• Hallo zusammen!


    Mich würde interessieren, ob ihr in der Literatur auf den Begriff Kynismus gestossen seid und wenn ja, wo und in welchem Zusammenhang.


    Ich persönlich bin erst jetzt bei beginnender Lektüre von Peter Sloterdijks "Kritik der zynischen Vernunft" darauf gestossen und bin irgendwie fasziniert, dass diese Lebensauffassung/Philosophie oder wie man immer will, irgendwie fast verschollen ist, obwohl, wie nachzulesen ist, sie von berühmten Männern wie Diogenes abstammt!


    Für alle, die genau so unwissend sind, wie ich war: Bei Wikipedia gibt es einen einigermassen vernünftigen Artikel Kynismus Etwas ausführlicher und von philosophischer Seite http://www.phillex.de/kyniker.htm


    Und eine Kurzfassung von Wikipedia, für all jene, die nicht den ganzen Artikel lesen wollen oder click-faul sind:


    Es grüsst
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Hallo!


    Zitat von "alpha"


    Ich persönlich bin erst jetzt bei beginnender Lektüre von Peter Sloterdijks "Kritik der zynischen Vernunft" darauf gestossen


    Bei dieser Gelegenheit muss ich einfach sagen, dass ich Sloterdijk für einen zweitklassigen Philosophendarsteller halte, der seinen Beruf komplett verfehlt hat :breitgrins:


    Im Ernst: Es gibt so viele gute Philosophen und deren Werke, warum Sloterdijk lesen?


    CK

  • Hallo xenophanes


    Weshalb ich Sloterdijk lese? - Weshalb nicht?
    Ich habe noch nicht viel von ihm gelesen, aber so unglaublich dumm schien er mir bisher nicht - und, was vor allem zählt: Das Thema von "Kritik der zynischen Vernunft" ist interessant...
    Mal sehen, vielleicht stimme ich dir ja nach den ersten paar hundert Seiten zu, kann ja sein, aber jetzt noch nicht.


    Und dann: Was verstehst du unter "guten Philosophen" - Was ist für dich das Kriterium?


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Zitat von "alpha"


    Und dann: Was verstehst du unter "guten Philosophen" - Was ist für dich das Kriterium?


    Das läßt sich in ein paar Worten nur schwer sagen. Hauptkriterium ist sprachliche und geistige (logische) Klarheit und eine deutliche Distanz zu intellektuellen Moden. Absichtlich dunkel zu schreiben (wie das postmoderne "Philosophen" machen) halte ich für völlig unphilosophisch. Es gibt in Deutschland aus historischen Gründen die Tendenz, dunkles Schreiben als Ausdruck besonderer geistiger Tiefe zu sehen. Schuld daran ist vermutlich Kant, der ziemlich umständlich geschrieben hat. Er konnte halt nicht schreiben, dafür aber brillant denken. Dieser Stil hat sich dann im 19. Jahrhundert verselbständigt, d.h. viele Philosophen haben ähnlich schlecht geschrieben wie Kant, nur stand kein brillantes Denken mehr dahinter :zwinker:


    Man könnte es auch so sagen: Ein guter Philosoph ist, der sein Denk-Handwerkszeug beherrscht (Logik, Sprache). Wenn z.B. jemand in einem Text ein Wort in völlig unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, kann er auf einer handwerklichen Ebene nicht philosophieren.


    Zur Postmoderne habe ich vor ein paar Jahren mal einen Aufsatz geschrieben:


    http://www.phil.uni-erlangen.d…rlw/ressourc/postmod.html


    CK

  • Hallo xenophanes!


    Aus deiner Antwort und fortschreitender (wobei ich natürlich noch immer am Anfang bin, wenn man das ganze Buch betrachtet) Lektüre wird mir langsam klar, was du meinst!


    Und was die Grösse von Sloterdijk als Philosoph betrifft, werde ich dir nach abgeschlossener Lektüre wahrscheinlich wirklich zustimmen.


