Oktober 2005 - Friedrich v. Schiller: Don Carlos

  • Die Leserunde zu Schillers Ideen- und Familiendrama ist hiermit eröffnet.
    Ich bin momentan im 2. Akt, werde im Laufe des Tages zum bisher gelesenen noch etwas Schreiben.


    Viel Spaß allen Beteiligten bei der Lektüre eines der ersten klassischen Dramen! :smile:

  • Hallo zusammen,


    für die, die (wie ich :zwinker: ) den historischen Hintergrund nicht parat haben, zwei Links zur Wikipedia:


    Don Carlos und (ausführlicher) seine Exverlobte/Stiefmutter


    Ich wünsche uns allen viel Spass!


    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • Hallo zusammen,


    melde mich auch zur Stelle :smile: Ich habe gestern mit Don Carlos angefangen und bin im ersten Aufzug mit "Wo alles liebt, kann Karl allein nicht hassen" gleich auf ein berühmtes Zitat gestoßen. Viel weiter bin ich allerdings noch nicht gekommen, deshalb später mehr.


    Liebe Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • Achja, eine Szene draus war ja im 2005er Deutsch LK Abi dran in Bayern (III / 10). Fange heute an, werde aber studiumsbedingt erst in ner Woche wieder on sein.
    Dann aber umsomehr meinerseits :)

  • Hallo!


    Hinzufügen möcht ich den Wikipedia-link zu Schiller und zu seinem Drama Don Carlos.


    Wer sich den Buchkauf sparen will und gerne am Computer liest, kann das Werk hier beim Projekt Gutenberg lesen, wo man auch Schillers Briefe über Don Carlos findet.


    Dann habe ich noch etwas aus dem Reclam-Schauspielführer herausgeschrieben:


    Der „Don Carlos“ stellt den Übergang von Schillers revolutionären Jugendwerken zu den ausgereiften historischen Dramen der späteren Zeit dar. Auch in der Sprache zeigt sich die Entwicklung von realistischer Prosa zur dichterisch-überhöhten Verssprache. Mit seinen 5370 Versen ist es eines der längsten Dramen der deutschen Bühnenliteratur.
    Ursprünglich als fürstliche Familientragödie gedacht, zu der eine Novelle Saint-Reals den Stoff bot, weitete sich das Werk im Laufe der langen Abfassungszeit mehr und mehr zur großen historischen Tragödie mit weltgeschichtlichen Perspektiven aus. Das „ungeheure Schicksal der Provinzen“ klingt ebenso an wie der Untergang der Armada.
    Schiller selbst war sich bewusst, dass er sich zu lange mit dem Stück getragen hatte und dass es zu weitläufig angelegt war. Seine sehr lesenswerten „Briefe über den Don Carlos“ geben hierüber, wie überhaupt über die Probleme des Werkes wichtige Aufschlüsse. Hiervon abgesehen bleibt der „Don Carlos“ mit seinem Gedankenreichtum, seinen plastisch gearbeiteten Gestalten und seinem mitreißenden Pathos eines der bedeutsamsten Werke der deutschen Bühnenliteratur.
    Schiller selbst lieferte zwei Bühnenbearbeitungen, eine in Jamben und eine in Prosa. Heute dient die Ausgabe letzter Hand (1805) zur Grundlage der Inszenierung. Es bleibt die Aufgabe des Regisseurs, mit sinngemäßen Strichen den Grundcharakter der historisch-politischen Idee-Dichtung herauszuarbeiten, der vom 3. Akt an immer stärker in Erscheinung tritt.
    Eine späte, den metaphysischen Gehalt der Dichtung und der Charaktere erschöpfende und erweiternde Umwandlung des „Don Carlos“ zur Oper vollzog Giuseppe Verdi.




