dramatik als form der literatur

  • Zitat von "alpha"

    Ist das dein Ernst? - Der naturwissenschaftliche Artikle über weiss der Geier welche neuen Forschungsergebnisse, das Lexikon und die Agenturmeldung - Das sind für dich Bestandteile der Literatur?



    Grüsse
    alpha


    Ich verstehe deine Ablehnung, doch streng genommen ist er LIteratur, per definitionem. Dahinter steckt ein Schreibprozess, der - nimmt man zum Beispile Thomas Mann und seinen Schreibprozess - nicht mal so verschieden sein muss von dem des Schriftstellers, wie du ihn verstehst. Literatur ist alles, hier sprechen wir von schöngeistiger Literatur, das andere ist wissenschaftliche LIteratur und ein anderes Genre. Geht man aber weiter zurück, wurde die Unterscheidung noch nicht mal so strikt gemacht, Teyt war Text. Philosophie und LIteratur nicht wirklich getrennt, GOethes Farbenlehre wird in der Germanistik ebenso beleuchtet wie sein Wilhelm Meister, Kants Kritiken sind Gegenstand wie Schillers Räuber und seine medizinische DIssertation wird auch nicht verschmäht.


    Das war alles, was ich sagen wollte damit, dass alles Geschriebene Literatur im weitesten Sinne ist. ;)

  • Zitat von "Cosima"

    Goethes Farbenlehre wird in der Germanistik ebenso beleuchtet wie sein Wilhelm Meister


    Ich denke, hätte Goethe keine "klassische" Literatur geschrieben, wäre seine Farbenlehre auch kein Thema, das Germanisten interessiert - wobei dies natürlich Spekulationen sind, da sich immer postulieren lässt, ander "naturwissenschaftliche" Texte würden nicht gelesen, weil ihre Qualität (da der Autor kein Goethe ist) nicht gerade hochstehend sei...


    Dass früher die Unterscheidung weniger (oder gar un-) wichtig war, ist mir halbwegs bewusst - früher gab es auch noch den Universalgelehrten, in der guten alten Zeit! *träum* :winken:


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • da würde der goethe wohl eher als schlechtes beispiel fungieren... der gedanke gefällt mir. :breitgrins:

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"


    du hast aber eine sehr negative meinung vom theaterbetrieb... woher soll man wissen, was der autor wirklich gemeint hat?


    Zum ersten: Ja. - Obwohl ich wenig/keine Erfahrungen damit habe, wie ich zugeben muss. - Die Pflicht zur Publikumsgefälligkeit lässt mich schon grundsätzlich Vorbehalte anmelden...


    Zum zweiten: Man kann nur selten wissen, was der Autor wirklich gemeint hat, schliesslich äussert er sich meist nicht dazu. Und dann, wie Cosima festhielt, ist der Text ein Text, der jeder Leser interpretieren darf. - Nur (und das gehört wieder zum ersten Teil) macht es für mich einen Unterschied, ob man für sich selbst seine eigene Interpretation hat oder ob man sie anderen mehr oder weniger aufzwingt, wenn du verstehst, was ich meine.



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • es mag sicher gewisse narzisstische gekünstelte künstler geben, meiner erfahrung nach ist das aber nicht die mehrheit.


    eine eigene interpretation inszenieren heißt doch nicht, dass man seine meinung dem publikum aufzwingen muss. man kann auch eine inszenierung interpretieren beziehungsweise hinterfragen.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Ja, ja, man kann auch an einer Universität Filmwissenschaften studieren...

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Zitat

    Ja, ja, man kann auch an einer Universität Filmwissenschaften studieren...


    Warum denn dieser merkwürdige Unterton?


    Was ist am Studium der Filmwissenschaften auszusetzen? :zwinker:

  • Gibt zwar auch Schauspieler, die nur sich selbst spielen können, das sind dann aber höchstens beliebte aber sicher keine guten Schauspieler. Ein gewisser Grad der Rolleninterpretation, des sich in die Rolle Hineinversetzens und oder diese Darstellen, gehört wohl schon zur Aufgabe des Schauspielers. Der Regisseur interpretiert das ganze Stück, ob nun in seinem Sinne oder auch dem des Schrifstellers ist dabei offen.


