Artemis-Winkler oder Manesse

  • Sucht man nach Klassikern in schöner Aufmachung, kommt man immer wieder mit diesen beiden Verlagen in Berührung.
    Meine Frage hier ist: Welche Qualitätsunterschiede hinsichtlich der Übersetzungen sind hier bekannt.
    Manesse ist meiner Ansicht nach hinsichtlich der äußerlichen Erscheinungsform in Relation zum Preis offensichtlich im Vorteil. Die "Blaue Reihe" des Winkler Verlages mit seinen wenig beständigen Pappumschlägen verliert deutlich gegenüber den Manesse- Ausgaben zu selben Preis.
    Die Dünndruck- Exemplare von Winkler sind meist doppelt so teuer, wie die Manesse- Bändchen.
    Was wird hier so bevorzugt.
    Mein aktuelles Problem: "Schuld und Sühne" von Dostojewskij...Manesse (billiger), oder Winkler (ca 50 Euronen)?

  • Hallo Middlemarch,


    bei welchem Verlag Übersetzung und Kommentar besser ist, kann man so pauschal nicht beantworten. Da gibt es bei Manesse und Artemis&Winkler hier große Unterschiede zwischen einzelnen Ausgaben.
    Die Blaue Reihe von Artemis&Winkler würde ich nicht kaufen, die halte ich für völlig überteuert. Teilweise sind die Pappbände in recht einfacher Aufmachung (nicht einmal richtige Fadenheftung) sogar teurer als die Dünndruckausgaben.


    Ein Beispiel: Im Juli erscheinen von Kafka die Romane. Die Dünndruckausgabe für 50 Euro enthält "der Proceß", "das Schloß" und "der Verschollene".
    Als "Blaue Reihe" kostet "das Schloß" 25 Euro und "der Prozeß" 20 Euro. Macht zusammen 45 Euro. Die Differenz beträgt nur noch 5 Euro und es fehlt noch "der Verschollene".


    Ich denke die Manesse-Bände und die Artemis&Winkler Dünndruckausgaben sind beide meist ihren Preis wert.


    Viele Grüße,
    Zola


  • Mein aktuelles Problem: "Schuld und Sühne" von Dostojewskij...Manesse (billiger), oder Winkler (ca 50 Euronen)?


    Gerade bei "Schuld und Sühne" solltest du auch die neue Übersetzung Swetlana Geiers in Erwägung ziehen, die u.a. als Fischer Taschenbuch zu haben ist. Ansonsten stellte ich mal eine kleine Übersicht zum Thema Klassiker-Verlage zusammen:


    http://www.koellerer.net/categ…etrieb/klassiker-verlage/


    CK


  • Gerade bei "Schuld und Sühne" solltest du auch die neue Übersetzung Swetlana Geiers in Erwägung ziehen, die u.a. als Fischer Taschenbuch zu haben ist.


    Von dieser wohl gelungensten Übersetzung, habe ich bereits gehört.
    Mein Problem ist nun allerdings, dass ich Taschenbücher nicht so mag, und die Hardcoverausgabe so um die 78 (?) Euro kosten soll. Das ist mir dann doch etwas zuuuu teuer :smile:


  • Mein Problem ist nun allerdings, dass ich Taschenbücher nicht so mag, und die Hardcoverausgabe so um die 78 (?) Euro kosten soll. Das ist mir dann doch etwas zuuuu teuer :smile:


    Ich hab einen schönen Klassiker auch gern in einer schönen Ausgabe. Und leg dafür auch gern mal mehr Geld hin.
    Das Kriterium gute Übersetzung hat bei mir aber allemal Vorrang. Auch, wie die Textgestaltung ist.
    Ich verabscheue die in Orthographie und Interpunktion behutsam modernisierten ..... bla ....... :grmpf:
    Vermeiden lässt sich das nicht, aber bitte möglichst wenig davon.


    Übrigens wollen wir, wenn schon Manesse und Winkler genannt, Hanser nicht vergessen.
    Die 3-bändige Ausgabe Achim von Arnim, Romane und Erzählungen, wunderbar.