    Auch ich wünsche allen viel Spaß beim Lesen!
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo an alle! :winken:


    Ich lese das Drama in Band I der dreiteiligen Schiller-Gesamtausgabe des Hanser-Verlags.
    Ehrlichgesagt bin ich schon recht weit beim Lesen, habe sozusagen heimlich vorgearbeitet. :redface:
    Das soll der Diskussion hier aber keinen Abbruch tun und hat auch mit meiner Dramen-lese-Erfahrung zu tun: So richtig zusammen fügt sich alles erst am Schluß, dann werden viele interessante Details des Dramenaufbaus erst klar. Und erst dann kommt der wichtigste Moment für den Leser: die Katharsis. :rollen:
    Grundsatzdiskussionen über Struktur und Inhalt des Dramas sind ohnehin erst nach dem vollständugen Lesen sinnvoll - zumindest ist dies meine Meinung.
    Über die (Entwicklung von) Charakteren, über einzelne Akte, Szenen, Zitate kann man natürlich auch diskutieren, ohne das Ende zu kennen.


    Ich werde nochmal im ersten Akt etwas herumstöbern und morgen (hoffentlich) etwas dazu schreiben.


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo!


    Ein paar Gedanken zum ersten Akt:


    "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende": Für Don Carlos ist die Kind- und Jugendzeit nun vorbei, er muß sich nun den großen Problemen des Lebens stellen, "sich als Mann beweisen".


    Don Carlos ist hier wie eine idealistische "Sturm und Drang"-Figur gezeichnet, als Gefühlsmensch isoliert in einem gefühlskalten patriarchalischen Königshof. Seine Liebe zu Elisabeth wird zu seinem Lebensinhalt: "Ein Augenblick, gelebt im Paradiese, wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt." / "Sie zu erkämpfen hab ich Riesenkraft, Sie zu verlieren, keine." Elisabeth versucht im Guten, seine Gefühle in das Notwendige, Realistische zu leiten: "Elisabeth war ihre erste Liebe, ihre zweite sein Spanien!"


    Schiller hat als Vorbild des Dramas Shakespeares Hamlet angegeben. In der Tat erinnert mich das vertrauensvolle Verhältnis zwischen Don Carlos und Marquis de Posa an das zwischen Hamlet und Horatio.


    Was meint Ihr? Was sind Eure ersten Eindrücke?


    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Pius"

    Hallo!


    Ein paar Gedanken zum ersten Akt:


    "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende": Für Don Carlos ist die Kind- und Jugendzeit nun vorbei, er muß sich nun den großen Problemen des Lebens stellen, "sich als Mann beweisen".


    ...Wozu er inzwischen auch bereit ist. ...dreiundzwanzig Jahre, Und nichts für die Unsterblichkeit gethan! Der Prinz leidet darunter von seinem Vater, König Philipp, nicht akzeptiert und geliebt zu werden, erstrebt deshalb auch den Auftrag ein Heer nach Flandern zu führen. Dies jedoch findet keine Zustimmung, da der König Karlos als zu "weich" für diese Aufgabe empfindet, ihm nicht sein erstes Heer anvertrauen kann und will, fürchtet er doch auch weiterhin die "Herrschbegierde" seines Sohnes.



    Zitat von "Pius"

    Don Carlos ist hier wie eine idealistische "Sturm und Drang"-Figur gezeichnet, als Gefühlsmensch isoliert in einem gefühlskalten patriarchalischen Königshof. Seine Liebe zu Elisabeth wird zu seinem Lebensinhalt: "Ein Augenblick, gelebt im Paradiese, wird nicht zu teuer mit dem Tod gebüßt." / "Sie zu erkämpfen hab ich Riesenkraft, Sie zu verlieren, keine." Elisabeth versucht im Guten, seine Gefühle in das Notwendige, Realistische zu leiten: "Elisabeth war ihre erste Liebe, ihre zweite sein Spanien!"


    Er ist nicht nur isoliert, sondern wird gar bespitzelt, ist sich dessen auch bewusst. Sein Verhältnis zum König ist außerdem dadurch vorgezeichnet,
    dass er durch die Ehe desselben mit der Königin seine vormalige Verlobte Elisabeth aufgeben musste, die er auch vom König als zu wenig geliebt erachtet.
    Einen Ausweg aus dieser isolierten Lage versucht Karlos durch seine Beziehung zu Posa zu erreichen, dem es allerdings weniger um die Freundschaft, denn vielmehr um die Durchsetzung seiner politischen Ideen und Ideale geht. Den Prinzen aber auch Elisabeth von Valois betrachtet er gewissermaßen als ´Marionetten´, die ihm bei der Erreichung seiner freiheitlichen Ideale und Ziele (vor allem im Hinblick auf die Niederlande) dienlich sein sollen.


