Beiträge von Zefira

    Ich werde in diesem Jahr immerhin noch "Nie wieder Höhenluft" auslesen, dann habe ich vier von fünfen geschafft. Der Henry James wird dieses Jahr nichts mehr. Dafür habe ich aber "Doktor Schiwago" gelesen und es war eine echte Bereicherung. Im nächsten Jahr werde ich mir wieder einen russischen Autoren auf die Liste setzen.

    @ Jacqui: Schreib mal, wie Dir der Fitzek gefallen hat. Ich lese sehr gern gute Thriller, sie sind aber immer schwerer zu finden. For Jahren hatte ich mal ein Buch von Fitzek, das ich nach zwanzig Seiten abgebrochen habe, weil es mir nicht gefiel.

    Ich habe den Schiwago schon seit ein paar Tagen durch, habe danach einen Krimi gelesen, den ich mir aus der Onleihe bestellt hatte und der endlich frei geworden war, und jetzt einen südamerkanischen Roman begonnen. Aber noch immer sind Jurij und Lara an meiner Seite ...

    Auch wenn Jurijs Frau Tonja nur eine undankbare Ehefrauenrolle einnimmt, erinnere ich mich besonders gern an einige häusliche Szenen im Moskau. Besonders der wunderbare Ausspruch von Jurij, als er nach langer Zeit der Abwesenheit wieder an der Haustür klingelt. Die Eheleute fallen sich in die Arme und es beginnt ein hektischer Austausch von Berichten, was sie während der Trennungszeit erlebt haben. Jurij zwischendurch: "Wenn wir auf jeder Treppenstufe eine halbe Stunde stehenbleiben, kommen wir nie hinauf."

    Wunderbare Szenen mit Menschen, die sich noch die Zeit genommen haben, lange Gespräche zu führen.

    "Doktor Schiwago" hat ene merkwürdige Wirkung. Im Wiki-Artikel zu dem Roman steht, dass eine Fülle von Personen vorkäme, die auf eine nicht gerade wirklichkeitsnahe Weise miteinander vernetzt sind, also einander immer wieder in den unwahrschenlichsten Situationen begegnen. Das erfordert hohe Aufmerksamkeit - ich habe angefangen, mir kleine Verweise (Seitenzahlen) an den Seitenrand zu schreiben. Außerdem stellt Pasternak das Geschehen um seine Romanfiguren immer wieder in den geschichtlichen Zusammenhang, allerdings so nebenbei und unaufdringlich, dass man leicht darüber hinwegliest.

    Andererseits schreibt Pasternak ungemein bildhaft, stark in der Schilderung von Umgebung, Wetter und Stimmung und auch in der Charakterschilderung. Das Buch ist in kurze, oft sehr kurze Kapitel unterteilt, und jedes Kapitel schildert eine Einzelsituation derart stark und mitreißend, dass ich anfangs über die größeren Zusammenhänge einfach weggelesen habe. Ich hatte das Buch schon halb durch, als ich merkte, dass ich den Faden so gut wie völlig verloren hatte - obwohl ich noch immer mit Genuss weiterlesen konnte! Aber so, machte ich mir klar, ging es nicht weiter. Also machte ich mir eine Personenliste und fing noch einmal von vorne an. Diesmal langsam, mit Sorgfalt und mit meinen Querverweisen.

    Ein Beispiel: Larissa ist als Jugendliche einmal bei einem Kirchenbesuch heftig ergriffen und sagt sich selbst vor: "Selig sind die Leidtragenden, die Schwachen und Unterdrückten. Sie haben der Welt etwas Besonderes zu sagen, ihnen gehört die Zukunft. Das also hatte Er gedacht. Das war Seine Meinung." Sehr viel später und sehr viele Seiten weiter wird einmal, als sie einen Bekannten ihrer Jugend wiedertrifft, auf "Gottes Meinung" angespielt. "Sie erinnerte sich an Gottes Meinung." Das ist alles, was da steht. Die meisten Autoren würden an dieser Stelle deutlicher werden, den Leser an die Kirche erinnern. Pasternak begnügt sich mit dem kurzen Hinweis und überlässt es dem Leser, ob er sich erinnert, evtl. zurückblättert oder sich die Mühe nicht machen möchte. Ich lese jetzt sehr aufmerksam, kann aber sicher nicht hundertprozentig vermeiden, dass mir einiges entgeht. Ein wenig hilft der Wiki-Artikel.

    Das Buch ist wunderbar!

    Ich lese nun endlich "Doktor Schiwago".

    Ein wahres Schmankerl der Erzählkunst; man wünscht sich, dass es nie endet. Etwa ein Viertel habe ich gelesen.



