März 2002: Miguel Cervantes - Don Quijote

  • Hallo Angélique, hallo JMaria


    Ich war auch überrascht, wie nahtlos die beiden Teile ineinander übergehen. Man sollte nicht meinen, daß zwischen beider Erscheinen 10 Jahre liegen. Und gleich zu Beginn läuft Cervantes zur Hochform auf. Einfach bravourös, wie sich die Ebenen und Perspektiven verschieben. Ich bin jedenfalls kaum noch aus dem Staunen herausgekommen.
    Da hören die Romanfiguren vom Erfolg des ersten Teils und diskutieren somit Ereignisse die sich außerhalb der Romanhandlung ereignen. Die Hauptfiguren erkundigen sich bei einer anderen Romanfigur, wie die Leserschaft über ihre Abenteuer urteilt. Somit wird also auch der Leser zu einer Romanfigur. Sie kritisieren ihren Autor (welchen?) und machen ihm Verbesserungsvorschläge. Sie fragen sich auch, ob es überhaupt einen zweiten Teil geben wird. Hört sich irgenwie kompliziert an, fand ich aber sehr faszinierend zu lesen.


    Eine :?: Quizfrage :?: habe ich noch für euch:


    Wie heißt Sancho Pansos Frau?


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo Ikarus


    deine Einführung zu Buch 2 trifft es haargenau. Allerdings bin ich noch nicht über Kapitel 2 hinaus gekommen.


    Ja, ja. Die Frau von Sancho Pansa!! Die war um den Esel mehr besorgt als um ihren Mann und fragt bei seiner Rückkehr ob er ihr einen Rock und für die Kinder Schühchen mit gebracht hat *ggg*


    Sie heißt Hanne Pansa :)


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria!


    Ich habe Baudolino nicht ganz gelesen, aber immerhin knapp die Hälfte. Und es stimmt, mich hat dieser Absatz über den Priester Johannes im Don Quixote auch sofort an Baudolino denken lassen. Kann schon sein, dass Eco ein bisschen von Cervantes abgeschaut hat; auch was ikarus meint, stimmt ja. Aber es ist ja nicht verboten, ein wenig abzugucken. ;-)


    Dein Link zum Priester Johannes war übrigens sehr interessant, und ich musste bei dem Gedanken schmunzeln, dass Eco diese Briefe, welche im 12. Jahrhundert in Europa kursierten, aus der Feder von Baudolino selbst hat kommen lassen. :-)


    Ich bin im Don Quixote erst im 2. Kapitel, aber will heute noch ein bisschen weiter kommen. Deswegen kann ich noch nicht viel dazu sagen... Außer dass es sehr vielversprechend anfängt.


    Grüße an euch beide,
    Angélique

  • Hallo ihr zwei!


    Ich bin mittlerweile mit dem 5. Kapitel fertig, welches ich wirklich sehr interessant und witzig finde. Interessant deswegen, weil sich immer wieder der angebliche Übersetzer einschaltet, der behauptet, dass dieses Kapitel nicht der Wahrheit entsprechen könne, da die Sprache und Wortwahl Sancho Pansas einfach viel zu gewählt sei und nicht zu dem Sancho, den wir bis jetzt kennengelernt haben, passe. Und er hat ja auch recht: Zum Einen verbessert *er* in diesem Kapitel seine Frau sogar, als diese einen falschen Ausdruck gebraucht:


    "(...) und wenn du dich einmal verschlossen hast, zu tun, wie du sagst..." - "Entschlossen sagt man", unterbrach Sancho, "und nicht verschlossen."


    Das passt halt nun gar nicht zu dem Sancho, den vorher in Kapitel 3 der Bakkalaureus Sanson noch berichtigen muss:


    "(...) man sagt, ich sei eine der Hauptprisonen darin." - "Personen, Freund Sancho, und nicht Prisonen", verbesserte Sanson. "Ach! wieder so einer, der an den Vakibeln klaubt," rief Sancho..."


    Außerdem ergeben seine Sprichwörter alle einen Sinn, und sie sind vor allem auch zur Situation passend (nicht wie im ersten Buch noch, als Don Quixote sich doch einige Male über dessen sinnlose und unpassende Sprichwörter beklagt hat).