    Im Don Karlos sind einige historische Geschehnisse zugunsten des dramatischen Stoffs verändert oder ergänzt worden, so z.B.:
    - die Erfindung des Marquis von Posa
    - aus dem "schwachsinniger" Charakter der Historie beim Prinzen wird ein tragischer Held mit edlem Charakter. Philipp ist ein Greis, um den Kontrast zum jugendlichen Karlos zu verschärfen.
    - der Prinz liebt die Königin, diese erwiedert seine Liebe.


    Ich bin inzwischen im 10. Aufzug des 2. Akts angekommen.
    Soviel für den Moment .


    Viele Grüße :winken:

  • Hallo,


    ich habe gestern den 1. Akt zu Ende gelesen. Schiller baut ja hier schon sehr viele Konflikte auf, die ihr zum Teil ja schon angesprochen habt.


    Gut gefällt mir, wie die Charaktere nur mit wenigen Dialogen schon so vielschichtig gezeichnet sind und mir fällt wieder ein, warum ich Schiller so gerne mag. Da gibt es nicht soo viel herumzudeuteln sondern vieles liegt einfach klar auf der Hand.


    Erst nachdem Karlos klar wird, dass er Elisabehts Liebe nicht erhalten wird , wendet es sich seinem idealistischen Herrscherbild zu, quasi will er seine Liebe eben dann auf das niederländische Volk übertragen. Dass das natürlich nicht in Einklang mit seines Vaters Machtansprüchen steht, ist klar. Damit wird jedoch nicht nur der Vater-Sohn-Konflikt deutlich sondern auch verschieden Herrscherrollen, vielleicht könnte man sagen Phillips Absolutismus steht dem Idelismus Karlos gegenüber.



    Zitat

    Schiller hat als Vorbild des Dramas Shakespeares Hamlet angegeben


    Trotzdem packt mich Schillers Sprache immer mehr als Shakespeare ! Vielleicht gefält mir das patethische einfach besser !


    Ich komme zum 2. Akt, 4. Auftritt.


    Liebe Grüße von Steffi

  • Salut,


    Habe nun die ersten beiden Akte des DonKarlos gelesen und habe bisher einen ausgezeichneten Eindruck. DonKarlos ist ja das erste Drama Schillers, sieht man von Semele ab, welches in Versform geschrieben ist, sprichin freien Jamben. Das verleiht dem Stück meines Erachtens mehr Pathos und Kraft. Das muss nicht jedem gefallen, mir gefällts :zwinker:


    Die Figuren finde ich auch sehr stark gezeichnet, der impulsive und betrübte Karlos, der den Idealen verpflichtete Marquis Posa und auf der anderen Seite die Intriganten am Königshofe.


    Zitat

    Im Don Karlos sind einige historische Geschehnisse zugunsten des dramatischen Stoffs verändert oder ergänzt worden, so z.B.:
    - die Erfindung des Marquis von Posa


    Wenn ich den Ausführungen Matthias Luserke-Jaqui in seinem Kommentar zum Drama glauben schenken darf, dann stimmt das eben nicht, wiewohl oft behauptet. So heisst es da: "Marquis Posa, von dem keine Lebensdaten bekannt sind, ist nicht...von Schiller erfunden, sondern taucht erstmals bei Saint-Réal auf, wird dort aber als Günstling des Prinzen charakterisiert."
    Dem müsste man natürlich nachgehen, aber anscheinend hat Schiller auch diese Person übernommen, selbstverständlich dann modifiziert. Saint-Réals Histoire de Dom Carlos (1691) bildet ja in gewissem Sinne die Grundquelle des Stückes.


    Zitat

    Phillips Absolutismus steht dem Idelismus Karlos gegenüber


    Hi Steffi, ich denke eher, dass man das Prädikat idealistisch Marquis Posa anrechnen könnte, als dem ungestümen Don Karlos. Überhaupt scheinen mir Philipp II. (von Domingo und Herzog von Alba stark beeinflusst) und sein Kronprinz Karlos (von Marquis Posa stark beeinflusst) eher an den Rand gedrängt zu werden, und immer mehr als Marionetten zu fungieren. Oder wie seht ihr das?


