März 2003 - Elias Canetti: Die Blendung

  • Inhalt:


    Dieser Roman, 1935 in Wien zum erstenmal veröffentlicht, aber von ungünstigen Zeitumständen in seiner Wirkung behindert, ist auf Umwegen über England, Amerika und Frankreich, in die deutsche Literatur zurückgekehrt, in der er heute einen wichtigen Platz einnimmt. Wie Joyces "Ulysses", mit dem die Kritik Canettis Buch immer wieder verglichen hat, ist "Die Blendung" im Grunde eine mächtige Metapher für die Auseinandersetzung des Geistes mit der Wirklichkeit, für Glanz und Elend des einsam reflektierenden Menschen in der Welt. Protagonist der Handlung ist Kien, ein berühmter Sinologe, der in seiner 25 000 Bände umfassenden Bibliothek ein grotesk eigensinniges Höhlenleben führt. Seine Welt ist im Kopf, aber sein Kopf ist ohne Sinn für die Welt. Als Kien, von seiner Haushälterin zur Ehe verführt, mit den Konventionen und Tatsachen des alltäglichen Lebens konfrontiert wird, "rettet" er sich gewissermaßen in den Irrsinn.


    [Blockierte Grafik: http://www.literaturschock.de/pics/Covers/C/canetti01.jpg]


    Nobelpreisträger Elias Canetti


    Elias Canetti - Die Blendung (Buchvorstellung; Buch rezensieren)


    Elias Canetti - Die Blendung - Betrachtung von Büchern, Möbeln und Geld aus der Perspektive eines Masseverständnisses

  • hallo nimue,
    auch ich werde heute abend erst anfangen (und es wird schwer, die ZEIT so zu vernachlässigern ;-)).
    Bin aber sehr, sehr gespannt.
    gruss, adia

  • Hab's gestern nur bie S. 49 geschafft :redface: , aber immerhin!
    Die Motivation Kiens, der Haushälterin einen Heiratsantrag zu machen, ist mir nicht ganz klar geworden, aber da sollte der Leser wohl von vornherei nmerken, dass Kien nicht ganz richtig ist. Und ich denke ja, dass die Haushälterin sich aus Berechnung so liebevoll dem buch gegenüber vrhalten hat. Bin mal gespannt, ob da noch drauf eingegangen wird.
    Nach den ersten 50 Seiten kann ich aber schon mal sagen, dass ic hdoch froh bin, einen Feundeskreis zu haben und nicht NUR vor den Büchenr zu hängen. Vielleicht wird man automatisch so wie Kien?
    Die Überschriften zu den drei Teilen des Buches finde ich klug gewählt.


    Und dann ist mir etwas nicht klar: was bitte ist spaniolisch?
    Im Klappentext steht, dass Canetti Kind spaniolischer Eltern ist. Ist damit einfach spanisch gemeint, und der Autor hat sich in italien einen Sonnenbrand geholt (spagnolo), oder ist das ein besonderer Begriff, den klein adia nie gehört hat?
    Man darf gespannt sein.


    adia :smile:

  • Hallo adia,


    ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich das Buch noch gar nicht anfangen konnte. Gestern hatte ich Besuch und heute bin ich eben erst total k.o bei meinem Schatz angekommen. Morgen werde ich mich aber intensiv mit dem Buch beschäftigen!


    DAfür kann ich Dir aber mit dem Problem "spaniolisch" weiterhelfen.


    Spaniolisch bezieht sich auf die jüdische Spanier. Ich habe folgenden Text im Netz gefunden:


    "Als die sephardischen Juden im Jahr 1492 aus Spanien vertrieben wurden, fanden viele von ihnen Aufnahme im Osmanischen Reich. Ihre Sprache, Spaniolisch, ging eine Verbindung mit der Sprache ihrer neuen Heimat ein, wurde weiterentwickelt und von Generation zu Generation weitergegeben. Heute steht diese Sprache vor dem Aussterben. Der geistige Vater der Antologie, Dr. Robert Schild, der auch Autor bei der jüdischen Wochenzeitung „Salom" (Istanbul) ist, erklärt dies damit, daß seit dem 19. Jahrhundert die türkischen Juden es zunächst vorzogen, französisch, später vor allem türkisch zu sprechen. Und so ist Spaniolisch für die jungen Angehörigen der sephardischen Gemeinde in der Türkei die Sprache ihrer Großväter und -mütter. "


    Hilf Dir das weiter? :-)


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo nimue und adia !


    Da Canetti doch selbst Jude war, ist spaniolisch wohl eine biografische Anspielung. Ob seine Familie allerdings aus Spanien vertrieben wurde, weiss ich nicht, aber da er doch aus Bulgarien stammte, könnte es sein.


    Ich kenne seine 2 autobiographischen Romane "Die gerette Zunge" und "Fackel im Ohr". die finde ich sehr gut und spannend geschrieben. Ich bin schon gespannt, was ihr so über "Die Blendung" schreibt.


    Viel Spaß beim lesen !


    Gruß von
    Steffi

  • Ein freundliches Hallo
    an alle Forummitglieder.


    Möchte mich erstmal als MuschelSeele vorstellen
    und auch Interesse an "Die Blendung" ausdrücken.


    Hoffe mich in eure Gemeinschaft gut einzufinden.


    Ich freue mich schon auf´s gemeinsame Lesen.


    Bis bald,
    MuschelSeele

    Jede Kehrseite hat ihre Kehrseite.

  • Hallihallo,


    Zitat von "Steffi"

    Da Canetti doch selbst Jude war, ist spaniolisch wohl eine biografische Anspielung. Ob seine Familie allerdings aus Spanien vertrieben wurde, weiss ich nicht, aber da er doch aus Bulgarien stammte, könnte es sein.


    Leider bin ich immer noch nicht sehr weit, weil wir gestern erstmal bei meinem Schatz die Bude umräumen mussten (er kriegt einen neuen Fernseher und muss deshalb umbauen :rollen: *g* ) ABer vielleicht finde ich im Laufe der Zeit mehr darüber heraus.


    Obwohl ich noch recht am Anfang bin, gefällt mir das Buch bisher sehr gut. Ich kann mich einerseits so richtig in die Hauptperson reinfühlen - ist er doch ein bibliophiler, der in seiner Leidenschaft nicht übertroffen werden kann. Am Glücklichsten ist er mit seinen Büchern (und ich bin so froh wie adia, dass sich das bei mir noch nicht in diese fanatischen Ausmaße bewegt hat).


    Jetzt würde mich aber mal interessieren, ob hier vielleicht noch jemand Romane kennt, die sich mit dem Thema Buch beschäftigen. Mir fällt außer der Blendung eigentlich nur noch "Endlich Nichtleser" ein (das ich aber auch noch nicht gelesen habe).


    Zitat von "MuschelSeele"

    Möchte mich erstmal als MuschelSeele vorstellen
    und auch Interesse an "Die Blendung" ausdrücken.


    Herzlich Willkommen in unserem Forum! :winken:
    Schön, dass Du auch schon ein Buch hier gefunden hast, das Du mit uns lesen möchtest. Ich selbst bin auch erst auf Seite 25, weshalb Du noch sehr gut einsteigen kannst. Hast Du das Buch denn schon? Falls nicht und falls Du es bei Amazon bestellst, würde ich mich für das Klassikerforum über einen Kauf per Partnerschaftslink freuen. :smile:


    Liebe Grüße
    nimue

  • Hallo Nimue


    Zitat

    Jetzt würde mich aber mal interessieren, ob hier vielleicht noch jemand Romane kennt, die sich mit dem Thema Buch beschäftigen.


    Zum "Thema Buch" in Romanen oder vielmehr "obsessive Leser" fallen mir spontan ein:


    -"Don Quijote" von Cervantes.
    Wohlbekannt. Exzellente Darstellung der Gefahren, die Leib und Leben durch übermäßiges Lesen und daraus resultierender Identitätsprobleme drohen :breitgrins:


    -"Anton Reiser" von Karl Philipp Moritz.
    Auch er ein unersättlicher Leser. Identifiziert sich sehr mit den Helden seiner Bücher, z. B. Goethes Werther, den Dramen des Sturm und Drang oder mit Shakespears Figuren.


    - "Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman" von Wilhelm Genazino.
    Ganz aktuell. Auch der Protagonist dieses Romans ist ein Literaturfreak und denkt immer nur ans Lesen und Schreiben.


    Viele Grüße
    ikarus

    "Der Umgang mit Büchern bringt die Leute um den Verstand" (Erasmus von Rotterdam)

  • Hallo an alle,
    (da das Thema ja doch mehr Leute zu interessieren scheint, als ich dachte),
    erst mal danke nimue und steffi, dass ihr mir helfen konntet, den begriff spaniolisch zu klären. ist mir doch irgendwie peinlich, dass ich den nicht kannte.
    und danke ikarus für die tollen büchertips. genazino reizt mich sowieso.
    und hallo muschelseele! wär schön, wenn du auch mitmachst.


    Jetzt aber mal zum buch!


    Ich habe es inzwischen geschafft, den ersten teil fertig zu lesen, und was mich besonders bedrückt hat, war die art und weise, wie kien nach und nach aus seiner wohnung herausgedrängt wird. das hat mich ein wenig an kafkas verwandlung erinnert, ist es dir auch so gegangen, nimue?


    ansonsten finde ich spannend, wie canetti auch die nebenfiguren charakterisiert, z. b. diesen ehemaligen polizisten, dessen namen ich vergessen habe. oder dieser trauzeuge. menschen, die vielleicht in der geschichte selbst keine grössere rolle mehr spielen werden.


    bis dann, adia :winken:

  • Hallo,


    habe eben mit Lesen angefangen. Meine ersten Eindrücke geb ich Morgen ab. Jetzt brauch ich erstmal Augenpflege.


    Mir fällt noch ein Buchtitel ein, in dem das Thema Bibliophilie nebenbei recht nett für Kinder erläutert wird. In Jostein Gaarder und Klaus Hagerup - Bibbi Bokkens magische Bibliothek. Da leckt sich eine Frau sogar ihre Lippen und "sabbert" vor einem Bücherregal.


    Auch im Steppenwolf zeigt sich eine zur Einsamkeit und Bücherversessenheit neigender Charakter.


    Gruß,
    MuschelSeele

    Jede Kehrseite hat ihre Kehrseite.

  • Moin, Moin!


    Über Buch und Leser in Büchern, also Bibliomanika, kann ich mich gar nicht genug auslassen. Alles rund um die Bibliomanie ist mein Haus- und Magenthema. Um so dankbarer bin ich ikarus für den Hinweis auf Wilhelm Genazinos "Eine Frau, eine Wohnung, ein Roman", das mir völlig. Ich möchte auf meine <a href="http://www.bibliomaniac.de/bfb/">Bibliografie</a> hinweisen, wo unter der Rubrik Romane/Erzählungen weitere Bücher gelistet sind. Kommen mir neuen Bücher unter, erwähne ich sie mit Sicherheit auch in meinem Weblog <a href="http://www.bibliomaniac.de/log/">Lesefieber</a>, bevor ich sie in die Bibliografie verfrachte.

  • Hallo Mitlesende,


    kam bisher nur dazu den Spaziergang, das Geheimnis und das Konfuzius Kapitel zu lesen.
    Hänge also noch etwas hinterher.
    Die schon anfangs herausgearbeitete Zuschreibung von Kien als Wissenschaftler, dessen Ziel und Gegenstand die Wahrheit darstellt, wurde gleich im Spaziergang Kapitel zwei Mal entwertet und der Lüge entlarvt. Einmal verspricht er dem Jungen Franz Metzger, dass er ihn in seine Bibliothek einlass gewährt, was sich ja später als unmöglich erweist.
    Schließlich arbeitet er ja immer und da könne er dem "Nachwuchs" keine Möglichkeiten bieten.
    Und als ihm ein "Fehler" mit seinen Bücher unterläuft (fallen lassen), da stellt er die Sachlage anders da, als sie war, um sein Gesicht (Wissenschaftlichen Geltungsanspruch) zu wahren.