    Ich bin jetzt jedenfalls gespannt, wie es weitergeht mit Sancho und seiner "neu erworbenen" (oder untergeschobenen?) Bildung... ;-)



    Bei der Auseinandersetzung mit Sanchon und seiner (neuen?) Frau Theresa wusste ich übrigens wirklich nicht, auf wessen Seite ich stehen und wessen Ansicht ich teilen sollte. Ging es euch auch so? Auf der einen Seite hat seine Frau (wie auch immer sie heißen mag) sehr recht damit, dass es nicht gutgehen kann, wenn ein Mädchen von niederer Herkunft sich plötzlichwie eine vornehme Dame benehmen soll, aber ich kann auch Sanchos Meinung verstehen, der doch nur das Beste für seine Kinder zu wollen scheint.



    Übrigens noch kurz zu dem, was du, ikarus, kürzlich über Cervantes und seine Frau geschrieben hast: Aus ihrer Ehe ging anscheinend wohl wirklich kein einziges Kind hervor, dafür habe ich aber von einer "natürlichen Tochter" namens Isabel gelesen (franz. "l'enfant naturel" = uneheliches Kind). Interessant, hein?


    Grüße von
    Angélique

  • Hallo zusammen


    Meine "Quizfrage" war natürlich nicht ganz ernst gemeint. Mir ist nur aufgefallen, daß Sancho Pansos Frau (bis jetzt) 3 verschiedene Namen trägt.


    Im 7. Kapitel des ersten Buches heißt sie "Johanna Gutiérrez". Im 52. Kapitel heißt sie plötzlich "Hanne Pansa" und nun haben wir es mit einer "Teresa Cascajo" zu tun. Das hat mich etwas irritiert. Es ist sicher nicht von Bedeutung und ich denke, daß es sich nur um eine Nachlässigkeit Cervantes´ handelt. Lektoren gab es ja damals wohl noch nicht. Merkwürdig ist es aber schon.


    Dieses 5. Kapitel fand ich auch sehr amüsant. Bei diesem Übersetzer dürfte es sich wohl um Cervantes selbst handeln. Mir kam es so vor, wie wenn er sich von der Geschichte distanzieren und sich für seine Figuren und deren handeln beim Leser fast entschuldigt. So auf die Art: "Ich habe mit der ganzen Sache nichts zu tun, ich bin nur der Übersetzer". Das ist wieder dieses Spiel mit den verschiedenen Ebenen und perspektiven, das mich so fasziniert. Wirklich witzig.


    Du hast Recht, Angélique. Cervantes hatte eine uneheliche Tochter Isabel. Ihre Mutter war seine Geliebte Ana Franca de Rojas. Cervantes verschwieg die Existenz des Kindes fast 20 Jahre lang vor seiner Frau und seinen Geschwistern. Erst nach dem Tode von Isabels Mutter und ihres Stiefvaters (dem sie vermutlich als leibliche Tochter untergeschoben worden war) erfuhr das Mädchen, wer ihr wirklicher Vater ist. Cervantes nahm Isabel bei sich in seiner Familie (seine Schwestern wohnten auch mit im Haus) eher widerwillig auf. Seine Tochter muß ihn ihr Leben lang gehaßt haben.


    Ich komme nun zum 7. Kapitel.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    Ich weiß nicht, wie´s euch geht, aber mir gefällt das 2. Buch des Don Quijote wesentlich besser als das Erste. Man merkt, daß Cervantes in den 10 Jahren, die zwischen beiden Büchern liegen, schriftstellerisch gereift ist. Die Figuren sind viel lebendiger und menschlicher. Vor allem Sancho Pansa. Er trottet jetzt nicht mehr nur auf seinem Esel hinter Don Quijote her, sondern diskutiert mit ihm, macht Vorschläge und spielt in manchen Kapiteln sogar die Hauptrolle. Auch Don Quijote hat sich sehr verändert. Er überlegt mehr, anstatt einfach blindlings drauflos zu schlagen. Als Sancho ihm die Bauernmädchen als Burgfräulein verkaufen will, macht sich dieser eher selbst lächerlich. Ganz zu schweigen von dem Baccalaureus und Sanchos Nachbar, die sich mit ihrer Spiegelritter-Nummer regelrecht zu Narren machen. Auch schwingt er keine großen Reden mehr, sondern zieht das Zwiegespräch, z. b. mit dem "Ritter vom grünen Mantel", vor. Don Quijote redet zwar immer noch davon, auf der Suche nach Abenteuern zu sein, aber zunehmend habe ich den Eindruck, daß er eher seine Ruhe will. Er scheint mir müde geworden und melancholisch.


