Paul Auster - Stadt aus Glas

  • Da ich "Stadt aus Glas" vor nicht allzu langer Zeit beendet habe, will ich euch meine Meinung nicht vorenthalten.


    Inhalt: Der Krimiautor Daniel Quinn kann kaum noch tiefer sinken. Nach dem Tod seiner Frau und seines Sohnes sieht er keinen Sinn mehr im Leben und zieht sich immer weiter in die Einsamkeit zurück. Doch da klingelt eines Nachts plötzlich das Telefon. Mit einem Mal hat Quinn völlig unerwartet einen geheimen Auftrag: Er schlüpft in die Rolle eines mysteriösen Privatdetektivs namens Paul Auster. Seine Mission besteht darin, den verrückten Forscher und Philosophen Peter Stillman zu observieren, der nach vielen Jahren aus einer psychiatrischen Klinik entlassen worden ist. Dessen Sohn fürchtet, dass ihm sein verwirrter Vater nach dem Leben trachten könnte. Quinn folgt Stillman kreuz und quer durch New York, doch kann er sich einfach keinen Reim auf dessen Handlungen machen. Da verschwindet Stillman plötzlich.


    Meine Meinung: Als ich "Stadt aus Glas" zugeklappt habe, dachte ich mir nur: Selten so einen Schwachsinn gelesen. Dabei hat das Buch wirklich gut begonnen. Mit einer kleinen Detektivgeschichte, die sich auch noch toll entwickelt hat. Der Protagonist Quinn nimmt eine andere Identität an um einen Fall zu lösen. Hörte sich alles recht gut an, wie gemacht für eine super Geschichte.


    Das erste Mal kippte dann aber die Story als die Hauptperson mit seinem Auftraggeber Stillman gesprochen hatte. Bei diesem Gespräch bin ich vollends ausgestiegen. Sinnlose Sätze, die aneinander gereiht wurden. Mir hat sich die Bedeutung jedenfalls nicht erschlossen. Dann kam wieder ein spannender Teil und die Detektivgeschichte wurde weiterverfolgt. Da dachte ich mir: Na gut, eine schwache Stelle, aber wieso sagen da alle, dass das Buch nicht gut ist?


    Bis es zum zweiten Mal kippte. Leider blieb es dabei, die Geschichte driftete vollends ab, ergab für mich keinen Sinn. Kein Mensch dieser Welt würde so reagieren, zumindest kann ich mir das nicht vorstellen. Dann wird das ganze auch noch irreal und am Ende habe ich nur mehr gehofft, dass es bald aus ist.


    Gott sei Dank ist das Buch mit knapp 170 Seiten ja nicht gerade dick und wenn ich es nicht für einen Wettbewerb lesen hätte müssen, dann wäre das Buch nach rund 120 Seiten in der Ecke verschwunden. So habe ich diese letzten Seiten aber in einem Rutsch durchgelesen und gleich darauf diese frustrierende Rezi verfasst.
    Für mich hat sich Auster erledigt, der bekommt von mir keine Chance mehr, denn wie man mit so viel Schwachsinn auf einmal auch noch Geld verdienen kann, ist für mich schleierhaft.


    Aber vielleicht habt ihr ja eine ganz andere Meinung von dem Mann.


    Katrin


  • Aber vielleicht habt ihr ja eine ganz andere Meinung von dem Mann.


    Hallo Jaqui,


    irgendwie scheint Paul Auster über das Talent zu verfügen, so ziemlich jedes Thema in den Sand zu setzen ... :breitgrins:


    Vor langer Zeit las ich "Mr. Vertigo", mein erster und bislang letzter Auster-Versuch. Eigentlich kein schlechtes Thema (soweit ich mich erinnere): Ein Illusionist/Magier nimmt einen jungen Schüler auf und tourt mit ihm quer durch das von der Depression heimgesuchte Amerika. Das war´s dann aber auch schon. Ich habe es mit Mühe zu Ende gebracht, soviel weiß ich noch.