    Edit: Einen Tag später habe ich nun fast die Hälfte. So schnell geht das. Ich weiß jetzt schon, dass ich es nächstes Jahr wiederlesen werde.

    Ich habe von früher her eine kleine Bibliothek mit Horror-Erzählungen bzw. Gespenstergeschichten (von Suhrkamp gab es da mal eine tolle Anthologie-Reihe) und weiß von daher, dass englischsprachige Autoren früher gerne Gruselplots im deutschsprachigen Raum verortet haben. Ich habe etliche Beispiele im Kopf, kann mich aber leider nicht mehr an einzelne Autoren erinnern außer eben LeFanu und Bram Stoker, der eine tolle Horrorgeschichte geschrieben hat, die in Heidelberg spielt. Es gibt noch weit mehr, aber wie gesagt sind mir keine Titel oder Namen geläufig, da müsste ich nachsehen.

    Auch Frankenstein hat ja in Ingolstadt studiert ...

    Ich habe gerade jetzt, aus Anlass einer langen und anstrengenden Reise, wieder festgestellt, wie dringend ich das Lesen als Auszeit brauche.

    Je weniger Zeit zum Lesen ich eigentlich hätte, um so dringender habe ich es nötig, und wenn es nur zehn Minuten abends im Bett sind - diese zehn Minuten sind absolut wichtig fürs Wohlbefinden, eher würde ich aufs Abendessen verzichten.

    Aber das sieht sicher jeder anders. Ich habe mit Mitreisenden gesprochen (die die gleiche Reise absolvierten), für die es undenkbar war, nach einem aktiven Tag voll neuer Eindrücke abends noch zu lesen, dafür hatten sie "nicht den Kopf".

    Der ist auf allen Reisen mit dabei, und nicht nur mit mir, sondern auch mit meinen Töchtern und mit Freunden.

    In Peru hat es ihm besonders gut gefallen, weil er gleich drei Chullo-Mützen bekam. Eine einfache, die ihm eine Marktfrau angepasst hat; eine mit Perlen und Quasten und eine, die ich ihm selbst gestrickt habe und die er auf dem Foto trägt. Hosen hat er leider keine - ich habe noch keine gefunden, die sowohl ihm Stehen als auch im Sitzen richtig passt. Deshalb muss der Popo immer frieren, aber bisher war Ernst noch nie krank; nur einmal ist ihm vom Rotwein schlecht geworden.

    Ich hatte meinen auch schon mal im Flieger dabei. Das war aber ein Erholungsurlaub auf einer Wanderinsel.

    Ich überlege immer genau, ob ich das Risiko eingehen will. Die Südamerikareise dauerte einen Monat, und abgesehen von der ersten Woche, die wir in einer Dschungel-Lodge zugebracht haben, mussten wir jeden einzelnen Tag das Quartier wechseln. Jeden Morgen wurde in aller Eile gepackt und das Gepäck (die Reiseleitung wünschte ausdrücklich Packtaschen, nichts mit Hartschale) auf den Jeep bzw. in den Packraum des Busses geschmissen. Ich hatte nur Funktionskleidung und billige Shirts dabei und bin heilfroh, dass die Holzspindel, die ich mir als Andenken auf dem Altiplano gekauft habe, nicht zu Bruch gegangen ist.

    Jetzt, nach meiner Rückkehr, würde ich sehr gerne "Tod in den Anden" von Vargas Llosa lesen, und "Der Stein des Reiches" von Suassuna, und endlich die Bananentrilogie von Asturias. Und natürlich die Klassiker von meiner Liste. Und die gekaufte Alpacawolle (fast anderthalb Kilo!) verstricken. :love:
    Aber erst mal gilt es die OP durchzustehen. Danke für die guten Wünsche!

    Ich habe einen ganzen Monat mit dem Lesen ausgesetzt, weil ich in Südamerika war.

    (Da ich begeisterte Strickerin bin, habe ich bewusst nur Wegwerf-Taschenbücher eingepackt, damit ich sie unterwegs nach dem Lesen entsorgen und die freigewordene Lücke im Gepäck mit Alpacawolle vollstopfen kann. Und sagt bitte nicht, ich solle doch einen E-Reader mitnehmen - den Reader nehme ich auf Flugreisen nie mit, nachdem ich bei einer Bekannten miterlebt habe, dass das Gerät sich nach der Durchleuchtung nicht mehr muckste.)

    Jetzt bin ich seit drei Tagen zurück und hätte Zeit zum Lesen, aber nicht die Nerven, weil ich am 6.11. am Fuß operiert werde und mächtigen Bammel davor habe.


    Nach der OP - und wenn die Schmerzen nicht zu schlimm sind - werde ich wieder zielbewusster lesen können, weil ich mehrere Wochen lang nur wenig herumlaufen darf.

    Marie Madeleine ist das Pseudonym einer Schriftstellerin namens Marie Madeleine Baronin von Puttkamer, geborene Günther, 1881 - 1944.

    Auf der Mobileread-Seite zu dem Roman "Ihr schlechter Ruf" steht: Einige ihrer Veröffentlichungen wurden zu ihrer Zeit als allzu freizügig empfunden und verursachten teils heftige Kontroversen. Nichtsdestoweniger genoss sie in den gebildeten Kreisen einer großen Beliebtheit.

    Man kann das Buch bei Gutenberg umsonst runterladen. Ich weiß nicht mehr, wie ich darauf gekommen bin - vielleicht durch einen Querverweis zu dem Roman "Aus guter Familie" von Gabriele Reuter, ein früher Emanzipationsroman. Marie Madeleines Buch kann man kaum als Emanzipationsroman bezeichnen, aber das Thema ist in gewisser Hinsicht durchaus noch aktuell.

    Olga, die Heldin des Romans, ist mit einem Hauptmann von Melzow verlobt, den sie sehr verehrt. Wenige Wochen vor der Hochzeit wird sie von einem verheirateten Verwandten von einer kleinen Feier nach Hause begleitet. Unterwegs versucht er gewaltsam, sie zu küssen. Sie kann ihn abwehren, bekommt aber wenig später einen anonymen Erpresserbrief von jemandem (der Leser weiß von Anfang an, um wen es sich handelt), der den Vorfall beobachtet hat und damit droht, alles ihrem Verlobten zu erzählen.

    Obwohl Olga ganz unschuldig an dem Vorfall ist, entsetzt sie die Vorstellung, ihr Bräutigam könne alles erfahren. Sie treibt das Geld auf; der Erpresser fordert mehr. Nun kommt es zu einer seltsamen Wendung: Da sie kein Geld mehr hat, bittet sie den Erpresser bei einem persönlichen Treffen um Gnade. Dieser ist gerührt und verspricht, nichts zu verraten. Um nicht mit einer Heimlichkeit in die Ehe zu gehen, erzählt Olga den Vorfall jedoch selbst ihrem Bräutigam.

    Was sich als fatal erweist, denn - wie sie natürlich hätte wissen müssen - bleibt dem Hauptmann nichts anderes übrig, als den Verletzer seiner Ehre zum Duell zu fordern.

    Es geht zwar alles glimpflich aus, aber - und im diesem Punkt hart das Buch eine beklemmende Aktualität - Olgas Ehe wird nicht glücklich. Obwohl ihr Bräutigam nicht an ihrer Unschuld zweifelt und sich die beiden über alles lieben, werden sie nirgends in Ruhe gelassen. Olga ist fortan die "femme fatale", um derentwillen sich zwei Offiziere duelliert haben, und irgendwas in ihrem Benehmen muss daran ja wohl schuld gewesen sein. Man sieht sie über die Achsel an; sie bekommt bei offiziellen Anlässen zweideutige Komplimente von augenzwinkerndern Herren. Die Eheleute, jedes in seiner Art extrem empfindlich, fühlen sich als Parias. Sogar als Melzow sich nach Afrika versetzen lässt, um die Segnungen der deutschen Zivilisation unter die Barbaren zu tragen, eilt Olgas schlechter Ruf ihnen voraus.

    Das Buch handelt übrigens nur zu ca. 50 Prozent von Olgas Ehe, die andere Hälfte dreht sich um das weitere Schicksal ihres "Ehrverletzers" und des Erpressers - letzterer dürfte psychologisch die interessanteste Figur des Romans sein.

    Marie Madeleine schreibt sehr sinnlich, geradezu süffig, wenn es um Milieuschilderungen geht. Ein Kaufhausbesuch, ein Besuch im Zoo und ähnliche Anlässe stehen dem Leser äußerst plastisch in allen Einzelheiten vor Augen. Unangenehm wird das Buch im Zusammenhang mit der Afrikareise; etwa wenn wegen der zunehmenden Hitze irgendwann die ganze europäische Mannschaft von Bord geht und durch schwarze Arbeiter ersetzt wird. Die bei diesem Wachwechsel zusehende Olga hat das Gefühl, dass da eine Herde Halbaffen an Bord kommt. Dieses Gefühl dominiert die ganze Afrika-Episode.


    Obwohl solche Passagen natürlich zeitbedingt sind, tue ich mich schwer damit. Im Urlaub habe ich mir die Freude gemacht, "Schau heimwärts, Engel!" von Thomas Wolfe noch einmal zu lesen; es ist eines der Lieblingsbücher meiner Jugend und ich habe früher immer wieder mal hineingeschaut. Jetzt, da ich es ca. 20 Jahre nicht mehr in der Hand hatte, springt mir der unverhohlene Rassismus des Autors geradezu ins Gesicht. Es gehört dazu, aber es nervt. Wobei ich Marie Madeleine natürlich nicht mit Thomas Wolfe vergleichen will.

