dramatik als form der literatur

  • Zitat von "lebenszeichen"

    wissen kann ich das nicht, so wie meiner meinung nach kein mensch im stande ist, irgendetwas zu wissen.


    Das ist ein beliebtes philosophisches Vorteil. Wie die meisten Vorurteile ist es falsch :zwinker:


    Ohne die Möglichkeit, etwas zu wissen, könnte kein Mensch auch nur die nächsten Stunden überleben. Von der evolutionären Karriere über ein paar Millionen Jahre einmal ganz zu schweigen.


    CK

  • ich sehe schon, ich muss mich genauer erklären: man kann sich selbstverständlich ein bild von der welt machen, man kann dieses bild mit anderen teilen, man kann sich intersubjektive gesetze schaffen, damit ein leben überhaupt möglich ist, aber dennoch lässt sich daran zweifeln, ob wir mit sinn und verstand die welt so empfinden können, wie sie ist. vielleicht haben wir auch einfach eine gefärbte brille in unser wahrnehmungs- und denkvermögen implantiert (metaphorisch natürlich).

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • In Bezug auf Sokrates spricht man gern vom Wissen des Nichtwissens. Streng sprachlich oftmals eine Unsinnigkeit. Man bringt dazu dann immer so ein kurzes, nur irgendwie sinngemäßes, vereinfachtes Zitat. In vollständiger Form heißt dieses: "Im Vergleich zu diesem Menschen bin ich der Weisere. Denn wahrscheinlich weiß ja keiner von uns beiden etwas Ordentliches und Rechtes; er aber bildet sich ein, etwas zu wissen, obwohl er nichts weiß, während ich, der ich nichts weiß, mir auch nichts zu wissen einbilde. Offenbar bin ich im Vergleich zu diesem Mann um eine Kleinigkeit weiser, eben darum, daß ich, was ich nicht weiß, auch nicht zu wissen glaube." (Platon, Apologie 21d, Übers. Fuhrmann)


    Wie sicher unser Wissen ist, bzw. wieviel in 500 Jahren als "fast richtig" erkannt wird, ändert in der Praxis nichts dran, dass es dort ohne dieses "fast" nicht geht. Was nun "fast" ist und was nicht? Hume schrieb darüber, je nach Blickwinkel, wundervolles oder niederschmetterndes.

  • Hallo!


    Zitat von "Stoerte"

    In Bezug auf Sokrates spricht man gern vom Wissen des Nichtwissens. Streng sprachlich oftmals eine Unsinnigkeit.


    Auch sachlich ist das schwer zu halten. Die platonischen Dialoge enthalten eine Menge subtiler Ironie. Sokrates Dialektik hat ja zum Ziel durch gezieltes Fragen, Scheinwissen zu entlarven (erinnert teilweise an Popper). Das kann natürlich nur funktionieren, wenn man Wissen als Folie voraussetzt. Im Hintergrund winkt hier natürlich die Ideenlehre.



    CK

  • Tach,


    das ist aber auch umstritten, möcht ich mal frech als Amateur vermuten. In der Apologie und im Kriton ist es doch mehr das Fragen und der Glaube[1], mit genug strengem Hinterfragen würde schon alles gut. Später hat er dann die Ideenlehre als Antwort. Klar ist diese Ideenlehre auch im Kopf entstanden, der diesen vermutlichen Bericht von Sokrates' Verhandlung gab, aber es gibt wohl auch Vermutungen, diese hätte sich zumindest erst später manifestiert.


    1: die Rationalität erhebt Sokrates da ja gleichsam zum Gott, dem er sich dann auch gleich selbst opfert ;-)

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  • Zitat von "Stoerte"


    Das ist aber auch umstritten, möcht ich mal frech als Amateur vermuten.


    Klar, es gibt ja nichts, was in der Philosophie nicht umstritten wäre.


    Ich selbst beschäftige mich seit mehr als 15 Jahren immer wieder mit Platon und kann hier nur meine Lektürefrüchte wiedergeben. Habe jetzt auch endlich angefangen, Altgriechisch zu lernen, so dass ich mir ich mir Platon in einigen Jahren auch mal im Original ansehen kann.