    Auch die "Stadt aus Glas" klingt, Deiner Beschreibung zufolge, nicht schlecht. Aufgrund meiner Erfahrung kann ich nachvollziehen, wie sehr der Rest Dich frustriert hat. Eigentlich schade.


    Mein Verdacht: Herr Auster kann seine guten Ansätze nicht durchgängig zu einem vernünftigen Ende führen. Auch Dialoge scheinen nicht seine Stärke zu sein. Vielleicht hätte er bei einigen Kollegen studieren sollen, wie man Handlungen konsequent verfolgt, glaubwürdige Charaktere erschafft und knackige Dialoge schreibt. Er sollte Dashiell Hammett, Raymond Chandler und F. Scott Fitzgerald lesen, um etwas für seine Arbeit daraus zu ziehen.


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Hallo Jaqui,


    danke für deine Meinung zu diesem Buch. Ich habe mir letztes Jahr die New York Trilogie von Paul Auster gekauft, deren erster Teil ja Die Stadt aus Glas ist. Und ich habe das Buch nach ca. 50 Seiten wieder abgebrochen, weil ich gar nicht verstanden habe, was die Geschichte sollte. Ich dachte, es wäre evtl. nicht der richtige Moment für mich, dieses Buch zu lesen. Aber wenn ich jetzt lese, was du geschrieben hast, überlege ich, ob ich dem Buch überhaupt noch eine Chance geben soll... Dabei wurde mir von einigen Leuten Paul Auster wärmstens empfohlen :rollen:


    Viele Grüße
    thopas

  • Hallo Sir Thomas und Thopas,


    ich bin ja heilfroh, dass ich mit meiner Meinung nicht allein dastehe.


    Früher, als ich begonnen habe Klassiker zu lesen, hätte ich wahrscheinlich nach der Lektüre gedacht: es ist mir halt nicht gelungen den Tiefgang des Autors zu verstehen. Klassiker sind halt nicht jedermanns Sache und ich verstehe eben die Interpretation nicht.


    Mittlerweile, wo ich schon einige Klassiker gelesen habe und weiß, dass es durchaus gute und verständliche Bücher sein können, gehe ich mit Klassikern, die mir nicht gefallen haben gnadenlos ins Gericht. Auch wenn ich den Sinn vielleicht dennoch nicht verstanden habe, so fand ich das Buch eben nicht gut.


    Auster hat anscheinend wirklich ein Talent ein Thema nicht zum Ende zu führen. Der Anfang war extrem gut, es wurde Spannung aufgebaut und ich konnte mich gut mit der Figur Auster identifizieren. Immerhin bin ich auch ein sehr neugieriger Mensch und ich hätte mich vielleicht auch auf dieses Spiel eingelassen. Aber was dann passiert, ist einfach nur mehr unrealistisch. Der Autor hat den Absprung eindeutig verpasst, das war alles viel zu viel des Guten. In dem Fall passt das Sprichtwort: Weniger ist mehr.


    Aber es gibt noch sehr viele andere gute Bücher, warum sich über schlechte ärgern.


    Katrin

  • Hallo Jaqui!
    Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und kann Deine Empfindungen nur bestätigen.
    Nach dem guten Anfang habe ich mit dem weiteren Verlauf der Geschichte absolut nichts mehr anfangen können.
    Und ich weiß sogar noch, was ich nach beendeter Lektüre dachte: Da wird immer ein so großes Getue mit den sog. "guten" Büchern gemacht, und dann stößt man auf so ein Exemplar.


    Jetzt weiß ich, dass es in der "gehobenen" Literatur so wie auch in anderen Genres Bücher gibt, zu denen man keinen Zugang findet. Vielleicht versuche ich es nochmals als Alterslektüre, wenn es mir irgendwo unterkommen sollte.


    Liebe Grüße, Madeleine.


