Die Betrachtungen sind eine Auseinandersetzung mit seinem pazifistischen Bruder Heinrich und zeigen, wie weit voraus ihm sein Bruder (man vergleiche mit dessen 1915 erschienenen Essay Emile Zola) damals war.
Hallo Gontscharow,
auch wenn ich mir jetzt keine Freunde unter Humanisten und Gutmenschen mache: Der Pazifismus ist eine löbliche, letztlich aber naive Weltsicht. Das soll keineswegs Thomas Manns abstoßenden Bellizismus schönfärben, von dem Bruder Heinrich sich zurecht distanzierte. Wer wem im Denken voraus war, ist mE. keine Frage: Kurzfristig hat Heinrich die besseren Karten, denn mehr Friedfertigkeit hätte den 1. Weltkrieg vielleicht verhindert. Langfristig "siegt" jedoch der Skeptizist/Pessimist Thomas, denn der überwiegend angelsächsische Pazifismus der 30er Jahre hat Hitler zwar nicht ermöglicht, aber ermutigt.
Ob sich deshalb die "Betrachtungen ..." lohnen? Mich interessiert eher, in welche Tradition Thomas Mann sein Schaffen einreiht. Einiges habe ich bereits in den autobiografischen Schriften erfahren. Meine Lust, die "Betrachtungen ..." unter diesem Aspekt zu lesen, steigt.
LG
Tom