    Naturwissenschaftler sehen ja oftmals in diesem Schöngeisteswissenschafts-Akademiebetrieb insgesamt nicht allzuviel Sinn. *g* Ressentiments eben, größtenteils. [Lichtenberg schrieb jedenfalls sehr richtig in eines seiner Suddelbücher: "Wer nichts als Chemie versteht, versteht auch die nicht recht."]


    Aronofsky studierte übrigens auch Film: http://imdb.com/name/nm0004716/
    Naja Literatur und Film, Äpfel und Birnen, jedenfalls beides so Zeugs, was am Baum wachsen tut.

  • Zitat von "Stoerte"


    Naturwissenschaftler sehen ja oftmals in diesem Schöngeisteswissenschafts-Akademiebetrieb insgesamt nicht allzuviel Sinn. *g* Ressentiments eben, größtenteils.


    Ich hoffe, das war jetzt nicht explizit gegen mich gerichtet :zwinker:
    Aber der Aussage an sich kann ich zustimmen: Es gibt leider viele Naturwissenschaftler mit wenig Sinn für den philosophisch-historischen Zweig der Universität!



    Grüsse
    alpha

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  • das universitätsumfeld ist mir ja noch unbekannt, aber mir begegnen äußerst viele naturwissenschaftlich orientierte wesen, denen das verständnis für philosophie und schöngeistigkeit abgeht. "bleib auf dem boden" heißt es dann immer.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "alpha"

    Ich hoffe, das war jetzt nicht explizit gegen mich gerichtet :zwinker:


    Ne, war schon eine allgemeine Provokation. (Hat hier ja sicher genug Potential - im Sinne von Schöngeisteswissenschaftlern - für.)


    Zitat


    Aber der Aussage an sich kann ich zustimmen: Es gibt leider viele Naturwissenschaftler mit wenig Sinn für den philosophisch-historischen Zweig der Universität!


    Wenngleich die Aussage auch einen Rückkanal hat. Negativbeispiel in grün: Für Adorno und seine Gang war alles mit dem Stallgeruch der Naturwissenschaften von vornherein "Positivismus".


    Man kann z.B. bei Misch-Studiengängen, in denen formal zwei Richtungen verheiratet werden, die aber nur mit Leuten aus der einen Richtung besetzt werden, genau diesen Umstand kritisieren, aber nun über einen ganzen Studiengang einfach die Nase rümpfen? Ist ja nicht so, als gäbe es für Literaten nicht auch ökonomische Gesichtspunkte. Schopenhauer (hatte durch Erbe und Sparsamkeit ausgesorgt) schrieb, das Urheberrecht, im Sinne von Möglichkeit Kapital aus seinem Werk zu schlagen, würde die Literatur verderben, andernfalls würde jeder aus Liebe schreiben (wenngleich manch einer sicher auch Ruhm durch Bücher gewonnen hat, bei denen einfach nur keiner zugeben wollte, dass diese Bücher nicht zu verstehen sind - was ja mittelbar auch Kapital bedeutet).

  • Im Gegensatz zu Schopenhauer beklagte sich Böll darüber, dass es eine Frechheit sei, das geistige Eigentum nur auf Zeit zu schützen, das materielle Eigentum jedoch auf ewig...


    Ich denke, ein Problem, das zwischen Naturwissenschaftlern und Schöngeistlern (oder wie wollen wir sie nennen?) besteht, ist der verschiedene Ansatz, die verschiedene Denkensweise, die unterschiedliche Weltsicht. Und das obwohl Psychologen und Soziologen (letztere schon länger, glaube ich) ziemlich ähnliche Methoden verwenden, wie ein Biologe!


    Und schlussendlich braucht es alle zusammen, denn, das muss auch einmal gesagt sein, es gibt auch etliche "Schöngeistler", welche die Naturwissenschaften als etwas unverständliches, wenn nicht gar, wie soll ich es nennen, vielleicht: Künstliches halten.