    Liebe Grüsse,
    Imrahil

    "Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen

  • Hallo zusammen !


    Zitat

    Überhaupt scheinen mir Philipp II. (von Domingo und Herzog von Alba stark beeinflusst) und sein Kronprinz Karlos (von Marquis Posa stark beeinflusst) eher an den Rand gedrängt zu werden, und immer mehr als Marionetten zu fungieren. Oder wie seht ihr das?


    Ja, nach dem lesen des zweiten Aktes sieht die Lage schon wieder anders aus ! Stimmt, verblüffend, wie beide ihre jeweiligen Einflüsterer haben, die auch ihre eigenen Ziele verfolgen. Wieweit die jeweilige Beeinflussung geht kann ich aber jetzt noch nicht beurteilen - ich vermute mal, dass es auch nicht wirklich um die jeweilige Politik geht, sondern eher um die Frage des Individualismus innerhalb der Politik/Macht. Muss man sich selbst aufgeben um gute Politik zu machen, wieviel von sich selbst muss man dem System überlassen und lohnt sich das ? Gibt es überhaupt einen Einfluss des Einzelnen und sei er auch König ? Wird nicht auch jedes Individuum durch die Umstände (Einflüsterer) geprägt oder flüstern diese nur, was der Mächtigste hören will usw. ... Das sind die Gedanken, die ich dazu im Kopf habe.


    Gruß von Steffi

  • Ich melde mich nunmehr auch einmal zu Wort. Ich muss dazu sagen, dass ich schon sehr lange keinen "richtigen" Klassiker, sprich Schiller/Goethe etc. gelesen habe. Aber ich hatte einfach wieder einmal Lust dazu, und deshalb habe ich mich zur Leserunde gemeldet. Zu Don Carlos habe ich ein besonderes (gutes) Verhältnis :smile: , war das Drama doch eine meiner Maturafragen (vor inzwischen 16 Jahren).
    Von mir dürft ihr keine allzu tiefschürfende Erläuterungen erwarten, ich lese das Drama nur mit einem allgemeinen literarischen Grundwissen, aber dafür mit umso größerem Interesse und verfolge auch eure Eindrücke mit großer Wissbegierde!!


    Zitat von "Steffi"


    Gut gefällt mir, wie die Charaktere nur mit wenigen Dialogen schon so vielschichtig gezeichnet sind und mir fällt wieder ein, warum ich Schiller so gerne mag. Da gibt es nicht soo viel herumzudeuteln sondern vieles liegt einfach klar auf der Hand.


    Ja, das emfinde ich genauso. Nach dem 1. Akt sind sozusagen die "Parteien" klar, und auch, worum es geht.


    Zitat

    Trotzdem packt mich Schillers Sprache immer mehr als Shakespeare ! Vielleicht gefält mir das patethische einfach besser!


    mir auch! Bei Shakespeare tu ich mir einfach schwerer.



    Inwieweit Philipp bzw. Carlos von den "Hintermännern" beeinflusst werden, kann ich noch nicht so recht beurteilen. Ich glaube aber, dass sie die Marionetten der Hintermänner sind, dass sie nur die Ziele und Pläne der Intriganten ausführen.


    ICh beginne jetzt (erst) mit dem 2. Akt.


    Herzliche Grüße!! :smile:

  • Hallo zusammen,


    bin leider am Wochenende nicht so sehr zum Lesen gekommen und somit erst am Anfang des zweiten Aktes. Meine Eindrücke bisher: Karlos scheint mir etwas labil und leicht beeinflussbar; interessant hier die Begegnung mit Posa, das Verhalten von Karlos ihm gegenüber hat für mich etwas von Hörigkeit. Elisabeth erscheint mir im Gegensatz zu Philip sehr positiv gezeichnet. Erschreckend die Überwachung und Bespitzelung am Hofe.


    Zitat von "Pius"

    Ein paar Gedanken zum ersten Akt:


    "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende":


    Das hat mich etwas verwirrt: Der Beichtvater spricht ja ein paar Sätze später über Karlos´ Traurigkeit - ist dieser Widerspruch gewollt?