    Und ich bin auch Fan der DKV-Ausgaben.
    Leider, leider, sieht nicht so aus, als ob der DKV-Tieck noch fertig wird ... :heul:

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • "Middlemarch" hab ich übrigens in der Manesse-Ausgabe. War antiquarisch recht preiswert.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Leider, leider, sieht nicht so aus, als ob der DKV-Tieck noch fertig wird ... :heul:


    Weißt Du da was Definitives? Das letzte Mal, das ich im Verlag nachgefragt habe, hieß es immer noch, sie hätten die Ausgabe bislang nicht aufgegeben. Ist aber nun auch schon wieder etliche Monate her.


  • Mein aktuelles Problem: "Schuld und Sühne" von Dostojewskij...Manesse (billiger), oder Winkler (ca 50 Euronen)?


    In diesem konkreten Fall: weder noch. Die Übersetzung mit "Schuld und Sühne" ist einfach falsch, außer Swetlana Geiers "Verbrechen und Strafe" bleibt da leider nichts. Das ist nicht einfach eine Geschmacksfrage, die man auch anders entscheiden könnte, Geiers Text ist ein völlig anderer Roman. Ich hab mal ein paar Stichprobenvergleiche gemacht (Schuld und Sühne vs. Verbrechen und Strafe / Die Dämonen vs. Böse Geister) - da liegen Welten dazwischen.


    Blöd nur, dass ich kein Russisch und also auch nicht beurteilen kann, wer denn nun "richtiger" ist - aber da wollen wir Geier mal glauben 8-). - Immerhin, bei Schuld und Sühne / Verbrechen und Strafe hat man auch als nicht russisch Sprechender ein Indiz, dass Geier richtig liegt: Die englische Fassung heißt "Crime and Punishment".


  • Weißt Du da was Definitives? Das letzte Mal, das ich im Verlag nachgefragt habe, hieß es immer noch, sie hätten die Ausgabe bislang nicht aufgegeben. Ist aber nun auch schon wieder etliche Monate her.


    Nein, und ich hab auch nicht beim Verlag nachgefragt. Sondern nur irgendwann irgendwo mal gelesen, die Ausgabe sei eingestellt.
    Von 12 Bänden sind ja nur 5 erschienen, zwischen 1985 und 1995, und das sieht schlecht aus.
    Natürlich sagen die nicht, das sei definitiv.


    Wobei mich übrigens die frühen Schriften und die Gedichte auch nicht so sehr interessieren.
    Sondern die noch fehlenden Novellenbände.


    Tieck ist ein Autor der es, anders als manch andere, dringend nötig gehabt hätte.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Natürlich sagen die nicht, das sei definitiv.


    Das stimmt in der Allgemeinheit ja nicht. Andere Ausgaben sind vom Verlag offiziell abgebrochen worden; Tieck eben nicht. Was nicht heißt, dass sich da tatsächlich nochmal etwas tut, sondern nur, dass die Ausgabe beim Verlag noch einen Fürsprecher hat(te).


    Mich ärgert das Fragment in meinem Bücherschrank auch ziemlich! Aber: "Wir heißen Euch hoffen!" ;-)


  • In diesem konkreten Fall: weder noch. Die Übersetzung mit "Schuld und Sühne" ist einfach falsch, außer Swetlana Geiers "Verbrechen und Strafe" bleibt da leider nichts. Das ist nicht einfach eine Geschmacksfrage, die man auch anders entscheiden könnte, Geiers Text ist ein völlig anderer Roman. Ich hab mal ein paar Stichprobenvergleiche gemacht (Schuld und Sühne vs. Verbrechen und Strafe / Die Dämonen vs. Böse Geister) - da liegen Welten dazwischen.


    Auf welche andere Übersetzung beziehst du dich denn? E.K. Rahsin?
    Wenn beim Titel gefälscht wurde, heißt es übrigens ja noch nicht, dass du die ganze Übersetzung vergessen kannst.

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Mich ärgert das Fragment in meinem Bücherschrank auch ziemlich! Aber: "Wir heißen Euch hoffen!" ;-)


    Immerhin haben wir den Spatz in der Hand .....

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Auf welche andere Übersetzung beziehst du dich denn? E.K. Rahsin?
    Wenn beim Titel gefälscht wurde, heißt es übrigens ja noch nicht, dass du die ganze Übersetzung vergessen kannst.