    Ich komme nun zum 19. Kapitel. Wie weit seit ihr denn?


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo !


    Hurra, ich habs geschafft - ich hab doch noch den Don Quijote angefangen und euch eingeholt. Komme zum 18. Kapitel im 2. Buch. :)


    Auch mir gefällt das 2. Buch besser - im Gegensatz zum 1. Buch verhält Don Quijote sich eher normal, während alle anderen Figuren sich verrückt verhalten. Während sich Cervantes bisher über die Ritterromane lustig gemacht hat, vertritt Don Quijote plötzlich die ritterlichen Ideale - ein Hinweis, dass sich Romane und Realität doch unterscheiden ? Ich finde es überhaupt klasse, wie Cervantes mit dem Leser spielt. Kaum hat man sich, sozusagen dreidimensional, in den Roman und die Figuren vertieft, schon wird man durch kleine satirische Seitenhiebe wieder darauf hingewiesen, dass ja alles nur erfunden ist. Am besten finde ich die Anspielungen auf die Zauberer - da meint Cervantes wohl sich selbst- von denen man ja nie weiss "... wann oder wo oder zu welcher Zeit oder in welcherlei Gestalten sie mich angreifen werden."
    Bin gespannt, wies jetzt mit dem Grünmantel weitergeht.


    Gruß von
    Steffi

  • Hallo Steffi


    Wow! Da hast du jetzt aber einen Kraftakt hingelegt. Respekt! Das ist eine freudige Überraschung :D


    Zitat

    Kaum hat man sich, sozusagen dreidimensional, in den Roman und die Figuren vertieft, schon wird man durch kleine satirische Seitenhiebe wieder darauf hingewiesen, dass ja alles nur erfunden ist.


    Genau das finde ich auch so herrlich an dem Buch. Cervantes spielt wirklich mit dem Leser. Das hast Du treffend beschrieben. Ich weiß beim Lesen auch nie, wie ernst ich irgendeine Szene nehmen soll. Cervantes hat mich, gerade im zweiten Buch mit meiner Erwartungshaltung schon zu oft auflaufen lassen. Mir kommt es manchmal so vor, als ob er mir beim Lesen grinsend über die Schulter schauen würde und sich diebisch über meine Verblüffung freut, wenn eine Szene wieder eine ganz andere Richtung nimmt, als von mir erwartet.


    Ich hatte weiter oben mal geschrieben, daß die Ehe Cervantes´etwas rätselhaft gewesen sei, da er anscheinend wenig Wert darauf gelegt hat, mit seiner Frau zusammen zu sein. Im 19. Kapitel läßt Cervantes durch Don Quijote seine Einstellung zur Ehe sagen: "Die Gesellschaft der Frau ist keine Ware, die, einmal gekauft, zurückgegeben oder umgetauscht oder ausgewechselt werden kann; sie ist ein untrennbarer Bestandteil, der so lange dauert wie das Leben selbst; es ist eine Schlinge, und hast du sie dir einmal um den Hals geworden, so verwandelt sie sich in einen gordischen Knoten, der unlösbar ist, bis ihn die Sense des Todes durchschneidet."


    Jetzt wundert mich natürlich nichts mehr :wink:


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo !


    Auch in der Höhle von Montesino hat Don Quijote ja ein unerhörtes Erlebnis mit seiner holden Dulcinea. In der märchenhaft-unwirklichen Atmosphäre, die mich sehr an Feensagen erinnert hat, wird sie plötzlich geldgierig !! So was ....



    Gruß von
    Steffi

  • Hallo Steffi


    Unser Held ist in der Tat etwas desillusioniert worden. Nicht nur Dulcinea fordert Geld, auch Sancho Pansa will plötzlich ein Gehalt! Diese Dreistigkeit haut Don Quijote ja fast aus dem Sattel und er wird sehr ausfällig und bezeichnet seinen Gefährten als "Esel" und "dummes Vieh". Bei aller Freundschaft, die sich mittlerweile zwischen den beiden entwickelt hat, ist der grundsätzliche Konflikt doch immer spürbar: Während Don Quijote aus rein idealistischen Gründen, um seine Dulcinea zu beeindrucken, die ganzen Strapazen ihrer Unternehmungen auf sich nimmt, ist es bei Sancho Pansa der rein materielle Grund, Statthalter einer Insel zu werden.


