende gewünscht - vielleicht war es auch weniger spannend, weil ich ja das Ende schon kannte.


    Es haben sich viele Andeutungen - Sarg, verlorener Sohn, Heidentum und Christentum gehen gemeinsam im Kampf gegen die Natur unter - erfüllt, vielleicht für meine Erwartung etwas zu glatt ? Und irgendwie habe ich das Gefühl, ich hätte etwas wesentliches noch nicht begriffen. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Buch insgesamt etwas uneinheitlich wirkt. So habe ich es z.B. bedauert, dass die großartig geschilderte Freundschaft mit Quequeg nicht mehr richtig auftaucht. Und trotzdem macht es das auch wieder zu einem einzigartigen Werk.


    Gruß von Steffi

  • Zitat von "Steffi"

    Es haben sich viele Andeutungen - Sarg, verlorener Sohn, Heidentum und Christentum gehen gemeinsam im Kampf gegen die Natur unter - erfüllt, vielleicht für meine Erwartung etwas zu glatt ? Und irgendwie habe ich das Gefühl, ich hätte etwas wesentliches noch nicht begriffen. Vielleicht liegt es auch daran, dass das Buch insgesamt etwas uneinheitlich wirkt. So habe ich es z.B. bedauert, dass die großartig geschilderte Freundschaft mit Quequeg nicht mehr richtig auftaucht. Und trotzdem macht es das auch wieder zu einem einzigartigen Werk.


    Hallo Steffi
    dieses Gefühl, daß mehr in dem Buch steckt, als ich erkennen konnte, hat auch dauernd an mir genagt.


    Auf Quequegs Tod habe ich beim Lesen gewartet und fand es auch sehr seltsam, daß er nicht mehr erwähnt wurde. Sein letzter großer Part war, als er krank war und dieser bedeutende Sarg gebaut wurde. Dann wurde es ruhig um ihn.


    Aber ich tröste mich mit dem Gedanken, daß man nie alles aus einem Werk erfassen kann und mit euch habe ich viel mehr erfahren, als wenn ich das Buch alleine gelesen hätte.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen


    Es hat jetzt doch etwas länger gedauert, aber nun bin ich auch durch.
    Also mir war das Ende spektakulär genug. Die dreitägige Jagd auf Moby Dick fand ich sehr spannend geschildert. Allerdings war mir das Kapitel 132 "Die Symphonie", in dem Starbuck versucht Ahab von seinem Vorhaben abzubringen, doch etwas zu theatralisch. Daniel Göske schreibt im Nachwort, daß das Buch manchmal unfreiwillig komisch sei. Dieses 132. Kapitel gehört für mich auch dazu. Das fand ich doch etwas dick aufgetragen.
    Gefragt habe ich mich, vor allem nach dem 2. Tag der Jagd, als Ahab seines künstlichen Beines verlustig ging, warum die Mannschaft nicht meutert. Es wäre doch ein leichtes gewesen, diesen fanatischen Krüppel zu überwältigen und die Heimreise anzutreten. Stattdessen herrscht, bis auf Starbuck, bedingungslose Hörigkeit, was darin gipfelt, dass sogar noch während des Untergangs der Pequod die Fahne an den Mast genagelt wird.
    Ich fand es auch schade, und etwas merkwürdig, dass Melville seine anfänglichen Hauptfiguren Ismael und Queequeg schon nach kurzer Zeit in
    den Hintergrund treten und immer mehr verschwinden lässt, nachdem er sie so schön eingeführt hatte.
    Überhaupt fand ich es ein sehr ungewöhnliches Buch. Eher Essay mit Rahmenhandlung als Roman. Im Nachwort steht, dass Melville das Buch unter großem Zeitdruck geschrieben habe. Das merkt man. Es wirkt überhaupt nicht "rund", sondern irgendwie zerhackt und zerfasert. Aber vielleicht macht gerade das die Faszination aus.
    Einerseits bin ich sehr froh, daß wir diese Neuübersetzung mit ihrem ganz hervorragenden Anmerkungs-Apparat gelesen haben. Diese Erklärungen
    und das Nachwort waren schon sehr hilfreich zum Verständnis dieses Werkes. Andererseits gab es dadurch aber auch relativ wenig zu schreiben
    und zu diskutieren. Mir hat das Buch sehr gefallen und es wird mich auch noch eine ganze Weile beschäftigen, aber seine Vielschichtigkeit
    macht es irgendwie schwierig es zu fassen zu kriegen.


    Viele Grüße
    ikarus


    Rainer und adia: Seid ihr noch an Bord?

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)