    Ich gehe jetzt wieder lesen :smile:


    Liebe Grüße
    Manjula

    [size=10px] "Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden." [/size]

  • Hallo zusammen!


    Ich befinde lesetechnisch inzwischen im 3. Akt, 3. Aufzug.


    Das Drama nimmt seinen Lauf. Die Prinzessin Eboli, tief verletzt durch die nicht erwiederte Liebe des Prinzen, beginnt zusammen mit Alba und dem Beichtvater Domingo, eine Intrige gegen Karlos und die Königin zu schmieden. Domingo sind die aufklärerischen Ideen und Ideale von Karlos (bzw. dem Marquis von Posa) nicht geheuer, die rachedurstige Prinzessin verlangt für ihre gekränkte Ehre Genugtuung, während Alba seinen unliebsamen Konkurrenten endgültigen aus dem Weg schaffen will. Man plant zur weiteren Komprimittierung des Thronfolgers einen Einbruch bei der Königin, um auf diesem Wege möglicherweise vielsagende Dokumente des vermeintlichen Liebesverhältnises zu erlangen. Auch der König wird bei diesem Intrigenspiel nicht außen vor gelassen: Eboli erklärt sich bereit, auf dessen Avancen einzugehen.
    In der ersten beiden Aufzügen des 3. Aktes schließlich zeigt sich, dass der König glaubt, seine Frau betrüge ihn. Dies geht soweit, dass er sogar den Grafen Lerma in seine geheimen Gedanken einweiht, was er allerdings gegen Ende des 2. Aufzugs des Akts schon wieder bereut, ihdem er den Graf bittet, niemand von diesem Gespräch zu berichten.
    Im Aufeinandertreffen zwischen Don Karlos und Posa gegen Ende des 2. Akts ahnt der Marquis bereits die Gefahr, die von der rachsüchtigen da in ihren Gefühlen verletzten Prinzessin ausgeht und warnt den Prinzen vor übereiligen Handlungen. Wohl zum Großteil aus Furcht vor den sich daraus ergebenen Konsequenzen für seine Person bzw. seine Ziele und freiheitlichen Vorstellungen, die er realistisch betracht nur durch die Personen des Prinzen und der Königin als durchsetzbar erachtet.
    Soviel für den Momant.


    Liebe Grüße

  • Hallo zusammen !


    Ich habe nun den 3. Akt gelesen und bin erstaunt, welche Handlungsfülle sich da auftut: Thomas hat es ja schon schön zusammengefasst. Intrigen und verletzte Gefühle, Eitelkeit und Machtgier ... Diesmal scheint ja der König die Hauptperson zu sein, sehr interessant, das Ganze aus seiner Perspektive zu sehen.


    Gruß von Steffi

  • Salut,


    Habe ebenfalls nun auch den 3.Akt gelesen und die Unterredung zwischen dem König und Marquis Posa ist in meinen Augen grossartig! Die Ideale des Posa treten hier ganz offensichtlich zutage und er scheut auch nicht, den König direkt zu kritisieren und ihm ehrlich und offen Rede und Antwort zu stehen.


    Mehr dazu morgen.


    Imrahil

    "Die Kunst des Nachdenkens besteht in der Kunst..., das Denken genau vor dem tödlichen Augenblick abzubrechen. - Thomas Bernhard, Gehen


  • Hallo zusammen!


    Ich komme jetzt auch zu der Unterredung des Königs mit dem Marquis von Posa. Schon vor dem letzten Aufzug des 3. Akts zeigt sich, dass der König seinen Granden und dem Herzog von Alba nur begrenzt Vertrauen entgegenbringt, da er sie als von "Habsucht und Ehrbegierde" getrieben betrachtet. Posa hingegen, der als einziger am Hofe noch nicht die Gunst des Königs ersucht hat, betrachtet er frei von solchen Beweggründen. Diese Ansicht bestätigt sich im Gespräch des Königs mit dem Herzog und den Granden. So befielt er den Marquis vor seinen Thron.
    Posa zeigt sich in seinem Monolog entschlossen, diese unverhoffte Gelegenheit für seine Zwecke zu nutzen.
    Im 6. Aufzug wurde auch noch einmal die isolierte Stellung des Karlos am Hofe verdeutlicht.


