Beiträge von Zefira

    Ah, gut dass Du mch daran erinnerst, finsbury.
    Wenn Du möchtest, können wir Anfang nächster Woche starten oder auch schon am Wochenende, oder geht dir das jetzt zu schnell?. Ich verreise Ende Mai und wäre gern vorher damit durch, auf die Reise kann ich den dicken Brocken nicht mitnehmen.
    Welche Übersetzung hast du? Ich habe lange zwischen zwei neueren Übersetzungen geschwankt und mich dann für die von Rathjen entschieden, nicht zuletzt wegen der schönen Holzschnitte.

    Ich lese im Moment immens viel wegen meiner beiden OPs an den Füßen; die erste war im November, die zweite jetzt vor drei Wochen, und ich darf nur wenig herumlaufen - eigentlich liege ich fast nur auf dem Sofa. Neben unseren schönen Klassikern hier ziehe ich mir zwischendurch geliehene Krimis in endloser Reihe rein. <X

    Ich habe Flauberts "Reisetagebuch aus Ägypten" vorhin fertig gelesen - endlich fertig; großen Spaß hatte ich nicht.


    Flaubert hat seine Ägyptenreise angetreten, als er 28 war, zu seiner Zeit, als weite Reisen zumindest für Franzosen nicht gerade üblich waren. Wenn ich es richtig verstanden habe, geht die Reise den Nil hinauf bis nach Abu Simbel; die Tempelanlage befand sich damals noch am Nil. Flaubert schreibt das Datum nicht immer auf, aber wenn er es tut, hat man den Eindruck, dass er fast täglich Aufzeichnungen macht. Er notiert Eindrücke von Menschen und Landschaften, die oft völlig unverbunden nebeneinander stehen, und zwar in einem typischen gewissenhaften, aber meistens völlig unpersönlichen Stil, fast ohne jede eigene Stellungnahme. Obwohl er im letzten Drittel einmal schreibt, dass die Pyramiden und Tempelanlagen ihn "fürchterlich langweilen", sind seine Beschreibungen speziell von Tempeln oft derart besessen genau, dass man eine Zeichnung danach machen könnte - besonders unterhaltsam zu lesen ist das meist nicht, und auch da, wo er schlaglichtartig Beobachtungen hintereinander reiht, wird er mit der Zeit ermüdend.


    Beispiel: "Endloser Spaziergang auf der Ezbekije mit Lubert und Bekir. Furcht dieser Herren, sich zu kompromittieren. Welch ein dummes und trauriges Leben! Der Sohn des Scherifs von Mekka mt seinem ganzen Gefolge zu Pferde, Kaschmirturban, grünber Kaftan, kaffeefarbiger Teint. Diner; Unterhaltung mehr als leicht, dann sozial-philosophisch; muss die Gesellschaft wenig amüsiert haben." In seinem Nachwort zu meiner Ausgabe schreibt Wolfgang Koeppen, dass Flaubert in späteren Jahren seinen Freunden manchmal aus den Reisetagebüchern vorgelesen habe. Dann werden sie an solchen Stellen vermutlich nachgefragt haben und Flaubert hat sich erinnert - für den Leser, der mit solchen knappen Schilderungen stehen gelassen wird, bleibt bloße Spekulation, was da genau passiert sein könnte.


    Wirklich großartig sind die Landschaftsschilderungen, und hier kann man auch so etwas wie innere Teilnahme bemerken, während Flaubert sonst seine typische Kälte der Beobachtung bewahrt. Sklavenmärkte, Kinderprostitution, Tierquälerei und sonstiges Elend schildert er völlig unbeteiligt. Was speziell Tiere betrifft, muss ich sagen, mir ging die dauernde Schießerei nach einiger Zeit sehr auf den Senkel. Auf jedes Krokodil, jeden Reiher, jeden Schakal wird angelegt und geknallt; ein harmloses Chamäleon, das auf einer Tempelmauer sitzt, im Vorübergehen so nebenher totgeschlagen. Zu einigen - wenn auch seltenen - Anlässen taucht auch der typische Flaubertsche Hochmut auf: "Steine, die so viele Menschen beschäftigt und so viele Leute herbeigelockt haben, betrachtet man nicht ohne Vergnügen. Wie viele Blicke kleiner Spießer haben sich nicht zu ihnen erhoben! Jeder hat sein bisschen Meinung dazu abgegeben und ist weitergegangen." So etwas kann natürlich nur von Flaubert kommen.