    Dass Kien so plötzlich Bereitschaft zeigt, die Haushälterin zu ehelichen, könnte ich mir durch sein Ohnmachtsgefühl im Alptraum erklären.
    Hier merkt er, dass er seine Bücher nicht alleine verteidigen kann.
    Was nutzen geistige Errungenschaften, wenn niemand sie erhält?


    Besonders gefallen hat mir sein Dummheiten Buch.
    Um zu vergessen, wird sorgfältig dokumentiert.


    Hoffe Morgen etwa aufzuholen,
    Schöne Grüsse,
    MuschelSeele

  • Hallihallo,


    leider bin ich immer noch nicht sehr weit: Erst auf Seite 61, womit ich zu
    dem Kapitel "Blendende Möbel" komme.


    Eigentlich lässt sich das Buch sehr flott lesen, aber so richtig einfinden
    konnte ich mich noch nicht. Die Welt im Kopf von Kien ist ja wirklich sehr
    abstrakt. Seine Haushälterin Therese - nun seine Frau - ist ein dummes,
    manipulatives Biest. Was hat sie wohl dazu bewogen, ihn so weit zu bringen, dass er
    sie heiratet? Das Geld kann es nicht gewesen sein, da es sie 8 Jahre lang
    nicht gelockt hat. War es also nur die mutwillige Manipulation "Dem zeige ich,
    wie der Hase läuft?".


    Kien setzt den Wert seiner Bücher höher als den der Menschen an. Da ist es
    für ihn nur logisch, jemanden zu heiraten, der Bücher angeblich noch mehr
    achtet als er selbst. Sogar "ausgestoßene" Bücher, die er selbst keines Blickes
    mehr würdigt, behandelt die "gute" Therese wie Kostbarkeiten. Wie sehr stürzt
    dann seine eigene Welt ein, als ihm klar wird, dass sie nur ein Spiel mit ihm
    gespielt hat.


    Das Dummheitenbuch hat mir übrigens auch sehr gut gefallen :klatschen:


    Liebe Grüße
    nimue

  • Also ich bin jetzt halb durch, und ich finde es immer schwieriger, mich wieder dran zu setzen.
    Mit den Ausführungen warte ich jetzt aber lieber, bis ihr ein wenig aufgeholt habt :zwinker:
    bis dann, adia
    (kann sein, dass ich erst mo wieder online bin...)

  • Meine Schwester feierte heute ihren 28zigsten.


    Habe nur heute Morgen das Muschelkapitel flink gelesen.
    Hatte tagsüber Trubel von allen Seiten.


    Verzeiht bitte, dass ich noch nicht weiter komme.


    Viel Lesefreude
    wünscht
    MuschelSeele

    Jede Kehrseite hat ihre Kehrseite.

  • Hallo ihr beiden,


    ich muss mich jetzt echt entschuldigen. Ich komme mit dem Buch einfach nicht voran. Inzwischen bin ich auf Seite 80 und es gefällt mir eigentlich sogar ganz gut, aber mein Studium lässt mir mal wieder fast keine Zeit. Und ehrlich gesagt, brauche ich oft einfach etwas seichteres. Morgens auf der Zugfahrt (wenn meine Gehirnwindungen noch nicht verstopft sind *g*), lese ich die Blendung, aber für die Heimfahrt nach den Vorlesungen reicht es schon nicht mehr.


    Ich werde das Buch auf jeden Fall weiterlesen, allerdings weiss ich nicht, wie ich mich an den Diskussionen darüber beteiligen kann, weil ich wohl sehr viel langsamer als ihr bin. Ich hoffe, das macht euch nichts aus?


    Liebe Grüße
    nimue

  • Ich bin seit gestern abend durch, und verdammt erleichtert darüber. ich will jetzt nicht vorgreifen und euch die überraschungen verderben, werde aber weiterhin hier reinschauen und mit euch darüber diskutieren, wenn ihr mögt.
    der letzte teil hat mich übrigesn wieder ein wenig mit dem buch versöhnt, obwohl ein wirkliches 'lesevergnügen' bei mir nie aufgekommen ist.
    adia