Klaus Mann - der Furchtlose

  • Hallo zusammen,


    zum 100. Geburtstag gibt es einen Artikel im [url=http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,449217,00.html]Spiegel[/url]


    "Gute Romane werden von Leuten geschrieben, die keine Angst haben", bemerkte einst George Orwell. Klaus Mann war ein solcher Furchtloser. Wir sollten ihn wieder lesen!


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Ich bin auch dafür, dass Klaus Mann gelesen wird! - Ich las erst vor kurzem Symphonie Pathétique, ein schöner Roman, wie ich fand. - Ob er ein Furchtloser war? - Das weiss ich nicht, da ich seine Biographie zu wenig kenne, jedenfalls nur sehr bruchstückhaft...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo zusammen,


    von Klaus Mann habe ich ziemlich viel und auch die Rowohlt-Monografie gelesen.
    Ob er furchtlos war? Ich denke eher gequält und dennoch mutig. Aber geängstigt hat er sich bestimmt oft. Sonst hätte er wohl auch kaum seinem Leben ein Ende gesetzt.


    Das "furchtlos" bezieht sich denn wohl auch eher auf seine Werke. So hat er zum Beispiel in seinem Alexanderroman unverhohlen über dessen (angenommene) Homosexualität geschrieben. Im "Mephisto" hat er wie allgemein bekannt, den damals gefeierten Gustay Gründgens wegen dessen Naziverbindungen angeprangert, genauso wie er auch Gottfried Benn öffentlich zur Rede stellte.


    Als Sohn eines Übervaters und Literaturpapstes und als Homosexueller hatte er es sehr schwer und auch die Zeitumstände waren ja kein Zuckerschlecken.


    Seine Romane finde ich interessant und habe sie wegen der Thematik gerne gelesen, aber sein Stil sagt mir nicht übermäßg zu. Soweit ich mich erinnere, ist er mir zum Teil zu schwülstig, zum anderen Teil zu kryptisch und insgesamt zu düster. Aber das sind etwas verschwommene Erinnerungen an Leseeindrücke und sollen seinen Stil nicht verurteilen.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • aber sein Stil sagt mir nicht übermäßg zu. Soweit ich mich erinnere, ist er mir zum Teil zu schwülstig, zum anderen Teil zu kryptisch und insgesamt zu düster.


    Dem kann ich nicht zustimmen, ausser dem "düster" vielleicht. Empfinde den Stil weder als schwülstig, noch als kryptisch, aber das mag Geschmacksache sein...


    Nebenbei: Alexander ist ja nicht die einzige homosexuelle Figur in seinen Romanen, eine solche ist praktisch omnipräsent, wenn ich mich nicht täusche. - Hier wagte er wohl durchaus mehr, als sein Vater, der doch noch mehr der "alten Generation" zugehörig war und als "guter Bürger", diese Thematik eher nur durchschimmern liess, als sie offen ansprachen konnte...



    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo,


    alpha schrieb:


    Zitat

    Nebenbei: Alexander ist ja nicht die einzige homosexuelle Figur in seinen Romanen, eine solche ist praktisch omnipräsent, wenn ich mich nicht täusche.


    Ja sicher, taucht immer wieder auf. In "Symphonie Pathétique" erzählt Klaus Mann von einem Künstler (Tschaikowskij), der aufgrund seiner Homosexualität zum Außenseiter wird. Tschaikowskij wird teilweise zum Alter Ego des Autors. Im "Wendepunkt" stellt Klaus Mann seine enge Geistesverwandtschaft zu dem russischen Komponisten fest:


    "Seine neurotische Unrast, seine Komplexe und seine Extasen, seine Ängste und seine Aufschwünge, die fast unerträgliche Einsamkeit, in der er leben mußste, der Schmerz, der immer wieder in Melodie, in Schönheit verwandelt sein wollte, ich konnte es alles beschreiben; nichts davon war mir fremd."


    In seinem ersten Roman "Der fromme Tanz" erzählt KM ganz offen über seine Homosexualität.


    "Symphonie Pathétique" ist auch Klaus Manns Antwort auf schärfere Gesetze gegen die Homosexualität in der Sowjetunion.


    Klaus Mann der Furchtlose? Mutig war er als die führende Stimme der Exilanten. Er verließ Deutschland früher als der Zögerer Thomas Mann.


    Liebe Grüße
    mombour


  • Er verließ Deutschland früher als der Zögerer Thomas Mann.


