Juni 2005 - W.M. Thackeray: Jahrmarkt der Eitelkeit

  • Hallo zusammen !


    Da Thackeray sein Werk ja auch selbst illustriert hat, hier zuerstmal das Deckblatt:
    [Blockierte Grafik: http://academic.brooklyn.cuny.…ay/frontispiece-1848a.jpg]


    Folgende Seiten könnten interessant sein:


    - Kurzbiographie und Inhaltsangabe zu Jahrmarkt der Eitelkeit


    - englischsprachige ausführliche Thackeray-Seite mit Interpretationshilfen


    - Vanity Fair als e-book


    - Vanity Fair im Projekt Gutenberg



    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen !


    Morgen startet ja unsere Leserunde. Deshalb habe ich noch schnell den thread eröffnet. Materialien findet ihr wie immer hier


    Ich wünsche viel Vergnügen !


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen,


    Steffi, danke für die Info-Sammlung zu William Makepeace Thackeray. Ich habe mir gestern noch einiges davon ausgedruckt.


    Hast du gelesen, wie Thackeray sich über Edward Lytton-Bulwer lustig machte? Interessant. Ich lese derzeit "Nachrichten aus dem Leben eines Lords" von Arno Schmidt, da geht es um E. L-B.


    Manchmal wundere ich mich, wie manche Infos wie zufällig zusammentreffen.


    zum Buch: Vanity Fair / Jahrmarkt der Eitelkeit oder Ein Roman ohne Held.


    ich lese die TB-Ausgabe von dtv (1975) // Umschlagbild: The Bride at her Toilet von Sir David Wilkie (sehr schönes Bild).


    Mir fielen sofort die Kapitelüberschriften und die Zeichnungen auf. Die Zeichnungen sind ja von Thackeray selbst.


    Beides, Zeichnungen wie Kapitelüberschriften, geben m. M. n. eine besondere Atmosphäre beim Lesen wider. Ich fühle mich schon irgendwie heimelig, bevor ich zu lesen begann. Voran das liegt könnte ich nicht mal so genau erklären.


    Thackeray hatte jedenfalls als Zeichner Talent.


    Vor dem Vorhang
    Die Geschichte beginnt mit dem Bild des Spielleiters, der das Schauspiel eröffnet. Er schaut in einen Spiegel und hat einige Requisiten neben sich, u.a. eine Puppe mit namens Amelia und eine Marionette namens Becky (diese liegt auf der Truhe).


    Ob Becky in der Geschichte auch nur eine Marionette sein wird?


    der Untertitel - gibt der euch zu denken?
    ein Roman ohne Held... das zu deuten wird bestimmt auch noch interessant werden.


    soweit mal.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo Maria, hallo Steffi,
    schön, dass wir jetzt gemeinsam "Jahrmarkt der Eitelkeit" lesen. Es ist mein erstes englisches Buch seit langem. Im Studium habe ich den einen oder anderen Fachartikel auf Englisch gelesen, aber sonst habe ich nur Artikel aus Newsweek oder Time-Magazin gelesen.


    Meine ersten Eindrücke:
    Man liest sich schnell ein. Sicher entgehen mir manche Feinheiten, weil ich nicht jedes Wort nachschlagen will, aber aus dem Zusammenhang versteht man doch immer mehr.


    Der Untertitel: Roman ohne Helden
    Ein Held ist ein Vorbild. Wahrscheinlich sind die beschriebenen Personen nicht als Vorbild geeignet.


    (Eine nicht ganz ernst gemeinte feministische Interpretation: Ein Roman ohne Helden aber mit Heldinnen :zwinker: )


    Gruß
    Erika


    :blume:

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    <br />Sprüche Salomo 19,8

  • Hallo ihr zwei !


    Schön, dass wir endlich beginnen !


    "Ein Roman ohne Held" - ich glaube, da macht er sich vielleicht auch ein bißchen lustig über die damals üblichen Romane. Walter Scott war ja damals "in" und da wimmelt es natürlich von Helden :zwinker: Außerdem wirft es gleich ein interessantes Licht auf den Autor und wie er mit dem Leser umgehen wird. Ich erwarte zumindest ironische Bemerkungen, mit denen er sich ab und zu an den Leser wendet.


