• Hallo,



    Den ersten Teil der Frage meinst Du ja nicht im Ernst, oder?


    Seine Werke, zumindest einige, kenne ich natürlich. Ich meinte welche der Biographien empfehlenswert sind, immerhin schießen sie derzeit ja aus dem Boden.




    zu einer Biographie über Max Frisch konnte ich mich noch nicht durchringen, habe aber auch die Veröffentlichungen beobachtet und würde für mich persönlich diese rauspicken:


    Danke für den Tipp, Maria. Ich habe letztens in der Buchhandlung ein paar stehen sehen, konnte mich aber dennoch nicht entscheiden. Vielleicht borge ich mir einfach eine Biographie aus der Bibliothek aus. Die kann ich wenigstens zurückgeben wenn sie mir nicht gefällt.


    Katrin

  • Hallo Jaqui,


    ich habe mir vor einiger Zeit die Biographie (das Werk :breitgrins:) von Julian Schütt zugelegt, weil sie sehr umfangreich ist, d.h. es stehen auch Sachen drin, die nicht unbedingt jedem interessieren, die ins Detail gehen, aber bei Biographien bevorzuge ich eben Ausführlichkeit. Ich finde das spannend. Allerdings behandelt diese "Biographie eines Aufstiegs" (Untertitel) nur die Jahre 1911-1954, darum ich hoffe, Herr Schütt schreibt noch einen Folgeband.


    Mit der Post erwarte ich Ursula Priess: "Sturz durch alle Spiegel" Die Frischtochter erzählt über ihren Vater. Das Buch soll auch aufzeigen, wie schwierig es für eine Tochter sein kann, wenn sie einen berühmten Vater hat. Ich bin sehr gespannt auf das Buch.


    Liebe Grüße
    mombour

  • Dieser Thread wurde ja schon lange nicht mehr bedient. Ich möchte ihn mit einer Buchvorstellung aufwärmen.


    Max Frisch: Homo Faber. Ein Bericht (1957)
    Zum Inhalt:
    Walter Faber ist Ingenieur und arbeitet für die UNESCO. Zur Überwachung einer Montage in Caracas bricht er von New York mit dem Flugzeug auf. Aufgrund eines Getriebeschadens muss die Maschine in der mexikanischen Wüste notlanden. Dabei lernt Faber den deutschen Industriellen Herbert Hencke, Bruder seines einstigen Jugendfreundes Joachim kennen und begleitet ihn nach dem Weiterflug in den mexikanisch-guatemaltekischen Dschungel, wo Joachim eine Tabakplantage für die deutsche Tabakindustrie angelegt hat. Nach einer mühevollen Anreise treffen sie Joachim jedoch nur noch tot an. Er hat sich aufgehängt. Herbert bleibt vor Ort zurück. Faber ist durch die Geschehnisse so in seinem naturwissenschaftlich-technisch geprägten Weltverständnis gestört, dass er – ohne sich zu hinterfragen – einige Übersprungshandlungen begeht. Zunächst reist er zu einer Konferenz nach Paris nicht – wie geplant – mit dem Flugzeug, sondern mit einem Schiff. Auf der fünftägigen Passage lernt er eine Zwanzigjährige kennen, die ihn entfernt an seine Jugendliebe Hanna Landsberg erinnert.