  • Ich habe das Buch vor einigen Jahren gelesen und kann Deine Empfindungen nur bestätigen.


    Manchmal frage ich mich, ob Leute, die dieses Buch wärmstens empfehlen es tatsächlich gelesen haben oder nur dem Namen nach gehen.
    Es ist mir nicht erst einmal passiert, dass jemand ein Buch angepriesen hat und wenn man näher nachfragte stellte sich heraus, dass er das Buch gar nicht gelesen hat, sondern nur den Autor dem Namen nach kennt. Und ein Kassiker muss ja gut sein.


    Wie dem auch sei, ich stelle fest, dass nicht nur ich mit dem Buch nichts anfangen konnte. Das ist sehr beruhigend. Immerhin weiß ich jetzt, dass ich nicht zu blöd war, um den tieferen Sinn zu kapieren.


    Katrin

  • Hallo Jaqui!


    Ich glaube, sandhofer meint, wir haben den Begriff Klassiker bei Auster falsch verwendet, weil er dazu ja schon mindestens 70 Jahre tot sein und trotzdem noch immer verlegt werden müßte.


    Demnach ist auch Julien Green, den wir ja in einer gemeinsamen LR kennengelernt haben, noch lange keiner, weil er ja erst 1998 gestorben ist.


    Diese Definition habe ich zumindest hier im Forum gefunden, und als Richtlinie finde ich sehr recht hilfreich.


    Liebe Grüße, Madeleine


  • Ich glaube, sandhofer meint, wir haben den Begriff Klassiker bei Auster falsch verwendet, weil er dazu ja schon mindestens 70 Jahre tot sein und trotzdem noch immer verlegt werden müßte.


    Ja, das habe ich schon so verstanden.


    Die Bücher gehören dann eben zur zeitgenössischen Literatur oder so, genauso wie der Green, der mir sehr gut gefallen hat.


    Katrin

  • Was ihr alle gegen Paul Auster habt, verstehe ich nicht. Ich schätze seine Bücher, auch "Stadt aus Glas", in dem man erleben kann, wie jemand verloren geht, dann "Die Musik des Zufalls", wo es auch um das Verlorengehen geht und schließlich und vor allem "Die Erfindung der Einsamkeit", eine einfühlsame Auseinandersetzung mit dem Vater, der der Welt und sich selbst verloren gegangen ist. Auster hat Bücher geschrieben, die mir nicht ganz so gut gefallen, "Mr. Vertigo", "Das Buch der Illusionen" und "Die Nacht des Orakels". Doch das tut meiner Meinung über ihn keinen Abbruch. Ich erwarte in Zukunft noch viele literarische Wunder von ihm.
    Viele Grüße
    Die Leserin

  • Es ist eben so, liebe Leserin, dass nicht jeder von jedem Buch hellauf begeistert sein kann, weil ja auch jeder Leser gewisse Erwartungen an die Lektüre stellt, die nun mal nicht immer unbedingt erfüllt werden (können).


    Aus diesem Grunde finde ich ja dieses Forum so gut, weil man die Möglichkeit hat, viele verschiedene Meinungen kennenzulernen und Anregungen zu erhalten.
    Ein Buch, das nach einmaliger einsamer Lektüre vielleicht für immer im Regal verschwunden wäre, bekommt so eine 2. Chance, weil man versucht, den Text auch mit anderen Augen zu lesen.
    Ob man dann mehr damit anfangen kann, ist möglich, aber nicht zwingend nötig.


    Und das schöne an der Literatur ist ja unter anderem auch, dass sie bei jedem Menschen andere Gefühle und ein anderes Verständnis hervorruft.
    Ein und dasselbe Buch kann von hochgelobt bis völlig uninteressant alle Prädikate erhalten.
    Zumindest bei Lesern, die sich nicht von Berufs wegen mit Literatur befassen.


    Liebe Grüße, Madeleine.