    Interessant zum "Jahrmarkt der Eitelkeit" ist noch, dass der Roman in Fortsetzungen erschienen ist. Ich schau mal nach, nach welchen Kapiteln sich die damalige Leserschaft wieder einen Monat auf das Fortsetzungsheft gedulden musste. Ich lese die Manesse-Ausgabe, dort wird es im Nachwort erwähnt.


    Die Karrikaturen sind natürlich sehr treffend :breitgrins: - Thackeray hat ja auch eine satirische Reihe über die Snobs von England geschrieben.


    Beide erwähnt ihr, dass man sich quasi gleich "wie zu Hause" fühlt und mir ging es ebenso. Kein lästiges Einlesen und die Geschichte fängt gleich mit Bravour an - Becky schmeißt das erhabene Lexikon aus dem Fenster der Kutsche. :zwinker: Kurz darauf überlegt sie, den Bruder von Amelia zu heiraten ... Na, wie das noch weitergeht ! Trotz allem ist Becky alles andere als unsympathisch während Amelia noch etwas bläßlich erscheint.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi und Maria,
    eben habe ich einen Becher Tee getrunken und weiter in Vanity Fair geschmökert. Schade, dass sich nicht noch mehr angeschlossen haben. Es gab doch vor einiger Zeit noch mehr Interessenten. Habt Ihr noch mal gefragt, ob bei den anderen Interesse besteht? Sonst bleiben wir halt eine exklusive Gruppe :zwinker:


    Zitat

    Interessant zum "Jahrmarkt der Eitelkeit" ist noch, dass der Roman in Fortsetzungen erschienen ist. Ich schau mal nach, nach welchen Kapiteln sich die damalige Leserschaft wieder einen Monat auf das Fortsetzungsheft gedulden musste. Ich lese die Manesse-Ausgabe, dort wird es im Nachwort erwähnt.


    Das interessiert mich auch. Am praktischsten (schreibt man das wirklich so??) wäre es, mit jeder Fortsetzung ein neues Kapitel zu beginnen. Aber auch die Abschnitte, in denen sich Thackeray direkt an den Leser wendet, eignen sich als Neueinstieg.



    Gruß
    Erika


    :blume:

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  • Hallo zusammen,


    danke für den Hinweis mit Walter Scott und seinen Heldenromanen. Der Gedanke, dass hier ein Gegenpol von Thackeray geschaffen wurde, gefällt mir.


    Erziehungsinstitut:
    da mußte ich an "Lowood" denken (Jane Eyre von Charlotte Bronte).
    wenn ein Mädel kein Geld bzw. keine Familie im Hintergrund hatte, dann ging es ihr in einem solchen Institut gar nicht gut. Auch die Schriftstellerin George Eliot war in einem solchen Mädcheninstitut und hat gelitten.


    Hier ein Auszug aus der Biografie über George Eliot (Mary Ann Evans) von Elsemarie Maletzke:


    Sie war erst fünf, als sie von zu hause weg geschickt wurde, und litt unter Alpträumen. Allzu menschenfreundlich mühte man sich damals nicht um die Jüngsten. Mary Anne erinnerte sich später an die kalten Zimmer, in denen sich die größeren Mädchen um das Kaminfeuer scharten, während die kleinen, ausgeschlossen vom inneren Kreis, frierend ihr Arme in die Schürzen wickelten..


    war für Becky bestimmt kein Zuckerschlecken, kein Wunder, dass sie das Lexikon aus dem Wagenfenster schmiss.
    Ich mußte darüber lachen. Dieser Ärger und Spontanität ist schon bezeichnend für weitere Verwicklungen *g*


    Amelia finde ich auch noch bläßlich.


    Ich komme zum 2. Kapitel.


    Viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo,
    manchmal ist es nützlich, im Vorwort des Herausgebers nachzuschauen.