    Sein "Erlebnis" in der Höhle des Montesinos scheint einen unguten Einfluß auf unseren Helden gehabt zu haben. Plötzlich schwingt er wieder große Reden vor Publikum und schlägt ein Puppentheater kurz und klein. Verhaltensweisen, die man eigentlich als längst überwunden geglaubt hatte. Aber, wie schon gesagt, Cervantes läßt einen in seinen Erwartungen immer wieder auflaufen.


    Ich komme nun zum 29. Kapitel "Von dem merkwürdigen Abenteuer mit dem verzauberten Nachen". Bin gespannt, was für "Zauberer" da wieder am Werke sind :wink:


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    ich bin bei Kapitel 16 und habe den Eindruck, daß Don Quijote der Abenteuer ein bißchen müde wird. Obwohl er bei jeder Begegnung mit anderen ein Abenteuer wittert, ist er längst nicht mehr so ungestüm. Er redet erst und untersucht die Angelegenheit. Im Buch 1 ist er immer gleich losgestürmt.


    Irgendwie fand ich Buch 1 fesselnder.


    Wie war das nochmals mit Buch 1? Es wurde doch Jahre vor Band 2 veröffentlicht, oder?


    Ich frage, weil mir im Buch 2 die Aussage aufgefallen ist, das der Erzähler sagt, daß die Menschen das Buch nicht verstanden haben.


    Hat Cervantes das auch so empfunden?


    Achja - die Begebenheit mit dem Käse in seinem Helm war witzig. Dieser Sancho ist ja hinterhältig, in dem er so tut als ob auch er von einem Zauberer heimgesucht wird. Er wirkt nicht sehr sympathisch im Moment. :wink:


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria


    Schön, mal wieder von Dir zu hören :D Ich habe schon befürchtet, Du hättest aufgegeben, weil Du mal schriebst, daß Du mit dem Buch etwas Schwierigkeiten hast:


    Zitat

    Wie soll ich es ausdrücken. Das Problem, warum ich noch nicht mit Buch 1 fertig bin, ist vermutlich, daß mich die Geschichte während des Lesens fesselt, aber dann wenn ich D.Q. weglege oder ein paar Tage nicht darin lese, nicht so recht Lust hatte weiter zumachen. Ich weiß nicht warum mich das Buch nur während des Lesens fesselt. Hört sich wirr an, oder?


    Ist überhaupt nicht wirr. Mir geht es nämlich genauso. Der Don Quijote ist wirklich kein Buch, das mich ständig beschäftigt. Wenn ich es lese, dann mit großem Vergnügen. Aber wenn ich das Buch weglege, ist die Geschichte im Kopf wie ausgeknipst. Da hallt überhaupt nichts nach. Ab und zu muß ich mich dann auch zwingen wieder weiterzulesen, um nicht den Faden zu verlieren. Wenn ich dann aber wieder am Lesen bin, macht´s großen Spaß. Schon etwas merkwürdig.



    Zitat

    Ich frage, weil mir im Buch 2 die Aussage aufgefallen ist, das der Erzähler sagt, daß die Menschen das Buch nicht verstanden haben.


    Hat Cervantes das auch so empfunden?


    Ich glaube schon. Kurz vor Veröffentlichung des 2. Buches hat ein gewisser Alonso Fernandez de Avellaneda (wahrscheinlich ein Pseudonym) einen "gefälschten" 2. Don Quijote herausgebracht. Cervantes war weniger darüber erbost, daß sein Werk plagiiert wurde (das war damals gang und gäbe, Urheberrechte gab es ja noch nicht), sonder vielmehr enttäuscht, auf was für primitive, plumpe Art dies geschah. Dieser "Pseudo-Don Quijote" muß lediglich eine Aneinanderreihung mehr oder weniger lustiger Begebenheiten gewesen sein. Vom beleidigenden Vorwort ganz Abgesehen. Und aus Cervantes´ Vorwort (das ja auf diesen "Autor" gemünzt ist), höre ich auch eine gewisse Enttäuschung heraus.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen !



    Ikarus schrieb:

    Zitat


    Da hallt überhaupt nichts nach. Ab und zu muß ich mich dann auch zwingen wieder weiterzulesen, um nicht den Faden zu verlieren.


    Genau so gehts mir auch ! Auch ich hab so meine Schwierigkeiten, dem Buch zu folgen. Ich lese immer Kapitel für Kapitel. Wenn ich mal dazwischen aufhöre, muss ich wieder ein paar Seiten vorblättern.