    Vielleicht leben diese beiden Richtungen tatsächlich wie in einer etwas anderen, parallelen Welt...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Da hat Böll dann aber Unsinn erzählt. Schönes Beispiel für den "Nutzen" von geistigem Eigentum: Vor einem halben Jahr oder so gab's einen Zwischenfall, als ein Dritte-Welt-Land, das wirklich mal gegen AIDS kämpft, Pharmakonzernen mit Piratisierung drohen musste, um deren geistiges Eigentum weniger überteuert zu mieten.
    Alltäglich: In Dritte-Welt-Ländern haben Studenten selbst bei speziellen Billigausgaben von Fachbüchern Probleme, diese zu bezahlen. Ganz andere Lebenshaltungskosten, da kostet das Buch in Relation zum Rest also prozentual wesentlich mehr. In solchen Fällen ist wildes Drucken und Kopieren, allgemein Piratisieren von geistigem Eigentum sowas wie Mundraub. (Ein Schaden entsteht dabei nur auf einer Power-Point-Folie des Managments oder im Gerede irgendwelcher PR-Menschen - und natürlich in der Phantasie von Lobbyisten und also in der ihrer Günstlinge.)
    Aber Böll hat auch zu einer anderen Zeit gelebt was das angeht. Franz Oppenheimer berichtet z.B. noch im Vorwort seines Staates von diversen wilden Übersetzungen (vor dem WW2), schreibt von denen hätte er gerade mal bei einer ein Belegexemplar bekommen.

    Einmal editiert, zuletzt von ()

  • So wie ich Böll kenne/verstanden habe, bezieht sich seine Aussage natürlich auf unseres Umfeld, das durchaus auch noch 100 Jahre nach dem Tod des Autors seinen Nachkommen Lizenzgebühren bezahlen könnte! - Die Dritte Welt, das ist was anderes, da gelten ja ohnehin andere Maximen...


    Das mit AIDS ist so eine heikle Frage: Wenn niemand mehr viel Geld für die Medikamente bezahlen will, so forschen die Pharmariesen einfach nicht mehr - das kostet ohnehin nur viel Geld - und mittlerweile haben auch etliche tatsächlich die Forschung mehr oder weniger aufgegeben, weil sie immer nur negative Schlagzeilen erziehlen und sich so dem Image schaden. - Ein schwieriger Fall! - Denn dass die dritte Welt nicht den vollen Preis bezahlen kann, ist auch wieder verständlich...



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • es mag für mich leicht gesagt sein, aber ich denke, der mensch braucht dieses elend. das lässt sich heraklitisch begründen, nämlich so, dass wir den krieg brauchen, um den frieden zu schätzen, die krankheit, um uns der gesundheit bewusst zu sein und so weiter. das systematische lösen aller, wirklich aller menschlichen probleme, würde zu der entstehung einer utopie-gesellschaft führen, in der nicht mehr gedacht wird, weil man auch so glücklich ist (alpha fühlt sich jetzt sicher an huxley erinnert). man braucht die klötze am bein, damit man nicht nur an der oberfläche schwimmt.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Nix gegen deine Meinung, die ist auch Leuten gegönnt, die den Kaiser wiederhaben wollen (was für mich nicht vorteilhafter wäre und also eine schlechte Idee ist). Zur Theodizee [heißt: Rechtfertigung (Gottes) für das Leid auf der Welt] hat Voltaire mal eine schöne Geschichte geschrieben: http://gutenberg.spiegel.de/voltaire/kandide/kandide.htm


    Wollte ja nur anmerken, dass heute "geistiges Eigentum" als Kampfbegriff benutzt wird.

  • in den kandide habe ich reingelesen, aber ich glaube, da hast du mich missverstanden: die art von philosophie, die voltaire hier beschreibt, halte ich auch für unsinn. gott gab den menschen die idee, hochhäuser zu bauen, in den sinn, damit sich selbstmörder davon herunterstürzen? gott gab allem, was er schuf, einen objektiven sinn? das verneine ich doch entschieden. mir ging es eher darum, dass man das unglück braucht, um die annäherungen an das glück schätzen zu lernen, sich dessen bewusst zu sein...