    Sylvia Plath wird auch mehrfach zitiert in "Vater unser" von Marilyn French, das ich gerade beendet habe. Ein Wälzer von über 600 Seiten, in dem fast nichts passiert - nur die vier Halbschwestern, die sich miteinander unterhalten. Trotzdem habe ich nur zwei Tage gebraucht, um dieses hinreißende, einfühlsam geschriebene Buch zu lesen (ich bin nicht mehr berufstätig und habe so viel Lesezeit, wie ich mir selbst gebe).
    Der Roman spielt Mitte der Achtziger - erwähnt werden der Präsident Reagan und "der deutsche Bundespräsident Richard von Weizsäcker", was den Zeitraum auf wenige Jahre eingrenzt. Beide Herren kommen zur Beerdigung des alten Stephen Upton, der an einem Schlaganfall gestorben ist. Upton war, wenn ich es richtig verstanden habe, politischer Berater und hat Millionen gescheffelt. Zu Hause aber war er ein Drecksack, ein unglaublich mieser Tyrann, der seine drei Ehefrauen nacheinander wie Dreck behandelt und alle drei Töchter aus den drei Ehen schon als Kleinkinder missbraucht. Das gleiche Schicksal hat dann auch die außerehelich mit seiner mexikanischen Haushälterin gezeugten vierte Tochter.


    Keine der Töchter weiß um diese Gemeinsamkeit mit den anderen, bis nach dem ersten Schlaganfall des Vaters sich alle im Haus versammeln und in langen Gesprächen dann dieses dreckige Geheimnis ans Licht kommt. Alle haben geschwiegen im Glauben, sie seien die einzige. Es wird übrigens angedeutet, dass sich der alte Sack auch an seiner Enkelin vergriffen hat.
    Nachdem der Alte schwerstpflegebedürftig nach Hause gekommen ist, machen sie ihm den Prozess, was mit dem zweiten, tödlichen Schlaganfall endet.
    Das Buch hat mich zurückkatapultiert in meine eigene Jugend (ich bin 1957 geboren). In die Zeit, als Vergewaltiger freigesprochen wurden, wenn das Opfer einen kurzen Rock getragen hat oder getrampt ist.
    Für Frauen ist es inzwischen leichter geworden. Ob das auch für mexikanische Hausangestellte gilt? Ich habe meine Zweifel. Der Alte behandelt sein Personal wie Sklaven.

    Ich komme mit den Klassikern nicht weiter.

    Habe gerade, nachdem mir Sofi Oksanens "Fegefeuer" vor einigen Jahren gut gefallen hat (soweit man bei derart durchschüttelnder Lektüre von Gefallen reden kann) ihren Erstling "Stalins Kühe" gelesen. Das Buch ist weniger straff erzählt als "Fegefeuer", aber dafür auch etwas weniger deprimierend und recht gut zu lesen - ich war kürzlich im Baltikum und habe einige der Schauplätze gesehen. Die estnische Geschichte gäbe noch reichlich Stoff für gallebittere Romane.

    Jetzt habe ich mit einem dicken Buch von Marilyn French begonnen, "Vater unser", es geht um vier Halbschwestern, die einander kaum kennen, sich aber als Erwachsene wiedertreffen, nachdem der gemeinsame Vater schwer krank geworden ist. Der Vater war ein Drecksack erster Güte, das wird noch spannend, wenn die Viere ihn pflegen müssen ...

    Im Moment muss ich mehrere Bücher parallel lesen. Ich brauche ein leichtes Taschenbuch für den Beifahrersitz, ein Ebook für abends in der Hängematte (da habe ich nämlich keine Leselampe und bin auf den Reader angewiesen) und dann soll natürlich auch etwas Anspruchsvolleres dabei sein ... :/

    Ich habe mit "Nie wieder Höhenluft" von Octave Mirbeau angefangen und tue mich etwas schwer damit, weil das Buch voller Anspielungen auf Zeitgenossen steckt - Politiker, Theaterleute, Ärzte etc. -, deren Namen mir nichts sagen. Das Buch hat zwar erklärende Anmerkungen im Anhang, trotzdem ist die Lesefreude bei mir nicht so, wie sie für echte Kenner der Epoche und Gesellschaft wäre.

    Das das Buch sehr episodisch geschrieben ist, kann ich gut hin und wieder mal ein paar Kapitel lesen. Einiges ist sehr vergnüglich.