    Die Fortsetzungen umfassten folgende Kapitel:


    - Januar 1847: Kapitel I-IV
    - Februar 1847: Kapitel V-VII
    - März 1847: Kapitel VIII- XI
    - April 1847: Kapitel XII-XIV ..... (to be continued)


    Gruß
    Erika


    :blume:

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  • Hallo zusammen,


    ich habe ein bißchen weiter gelesen.
    Im 2. Kapitel fällt das Wort: "Heldin", der Erzähler der Geschichte nennt sie uns: Amelia Sedley ----> weil sie das beste Herz hatte.


    Becky wird nicht als Heldin genannt, handelt aber bereits mächtig, da sie keine Mutter hat, muß sie sich selbst einen Mann suchen.


    Wir erfahren nicht, was Becky denkt, als sie Joseph sieht. *g*


    ein schöner Satz im Kapitel 2:

    Die Welt ist ein Spiegel und wirft jedem sein eigenes Bild zurück. Grollst du ihr, so antwortet sie dir mit saurem Blick. Lach sie an und lach mit ihr; dann hast du den fröhlichsten Gesellen. Also, meine jungen herrschaften, trefft eure Wahl.


    paßt zum Anfangsbild mit dem Spielmann der in den Spiegel schaut.


    Beckys' Rückblick, wie sie zur Schule kam:
    mir fiel auf, dass sie 2 Puppen besaß. Sie läßt wohl gerne nach ihre Nase tanzen und zieht gerne die Fäden. Wenn sie sich nur nicht in einer fixen Idee verrennt.


    Wie findet ihr den Humor des Herrn Papa Sedley? Ich hätte mich kringeln können, als er nach einem Elefanten für seinen Sohn rief *ggg*


    Ich komme zu Kapitel 4. Bin ich zu schnell?


    Gute Nacht wünscht
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Maria schrieb:

    Zitat

    paßt zum Anfangsbild mit dem Spielmann der in den Spiegel schaut.


    Ich glaube, jedes Anfangsbild karikiert den Inhalt des Kapitels. Es lohnt sich, nach dem Ende nochmal das Bild anzuschauen und auch die Kapitelüberschriften sind köstlich.


    Überhaupt, selten habe ich ein so witziges, flüssig geschriebendes Buch gelesen. Auf jeder Seite gibts etwas zum schmunzeln und ich frage mich, sollte es diese indischen Orte Boggley Wollah und Dumdum wirklich geben :breitgrins:


    Auch Joseph ist eine einzige Witzfigur - stimmt, was Becky über ihn denkt, wird nirgends erwähnt. Eigentlich irgendwie gar nichts, was in ihr vorgeht, oder ? Tja, leider klappts ja nicht mit Joseph, was vorauszusehen war. Obwohl Becky (wie auf dem Anfangsbild zu sehen war) kräftig angelte ...
    Ja, seinen Papa fand ich auch besonders erheiternd und irgendwie hatte ich nicht viel Mitleid mit Joseph ! Thackeray hat ihm ja auch durch seine Kleidermanie eine Parallele zum biblischen Joseph verschafft, wie er ja selber durchblicken lässt und er passt auch zu Thomas Manns Darstellung des jungen Joseph ausgezeichnet. Ich glaube auch, dass es bei Thackeray trotz der Leichtigkeit viele derartige Anspielungen gibt (immer mal wieder kommen ja biblische oder Märchengestalten vor) leider ist meine Ausgabe nicht kommentiert.


    Besonders schön im Kapitel 4 "Die grünseidene Börse" - klingt schon irgendwie nach Geldgier, oder ? - fand ich den Erzähler, der im übrigen gar nicht nervt und immer elegant sarkastisch ist, der sich über die Frauen ausläßt:
    Wir können nur dankbar sein, daß die lieben Herzchen wie die Tiere in Wald und Feld sind und ihre Macht nicht kennen, sonst würden sie uns gänzlich beherrschen.


