Re: Alterswerke

  • Zitat von "finsbury"


    *Manchmal kann ein bisschen Wahnsinn aber auch schön sein, wenn auch nicht für den Betroffenen, dann für sein Werk (Vgl. Hölderlins LYrik aus der Zeit der Umnachtung).


    Hallo finsbury,


    entschuldige, ist nur ein Einwurf: Ich finde die geistige Umnachtung für Hölderlin selbst weniger schlimm als für seine Um - und Nachwelt. Er wußte ja nichts mehr von seinem Zustand, bzw. fortschreitend immer weniger.
    Aber es stimmt schon, eine *verrückte* Wirklichkeit kann zu einer anderen, nicht minder stimmigen Weltsicht führen. Man sieht dies oft an wunderschönen Bildern von Schizophrenen.


    LG,
    Gitta

  • Hallo zusammen!


    Ich habe jetzt mal willkürlich einen Schnitt gemacht und Deinen Beitrag, Gitta, aus dem Fontane-Thread entfernt, weil wir uns von Fontane entfernen. Der Titel dieses Threads hier stammt von mir und ist natürlich ungeheuer originell :rollen:


    Ich kenne dieses Faszinosum "Bilder von schizophrenen Patienten" aus eigener Erfahrung. Auch Hölderlins Gedichte aus der Zeit seiner Umnachtung kenne ich. Auch diese ein Faszinosum. Heute allerdings muss ich ehrlich gestehen, sind mir bei Bildern wie bei Gedichten (auch bei Hölderlin!) die Produkte eines "normalen" Geisteszustandes lieber. Auch vom künstlerischen Standpunkt her finde ich sie bei weitem gelungener.


    Aber vielleicht sehen andere das anders?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen? - Karl Kraus

  • Zitat

    Nicht jeder profitiert von der Theorie, dass Kreativität und Geisteskrankheit Hand in Hand gehen – sie lässt die vielen kreativen Menschen, die glücklich und gut angepasst sind, empfinden, dass sie ihre Arbeit irgendwie nicht gut genug tun, wenn sie nicht ihr Hotelzimmer zerlegen oder nur malvenfarbenen Satin tragen. Sie mögen durch die Tatsache beruhigt werden, dass fast ausnahmslos niemand schwerwiegend erkrankt und dennoch kreativ ist. Alle Theorien, die Kreativität mit Geisteskrankheit verbinden sprechen wirklich nur von leichten Fällen – zum Beispiel eher psychotischen Zügen statt von andauernder Psychose.


    Schwere Geisteskrankheiten bringen oft bizarre Voreingenommenheiten und unflexibles Denken mit sich. Eine Studie, die den kreativen Prozess von normalen („normalen“) Dichtern und schizophrenen Dichtern vergleicht, zeigt, dass Schizophrene sich weigern, ihren anfänglichen Entwurf zu revidieren und unfähig sind, einen objektiven Blick auf ihr Werk zu werfen. Selbst abgesehen von solcher Starre, ist das Leiden, das mit Geisteskrankheit einhergeht, eine riesige Energieverschwendung, die den Leidenden von seiner kreativen Arbeit abhält. Wie die Lyrikerin Sylvia Plath sagte: „Wenn man verrückt ist, ist man damit beschäftigt, verrückt zu sein – immerzu ... Als ich verrückt war, war das alles, was ich war.“


    Alice W. Flaherty, Die Mitternachtskrankheit. Warum Schriftsteller schreiben müssen. Berlin: Autorenhaus 2004, S. 91.

  • War nicht Nietzsche einer der größten Gratwanderer zwischen Genie und Wahnsinn? Meiner Ansicht nach wohl. Meint FA

    Daß man gegen seine Handlungen keine Feigheit begeht! daß man sie nicht hinterdrein im Stiche läßt! - Der Gewissensbiß ist unanständig. - Friedrich Nietzsche - Götzen-Dämmerung, Spruch 10