    CK

  • Die Vermutung, die Apologie und der Kriton sei noch mehr ein Bericht der Philosophie des Sokrates (oder, da seine Existenz als Mensch auch schon bestritten wurde - wohl nicht die Mehrheits-Ansicht -, in jedem Fall eine derartige), dessen Philosophie dann von Platon erweitert wurde, erscheint mir, einfache Argumentation, daher einleuchtend, weil ich diese beiden Werke, so hoffe ich zumindest, ohne weiteres verstanden habe, während ich beim Phaidon ordentlich und merklich Probleme hab. Kann aber auch an der zopfigen und wohl eingentümlichen Übersetzung des Phaidon von Schleiermacher gegenüber der von Fuhrmann bei Apologie und Kriton (alles aktuelle Reclam-Ausgaben übrigens) liegen.
    Darüber irgendwann noch Alt-Griechisch als (zweite *g*) Fremdsprache zu lernen hab ich auch schon gedacht. Lohnt sich ja jedenfalls, auch wenn es heute niemand mehr spricht.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    wir diskutieren nicht auf festem boden, sondern schweben im weltraum der unsicherheit über unsere eigene subjektive vernunft, die auch die mauer sein kann, an der wir uns den schädel einrennen.


    Das scheint mir eine der ziemlich schwer zu beantwortenden Fragen zu sein: inwieweit stört die Identität von Subjekt und untersuchtem Objekt die Resultate? - Denken über das Denken... - Neurobiologen/-mediziner deken immerhin über das Denken anderer nach ;) - Und die Quantenmechaniker kämpfen mit dem Problem, dass ein Objekt, das zu genau bestimmt/untersucht werden soll, sich verändert...


    Die Welt ist, wie wir sieh uns einrichten: Wenn wir wollen, so fliegen die Steine morgen nicht mehr zu Boden, sondern gen Himmel :breitgrins: Vielleicht gebe ich ja dir, xenophanes, doch recht, dass es auch in der Geisteswissenschaft so etwas wie absolute Wahrheit und somit auch Wissen (oder siehst du das als zwei unabhängige Dinge an und ich habe mich an etwas neues zu gewöhnen?) gibt :zwinker:



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo!


    Zitat von "alpha"

    Vielleicht gebe ich ja dir, xenophanes, doch recht, dass es auch in der Geisteswissenschaft so etwas wie absolute Wahrheit und somit auch Wissen (oder siehst du das als zwei unabhängige Dinge an und ich habe mich an etwas neues zu gewöhnen?) gibt :zwinker:


    Vielleicht?! :breitgrins:


    Strenggenommen vertrete ich auch nur die Meinung, dass es Sätze und Theorien gibt, wie wahrheitsnäher sind als andere. Aber angesichts überzeugter Solipsisten drücke ich mich dann vereinfacht aus, um die Botschaft rüberzubringen.
    Man muss ja deutlich werden, wenn das Gegenüber der Meinung ist, man existiere nur in der subjektiven Einbildung des anderen :breitgrins:


    CK

  • Die Überlegung, es gäbe keine Wahrheit ist für mich die haarsträubenste Metaphysik ever. Das gleiche in grün: Ein (allzu stereotypischer) Komilitone meinte letzt ein Wittgenstein-Zitat habe keinen Sinn (nachdem er 20 Sekunden seinen beeindruckenden Intellekt vllt. sogar ein wenig angestrengt hatte). Aber letztendlich hängts da wohl auch wieder an der Sprache. Oder es übersteigt meine Fantasie ;-).

  • als "frischling" kann ich zu den einzelnen hier angesprochenen werken nicht viel sagen... ich schäme mich ja schon... :redface:


    xenophanes: ach bitte, tu mich jetzt nicht als anhänger der matrix-philosophie ab. ich bin keinesfalls davon überzeugt, dass du einzig und allein meine einbildung bist. ich komme lediglich nicht um die erkenntnis herum, dass eben dieses möglich wäre. ich ziehe das ewige menschliche irren in betracht, aber mit ewigem alles beherrschenden zweifel kann man nicht leben. man baut sich also eine intersubjektive wahrheitsebene auf, welche aus den thesen besteht, die einer größeren zahl von menschen als plausibel erscheinen. man kann sich als anhänger der skepsis von popper oder eben auch von xenophanes von kolophon durchaus der (dem menschen so erscheinende) höchstwahrscheinlichsten these nähern, aber an die absolute wahrheit, auf die ich hinauswollte, reicht sie letztendlich nicht.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    xenophanes: ach bitte, tu mich jetzt nicht als anhänger der matrix-philosophie ab. ich bin keinesfalls davon überzeugt, dass du einzig und allein meine einbildung bist.


    Das war ja auch nicht direkt auf dich bezogen. Kenne diese virtuellen Diskussionen ja schon seit Jahren, weshalb ich normalerweise gar nicht mehr daran beteilige ...


    CK

  • Hat etwas von den vermeintlich rationalen Gottesspekulationen (ohne von Natur aus irrationale Religionen nun werten zu wollen). So wie - rein rational - die Antwort, dass es einen Gott gibt, der uns erschaffen hat, zur Frage führt, wer Gott erschaffen hat, führt diese Matrixspekulation dann auch wieder zur Frage, ob das Wesen, das diese Matrix gebastelt hat, am Ende nur denkt, es habe diese Matrix erschaffen. Dann denkt man am Ende nicht nur man würde denken, sondern auch derjenige, der dafür verantwortlich ist, dass man nur denkt man würde denken, denkt am Ende selbst nur, er sei dafür verantwortlich, dass man denkt man würde denken. (Hinkt wohl etwas *g*.)


    Gab aber auch schon Philosophen, die glaubten das. Glauben selbst kann man ja, wie Gott auch, nicht widerlegen. Nur eben die Fehler in vermeintlich rationalen Erklärungen aufzeigen.


    Während des kalten Krieges gab es übrigens auch die Vorstellung, die Russen würden auf der Hinterseite des Mondes Atomtests durchführen. Die Vorstellung, der Mond sei aus Käse, wie in einem Walt-Disney-Film, find ich da persönlich ja sympathischer. Beide Überlegungen sind nicht besonders wahrscheinlich, lassen sich aber wenigstens mit hinfliegen überprüfen.


    In "Geist des Zen" schreibt der Autor in Bezug auf Besitz der Wahrheit, ein Teil könne nicht das Ganze besitzen. In der Naturwissenschaft sucht man sich daher immer die einfachste Antwort aus, bis diese irgendwann widerlegt wird.

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • Zitat von "lebenszeichen"

    ich ziehe das ewige menschliche irren in betracht, aber mit ewigem alles beherrschenden zweifel kann man nicht leben.


    "Nur wer nichts tut, irrt sich nicht" Soll Lenin mal gesagt haben...


    Zitat von "Stoerte"

    In der Naturwissenschaft sucht man sich daher immer die einfachste Antwort aus, bis diese irgendwann widerlegt wird.


    Und auch wenn sie längst widerlegt ist, kann man die Konzepte weitergebrauchen. Solange man weiss, wo die Defekte des Models sind, können auch fehlerhafte Modelle sehr nützlich sein.


    Deshalb können auch Teil- und Halbwahrheiten durchaus einen grossen Wert haben!


    Wenn wir den Mond ansehen, dann dürfen wir ihn uns auch als aus Käse bestehend vorstellen, das schadet überhaupt nichts - auch wenn wir zu wissen glauben, es stimme nicht. - Wollen wir hingegen gegen den Welthunger vorgehen, dann sollten wir nicht auf die Idee kommen, den Mond, die riesige Käsereserve, anzuzapfen - Das gleiche mit dem Storch...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo zusammen!


    lebenszeichen, in Bezug auf "Matrix-Philosophie": Der Film hat da ja nichts erfunden. Ich erinnere an Jean Paul, Heinrich von Kleist.


    xenophanes:

    Zitat von "xenophanes"

    Kenne diese virtuellen Diskussionen ja schon seit Jahren, weshalb ich normalerweise gar nicht mehr daran beteilige ...

    :winken:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat

    "Nur wer nichts tut, irrt sich nicht" Soll Lenin mal gesagt haben...


    dem muss ich widersprechen. man irrt sich insofern, dass man den eigenen tatendrang nicht auslebt, und ich habe noch nie einen menschen ohne tatendrang gesehen...


    xenophanes: tut mir leid, so etwas angezettelt zu haben...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"


    dem muss ich widersprechen. man irrt sich insofern, dass man den eigenen tatendrang nicht auslebt, und ich habe noch nie einen menschen ohne tatendrang gesehen...


    Ungefähr seit ich das Zitat zum erstenmal gelesen habe, frage ich mich, wie es zu verstehen ist, was eigentlich gesagt werden soll - leider habe ich den Kontext nie gefungen. Zur Erklärung meiner Zweifel:
    Entweder: Nichts tun ist gut, da man sich dann nicht irrt. - Sozusagen ein utopisches Nichtstun, das jeglichen Irrtum ausschliessen würde...
    Oder: Es es soll eine Entschuldigung der Irrtümer sein, da jedes Tun auch mit einem Irrtum verbunden ist oder es zumindest sein kann.



    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • nichtstun heißt stillstand und stillstand ist der tod, man kann gar nicht still auf der stelle stehen, das wurde weiter vorn schon einmal durchgesprochen.


    ich habe das zitat in folgender ausführung gefunden: "wer arbeitet, macht auch fehler. wer keine fehler macht, arbeitet nicht." da lässt sich eindeutig eine entschuldigung für das nicht perfekte wesen des menschen herauslesen.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.