    Den Schnitt zwischen Kapitel 4 und 5 hat man gemerkt - es hört spannend auf und geht dann mit Dobbin und Osborne weiter. Habt ihr gleich gemerkt, dass das "unser" Osborne ist ? Ich nicht und war dann sehr erstaunt :rollen: Ihr könnt euch schon auf das 6. Kapitel freuen, in dem Osborne sozusagen die Katze aus dem Sack lässt, tststs !


    Nachdem Maria schon die Situation in einem Internat damals angesprochen hat: in meinem Nachwort ist vermerkt, dass wohl auch Thackeray unter seiner Internatszeit sehr gelitten hat und seine Beschreibungen sicher mit eigener Haut erlebt hat.


    Um nochmal zum Witz zu kommen - irgendwie erinnert es mich auch ein bißchen an Jean Paul (hab ja nur das Schulmeisterlein Maria Wutz gelesen), vielleicht schreibt Thackeray etwas direkter aber mindestens genauso schelmisch und übermütig.


    Na, ihr sehr schon, ich kann mich gar nicht bremsen und bin schon im Kapitel 8 gelandet. Ich werde aber nach dem 11. Kapitel innehalten, damals musste sich ja die Leser auch wieder gedulden :smile:


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi, hallo Maria
    ein elegant-sarkastischer Erzählstil - das ist treffend ausgedrückt. Ich genieße seine Schilderung über die gesellschaftlichen Verhältnisse in England in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.


    Im Vorwort zu meiner Ausgabe steht, dass Kapitel V später hinzugefügt worden ist. Das erklärt den Bruch, den man beim Lesen empfindet.


    Ich bin jetzt mitten im Vauxhall gelandet, in dem Dobbin als Kleiderständer missbraucht wird. Das Lesen geht bei mir etwas langsamer, weil ich das Buch auf Englisch lese. Nach ein oder zwei Seiten habe ich mich aber meist eingelesen und es geht flüssig weiter.



    Erika


    :blume:

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  • Hallo zusammen


    Zitat

    Überhaupt, selten habe ich ein so witziges, flüssig geschriebendes Buch gelesen. Auf jeder Seite gibts etwas zum schmunzeln und ich frage mich, sollte es diese indischen Orte Boggley Wollah und Dumdum wirklich geben :breitgrins:


    das hat mich doch veranlaßt, mal zu googlen und die Suchmaschine spuckte den Hinweis zu einer Reisebeschreibung(?) von Lord Frederic Hamilton aus. Da aber der gesamte Etext erschien, konnte ich "Boggley Wollah" nicht finden.


    Falls es euch interessiert:


    http://gutenberg.teleglobe.net/etext04/hrvry10.txt


    Zitat von "Steffi"

    Joseph:
    Thackeray hat ihm ja auch durch seine Kleidermanie eine Parallele zum biblischen Joseph verschafft, wie er ja selber durchblicken lässt und er passt auch zu Thomas Manns Darstellung des jungen Joseph ausgezeichnet. Ich glaube auch, dass es bei Thackeray trotz der Leichtigkeit viele derartige Anspielungen gibt (immer mal wieder kommen ja biblische oder Märchengestalten vor) leider ist meine Ausgabe nicht kommentiert.


    nach biblischen und Märchengestalten Ausschau zu halten ist mir noch garnicht gekommen. Ich werde mal darauf achten, aber bis Kapitel 11 ist mir nichts untergekommen.


    Hast du noch ein Beispiel zu Märchengestalt?


    ein schöner Gedanke, wie du von dem eitlen Joseph des Thackerays auf Thomas Mann's Joseph kommst. Eitelkeit finden wir bei beiden, nur ist Thackeray's Joseph dümmlicher beschrieben.


    Zitat von "Steffi"


    Besonders schön im Kapitel 4 "Die grünseidene Börse" - klingt schon irgendwie nach Geldgier, oder ? - fand ich den Erzähler, der im übrigen gar nicht nervt und immer elegant sarkastisch ist, der sich über die Frauen ausläßt:


    stimmt, das klingt wirklich nach Geldgier :klatschen:


    Extreme Farben kommen öfters vor, z.B. der Diener bei den Crawleys in kanariengelben Westen.