    Und dennoch halte ich "Kritik der zynischen Vernunft" bisher als ziemlich bekömmlich, um es mal so auszudrücken. Die grossen Erkenntnisse verspreche ich mir nicht davon, die habe ich eigentlich auch nicht gesucht, aber das eine oder andere beschriebene Phänomen ist relativ interessant - ob Sloterdijk Verkünder der einziegen Wahrheit ist, dies ist mehr als fraglich, aber einen Teil der Wahr- und Wirklichkeit vermag auch er zu schildern, finde ich und deshalb teile ich deine Verachtung (oder ist dir diese Wort zu stark?) noch immer nicht!


    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • was kants miserable lesbarkeit angeht, so muss ich xenophanes zustimmen, ich habe als kleines zwölfjähriges achtklässlerwesen versucht, mich für eine trimesterarbeit durch die kritik der reinen vernunft zu graben... nach über zehn bis zwanzig anläufen habe ich mich auf teile beschränkt, die noch zu lesen gingen.
    mit den prolegomena bin ich wiederum wunderbar zurecht gekommen.


    aber zurück zum originalthema: auf den begriff "kynismus" bin ich das erste mal in, ja, wo wohl, in jostein gaarders "sofies welt" gestoßen.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"


    aber zurück zum originalthema: auf den begriff "kynismus" bin ich das erste mal in, ja, wo wohl, in jostein gaarders "sofies welt" gestoßen.


    Ach, dieses Buch, welches ich bis heute nicht gelesen habe - und irgendwie keinen Anreiz dazu habe? - Wird wohl der Sokrates nicht zu kurz kommen lassen wollen?



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • nun ja, heute kann ich mich stellenweise einfach über dieses buch lustig machen. es ist doch schlimm, wenn ein fast fünfzehnjähriges wesen, was die protagonistin nun einmal ist, noch nie von sokrates, descartes oder kant gehört hat!! aber es bot mir damals halt eine übersicht. wenn man schon die schriften diverser philosophen intensiv gelesen hat, wird man keine lust zu diesem buch verspüren, denke ich.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Zitat von "lebenszeichen"

    wenn man schon die schriften diverser philosophen intensiv gelesen hat,


    Um Missverständnissen vorzubeugen: Leider trifft diese Qualität auf mich nicht zu - aber ich habe eine gewisse Scheu vor allzuhoch gelobten Büchern (insbesondere neuen, weshalb ich auch von Umberto Eco noch keinen Roman gelesen habe...) und Bestsellern, weshalb ich mich vom genannten Buch bisher fern gehalten habe.



    Grüsse
    alpha

    Genug. Will sagen: zuviel und zu wenig. Entschuldigen Sie das Zuviel und nehmen Sie vorlieb mit dem zu wenig! <br /><br />Thomas Mann

  • Zitat von "lebenszeichen"

    nun ja, heute kann ich mich stellenweise einfach über dieses buch lustig machen. es ist doch schlimm, wenn ein fast fünfzehnjähriges wesen, was die protagonistin nun einmal ist, noch nie von sokrates, descartes oder kant gehört hat!!


    Was glaubst du, wie viele Fünfzigjährige es gibt, die noch nie von Descartes oder Kant gehört haben :zwinker:



    CK

  • Zitat von "lebenszeichen"

    [...] es ist doch schlimm, wenn ein fast fünfzehnjähriges wesen, was die protagonistin nun einmal ist, noch nie von sokrates, descartes oder kant gehört hat!! [...]


    Na, endlich kann ich braves Mädle mit Fug und Recht sagen: "In meiner Jugend war ich schlimm!" :zwinker:


    Im Ernst, lebenszeichen, ich glaube, Du legst hier allzu strenge Maßstäbe an. "Schlimm" finde ich ganz andere Dinge.