    Gerade weil es so holprig zu lesen ist, frage ich mich, warum es eines der meistgelesenen Bücher der Welt ist (ich glaub, gleich nach der Bibel). Ich habe daher einen kleinen Exkurs in die Renaissance und Barock gemacht.
    Im Barock gab es die 3 Stände (Adel - Bürger - Bauern) und da konnte keiner ausbrechen. Die Gesellschaft setzte klare Grenzen, die nicht übertreten werden konnten. Zudem war Hab und Gut in diesen Zeiten unsicher. Die Antike galt als Vorbild, "war aber heidnisch, oft sinnenfroh, lebenslustig und im christlichen Sinne "sündhaft", "unmoralisch". Die christliche Religion sah das irdische Leben nur als Durchgangsstadium zum Jenseits, die Antike aber feierte oft die Freude am Diesseits." Don Quijote bewegt sich irgendwie zwischen den Gesellschaftsschichte, unter Bauern genauso wie bei Herzogen - aber er gehört nirgends dazu. Dadurch wird aber die Gesellschaftskritik deutlich z.B. Krieg entsteht durch Eselsgeschrei (fand ich sehr witzig) oder auch wer arm ist, kann schlau sein (Basilio), Propheten sind Schwindler (Pupenspieler).


    Für mich ist an dem Roman immer noch der Gegensatz zwischen Idealismus und Literatur zur Wirklichkeit am faszinierendesten. An dem Konflikt zwischen Geschriebenem und Realität hat sich ja interessanterweise bis heute nichts geändert, nach dem Motto, was gedruckt ist, muss stimmen ! Ich glaube, das Schöne an dem Buch ist, daß sich Don Quijote seine Ideale nie nehmen läßt, obwohl uns der Erzähler immer darauf hinweist, daß es eben der Realität nicht entspricht.


    Trotz meinen vielen Gedanken kann ich das Buch trotzdem nicht einordnen - immer wenn ich denke, jetzt hab ich das Schema, dreht sich wieder alles um (seufz). 8O

    Gruß von
    Steffi

  • Hallo alle zusammen!


    Ja, mich gibt es auch noch - und ich bin auch noch fleißig am Lesen. In 2-3 Wochen möchte ich das Buch zu Ende gelesen haben; mittlerweile bin ich im 31. Kapitel.
    Der 2. Band gefällt mir übrigens sehr gut - im Gegensatz anscheinend zu dir, Maria. Man merkt deutliche Unterschiede und Weiterentwicklungen der Geschichten und der Charaktere, und das gefällt mir. Sancho Pansa hat sich ganz schön gemausert, aber er ist auch z.T. wirklich hinterhältig (z.B. bei seiner Behauptung, Dulcinea sei verzaubert) und gemein (in seiner kurzen Geschichte im 30. [?] Kapitel). Aber das gefällt mir, weil es auch andere Seiten als nur seine Einfalt und Geldgier im 1. Band zeigt.


    Zum Thema, ob das Buch fesselnd ist oder nicht: Ich kann verstehen, wenn ihr euch oft zum Lesen zwingen müsst, das ging mir im 1. Band auch so. Ich denke, der Umstand, dass man nicht gerade immer sagen kann, man könne es kaum erwarten, darin weiter zu lesen, liegt einfach daran, dass in diesem Buch die Rahmenhandlung nur spärlich ist (ein Ritter zieht mit seinem Knappen aus, um Abenteuer zu erleben), sodass das genze Buch ja eigentlich fast ausschließlich aus Episoden besteht, die nur manchmal nach Unterbrechungen weitergeführt werden (z.B. gab es ja einen Ausblick darauf, dass die Geschichte mit "Samson sowieso" noch weitergeht). Ihr wisst, was ich meine: Es sind einfach viele Begebenheiten und Abenteuer aneinandergereiht, manche länger und manche kürzer (z.B. das Abenteuer mit der verzauberten Barke fand ich sehr kurz).
    Ich denke, daran liegt es, dass das Buch nicht immer so fesselnd ist. Was meint ihr?
    [Obwohl ich sagen muss, dass es mir im Moment ausschließlich großen Spaß macht, darin zu lesen, auch wenn ich das Buch zur Seite gelegt habe...]