    Ich habe eben gesehen, dass es bei Gutenberg auch ein Reisetagebuch aus der Bretagne gibt. Da werde ich auf jeden Fall noch hineinschauen; vermutlich finde ich da besseren Zugang als zu dem ägyptischen Tagebuch. (Dass mich letzteres so kalt gelassen hat, liegt z.T. sicher auch an meinem Widerwillen gegen dieses Land überhaupt, das ich selbst nie bereisen möchte.)

    Ich habe absichtlich den Thread "Reisetagebuch" betitelt, für den Fall, dass jemand zu Flauberts anderen Tagebüchern noch etwas sagen möchte. Bei Julian Barnes ("Flauberts Papagei") habe ich gelesen, dass Flaubert etliche längere Reisen gemacht hat.

    sandhofer: Otranto ist von Horace Walpole, der wesentlich früher gelebt hat (erschienen 1764). Ich weiß nicht, ob die beiden Walpoles verwandt sind.


    ps. Ich habe noch einmal nachgesehen: Auf der englischsprachigen Wiki-Seite steht tatsächlich, dass Horace Walpole ein Vorfahr von Hugh Walpole gewesen sei.
    Dort steht übrigens auch, dass Hugh Walpole homosexuell war. In "Der Täter und der Tote" gibt es einige subtile Hinweise auf homosexuelle Beziehungen.

    Ich habe einen frühen "Mystery" gelesen, "Der Täter und der Tote" (im Original: "The Killer And The Slain") von Hugh Walpole, erschienen erstmals 1942 aus Walpoles Nachlass (er starb 1941). Das Thema ist eine Variante des Jekyll & Hyde-Motivs. Der ermpfindsame, um nicht zu sagen zimperliche Schriftsteller und Antiquitätenhändler John Talbot fühlt sich verfolgt von dem vulgären, lebensprallen James Tunstall, den er seit seiner Schulzeit kennt. Nachdem er Tunstall auf recht geschickte Weise ermordet hat - es sieht wie ein Unfall aus und niemand verdächtigt ihn -, nimmt er zu seinem eigenen Entsetzen nach und nach die Züge des verhassten Gegners an. Das geht soweit, dass er sogar Erinnerungen des Toten als seine eigenen erzählt.


    Interessant an dem Buch, das Walpole Henry James gewidmet hat (mit dem er persönlich bekannt war), ist der Stil: Während Talbots Verwandlung in Tunstall wandelt sich die Erzählstimme in gleicher Weise. Immer wieder beschäftigen sich die Gedanken des Erzählers mit Hitler: Während dem Engländer Talbot Hitlers Politik verhasst war, äußert er in Gestalt seines alter ego Tunstall Verständnis. "Ich sagte, dass wir (gemeint sind die Briten) in Wirklichkeit eine Nation von Heuchlern seien . Welches Recht wir hätten, Deutschland an seiner Ausbreitung zu hindern? Wir besaßen ja schon mehr als den halben Globus - und wie hätten wir das erreicht? Durch Plünderung, Raub, Unterjochung von Eingeborenen. Ich für meinen Teil hielte Hitler für einen feinen Kerl. (...) Er sei klug und wisse, was er wolle, während wir borniert und dekadent seien." Das ist nur einer unter vielen derartgen Absätzen.


    Zudem bewirkt die konsequente Ich-Perspektive, dass der Leser nicht anders kann, als alles in Frage zu stellen. Wenn Talbot so offensichtlich verrückt geworden ist, wie wahrheitsgetreu kann dann seine Darstellung des Fieslings Tunstall sein? Das Buch ist äußerst vielschichtig. Dem heutigen erfahrenen Mystery-Leser ist natürlich klar, wo die Handlung hinsteuert, aber das mag für Walpoles Zeitgenossen noch nicht gegolten haben. Auf dem Weg in die Schlusskatastrophe gibt es einige überraschende, sogar pikante Wendungen.


    Walpole hat eine Menge Romane geschrieben, die heute aber kaum noch zu bekommen sind. Meine Ausgabe ist 1991 in der "Du Monts Bibliothek des Phantastischen" erschienen.

    Mein Vater hat selbst Regale gebaut aus Kiefernholzbrettern und einfachen Stahlwinkeln. Ich benutze die noch, sie stehen im Kellerflur, besonders schön sind sie nicht, erfüllen aber ihren Zweck.

    Gestern habe ich gelesen, dass Baumärkte ums Überleben kämpfen, weil die Kunden zunehmend nicht mehr in der Lage seien, auch nur einen Nagel gerade in die Wand zu schlagen. Deshalb bieten Baumärkte zunehmend Schulungen an bzw. präsentieren Lehrfilmchen auf Youtube. Da findet sich bestimmt was, wenn man danach sucht.

    Ich habe gestern mit Flauberts Reisetagebuch aus Ägypten angefangen. Das Tagebuch beginnt im Oktober 1949 mit Flauberts Abreise aus Croisset, wo er damals mit seiner Mutter wohnte. Die Reise geht über Paris und Marseille Richtung Alexandria und dann weiter südwärts. Flaubert wurde begleitet von seinem engen Freund Maxime du Camp, den er häufig erwähnt. Auch sonst hat er unterwegs wohl eine Menge Bekannte getroffen; das Buch wimmelt von Namen und Bezeichnungen, die mir überhaupt nichts sagen, und leider gibt es in meiner Ausgabe keine erklärenden Fußnoten.

    Flauberts Beobachtungsgabe ist außerordentlich, immer wieder notiert er winzige, sehr sprechende Kleinigkeiten - Gesten, Satzfetzen, Wetterphänomene u.a., die ihm aufgefallen sind, und zwar oft nur stichwortartig. Ein gewisser Hang zur Schweinigelei, der (soweit mir bekannt) auch in seinen Privatbriefen öfter mal durchklang, ist auch aus dem Tagebuch ersichtlich. Wo von Geschlechtsteilen bzw. deren Gebrauch die Rede ist, stehen im Tagebuch drei Pünktchen - ich habe keine Ahnung, ob er die selbst so gesetzt hat oder sein Übersetzer, vielleicht finde ich es noch heraus. Hin und wieder beschäftigt er sich eingehend mit dem Thema ...

    Edit, eben sehe ich, dass das Namens- und Wortregister am Ende des Buches zugleich auch ein Glossar ist, Gott sei Dank.. "Die Ezbekiji" zum Beispiel ist eine Parkanlage in Kairo, ein "Sais" ist ein Fremdenführer. Jetzt erschließt sich manches. Meine Ausgabe ist eine Buchgemeinschaftsausgabe aus einer "Bibliothek klassischer Reiseberichte", übersetzt von E.W.Fischer mit einem Nachwort von Wolfgang Koeppen. Im Text eingestreut sind einige Illustrationen, Wiedergaben alter Zeichnungen von ägyptischen Landschaften.

    Wem sagst Du das! Ich fand im Bücherschrank meiner Eltern eine Ausgabe des "Verlorenen Mädchens" von D.H. Lawrence, die ich als Dreizehnjährige mit viel Freude gelesen hatte, und ich hätte sie liebend gern behalten - aber wenn sich ein Buch wirklich in eine Loseblattsammlung verwandelt, was soll man machen? Ich habe mir eine andere Ausgabe antiquarisch gekauft. (Bei erneutem Lesen, fasz 40 Jahre später, stellte sich heraus, dass mir genau die Stellen am besten gefielen, die ich als Jugendliche ein wenig langweilig fand.)

    Also mit Staub hab ich wenig Probleme, ich wische halt ab und zu mit dem Swiffer und fahre mit der Feinstaubdüse oben über die Bücher (letzteres vielleicht zwei-, dreimal im Jahr).

    So sehr staubig werden die Bücher nicht, weil ich immer wieder drin herumwühle - mir macht es Spaß, die Bücher zu befummeln.

    Wichtig ist aber bei mir, mindestens einmal im Jahr die Regalböden rumzudrehen, wenn sie sichtbar durchhängen. Der Anblick regt mich immer auf. Wenn ich sie rumgedreht habe, wölben sie sich in der Mitte etwas nach oben und das gleicht sich dann durch Belastung nach und nach aus.