    Er freundet sich mit dem Mädchen, das er Sabeth nennt, an. Auch in Paris verbringt er Zeit mit ihr. Um sie vor einer Autostop-Tour nach Italien zu bewahren, sagt er die Teilnahme an der Konferenz ab, mietet sich ein Auto und macht mit ihr die Reise dorthin. Unterwegs werden die beiden auch intim. Langsam kommt in Gesprächen zutage, dass Sabeth tatsächlich die Tochter seiner Jugendliebe ist, die er damals schwanger zurückgelassen hatte, weil er einen Praktikumsplatz in Istanbul angenommen hatte. Sabeth aber hält sich für die Tochter von Joachim, der Hanna schwanger geheiratet hatte, und auch Faber will das glauben. Schließlich kommen die beiden nach Griechenland, denn dort ist Hanna in Athen zu Hause. Am Abend vor ihrer Trennung kommt es aber zu einem Unfall, in dessen Folge Sabeth zwei Tage später im Athener Krankenhaus stirbt. Hanna trifft, als sie zu ihrem Kind eilt, im Krankenhaus auch auf Faber, der ebenfalls behandelt werden muss. Sie nimmt ihn mit nach Hause und erfährt langsam alles, was vorgefallen ist, klärt auch nach mehrmaligem Leugnen auf, dass Sabeth Fabers Tochter ist. Als beide beim Besuch im Krankenhaus vom Tod ihrer Tochter erfahren, schlägt Hanna ihn, hält jedoch, genau wie er, nachdem er zu seiner Arbeit zurückgekehrt ist, den Kontakt aufrecht. Faber, der schon während der ganzen Romanhandlung an Magenschmerzen leidet, geht es immer schlechter, so dass er nicht mehr richtig arbeiten kann. Außerdem quälen ihn seine Erinnerungen an Sabeth und seinen verstorbenen Freund. Er kündigt bei der UNESCO und kommt nach Griechenland, um in Hannas Nähe zu sein. Bei einer Untersuchung im Krankenhaus wegen seiner Magenschmerzen behalten sie ihn gleich da. Zum Ende hin wird klar, dass ihm trotz der anstehenden OP selber bewusst ist, dass er Magenkrebs hat und verloren ist.


    Gestaltung und Meinung:

    Der Roman heißt nicht umsonst „Bericht“. Faber pflegt einen distanzierten, technisch orientierten Blick auf die Welt, Menschen interessieren ihn nur peripher, und im Notfall zieht er die Maschinen vor. Seine Geliebte Ivy ist ihm eigentlich nur lästig, und auch sein schickes New Yorker Penthouse entlockt ihm kein Wohlgefallen, sondern eher Missmut, weil es so teuer ist. Menschen gegenüber ist er nicht nur distanziert, sondern er äußert in seinem „Bericht“ viele chauvinistische (gegenüber Frauen) und sogar massiv rassistische Meinungen, wie zum Beispiel über eine Afroamerikanerin, die ihm auf dem Flughafen von Mexiko City helfen will, als ihm schlecht wird. Damit führt er seine (wohl von Frisch auch so gewollt) naturwissenschaftliche Sichtweise von selbst ad absurdum, denn er ist voller Ressentiments und urteilt primitiv über alles Menschliche, was ihm nicht sofort einsichtig ist. Sich selber kann er daher auch nicht recht verstehen, als er in diesen antiken Strudel von Inzest, Schuld und Tod hineingezogen wird. Das zeigt sich z.B. darin, dass seine Ausdruckskraft immer dann, wenn ihn die Dinge überwältigen, nachlässt und er in eine Art Telegrammstil verfällt. Positiv ihm gegenüber gestellt sind seine Tochter (Eli)sabeth mit ihrer natürlichen Naivität und Begeisterungsfähigkeit und Hanna, die den fürchterliche Schicksalsschlägen fast mit der Gelassenheit einer antiken Heldin begegnet. Fabers Erkrankung, an der er wohl sterben wird, kann man symbolisch vielleicht auch als das Unbehagen an sich selbst und seinem Leben verstehen, das ihn von innen auffrisst.


    Mich hat das Buch nur teilweise angesprochen, weil ich die äußere Thematik nicht so interessant finde, deshalb habe ich den Roman auch erst mehrere Jahrzehnte, nachdem er in meine Regale einzog, gelesen. Als Dokument der Zerrissenheit des Menschen und auch einer noch sehr viel weniger skrupulösen Technik-Affinität, als sie heute vorherrscht, war die Lektüre aber interessant und lesenswert. Es gibt dennoch viele Titel von Frisch, die mich mehr begeistern.