    E. K. Rashin. Und wenn der Titel schon so tendenziös verfälscht wird, liegt der Verdacht nahe, dass es um den Rest ebenfalls nicht gut bestellt ist. Wenn ich mich da richtig an meine Vergleicherei erinnere, ist Rashin durchwegs glatter, mit starkem Hang zum Diminuitiv. Was bei Geier schlicht eine "Kammer" ist, wird bei Rashin zum "Stübchen" etc.


    (Und gerade stelle ich fest, dass ich auch den Idioten in der Geier-Übersetzung habe. Sowas.)


  • E. K. Rashin. Und wenn der Titel schon so tendenziös verfälscht wird, liegt der Verdacht nahe, dass es um den Rest ebenfalls nicht gut bestellt ist.


    Non sequitur. Der Titel "Schuld und Sühne" ist älter als Rahsins Übersetzung und könnte auch aus marketingtechnischen Gründen beibehalten worden sein. Andererseits gab es schon in den Zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts Übersetzungen, die "Verbrechen und Strafe" als Titel führten. Und die kennt heute kein Mensch mehr ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus


  • E. K. Rashin. Und wenn der Titel schon so tendenziös verfälscht wird, liegt der Verdacht nahe, dass es um den Rest ebenfalls nicht gut bestellt ist. Wenn ich mich da richtig an meine Vergleicherei erinnere, ist Rashin durchwegs glatter, mit starkem Hang zum Diminuitiv. Was bei Geier schlicht eine "Kammer" ist, wird bei Rashin zum "Stübchen" etc.


    Was den Hang zu Diminutiven betrifft:


    ich hab im Laufe der Jahrzehnte (ja, so viel ist das ja nun schon :wink: ) eine ganze Menge an anderer russischer Literatur verkonsumiert.
    Will heißen 19. Jarhundert.
    Die Diminutiverei kam mir da insgesamt sehr ausgeprägt vor. Da das eine ganze Menge verschiedener Übersetzer waren, muss da irgendwie was typisches dran sein. Nicht nur bei dem allgegenwärtigen "Mütterchen".


    Dostojewskij hatte ich zuerst fast ausschließlich in anderen Übersetzungen gelesen. Überwiegend wohl Lizenzen des Winkler-Verlags. Wie hier ja angemerkt, es gab schon jede Menge andere.


    Die Qualität der Geier-Übersetzungen scheint ja außer Frage zu stehen. Wobei ich mich allerdings frage, wie viele der so begeisterten Rezensenten in der Lage sind, das zu vergleichen, also, wie viele von denen denn wohl russisch können.


    Auch wir hier bräuchten jemand mit Russischkenntnissen. :wink:


    Ich hab gerade "Die Dämonen" abgeschlossen. Rahsin-Übersetzung, ich hatte mir die Taschenbuchkassette letztes Jahr gekauft.
    Die Rahsin-Übersetzungen erschienen erstmals 1906 bis 1919, so steht es in den - Impressa :wink: ist das der Plurale von Impressum ?
    Sie wurden aber revidiert.


    Der Band enthält ein kurzes Nachwort, das man, was das Interpretieren betrifft, vergessen kann.
    Aber es steht drin, dass der endgültige Text des Romans erst seit den 20er Jahren feststeht. Nachdem bis dato unveröffentlichtes Material gefunden worden war. Also, zu Dostojewskijs Lebzeiten gab es keinen vollständigen Text.
    Das war mir nicht bekannt gewesen.


    Des weiteren steht da drin, was wir ja inzwischen eh wissen:
    "Böse Geister" trifft es besser, als "Die Dämonen".
    Da hat Rahsin (alias Kaerrick) "nachgebessert", oder verfälscht. Ansichtssache.
    Ich zitiere kurz, aus Fußnote 3 des Nachworts:


    Die deutsche Übersetzung des russischen Titels "Besy - Die Dämonen" - suggeriert dem Leser eine romantische, europäische Tradition der russischen Literatur ( ... ) und nicht dne russischen, volkstümlichen Charakter der "bösen Geister". Die russischen Verschwörer sind bei Dostojewski nicht die "gefallenen Engel" der europäischen Literatur, sondern die bösen Geister der russischen Volksliteratur oder die von unreinen bzw. unsauberen Geistern oder Teufeln besessene Herde Säue im Evangelium. ...