    Das meinst du jetzt eher im geistigen Sinne? - T. Mann war zur fraglichen Zeit bereits im Ausland und kehrte nicht mehr (physisch) zurück für eine lange Zeit, da er dahingehend von Klaus und Erika bearbeitet wurde.


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo Alpha,


    Klaus Mann ging im März 1933 ins Exil, Thomas Mann kehrte in diesem Jahr nach einer Europareise zwar auch nicht mehr nach Deutschland zurück, äußerte sich aber erst 1936 öffentlich kritisch gegen die Nazionalsozialisten. Klaus Mann wurde 1934 ausgebürgert und Thomas Mann 1936. Thomas Mann lehnte es ab, in der Exilzeitschrift "Die Sammlung", die Klaus im niederländischen Exilverlag Querido herausgab, Texte zu veröffentlichen (1933), weil er befürchten musste, dass dann "Joseph und seine Brüder" (der erste Band) nicht mehr in Deutschland erscheinen konnte. Innerlich war TM also noch längst nicht emigriert, Klaus Mann aber schon.


    Liebe Grüße
    mombour


  • Innerlich war TM also noch längst nicht emigriert, Klaus Mann aber schon.


    Ja, dann sind wir uns ja einig :zwinker: Physisch emigriert aber innerlich/geistig/psychisch noch nicht wirklich...

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo zusammen,


    Ich las "Alexander" von Klaus Mann; eine Romanbiographie über Alexander der Große. Ich kenne nicht soviel von Klaus Mann, doch dieser Roman ähnelt im Aufgreifen und Erzählen von Mythen den Joseph-Büchern seines Vaters Thomas Mann. Inwieweit "Alexander" historisch korrekt ist, kann ich nicht sagen, jedoch ein feines Erzählwerk.


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    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

    Einmal editiert, zuletzt von JMaria ()

  • Ihr Lieben,


    vor einiger Zeit habe ich "Mephisto" gelesen - mein bislang einziger Versuch, mich Klaus Mann zu nähern. Ich fand das Buch sehr gelungen, insbesondere die Entlarvung des NS-Kunst- und Kulturverständnisses ist beeidruckend, mal ganz abgesehen davon, dass die opportunistische Karriere der Hauptperson Hendrik Höfgen wohl typisch für ein deutsches Leben zwischen 1933 und 1945 ist.


    An anderer Stelle wurde Klaus Mann vorgeworfen, er sei zu düster. Diese Meinung teile ich nicht. Im "Mephisto" hat er die bedrückende Atmosphäre der Nazizeit sehr eindringlich und glaubwürdig geschildert.


    Viele Pfingstgrüße


    Sir Thomas

  • Hallo Sir Thomas,


    An anderer Stelle wurde Klaus Mann vorgeworfen, er sei zu düster. Diese Meinung teile ich nicht. Im "Mephisto" hat er die bedrückende Atmosphäre der Nazizeit sehr eindringlich und glaubwürdig geschildert.


    Dann empfehle ich dir noch den "Vulkan, Roman unter Emigranten" von Klaus Mann, nicht ganz so gut wie Mephisto, aber absolut lesenswert und auch gerade wegen der Atmosphäre im Paris der Emigranten.


    HG
    finsbury

    Ein Buch muss die Axt sein für das gefrorene Meer in uns. (Kafka)


  • Dann empfehle ich dir noch den "Vulkan, Roman unter Emigranten" von Klaus Mann, nicht ganz so gut wie Mephisto, aber absolut lesenswert und auch gerade wegen der Atmosphäre im Paris der Emigranten.


    Ist notiert und liegt ab sofort auf meinem virtuellen SuB.


    Danke für den Tipp!


    Viele Grüße


    Sir Thomas

  • Zwei Empfehlungen zu Klaus Mann:


    1. Der Wendepunkt


    K.M. gibt eine autobiographische Darstellung seines Lebens. Es geht vor allem auf seine eigene innere Entwicklung ein und auf die Brüche in seinem Leben. Besonders interessant fand ich den Teil seiner Kindheit, wie er den Vater erlebte und was ihn (auch literarisch) nachdrücklich prägte. In erster Linie ist es aber eine Kampfschrift gegen den Nationnalsozialismus und das Erwachen seiner eigenen politischen Natur. Sinnigerweise endet das Buch mit seinem Eintritt in die US Army


    2. Das vergitterte Fenster


    Eine Novelle, die letzte, die er schrieb. Thematik ist ein sehr starker Todestrieb (dargestellt am alternden Ludwig II., kurz nach seiner Entmündigung), um nicht zu sagen eine Todessehnsucht, die auch Klaus Mann sein ganzes Leben über hatte. Er wurde stark kritisiert, weil er die Novelle im Exil veröffentlichte und seine Exilkollegen ihm vorwarfen, es sei keine Zeit für resignatorische, sondern für kraftvolle Worte. Sehr dicht, sehr genau, sehr anrührend.