    Übrigens kommt ab dem 29. oder 30. Kapitel (ab dem Abenteuer mit der schönen Jägerin, der Herzogin, und ihrem Mann) eine Sache vor, welche ich sehr lustig finde, und wo man sieht, wie sich die Realität und die Fiktion (nämlich die des 1. Buches) miteinander vermischen: Der Herzog und die Herzogin gehen ja auf die eingebildete Welt Don Quixotes ein, sie spielen mit und unterstützen ihn sogar darin. Obwohl sie sich auf der anderen Seite ja ausnahmslos und pausenlos über ihn lustig mahcne, und da tut mir der Ritter schon fast wieder leid. Der Gipfel ist, dass der herzog Sancho Pansa sogar eine Insel schenkt oder schenken will, die er angeblich besitzt. Weiter bin ich noch nicht gekommen, aber ich bin schon sehr gespannt, wie es in der Episode weitergeht. Vor allem wird Sancho sicher auf dieser Schenkung beharren, gierig wie er ist. Wie sich der Herzog da wohl rausreden wird... ;-)


    Wir sehen aber - es bleibt spannend, vielleicht auch für dich, Maria! :-)


    Gruß, Angélique


    PS: In der nächsten Woche (ab Morgen) bin ich nicht da, habe auch keinen Internetzugang, aber werde fleißig weiterlesen... Und ich bin gespannt auf eure Beiträge!

  • Hallo ihr Lieben


    ikarus: ich bin froh, daß es nicht nur mir so geht mit dem D.Q. 8O
    Aber ich lese natürlich weiter. Denn einen gewissen Zauber besitzt der Roman, auch wenn er mich nicht immer erreicht.


    @Angelique: Falls du im Urlaub bist, wünsche ich dir gute Erholung, auch wenn du es erst hinterher liest 8)
    Du hast recht mit dem aneinanderreihen von Geschichten. Über die meisten kann ich mich amüsieren, manche stimmen nachdenklich, und mit anderen kann ich garnichts anfangen. z. B. in der Höhle von Montesino. Sehr seltsam diese Geschichte.


    Steffi: toll, daß du gleich so aufgeholt hast und überholt.
    Hier galoppiert die Begeisterung anscheinend ;-)
    mir hat die Geschichte über die Klugheit von Basilio besonders gut gefallen. Es war eine Geschichte die mich an Buch 1 erinnerte. Vielleicht habe ich es ja auch mit der Romantik und der Liebe wie D. Q. :lol:
    Diese war nach meinem Geschmack.


    Ansonsten habe ich noch festgestellt, das D.Q. ein verklärtes Bild von Sancho hat. Im 20. Kapitel sagt D.Q. über den schlafenden Sancho....


    Weder quält dich Ehrgeiz, noch bekümmert dich der eitle Prunk der Welt; die Grenzen deiner Wünsche erstrecken sich nicht weiter als auf die Sorge für deinen Esel...


    Er sorgt sich zwar um seinen Esel, aber ehrgeizig ist er schon der Gute Sancho. Auch wünscht er sich ja für seine Tochter eine Heirat, die sie weiterbringt in der Gesellschaft, eine Insel hat er als Belohnung auch nicht vergessen und bei dem Hochzeitmahl war er für den Bräutigam der ihn am besten versorgen konnte *g*.


    Es gibt über Sancho mehr zu erzählen als über D.Q. *grübel*


    Ich komme nun zum 25. Kapitel


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    JMaria: Ich glaub, die Begeisterung liegt meht an diesem Forum, sintemal mir das Buch auch ganz gut gefällt !


    Dieses Wochenende habe ich die Geschichte der Schmerzensreich angefangen, und schon der Abschnitt über die Namensgebung der Gräfin Trifaldi ("Dreischlepp") fand ich so witzig, dass ich meine ganze Umgebung damit genervt hab - aber die waren irgendwie nicht soo begeistert wie ich :wink:


    Diese ganze Geschichte find ich richtig köstlich - schon die Namen und dann das mit den Bärten - also ich glaubte es fast nicht. Und dann gehts immer noch weiter ...
    Das ist wirklich bühnenreif ! Ich glaube, Cervantes hat doch auch Theaterstücke geschrieben - waren die erfolgreich ? Shakespeare hat ja auch um die Zeit gelebt, ob Cervantes ihn gekannt hat ? Also, gleich nachher stürze ich mich wieder rein, ich muss unbedingt wissen, wie das ganze ausgeht.