    Liebe Grüße

  • Hallo!


    Thomas:

    Zitat

    Einen Ausweg aus dieser isolierten Lage versucht Karlos durch seine Beziehung zu Posa zu erreichen, dem es allerdings weniger um die Freundschaft, denn vielmehr um die Durchsetzung seiner politischen Ideen und Ideale geht. Den Prinzen aber auch Elisabeth von Valois betrachtet er gewissermaßen als ´Marionetten´, die ihm bei der Erreichung seiner freiheitlichen Ideale und Ziele (vor allem im Hinblick auf die Niederlande) dienlich sein sollen.


    Ein so negatives Bild von de Posa kann ich nicht nachvollziehen. Klar, er ist Idealist und sein (abstraktes) Ideal bedeutet ihm im Zweifelsfall mehr als persönliche Beziehungen. Aber er ist auch ein moralischer Mensch (im Gegensatz zu Alba oder Domingo) - daß er andere willentlich als Marionette benutzt, sehe ich nicht ein.


    @ Steffi:

    Zitat

    Gut gefällt mir, wie die Charaktere nur mit wenigen Dialogen schon so vielschichtig gezeichnet sind und mir fällt wieder ein, warum ich Schiller so gerne mag. Da gibt es nicht soo viel herumzudeuteln sondern vieles liegt einfach klar auf der Hand.


    Jawohl! Aber diskussionshemmend ist es anscheinend (glücklicherweise) doch nicht...


    Imrahil:

    Zitat

    Überhaupt scheinen mir Philipp II. (von Domingo und Herzog von Alba stark beeinflusst) und sein Kronprinz Karlos (von Marquis Posa stark beeinflusst) eher an den Rand gedrängt zu werden, und immer mehr als Marionetten zu fungieren. Oder wie seht ihr das?


    Don Carlos ist jung, ambitioniert, voller Energie...und unerfahren. Daß er sich nach einer Mentorfigur oder eher einem Gournamond sehnt, ist klar. Sein Vater kann/will diese Rolle, aus verschiedenen schon erwähnten Gründen, nicht ausfüllen - somit "klammert" er sich an de Posa. Marionettenhaft finde ich es, wie gesagt, aber ganz klar nicht.
    Anders sieht es beim König aus. Dieser Mensch scheint keine Intuition zu besitzen, seine Menschenkenntnis und sein Gespühr für (politische) Entwicklungen sind mangelhaft - und so läßt er sich leicht von Einflüsterern und "Beweisen" überzeugen.


    Steffi:

    Zitat

    Muss man sich selbst aufgeben um gute Politik zu machen, wieviel von sich selbst muss man dem System überlassen und lohnt sich das ? Gibt es überhaupt einen Einfluss des Einzelnen und sei er auch König ? Wird nicht auch jedes Individuum durch die Umstände (Einflüsterer) geprägt oder flüstern diese nur, was der Mächtigste hören will usw. ... Das sind die Gedanken, die ich dazu im Kopf habe.


    Ich bin sicher, Schiller hatte ähnliche Gedanken...


    Manjula:

    Zitat

    "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende":


    Das hat mich etwas verwirrt: Der Beichtvater spricht ja ein paar Sätze später über Karlos´ Traurigkeit - ist dieser Widerspruch gewollt?


    Ja. Weitere Zeilen:
    "Die schönen Tage von Aranjuez sind nun zu Ende. Eure Königliche Hoheit verlassen es nicht heiterer. Wir sind vergebens hiergewesen."
    Aranjuez war die Landresidenz der Könige, ein Ort zum Ausspannen sozusagen. Daher verbindet man mit Tagen in Aranjuez eigentlich schöne Tage. Doch auf den Prinzen wirkte die Umgebung nicht erheiternd.
    Zudem hat die erste Zeile, wie gesagt, auch Symbolcharakter: Ein lebensabschnitt geht für Don Carlos zu Ende, nämlich die Tage der "Unschuld", des Heranreifens, um als Mann seine Aufgaben zu bewältigen.
    Diese Botschaft trägt aber nicht Domingos Rede an Don Carlos, sondern Schillers Rede an den Leser.


    Viele Grüße,
    Pius.