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat

    mir ging es eher darum, dass man das unglück braucht, um die annäherungen an das glück schätzen zu lernen, sich dessen bewusst zu sein...


    Ich moechte mal ganz ketzerisch behaupten, dass ein Mensch, der im Glück lebt (was ja immer sehr subjektiv ist), sich seines Glückes sehr wohl bewusst ist und es auch geniessen kann.


    Diese Haltung ist jedoch in bestimmten Gesellschaftsformen, die durch das christlich-abendländische Ideal geprägt sind, verpoent.


    Wo kämen wir denn da hin, wenn jeder glücklich wäre? Zufriedenheit/Glück - ist das nicht Ruhe ohne Angst? Der Mensch, der friedlich vor sich hin lebt, in einer Umgebung, die er sich ausgesucht hat, mit einer Beschäftigung, die es ihm erlaubt, im Rahmen seiner Bedürfnisse zu leben, ohne das, was man als Luxus bezeichnet - wie nennt man einen solchen Menschen? Einen Aussteiger, einen Drückeberger.


    So geht das nicht. Da muss etwas her, was diesen Idealzustand beendet. Und wenn es dann nicht die Angst im Diesseits ist, dann wenigstens die Angst vor dem Jenseits.


    Das hat immerhin einige Jahrtausende lang recht gut funktioniert und ist uns in Fleisch und Blut übergegangen, ohne dass wir diesen Mechanismus weiter hinterfragen.

  • angst vor dem jenseits habe ich keine, ich glaube nicht daran.


    glück ist ein idealzustand, ja. und ideale zeichnen sich durch ihre unerreichbarkeit aus. mit anderen worten: wenn ich mir immer wieder einrede: ich bin glücklich, ich bin glücklich, die welt ist schön, betrüge ich mich nur selbst. man hat dann diese stimme im ohr, die einem sagt: aber eigentlich... es ist nichts gegen euch, überhaupt nicht, aber mich ekelt dieser gedanke einfach maßlos an. dann bin ich lieber kreuzunglücklich. ich glaube, dann bin ich wohl eher der aussteiger.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat

    wenn ich mir immer wieder einrede:


    Da ist das Stichwort!


    Genau das ist es doch - wenn ich mir etwas einreden muss, dann ist der Idealzustand des Glücks/der Zufriedenheit nicht erreicht.


    Wo für jeden einzelnen dieser Idealzustand liegt, wann der erreicht ist, das ist individuell für jeden einzelnen Menschen auf dieser Welt total unterschiedlich.


    Worauf ich hinaus wollte ist einfach die Rolle der gesellschaftlichen Normierung, die einen enormen Einfluss auf das Glücksbewusstsein und -empfinden des Individuums hat. Es bedarf schon eines sehr starken Charakters, sich diesem Einfluss zu widersetzen und ihn als das zu sehen, was er wirklich ist: der Versuch, den Menschen im weitesten Sinne in einem Zustand des Unglücklichseins zu halten, denn nur solche Menschen sind lenk- und verführbar.


    Erkläre etwas zu einem Ideal, was nur ein wenig ausserhalb der Reichweite des Individuums liegt, und mache das Ideal gesellschaftlich akzeptabel - voila, schon wieder haben wir ein gerüttetes Mass an unglücklichen Menschen.


    Erst wenn das Individuum sich diesem Zwang nicht nur widersetzt, sondern auch mit den Konsequenzen leben kann - einer gewissen Ausgrenzung aus der Gesellschaft, in der es sich bewegt - erst dann kann man an die Erreichung des eigenen Idealzustandes denken.


    Das ist ein sehr, sehr langer und mühsamer Prozess, der nur den wenigsten gelingt.


    Aber daran arbeiten, das kann man. Immer. :zwinker: