Erstmal dankeschön für die Glückwünsche 
Also, die erste Stelle bei den "Flüchtlingsgesprächen", die mir so richtig ins Auge gestochen ist, ist folgende:
Niemand wird es mit Überraschung aufnehmen, wenn er hört, dass ein unbedeutender Mensch die Absicht hat, der Mitwelt einen Bericht über seine Erlebnisse, Meinungen und Ziele abzustatten. Aber ich hab diese Absicht und bin ein unbedeutender Mensch. [...] Sie meinen mit einem schlagartigen Überfall aus dem Hinterhalt an einem Punkt, wo der Feind, der Leser, träumerisch dahintrottet und es versäumt hat, sich rechtzeitig in Verteidigungszustand zu setzen?
Letztes Jahr haben wir in der Schule die "Mutter Courage" gelesen und schon da fand ich es wirklich beeindruckend und spannend, wie Brecht es schafft, das ganze so zu verfremden, dass der "aufmerksame Leser" gegen Ende eine regelrechte Abneigung gegenüber der Protagonistin entwickelt. Bei den Flüchtlingsgesprächen bringt Brecht, meiner Meinung nach, seine gesamte Intention und die Theorie des V-Effekts in diese drei sätze mit ein. Genau an diesem Punkt (Kapitel 2) hab ich wirklich angefangen, mir Gedanken zu machen, ob ich alles gutheißen kann, was die Flüchtling so sagen.
Sehr viel weiter bin ich noch gar nicht gekommen, aber ich sehe diesen Abschnitt des Buches als eine Warnung Brechts, die Gedanken und Thesen der Flüchtlinge nicht einfach so zu akzeptieren und hinzunehmen, sondern auch mal zu hinterfragen und ihnen evtl. auch zu widersprechen.
Interessant finde ich auch, dass Ziffel den Leser als "Feind" bezeichnet. Auch Brecht hatte ja Angst davor, dass der Leser sich zu sehr in die Situationen seiner Protagonisten hineinversetzt und dadurch, aufgrund des Mitleids und der Anteilnahme, nicht mehr neutral über sie und ihre Handlungen richten kann.
Ich bemühe mich jetzt, das Buch möglichst schnell zu Ende zu lesen :redface: und werde euch dann meinen Gesamteindruck mitteilen.
LG
Mrs. Dalloway