    Liebe Grüße von Manjula, die durch "Sofies Welt" immerhin bewegt worden ist, einen Philosophiegrundkurs zu belegen

    [size=10px] &quot;Kunst soll keine Schulaufgabe und Mühseligkeit sein, keine Beschäftigung contre cœur, sondern sie will und soll Freude bereiten, unterhalten und beleben, und auf wen ein Werk diese Wirkung nicht übt, der soll es liegen lassen und sich zu andrem wenden.&quot; [/size]

  • gut, gut, offensichtlich ist es da durch mein gleichaltriges umfeld, in dem das meiste bekannt ist, zu einer maßstabsverschiebung gekommen... dann distanziere ich mich hiermit von meiner meinung und behaupte das gegenteil.


    sofies welt hat mich nicht dazu gebracht, mich für philosophie zu interessieren, dieses interesse war vielmehr schon vorher vorhanden. es bot mir, wie gesagt, einen überblick über die verschiedenen möglichkeiten, zu denken. es war zweifelsohne fördernd, aber nicht ausschlaggebend.

    spring ihr doch nach! aber du hast angst, das glas zwischen dir und den anderen könnte zerbrechen. du hältst die welt für eine schaufensterauslage.

  • Hallo,

    Zitat

    und bin irgendwie fasziniert, dass diese Lebensauffassung/Philosophie oder wie man immer will, irgendwie fast verschollen ist, obwohl, wie nachzulesen ist, sie von berühmten Männern wie Diogenes abstammt!


    Vom antiken Denken und Wissen ist wohl noch sehr viel mehr verschollen - uns sind nur die Hauptströme und einige Zufallsfunde überliefert.


    Zitat

    Bei dieser Gelegenheit muss ich einfach sagen, dass ich Sloterdijk für einen zweitklassigen Philosophendarsteller halte, der seinen Beruf komplett verfehlt hat


    Da stimme ich fast zu, aber gerade bei der "Kritik der zynischen Vernunft" mache ich eine Ausnahme. Ich habe mich früher an mehren Büchern Sloterdijks versucht und fand alle schlecht, bis auf die KdzV, die mir gut gefallen hat.


    Zitat

    Es gibt in Deutschland aus historischen Gründen die Tendenz, dunkles Schreiben als Ausdruck besonderer geistiger Tiefe zu sehen. Schuld daran ist vermutlich Kant, der ziemlich umständlich geschrieben hat.


    Ich vermute die Ursache eher darin, daß beim Philosophie-Studium keinerlei Wert auf guten Stil gelegt wird. Mir hat sogar mal ein Dozent vorgeworfen, ich solle nicht so schreiben, daß auch Lieschen Müller es verstehen könne, denn das sei unwissenschaftlich ... Allerdings gab es an der Uni auch rühmliche Ausnahmen.


    Viele Grüße,
    R.

  • Zitat von "Roquairol"


    Vom antiken Denken und Wissen ist wohl noch sehr viel mehr verschollen - uns sind nur die Hauptströme und einige Zufallsfunde überliefert.


    Das stimmt, siehe bspw. auch die Vorsokratiker, aber es bleibt ja doch eine Menge übrig. :wink:


    Bei den Kynikern ist es im übrigens so, dass von einem Teil gar nichts überliefert sein kann, weil es zu ihrer Philosophie gehörte, nichts zu schreiben. Sondern ihre Philosphie zu leben.
    Siehe Diogenes.


    Ich hab diese hübsche Sammlung
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    Die Weisheit der Hunde : Texte der antiken Kyniker in deutscher Übersetzung mit Erläuterungen / Georg Luck. - Stuttgart : Kröner, 1997. - XVIII, 585 S. ; 18 cm
    (Kröners Taschenausgabe ; Bd. 484)
    Literaturverz. S. 561 - 571
    ISBN 3-520-48401-3 Gewebe : DM 48.00
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    Eigentlich nichts für so am Stück durchlesen, viel Anekdotisches, Bruchstückhaftes, aber zum Blättern, und zum Kennenlernen dieser philosphiegeschichtlich (und philosophisch) sehr wichtigen Richtung empfehlenswert.


    Gruß aus meiner Wohntonne :winken:


    Leibgeber

    Ich vergesse das meiste, was ich gelesen habe, so wie das, was ich gegessen habe; ich weiß aber soviel, beides trägt nichtsdestoweniger zu Erhaltung meines Geistes und meines Leibes bei. (G. C. Lichtenberg)