    Scheint mir schlüssig, wir haben da also eine Titelverfälschung, wie bei Schuld und Sühne vs. Verbrechen und Strafe.


    Der Piper-Verlag hat die Rahsin-Übersetzung immer wieder reprintet, übrigens, ohne auch nur den ein- und anderen Druckfehler auszumerzen.
    Revidieren werden sie die Übersetzung wohl nicht mehr.


    Naja. Bei mir wird eh irgendwann eine Wiederlektüre anstehen, das weiß ich bei Dostojewski schon jetzt, wo ich in der jetzigen drinstecke.
    Und vielleicht schafft Frau Geier ja wirklich noch alles.
    Wie ich es ihr hier letztens mal wünschte.
    Und bis dahin gibt es das dann auch alles als preiswertes Taschenbuch gebraucht bei Ebay. :breitgrins:


    Es hatte jemand einen kurzen Link auf eine Fernsehsendung mit ihr gepostet.
    Ich fand sie sehr beeindruckend.
    Wahrscheinlich kann sie wirklich den kompletten Dostojewskij auswendig.


    Gruß
    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)


  • Und vielleicht schafft Frau Geier ja wirklich noch alles.


    Frau Geier hat ihre Übersetzungstätigkeit in Sachen Dostojewskij »bekanntlich« mit dem »Grünen Jungen« abgeschlossen, so jedenfalls die Verlagswerbung.


  • Die Diminutiverei kam mir da insgesamt sehr ausgeprägt vor. Da das eine ganze Menge verschiedener Übersetzer waren, muss da irgendwie was typisches dran sein. Nicht nur bei dem allgegenwärtigen "Mütterchen".


    Dazu hat, glaube ich, Geier selbst etwas gesagt bzw. geschrieben. Das scheint eine Art Mode gewesen zu sein und sich dann als "russische Seele" verselbständigt zu haben. Oder so.


    Zitat

    Die Qualität der Geier-Übersetzungen scheint ja außer Frage zu stehen. Wobei ich mich allerdings frage, wie viele der so begeisterten Rezensenten in der Lage sind, das zu vergleichen, also, wie viele von denen denn wohl russisch können.


    tja, das ist das Problem. Kürzlich las ich in "Volltext" eine Kritik eines Russisch-Übersetzers an Peter Urban und seinen fast schon sakrosankten Cechov-Übersetzungen. Mit einigen wirklich haarsträubenden Beispielen. Aber dergleichen ist unter Übersetzern wohl üblich und von Außenstehenden nur schwer durchschaubar.


  • Dazu hat, glaube ich, Geier selbst etwas gesagt bzw. geschrieben. Das scheint eine Art Mode gewesen zu sein und sich dann als "russische Seele" verselbständigt zu haben. Oder so.


    Also, hat sich das schon in den russischen Originalen verselbständigt, oder in den Übersetzungen?
    Der Kalinka-Diminutiv, sozusagen ...


    Zitat


    tja, das ist das Problem. Kürzlich las ich in "Volltext" eine Kritik eines Russisch-Übersetzers an Peter Urban und seinen fast schon sakrosankten Cechov-Übersetzungen. Mit einigen wirklich haarsträubenden Beispielen. Aber dergleichen ist unter Übersetzern wohl üblich und von Außenstehenden nur schwer durchschaubar.


    *shluchtz* Nun ist nicht mal mehr auf den Urban Verlass. Nur eine Frage der Zeit, bis es über die bis dahin sakrosankten Übersetzungen von Frau Geier hergeht.


    @bonaventura


    Wenn Geier den Rest nicht mehr übersetzt, müssen wir uns überlegen, wen wir dann nehmen. Was gibts noch außer Rahsin?

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)

  • Also, hat sich das schon in den russischen Originalen verselbständigt, oder in den Übersetzungen


    In der europäischen oder wohl gar nur deutschen Wahrnehmung. Aber wie gesagt, allzusehr würde ich mich auf mein löchriges Gedächtnis da auch nicht verlassen. - Wäre vielleicht ganz interessant, einmal englische und dt. Übersetzungen russischer Literatur zu vergleichen.