    Zitat von "Erika"


    Im Vorwort zu meiner Ausgabe steht, dass Kapitel V später hinzugefügt worden ist. Das erklärt den Bruch, den man beim Lesen empfindet.


    das erklärt es, danke dir :-)


    Im Kapitel 8 erfahren wir vom Erzähler mehr über den Titel: Jahrmarkt der Eitelkeit


    Zitat:
    Dieser Jahrmarkt der Eitelkeit ist bekanntlich ein ganz eitles, törichtes und schlechtes Unternehmen, wo es nichts als Lug und Trug und Anmaßung gibt, und wenn auch der Moralprediger, der auf dem Titelblatt erscheint.... nicht in Talar und Bäffchen gekleidet ist, sondern in das gleiche Narrenkleid, das seine Gemeinde ziert, so muß er doch die Wahrheit sagen, soweit er sie weiß, ob er nun einen schwarzen Hut oder eine Schellenkappe trägt, und bei solch einem Unternehmen springt nun einmal allerlei Unangenehmes heraus.


    und man merkt dies "Unangenehme" nun auch, denn ich finde der Ton im Buch wird schärfer. Der Erzähler sagt am Ende Kapitel 8 zwar, dass das nächste Kapitel noch sanft ist, aber er beginnt die Eitelkeit aufzudecken.


    Ende Kapitel 9 finden wir eine Karrikatur des Schriftstellers als kleiner Narr, mit süßer Nickelbrille, mit einer Maske in der Hand und einem Narrenzepter. Es soll Thackeray als Selbstporträt darstellen.


    Wie findet ihr Becky's Entwicklung?
    hat sie sich weiterentwickelt oder ist ihre Verhaltensweise gleich geblieben?


    In Kapitel 10 spricht der Erzähler von einer Veränderung:


    Sie war ein ganz andrer Mensch als das hochnäsige, schüchterne, unzufriedene kleine Mädchen, das wir früher kennengelernt haben. Diese Änderung ihres Wesens war ein Beweis für ihre Klugheit, für den aufrichtigen Wunsch, sich zu bessern, oder jedenfalls für ihren hohen moralischen Mut.


    schüchtern?
    setzt uns der Narr hier eine Maske auf? Dürfen wir dem glauben was der Narr erzählt? Der Anfangsbuchstabe im 10. Kapitel ist auch in einer Narrengestalt gebildet.


    immerhin sagt er weiter:


    Ob es nun das Herz war, das unserer Rebekka dieses neue System der Gefälligkeit und Demut diktierte, das soll ihre spägere Geschichte zeigen. Ein Mädchen von einundzwanzig Jahren wird selten ein System der Heuchelei auf Jahre hinaus befriedigend durchführen.


    wir dürfen also schon noch gespannt sein.


    [Briefkontakt zwischen Martha Crawley und Miss Pinkerton wegen Becky Sharp]:


    Miss Pinkerton empfiehlt 2 ihrer Schützlinge, eine davon, Miss Tuffin, ist hochintelligent, aber leider außerordentlich hübsch, somit eigentlich nicht zu empfehlen. Das arme Mädel, was nützt ihr dass sie Spanisch, Französisch, Griechisch, Latein, Hebräisch und sogar etwas Syrisch sprechen kann, von den anderen Fächern ganz zu schweigen.


    Mit 18 Jahren ein solches Wissen - ich staune!


    Aber ich denke Thackeray übertreibt hier bewußt: all das Wissen hilft ihr nicht, weil sie zu hübsch ist. :grmpf:


    Kapitel 11
    in ihren Briefen an Amelia erwähnt sie beiläufig, dass die Kleider die Amelia ihr schenkte bereits recht abgenutzt sind und sie armes Mädel sich keine neue Toilette leisten kann.
    Sie hält sich einige Türen offen, die gute Becky.


    aber wie bereits erwähnt, ich finde der Ton wird schärfer.
    Kommt es mir nur so vor, oder wechselt der Erzähler seine Identität? z.B. als Narr, da habe ich dann das Gefühl ihm nicht alles zu glauben bzw. vorsichtiger zu sein, was er mir sagen will. (siehe oben, Beckys' angebliche Änderung), manchmal als normaler Erzähler, manchmal als Mann und Bruder(??? Ende Kapitel 8).


