Mai 2007 - Rabelais: Gargantua und Pantagruel

  • Hallo!


    Was lange währt :smile:


    Donald Frame: Rabelais. A Study
    (Harcourt Brace Javonovich, New York 1977)


    Um die Beschäftigung mit den fünf Büchern rund um "Gargantua" und "Pantagruel" abzuschließen, las ich noch diese prägnante Monographie von Donald Frame, dessen Buch über Montaigne ich schon sehr hilfreich fand. Der Autor beginnt mit einem kurzen einleitenden Artikel über das Zeitgeschehen, um dann das Wenige zu referieren, was über Rabelais' Biographie bekannt ist. Auftakt zur Auseinandersetzung mit dem Werk sind fünf Kapitel über die einzelnen Bücher, in denen Frame Form & Inhalt strukturiert wider gibt, nicht ohne den Stand der damaligen Forschung zu berücksichtigen. Dabei könnte es sich auch um ausführliche Beiträge zu einem Handbuch handeln.
    Danach nimmt sich Frame diverse Themenkreise vor, denen er systematisch durch das Gesamtwerk folgt. Darunter "Comedy and the Carnivalesque", "Satire and Fantasy", "Storytelling" und "Humanism and Evangelism". Das ist erhellend zu lesen, zumal Frame einen klassischen englischen Gelehrtenstil schreibt, der frei von allen Obskurantismen ist. Sehr empfehlenswert für alle, die sich für diese in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Bücher interessieren.

  • Danke für diesen Beitrag. Er wird mich allerdings nicht dazu verlocken, das Buch zu lesen. Mein Bedarf an Sekundärliteratur ist im Grossen und Ganzen für den Rest meines Lebens ja gedeckt ... ;)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    seit gestern geht's bei mir mit dem fünften (und letzten) Buch weiter. Es scheint inhaltlich nahtlos an das vierte Buch anzuschließen und berichtet von Abenteuern auf einer Seefahrt durch das Nordmeer, die wieder an Lukians "Wahre Geschichte" erinnern. Gleich zu Beginn gibt es die meiner Erinnerung nach bislang offenste Kritik an der Katholischen Kirche und ihrem Klerus, der als (faule, gierige und rücksichtlose) Vögel dargestellt wird.


    Weiterhin beeindruckend sind natürlich Rabelais Literaturkenntnisse, die er immer wieder in Anspielungen vorweist. Ohne dem Anmerkungsapparat meiner Ausgabe würde mir das zugegebenermaßen gar nicht auffallen.


    Viele Grüße,
    Zola

  • Es scheint inhaltlich nahtlos an das vierte Buch anzuschließen und berichtet von Abenteuern auf einer Seefahrt durch das Nordmeer, die wieder an Lukians "Wahre Geschichte" erinnern.


    Beides - der nahtlose Anschluss wie die Anlehnung an Lukian - scheinen mir zugleich auch die Schwachstellen dieses 5. Buches zu sein ....

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Hallo zusammen,


    ich habe jetzt auch das fünfte Buch fertiggelesen (mit dem ersten Buch hatte ich am 9.Mai letzten Jahres angefangen). Es war zwar weitgehend sehr interessant und kurzweilig, brachte aber stilistisch oder inhaltlich nichts Neues. Im Nachwort meiner Ausgabe steht, dass das fünfte Buch vermutlich gar nicht von Rabelais selbst geschrieben wurde, sondern vom Verleger aus Skizzen oder einzelnen Kapiteln, die Rabelais bereits fertiggestellt hatte, zusammengestellt und fertiggeschrieben wurde. Große Veränderungen im Geschichtsablauf, die zu interessanten Wendungen der Handlung hätten führen können, wie der Tod eines Protagonisten oder die Hochzeit von Panurge oder Pantagruel oder eine Reise zum Mond oder in die Unterwelt fanden nicht statt, stattdessen ging die Seereise zu abenteuerlichen Inseln, von der auch schon das vierte Buch handelte, in derselben Form weiter. Ein letzter Höhepunkt war aus meiner Sicht noch die Beschreibung der Eroberung Indiens durch Bacchus. Das Zusammentreffen mit dem Orakel der Flasche, immerhin Ziel der sich über zwei Bücher erstreckenden Reise, fand ich nicht besonders herausragend.
    (Nach Lektüre des fünften Buchs, vor allem der Episode mit dem Orakel der Flasche, bekam ich den Eindruck, dass Douglas Adams' "Per Anhalter durch die Galaxis", das ich vor einigen Jahren mehrfach gelesen hatte, teilweise an "Garagantua und Pantagruel" angelehnt sein könnte.)


    Viele Grüße,
    Zola

  • Ja, ich empfand dieses letzte Buch auch als das schwächste. Allerdings muss ich sagen: Wenn von Rabelais durch irgendeinen dummen Zufall nur dieses eine fünfte Buch auf uns gekommen wäre - wir müssten ihn immer noch zu den ganz Grossen zählen. :winken:

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