    Ein Problem sind übrigens bei mir uralte Taschenbücher, die beim Aufschlagen zerfallen. Habt ihr das auch? Ich habe mehrmals Bücher (hauptsächlich aus dem Fischer Verlag, die ich geerbt hatte) entsorgen müssen, weil sie in in einzelne Blätter auseinanderfluselten.

    Es ist ja grundsätzlich erstmal ne Platzfrage, wir haben halt sehr viel Platz.

    Meine Töchter lesen auch sehr gerne, aber da sie beide in Zweizimmerwohnungen leben, können sich nur je ein kleines Regal erlauben. Da werden Bücher geliehen oder nach dem Lesen vertauscht.

    Irgendwann werden auch wir uns wahrscheinlich einschränken, schon aus Altersgründen, und da wird es bei uns eine Menge geben, wovon wor uns schweren Herzens trennen müssen. Nicht nur Bücher. Ich habe zum Beispiel fünf Spinnräder ... :saint:

    Ich habe (nach oberflächlicher Schätzung) um die 3000 Bücher. Darunter eine große Sammlung an Fantasy-Taschenbüchern, die mein Göttergatte gekauft hat, aber zum Großteil noch nicht gelesen - eine Sammlung Literatur der klassischen Phantastik, die mir lieb und teuer ist - und die geerbte Bibliothek meiner Eltern.

    Was für Bücher ich selbst habe und wo sie jeweils stehen, weiß ich ziemlich gut, aber über die geerbte Bibliothek habe ich keinen genauen Überblick. Im Augenblick bin ich dabei, alles zu durchforsten und je nach Erhaltungszustand wegzuwerfen oder zu spenden, was ich nicht behalten will.
    Da ich, wie gesagt, recht gut Bescheid weiß, was ich habe und wo es einsortiert ist, brauche ich keine Datenbank. Vor sechs oder sieben Jahren habe ich angefangen, ein kurzes Lesetagebuch zu führen, weil ich wissen wollte, in welchem Verhältnis Erst- und Zweitlektüre bei mir stehen. Ich vermerke alle gelesenen Bücher (auch abgebrochene) in einer Excel-Liste und schreibe jeweils ein paar Worte dazu. Ich mag gern Krimis, aber die meisten sind so grottenschlecht, dass ich schon nach vier, fünf Seiten abbreche. Deshalb lade ich mir meine Krimis aus der Onleihe runter und mache mir Vermerke ins Lesetagebuch, damit ich den Überblick behalte, welche Autoren ich evtl. mag und welche nicht. Tatsächlich gibt es auch im Krimigenre richtig gute Bücher, aber sie sind nicht leicht zu finden.
    Ebooks kaufen vermeide ich, das ist mir zu windig. Wenn ich ein Buch bleibend haben will, bestelle ich es, evtl. gebraucht, falls möglich. Aber für die Onleihe ist der Reader super, möchte ich nicht missen. Und auch für die Klassiker bei Gutenberg.

    Da hier auch Klassiker genannt werden, die nach 1900 geboren sind, möchte ich Johan Borgen (1906 bis 1979) erwähnen.

    Ich habe zufällig in einem Offenen Bücherschrank seinen Roman "Lillelord" gefunden, den ersten Teil einer Trilogie um den Osloer (damals noch Kristiania) Wilfred Sagen. Das war einer dieser Zufallsfunde, für die ich die Offenen Schränke liebe - man nimmt ein Buch probehalber mit, weil Titelbild oder Klappentext irgendwie reizen - kostet ja nix -, und entdeckt ein Juwel.

    Dieser erste Band hat mich derart tief beeindruckt, dass ich mir die beiden Folgebände "Die dunklen Quellen" und "Wir haben ihn nun" gekauft habe - sie erreichen m.M.n. allerdings nicht die stilistische Meisterschaft des ersten Bandes. Leseempfehlung.