    Ich steig da noch nicht ganz durch.


    Ich komme zu Kapitel 12.


    viele Grüße
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • PS: Ergänzung zu meinem obigen Beitrag:
    [Kapitel 11] "Arkadische Einfachheit"
    ich habe mal nachgeschaut was 'arkadisch' genau bedeutet und im Musiklexikon online fand ich folgende Erklärung:


    "Arkadien, arkadisch"
    Ursprünglich altgriechische Landschaft, im poetischen Sinne Land der Glückseligen, Schauplatz des idyllischen Hirten- bzw. Landlebens. / glückselig, idyllisch.


    vorgestellt wurde ja die Pfarrersfamilie, Ehrwürden Bute Crawley.


    Naja :zwinker:


    Gruß
    Maria

    In der Jugend ist die Hoffnung ein Regenbogen und in den grauen Jahren nur ein Nebenregenbogen des ersten. (Jean Paul F. Richter)

  • Hallo zusammen !


    Zitat

    Da aber der gesamte Etext erschien, konnte ich "Boggley Wollah" nicht finden.

    Danke ! Doch Boggley Wollah kommt vor, scheint es also tatsächlich gegeben zu haben (OT: unter Bearbeiten auf Suchen gehen, dann kann man Texte nach Begriffen durchsuchen).


    Zitat

    Hast du noch ein Beispiel zu Märchengestalt?


    In Kapitel 3 wird erzählt, dass Becky Tausenundeine Nacht gelesen hätte. Offensichtlich hat das ihre Phantasie beflügelt, auch Blaubart trägt zu illusionierenden Träumen bei. Auch Münchhausens Bohnenranke wird als Beispiel gebraucht, dass man sich auf derartige Phantasien nicht verlassen kann. Im 5. Kapitel erfahren wir schließlich, dass auch Dobbin Tausendundeine Nacht liest - das wirft ein interessantes Licht auf seine Beziehung zu Osborne. Dobbins erhält dann als Gratifikation den Roman Telemaque von Fenelon. Da begegnet uns ja wieder eine Sagenfigur, Telemachos, der Sohn Odysseus'.


    Diese Märchen haben eine sehr starke desillusionierende Wirkung.



    Zitat

    Kommt es mir nur so vor, oder wechselt der Erzähler seine Identität?


    Das wäre mir so nicht aufgefallen, obwohl mir die Erzählerposition schon etwas seltsam vorkam. Ich habe auch das Gefühl, dass der Erzähler nicht immer aus der Position Thackerays spricht. Manchmal ist er der Theaterleiter, dann der Narr, wie du schon sagtest, ein Plauderer oder eher ein Kritiker. Er scheint ein bißchen wie eine Extra-Figur zu sein. Ich werde weiter darauf achten.


    In diesem Zusammenhang fällt mir auch auf, dass die Position des Lesers ebenfalls thematisiert wird: eimal wird er als Frau, dann als Männer und Frauen, dann als Leser angesprochen. Beides, sowohl der Erzähler als auch die Leserposition sorgen auf jeden Fall dafür, dass der leichte Tonfall nie verloren geht.


    Zitat

    Wie findet ihr Becky's Entwicklung?


    Hm, ich bin mir nicht sicher, ob Becky nicht schon immer so war. Ja, bei Joseph war sie vielleicht nicht energisch genug, insofern lernt sie zumindest, was das Männerangeln betrifft dazu. Ich bin sehr gespannt, wie es mit Rawdon Crawley weitergeht Zumindest auf den Bildern hat er einen ähnlich imposanten Backenbart wie Osborne und scheint auch ähnlich eitel und dünkelhaft zu sein.


    Zitat

    Ende Kapitel 9 finden wir eine Karrikatur des Schriftstellers als kleiner Narr, mit süßer Nickelbrille, mit einer Maske in der Hand und einem Narrenzepter. Es soll Thackeray als Selbstporträt darstellen.

    Ja, sehr niedlich :breitgrins: Es soll wohl auch ein Hinweis sein, dass wir dem Erzähler nicht alles glauben sollen bzw. dass er in verschiedene Masken schlüpft.


    Dann bin ich ja schon wieder über einen lustigen Namen gestolpert: die Huddleston Fuddleston's :breitgrins: Also, lt. google gibt es ja tatsächlich die Familie Huddleston - unter Fuddleston finde ich aber nichts :breitgrins:


    Ist euch aufgefallen, dass sowohl Becky als auch Miss Crawley frankophil sind - und das in einer Zeit, als der Krieg tobt, was allerdings niemand sonderlich aufregt, wie uns der Erzähler ja gleich süffisant wissen läßt. : "Kein Wunder, wenn solche Neuigkeiten alle Herzen und Börsen erschütterten ! "(Kapitel 12) Auch der Brautkranz aus Orangenblüten kommt aus Frankreich.


    Ich fange jetzt auch mit dem 12. Kapitel an.


    Gruß von Steffi

  • Hallo Steffi, hallo Maria,


    entschuldigt bitte, wenn ich mich etwas rar gemacht habe. Ich hatte beruflich viel um die Ohren. Außerdem lese ich das Buch auf Englisch. Mir gehen da sicher einige sprachliche Feinheiten verloren, aber durch eure Kommentare werde ich doch auf einiges aufmerksam gemacht. DANKE!!


    Ich habe Beckys Auszug aus dem wohlbehüteten Heim ihrer Freundin und ihre harte Landung in der Gouvernantenrealität miterlebt. Lustig fand ich, dass sie ihren neuen Chef nicht gleich erkannt hat sondern ihn für einen Dienstboten hielt. Er muss wohl der leibhaftige Geiz sein. Die beiden Mädchen, die sie zu betreuen hat, scheinen ja auch nicht ganz ohne zu sein .....


    Im Moment bin ich bei der Schilderung der 2. Misses Crawley (oder heißt es Lady Crawley?) . Die alten Freunde hat sie nicht mehr, aber die Bekannten ihres Mannes schneiden sie, weil er unter Stand geheiratet hat. Aber der Autor hat kein Mitleid mit ihr.



    Bis bald!


    Erika


    :blume:

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  • Guten Abend!


    Vanity Fair - A Novel without a Hero


    So steht es in meiner Ausgabe. Aber eben bin ich über eine "heroine" gestolpert :zwinker:


    In Kapitel X (Miss Sharp begins to make friends) heißt es:


    "Are we to supose from this curiosity and prying into dictionaries, could our heroine (!!!!) suppose, that Mr Crawley was interested in her? - no, only in a friendly way. Have we not stated that he was attached to Lady Jane Sheepshanks?"


    Gruß
    Erika


    :blume:

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  • Hallo zusammen !


    Erika: Ja, die Heldin Becky - sicher ist dir das dazu passende Eingangsbild aufgefallen - ein Narr (= der Erzähler ?). Ich habe das Kapitel als ziemliche Satire gelesen, ich vermute mal, dass auch Becky, die bisher ja noch als recht normal geschildert wird, ihre dunklen Seiten hat. Jedenfalls die Anfangsszene mit dem Lexikon hat darauf hingedeutet.


    Inzwischen bin ich schon ein Stück weiter. Am Ende des 14. Kapitels habe ich mal wieder die armen Erstleser bedauert - vier Wochen warten, bis sich das Geheimnis auflöst - äußerst gemein !! Ich dagegen habe natürlich gleich weitergelesen :zwinker: Was soll man nun von der ganzen Sache halten ?


    Ich komme zum 19. Kapitel.


    Gruß von Steffi

  • Hallo zusammen


    Steffi,
    danke für die Auflistung der Märchengestalten. Ich versteh garnicht, dass mir das nicht auffiel, es ist so offensichtlich, wenn man es erkennt.