    Gruß von
    Steffi

  • Hallo Steffi


    Ich bin auch gerade mitten in der Episode mit dieser Schmerzensreich und muß Dir zustimmen. Das ist bisher das groteskeste und komischste des ganzen Buches. Ich habe über Cervantes Einfälle auch nur so gestaunt.
    Allein dieser Dialog zwischen der Schmerzensreich und Sancho Pansa:


    "Ich hege die Zuversicht, allermächtigste anwesende und allerschönste Herrin und ihr, allerverständigste Anwesende, daß meine Allerbedrängtestheit in Euren alleredelsten Herzen einen nicht weniger freundlichen als großsinnigsten und schmerzensreichen Empfang finden wird: denn selbige ist solcher Art, daß sie ausreicht, zu rühren Marmelsteine, zu schmelzen Demanten und den Stahl der allerhärtesten Herzen von der Welt. Doch bevor sie den Bereich Eures Gehörs, um nicht zu sagen Eurer Ohren dringt, möchte ich wohl, daß ihr mich wissend mached, ob in diesem Verein, Kreis und geselligem Zirkel der allerseelenreinste Ritter Don Quijote von der allergemanschtesten Mancha anwesend ist, imgleichen sein allerschildknapplichster Sancho Pansa."
    "Der Pansa ist hier", sagte Sancho, eh noch ein andrer antworten konnte, und der don Allerquijotischste ebenfalls; und mithin, allerschmerzenreichste kammerfraulichste Dame, könnt Ihr sagen, was Euch allerbeliebtest; wir alle sind eifrigst und allerbereitest , Euch aufs allerdienerischste allergefälligst zu sein."


    Da bin ich vor Lachen bald aus dem Sessel gekippt :lol:


    Die Theaterstücke Cervantes´ waren zwar anfangs sehr erfolgreich, allerdings fiel es ihm zunehmend schwerer Verleger dafür zu finden, denn sein Konkurent Lope de Vega entwickelte sich schnell zum alleinigen Herrscher der Theaterszene.


    Shakespeare und Cervantes waren Zeitgenossen und beide sind übrigens am selben Tag gestorben: Am 23. April 1616. Ob sie sich gekannt haben, weiß ich aber auch nicht.


    Jetzt stürze ich mich aber auch erstmal wieder ins Buch, denn ich bin auch gespannt, wie die Geschichte mit dieser Trifaldi zu Ende geht und was es mit dem "Holzzapferich" auf sich hat.


    Allerbeste Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo zusammen


    ich befürchte ja dauernd, daß das Posting von euch kommt. BIN FERTIG MIT DON QUIJOTE !


    Einige Kapitel hab ich noch vor mir.


    Dazwischen wollte ich mal fragen, solange es noch frisch in der Erinnerung ist, wie euch das Kapitel mit Meister Pedro und dem Puppenspiel im Kapitel 26 gefallen hat?


    Ich fand es gigantisch. Mit dem Puppenspiel kam irgendwie die mittelalterliche (oder heißt es spätmittelalterliche?) Atmophäre so gut rüber und ich konnte mich gut als Zuschauer betrachten und eintauchen.


    Das war ein tolles Erlebnis und natürlich hat mich D.Q. nicht enttäuscht und so richtig mit seinem Schwert die Puppen niedergemacht *ggg*.


    Ich wünsche euch ein schönes WE


    Liebe Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo JMaria !


    Das Puppenspiel-Kapitel fand ich auch sehr gelungen, vor allem da Don Quijote hier mal wieder Schwierigkeiten hat, Realität und Schauspiel auseinanderzuhalten ! Ich konnte mir auch gut vorstellen, da zu sitzen und den Puppen zuzusehen.


    Die Geschichte mit der Herzogin ist ja ziemlich lang - und plötzlich werden aus den Episoden ein richtiger Roman ! Das fand ich eine erstaunliche Wendung - auch die zwei Protagonisten sind fast nicht mehr wiederzuerkennen: Don Quijote schämt sich angesichts des herzoglichen Prunks seiner Armut und Sancho Pansa wird Statthalter und spricht Recht !
    Also ich weiß noch nicht, was ich von alldem halten soll ! Ein bißchen Chaos und Zynismus würden mir schon wieder gefallen ...


    Ich komme jetzt zum 51.Kapitel, also eine Woche wirds schon noch dauern. :lol:



    Gruß von
    Steffi

  • Hallo zusammen


    Zitat


    Das Puppenspiel-Kapitel fand ich auch sehr gelungen, vor allem da Don Quijote hier mal wieder Schwierigkeiten hat, Realität und Schauspiel auseinanderzuhalten ! Ich konnte mir auch gut vorstellen, da zu sitzen und den Puppen zuzusehen.


    nicht wahr! Damals gab es ja nicht viel Unterhaltung. Da waren Schausteller, Gaukler, Geschichtenerzähler bestimmt hoch willkommen.


    Das sieht man ja auch beim Herzog und der Herzogin. Sie haben Sancho und D. Q. mitgenommen und amüsieren sich köstlich. Wollen auch amüsiert werden, auch wenn sie dadurch einige Kernwahrheiten garnicht erkennen. Ziemlich snobistisch, wie ich finde.


    Zitat

    Die Geschichte mit der Herzogin ist ja ziemlich lang - und plötzlich werden aus den Episoden ein richtiger Roman ! Das fand ich eine erstaunliche Wendung - auch die zwei Protagonisten sind fast nicht mehr wiederzuerkennen: Don Quijote schämt sich angesichts des herzoglichen Prunks seiner Armut und Sancho Pansa wird Statthalter und spricht Recht !
    Also ich weiß noch nicht, was ich von alldem halten soll ! Ein bißchen Chaos und Zynismus würden mir schon wieder gefallen ...


    Ich bin noch mittendrin. (Komme zu Kapitel 33)


    Hier noch ein paar Szenen zum Lachen:


    Kapitel 30
    Don Quijote trifft die Herzogin und will absteigen. Er geht davon aus, daß Sancho ihm wie immer hilft, doch der bleibt an dem Strick am Sattel hängen und fiel zu Boden, hängend :)


    Don Quijote, der nicht gewohnt war abzusteigen, ohne daß man ihm den Bügel hielt, glaubte, Sancho stehe schon da, um ihm diesen zu halten, schwang sich mit ganzem Körper auf einmal hernieder und riß Rosinantes Sattel mit sich, der offenbar nicht fest genug gegürtet war, und Sattel und Mann stürzten zu Boden, nicht ohne daß sich der Ritter herzlich schämte und leise für sich eine Masse von Flüchen gegen den Unglücksmenschen von Sancho ausstieß, der noch immer den Fuß in der Schlinge hatte.


    muß man sich mal vorstellen :lol:


    Kapitel 31:
    Don Quijotes Gestalt wird ja oft beschrieben, immer wieder ein bißchen anders ohne die Attribute zu verändern. Hier die Beschreibung, als ihm im die Mädchen seine Rüstung abnahmen:


    Nachdem ihm die Waffen abgenommen waren, stand Don Quijote in seinen engen Kniehosen da und in seinem gemsledernen Wams, hager, lang und dürr, mit Backenknochen, die von innen einander zu küssen schienen...


    Ich fand den Satz mit den Backenknochen so gelungen *g*


    Kapitel 32:
    Die Mädchen machen sich einen Spaß daraus und halten D.Q. die Waschschüssel statt vor die Hände vor das Kinn und so meint D.Q. es wäre hier die Sitte den Bart am Tisch zu waschen. Gott, der Arme.


    ...und Don Quijote saß nun da mit dem seltsamsten und lächerlichsten Aussehen, das man sich nur denken kann...


    in all dem Schabernack und Gelächter haben die Gastgeber, und die Leserschaft ist auch in dieser Gefahr, das Ernste und den Feinsinn D.Q. zu übersehen.


    im Kapitel 32 zu anfangs gibt D.Q. dem Geistlichen eine gesalzene Antwort auf dessen Ignoranz. Der Geistliche behauptete einfach es gäbe und gab nie ein Rittertum und wurde beleidigend.


    Na - da frag ich mich wer in die Kreuzzüge zog und wer dadurch Nutzen zog *grummel*.


    Im Innern spornte ich D.Q. an ihm eine deftige Paroli zu bieten. Das er dann auch tat *gg*


    ein kurzer Auszug aus seinem Schlußwort:


    Ein Ritter bin ich, als Ritter werde ich sterben, wenn es dem Höchsten gefällt. Etliche suchen ihren Weg auf dem weiten Felde der hochmütigen Ehrsucht, andre auf dem Felde niedriger Speichelleckerei, andre auf dem trügerischer Scheinheiligkeit, andre auf dem der wahren Gottesfurcht....


    Der Geistliche zog von Dannen ;-)
    Man kann D.Q. einiges heißen, aber er hat Werte in sich, die er gewissenhaft auslebt: Ehre, Gerechtigkeit, Nächstenliebe, Ehrlichkeit.


    So, daß waren meine Gedanken zum Sonntag ;-)


    Bis dann
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)