    Ich kannte mal einen Kleinverleger, der zusammen mit einer Literaturprofessorin in Freiburg eine Buchreihe gestartet hat, die sich vergessenen oder wenig gewürdigten Autorinnen widmete. Ich erinnere mich im Moment nur noch an Helene Böhlau, deren Romane "Der Rangierbahnhof" und "Halbtier!" in dieser Reihe aufgelegt wurden. Beides sind frühe Emanzipationsromane, "Halbtier!" ist m.M.n. mit seiner ausufernden Dramatik, die wir heute als kitschig empfinden, der schwächere, aber "Der Rangierbahnhof" ist heute noch lesenswert.

    Edit, und da ich schon mit frühen Emanzipationsromanen angefangen habe, möchte ich auch ausdrücklich "Aus guter Familie" von Gabriele Reuter noch einmal empfehlen. Ich glaube, es hier schon vorgestellt zu haben. Das Buch ist, obwohl es in einer Welt spielt, die uns heute recht fremd geworden ist, stilistisch erstaunlich modern.

    Ich habe früher mal Hörbücher gehört (jetzt schon sehr lange nicht mehr) und hatte damals meine Freude an einer Winnetou-Lesung, die ich bei Librivox runtergeladen hatte. Die Sprecher waren, soweit ich mich erinnere, Studenten, die die Lesung aus Spaß an der Freud gemeinsam durchgezogen hatten, und die meisten, wenn nicht alle, hatten einen ausgesprochen sächsischen Zungenschlag. Ich habe die Lesung aber nicht bis zu Ende gehört.

    Oh, das ist ein Buch, das bei mir seit 20 Jahren oder mehr ungelesen im Regal steht. So ein Flohmarktkauf, den man mitnimmt und für "irgendwann" weglegt.
    Dann werde ich mich demnächst mal darüber hermachen. Danke für die Empfehlung!
    (Von Sologub kenne ich mindestens eine Gruselgeschichte. Weiß im Moment nicht den Titel, erinnere mich aber, dass der Name in einer meiner Gruselanthologien auftaucht.)


    Edit: ich habe mein "Teufelchen" herausgesucht, es ist nicht von Sologub, sondern von Alexej Remisow ... Verwechslung also.

    „Das Teufelsschiff“ (wörtliche Titelübersetzung: Die Arbeiter des Meeres) ist laut Vorwort der dritte Teil einer Trilogie über die Gewalten, denen der Mensch ausgesetzt ist. Teil 1 „Der Glöckner von Notre Dame“ widmete sich dem Dogma, Teil 2 „Die Elenden“ dem Gesetz und den gesellschaftlichen Regeln. Im „Teufelsschiff“ nun soll es um die Natur gehen.

    Der Roman spielt auf der Kanalinsel Guernsey. Die Hauptfigur ist ein Fischer namens Gilliatt, ein nachdenklicher Außenseiter in seinem Dorf und unsterblich in die hübsche Déruchette verliebt, die bei ihrem Onkel lebt. Dieser Onkel ist Eigentümer des Dampfschiffs Durande, das als hauptsächliches Transportschiff zwischen der Insel und dem Festland für alle Dorfbewohner wichtig ist. Durch ein absichtliches Manöver des verbrecherischen Schiffsführers Clubin läuft die Durande eines Tages auf einer Klippe auf und bricht auseinander, die Dampfmaschine jedoch bleibt an den Klippen hängen. Darauf verspricht Déruchette ganz offen demjenigen die Ehe, der die Maschine wieder an Land schafft – ein seltsam märchenhafter Zug in dem realistisch-naturalistischen Roman.

    Gilliatt macht sich heimlich auf den Weg und versucht die Maschine zu bergen – eine wochenlange Aktion, die übermenschliche Kraft und Todesverachtung erfordert. Während dieses Zeitraums verbleibt Gilliatt in einem selbstgebauten Unterschlupf auf der Klippe, ernährt sich von Krabben und Muscheln und trinkt Regenwasser, nachdem ihm der Proviant ausgegangen ist. Ich musste beim Lesen mehrmals an „Moby Dick“ denken, einmal wegen Gilliatts letztlich ungenügend motivierter Besessenheit (er kennt das Mädchen kaum), zum anderen wegen eines lang und breit erzählten Kampfs mit einem Riesenkraken am Ende der Bergungsaktion.