    Bei Klaus Mann ist das faszinierendste, dass ihn erst seine Zeit zum politischen Menschen gemacht hat. Eher verträumt, düster, melancholisch wurde er zu einem führenden Mitglied der Exilautoren, und einer der kraftvollsten Organisatoren des literarischen Widerstandes. Er musste sich dabei mehr zwingen als andere, auch als sein Vater. Drogenmissbrauch und Todessehnsucht begleiteten ihn sein Leben lang.

  • ...kann dem Votum, Klaus Mann zu lesen, auch nir beipflichten; habe - aber es ist einige Zeit her - auch
    Mephisto
    Der Vulkan
    Symphonie Pathétique
    Flucht in den Norden
    Treffpunkt im Unendlichen
    gelesen - und erinnere mich, dass er Goethes Zeilen von den "zwei Seelen in seiner Brust" paraphrasiert und sinngemäß meinte: ... Zwei? Zwanzig, dreißig!!!...


  • Ich las "Alexander" von Klaus Mann; eine Romanbiographie über Alexander der Große. Ich kenne nicht soviel von Klaus Mann, doch dieser Roman ähnelt im Aufgreifen und Erzählen von Mythen den Joseph-Büchern seines Vaters Thomas Mann. Inwieweit "Alexander" historisch korrekt ist, kann ich nicht sagen, jedoch ein feines Erzählwerk.


    Ich habe das Buch gestern begonnen und bin ziemlich begeistert. "Alexander" ist nach "Mephisto" erst meine zweite Klaus Mann-Lektüre. Der Autor steigt in meiner Achtung. Und richtig; Maria: Die ersten Seiten in "Alexander" erinnern sehr an die Joseph-Geschichte des Vaters.


    Über historische Korrektheit kann ich mir kein Urteil erlauben. Ich lese das Buch allerdings nicht als Biografie, sondern als Auseinandersetzung mit dem übermachtigen Vater und dessen Werk.


    Viele Grüße


    Tom

  • Klaus Mann: Alexander – Roman der Utopie


    Klaus Mann war offensichtlich ein Experte für letztlich Gescheiterte. Wie schon in “Mephisto” geht es in “Alexander” um den kometenhaften Aufstieg eines Mannes, der auf dem Höhepunkt seines Ruhms von tiefer Einsamkeit befallen und der schließlich von seinen Selbstzweifeln zerstört wird. Klaus Mann schildert das Leben des mazedonischen Eroberers von der Kindheit bis zum Tod und arbeitet dabei mit einer interessanten These: Alexanders Eroberungswut ist das Resultat einer Kränkung durch den Jugendfreund Kleitos, dessen demonstrative Gleichgültigkeit und Gelassenheit er durchbrechen will. Alexander sucht Anerkennung (was vermutlich für jeden Potentaten gilt). Er spürt, dass der kluge Kleitos ihm überlegen ist und ihn durchschaut, deshalb muss er ihn durch Erfolge immer weiter blenden. Wie gesagt: Interessante These, wie auch die der Homosexualität des Mazedonenkönigs.


    Auch wenn “Alexander” nicht die Qualität des "Mephisto" erreicht, so ist es keineswegs ein schlechtes Buch. Auffällig ist die Atemlosigkeit, mit der Klaus Mann erzählt. Manches ist deshalb etwas schlampig dahingeschmiert, etwas mehr Genauigkeit und ein etwas längerer Atem hätten der einen oder anderen Stelle gutgetan.


    Trotz einiger Schächen ist der Roman lesenswert und keine Zeitverschwendung.

  • Hallo zusammen,


    Familienähnlichkeiten
    Ein Buch über die Beziehung Klaus Manns zu seinem Onkel Heinrich:


    Klaus Mann: Lieber und verehrter Onkel Heinrich
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    erschienen Sept. 2011.


    Gruß,
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)