    Erika
    ich traue dem 'Narr' auch noch nicht so recht, als er Becky als Heldin tituliert. Außer man nimmt diesen Titel dazu her, weil sie die Hauptrolle in dem Stück inne hat?


    Im Kapitel 18 ist das Bild auch interessant, der Narr buckelt, verneigt, zieht seinen Hut vor Napoleon *grübel*


    dass Napoleon aus Elba ausgebüxt ist, scheint eine Wende in die Geschichte der Eitelkeit reinzubringen? Darf man hoffen, dass Osborne evtl. in den Krieg zieht und vernünftiger heimkommt?


    Zitat von "Steffi"

    Inzwischen bin ich schon ein Stück weiter. Am Ende des 14. Kapitels habe ich mal wieder die armen Erstleser bedauert - vier Wochen warten, bis sich das Geheimnis auflöst - äußerst gemein !! Ich dagegen habe natürlich gleich weitergelesen :zwinker: Was soll man nun von der ganzen Sache halten ?


    dann drück ich mich auch so vorsichtig aus, wie Steffi und warte bis Erika aufgeholt hat. Nur soviel: wie war ich überrascht über das Geheimnis.


    aber wie der Narr schon sagt:
    Wenn die Leute lediglich Vernunftehen schließen wollten, wie gefährlich wäre das für die Vermehrung der Bevölkerung! Kapitel 16 :breitgrins:


    Amelia macht mir Sorgen. Wie es mit ihr wohl weitergeht?


    bin kurz vor dem Ende des 18. Kapitels.


    Viele Grüße
    Maria

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  • Hallo zusammen !


    JMaria schrieb:

    Zitat

    Im Kapitel 18 ist das Bild auch interessant, der Narr buckelt, verneigt, zieht seinen Hut vor Napoleon *grübel*


    Darüber hab ich mir auch schon den Kopf zerbrochen. Schreibt nicht Thackeray irgendwo, ohne Napoleon wäre seine Geschichte gar nicht weitergegangen ? Könnte man die 100-Tage-Herrschaft nicht auch als ein Narrenstück bezeichnen ? Zumindest alle betroffenen Länder wurden genarrt, politisch und wirtschaftlich.


    Aufgrund diesen Gedanken überlege ich, wie es eigentlich mit der Gesellschaftskritik in diesem Roman bestellt ist. Wie seht ihr das ? Gerade diese Napoleongeschichte und auch die Situation Beckys ist doch, wenn man mal von der ganzen Satire und dem Spaß absieht, sehr direkt und offen. Nur dass seine Kritik eben nicht nur nach einer Seite geht, sondern die Narren in jeder Gesellschaftsschicht vertreten sind. Und dann zuckt Thackeray mit der Schulter und scheint zu sagen: " Da kann man nichts machen." Ob es wirklich so hoffnungslos weitergeht bzw. sind die anderen Ansätze (z.B. bei Th. Hardys Tess - der ja eher für eine Revolution plädiert) wirklich realistisch ?


    Gruß von Steffi

  • Hallo!


    Nach einem anstrengenden Wochenende (Jugendgottesdienst im Pfarrgarten) melde ich mich zurück. Ich habe das 11. Kapitel durchgelesen. Es ist beeindruckend, wie zielstrebig Becky vorgeht. Sie macht sich beliebt und unentbehrlich. Das geht zumindest in diesem Kapitle auf Kosten von Lady Crawley.


    Köstlich auch die Schilderung der Erbtante, die es sich mit ihrem Geld leisten kann, eine Philanthropin zu sein. Sie scheint der Gegenentwurf zu sein zu all den Heuchlern, die bisher aufgetreten sind.


    An einigen Stellen wird Mrs Bute Crawley als "blackfaced" charakterisiert. Leider habe ich in meinen Wörterbüchern keine befriedigende Übersetzung gefunden. Vielleicht könnt Ihr mir weiterhelfen. Es ist bei der Tanzszene, die in Beckys Brief beschrieben ist. (She is a little, blackfaced old woman in a turban). Ich fürchte, es ist kein schmeichelhafter Ausdruck. :zwinker:


    Gruß
    Erika


    :blume:

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