    Der Einzelgänger Gilliatt, den in seinem Dorf niemand mag (er wird sogar der Hexerei beschuldigt), ist ein durch und durch romantischer Held. Seine Verliebtheit in Déruchette stützt sich lediglich darauf, dass sie hübsch ist und einmal spielerisch seinen Namen in den Schnee geschrieben hat. Vermutlich hat sie sich gar nichts dabei gedacht. Nachdem er nämlich unter schwersten Bedingungen und Einsatz seines Lebens die Maschine geborgen hat, stellt sich heraus, dass sie einen anderen liebt, den jungen und hübschen Pfarrer des Dorfes. Gilliatt besteht nicht auf Einhaltung ihres Versprechens, sondern fungiert sogar bei der Heirat der beiden als Trauzeuge, um sich anschließend das Leben zu nehmen.

    Als Leser bzw. Leserin des „Teufelsschiffs“ steht man vor einigen Problemen. Das Meer, die Wetterphänomene, das Aussehen der Klippen usw. sind nachvollziehbar und mit großartiger visionärer Kraft geschildert. Dazwischen finden sich aber immer wieder langatmige Beschreibungen irgendwelcher seemännischer oder technischer Aktivitäten, die für mich schlicht unverständlich sind. Zola soll sich begeistert über „Das Teufelsschiff“ geäußert haben, das kann ich mir sehr gut vorstellen. Die Romantisierung technischer Vorgänge, die auch bei Zola mehrfach auftaucht (vor allem in „Das Tier im Menschen“ bei der Behandlung der Eisenbahn), nimmt auch im „Teufelsschiff“ breiten Raum ein und ist genauso schwer verdaulich wie bei Zola.

    Ich habe eine 1994 erschienene Ausgabe von Diogenes mit der Abbildung eines Kraken auf dem Titel, die von Victor Hugo selbst stammt. Die Übersetzung ist von Hans Kauders.

    Ich habe einen wunderschönen Prachtband geschenkt bekommen, der H.P.Lovecraft gewidmet ist. Er enthält neben einem einleitenden Essay die achtzehn wichtigsten "Arkham"-Erzählungen, mit einer Unmenge erläuternder Anmerkungen und Illustrationen, wirklich ein wahres Prachtstück von einem Buch; siehe hier: H.P.Lovecraft .

    Ich bin in den Siebzigern und Achtzigern begeistert auf der damals grassierenden Gruselliteratur-Welle mitgeschwommen und habe damals eine ganze Anzahl Bände aus der "Phantastischen Bibliothek" von Suhrkamp erworben. Die Büchlein, alle in verschiedenen Schattierungen von Violett, sind heute noch ein wichtiger Aktivposten meiner Bücherwand. Darunter ist eine ganze Anzahl von Lovecraft-Sammlungen, die ich früher gern gelesen habe. Ich sehe sie heute z.T. ziemlich kritisch, aber sie sind eiin wichtiger Teil meiner persönlichen Lesebiographie, deshalb habe ich mich narrisch über das wunderschöne Buch gefreut, das ich gestern geschenkt bekam. Selbstverständlich werde ich es mit viel Freude lesen, auch wenn ich alle Erzählungen, die drinstehen, schon kenne.
    Suhrkamp hat sich übrigens damals aus meiner Sicht sehr verdient gemacht um einige Autoren, die man hierzulande wenig kennt, nicht genug würdigt oder jedenfalls nicht als Gruselautoren würdigt: Jean Ray zum Beispiel, Adolfo Bioy Casares, Wolfkind (den ich besonders mag), auch von Maupassant gibt es ein Bändchen mit Gruselgeschichten, und natürlich die klassischen Autoren dieses Genres wie Algernon Blackwood und Sheridan Le Fanu.

    Oh, dann erzähle unbedingt, wie es dir gefallen hat.

    Passuth geht insbesondere auf den Orfeo und die Krönung der Poppea sehr eingehend ein. Es ist wohl gut für das Verständnis des Buches, wenn man diese Werke ein paarmal gehört und noch ein wenig im Gedächtnis hat.

    Ich glaube, das allererste Werk von Monteverdi, das ich gehört habe, war das Madrigal "Zefiro, torna". Davon habe ich meinen Nick, den ich ununterbrochen benutze, seit ich online bin - irgendwann in den Neunzigern. :love: