Beiträge von Zefira

    Ich war heute zufällig in Wiesbaden und habe in einem Antiquariat diese wunderbare Ausgabe von Huck Finn gefunden - ein dickes gebundenes Buch mit ausführlichem Vorwort, einer Übersetzung von F. Rathjen und einer Fülle von erklärenden Anmerkungen, dazu eine Menge Illustrationen, u.a. die Originalillustrationen von E.W. Kemble.


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    Und auch dieses konnte ich nicht stehen lassen: "Der schwarze Steuermann" von Joseph Conrad, es erscheint leider hier nicht als Thumbnail, zu sehen hier: Der schwarze Steuermann

    Ebenfalls eine Ausgabe mit schönen Illustrationen. So schöne Bücher, ich freu mich sehr. :saint:

    Ich würde gern noch dazu sagen, dass mir das Ende des Textes nicht recht klar wurde. Die Metapher vom Tauwetter auf der letzten Seite - dass das Tauwasser die Schneereste mit sich fortspült und Platz geschaffen wird, dass die Saat aufgehen kann - ist deutlich. Aber was ist nun eigentlich Johannes' Fazit? Es sieht so aus, als ob er im Stillen seiner Braut recht gibt, obwohl der Bruch endgültig ist. Gabriele ist eine beeindruckende Figur in ihrer konsequenten und aufrechten Haltung.

    "Prost Mahlzeit" oder vielmehr etwas gesetzter "Prosit die Mahlzeit" habe ich mal in einem Buch von 1880 gefunden. Von Schiller hätte ich es allerdings auch nicht erwartet.

    Ich kann leider im Moment nicht mitmachen, ich verreise morgen. Mit Schiller mag ich mich unterwegs nicht plagen ... Vielleicht ziehe ich später nach ...

    Ich denke, wer solche klassische Romane liest, weiß das ohnehin. Zumindest von den Romanen dieser Kampagne ist es eigentlich hinreichend bekannt, dass sie von Frauen stammen.

    Ja, das scheint zu stimmen: Ich habe mich vor Jahren mal mit einem damaligen Kollegen meines Mannes unterhalten, der sich intensiv mit Humboldt befasst hat. Er war auf den Film und das Buch derart schlecht zu sprechen, dass er richtig wütend wurde. Es gäbe ein ganz falsches Bild. Ich möge, wenn ich mich für Humboldt interessiere, seine eigenen Schriften lesen und Kehlmann in die Ecke stellen, wo er hingehöre.

    Meine Tochter liest dieses Buch gerade, und sie sagte mir, sie fände es stilistisch so grottenschlecht, dass es aus ihrer Sicht gleich danach ins Offene Regal dürfe.

    Nun hat meine Tochter schon einen sehr eigenen Geschmack, aber was sie als typisches Problem zeitgenössischer Romane anführt (sie liest sehr viele Klassiker), ist, dass sie den Eindruck hätte, jede einzelne Szene dieses Buches sei im Hinblick auf spätere Verfilmung geschrieben - ohne jedes narrative Moment, einzig nach dem Prinzip "show, don't tell" (ein Prinzip, das sie verabscheut).


    Ich selbst kenne das Buch (noch) nicht, aber den Film, und den fand ich schon ganz okay.

    Das Buch werde ich auf alle Fälle lesen, ehe Tochter es wirklich ins Offene Regal stopft. Danke jedenfalls für die Gegenstimme zu ihrer Kritik.

    Kapitel 9: Es stürmt, und "Daniel Jürges dachte nicht an seine Heuernte, die er in diesem Jahr samt und sonders in dem alten Hause verwahrte, damit der ganzen Gemeinde kund wurde, wie notwendig das Pfarrhaus dieses Gebäude gebrauchte." Dumm und kindisch. An dem alten Schuppen entzündet sich ein ganzer Machtkampf und der Pastor lässt lieber sein Heu verwehen, als dass er auch nur ein Fitzelchen nachgibt.

    Ich muss sagen, dass die Gespräche zwischen dem alten Pfarrer und seinem Sohn mir sehr fremdartig klingen; ich kann zwar nachvollziehen, aus welchen Ansichten heraus sie geführt werden, aber mir ist es sehr fremd, welche ungeheure Wichtigkeit hier einer bestimmten Glaubensform oder -richtung beigemessen wird - es handelt sich ja nicht mal um ein unterschiedliches Bekenntnis, sondern nur um unterschiedliche Meinungen in der Auslegung. Für Kiellands Buch habe ich irgendwo im Netz die Bezeichnung "früher Emanzipationsroman" gefunden, was mich neugierig gemacht hat. Es ist tatsächlich recht abstoßend, wie Vater und Sohn hier darüber diskutieren, wie die zukünftige Frau bzw. Schwiegertochter erzogen und geleitet werden soll; aber ich bin mir nicht sicher, ob und inwieweit Kielland gerade diesen Punkt kritisch betrachtet.


    Ganz klar ist aber seine Meinung über das Gespräch zwischen Mutter Jürges und Gabriele: Gabriele will unbedingt Klavier spielen, denn "konnte etwas Freies, Menschliches durch all diese Angst seinen Weg finden, so musste es die Musik sein." Gemeint ist Frau Jürges' Angst, frei zu sprechen oder auch nur frei zu denken. Und so spielt sie "Sachen", die in "dem alten Saitenklang neuen Sinn erhielten, weil diese Töne so weit weg gesandt werden sollten und eine wiederfinden, die zurückgeblieben war." Es war zu erwarten, dass Gabrieles Spiel - sie spielt ein früheres Lieblingsstück der Pastorin, wohl recht anspruchsvolle Musik - die alte Frau traurig macht, sie will die Musik nicht mehr hören. Das ist ein, wie ich finde, meisterhaft gestalteter Vorfall, der beide Frauen deprimiert zurücklässt.

    Zola hat mich in "Paris" schon mal mächtig befremdet mit der Vorstellung einer Superwaffe, die Frankreich zur Verfügung gestellt werden solle, um endgültig alle Kriege überflüssig zu machen. Nach dieser ungeheuerlichen Hybris wundert mich nichts mehr. In seinem Buch "Das neue Rom" stellt Pierre Froment folgende Überlegung an: Wie seltsam war das neue Gedeihen des Papsttums auf dem von der Französischen Revolution bestellten Acker! Vielleicht verhalf es ihm zur Herrschaft, den es seit Jahrhunderten erstrebt. Denn jetzt steht es dem Volk allein gegenüber; die Könige sind geschlagen, und da das Volk nun frei entscheiden kann, warum dann nicht für das Papsttum?

    Zola oder vielmehr Pierre Froment stellt sich einen "christlichen Sozialismus" vor und bemerkt: Offenbar hatte die katholische Kirche grundsätzlich nichts gegen eine Demokratie. Sie brauchte nur zur Überlieferung des Evangeliums zurückzukehren und wieder die Kirche der Niedrigen und Armen zu werden ... Ihrem Wesen nach ist sie demokratisch ...


    Ich könnte mir vielleicht eine demokratische Kirche der Niedrigen und Armen vorstellen, aber weder unter einem Papst noch mit dem Anspruch der Weltherrschaft. Keine Ahnung, wie Zola sich hier derart utopisch vergaloppieren konnte. "Lourdes" hat mir von der Städtetrilogie noch am besten gefallen; die beiden anderen Bände sind weder literarisch noch psychologisch besonders geglückte Würfe ...


    sandhofer : Entschuldige, ich sehe jetzt erst Deine Antwort, nachdem ich den Beitrag bereits gepostet hatte.
    Ja, ich kenne "Lourdes" schon lange und war bei der Lektüre beeindruckt von der Vielfalt der Charaktere, der feinen Psychologisierung und vor allem der Darstellung der Marie, die - von einem offensichtlich psychischen Leiden genesen - unbedingt an ein Wunder glaubt. Ich habe das Buch gelesen, als ich selbst vor Jahren in Lourdes war.

    "Paris" habe ich viel später gelesen und auch hier vorgestellt. Es hat ein sehr befremdliches Ende - ich habe das in der Buchvorstellung angedeutet -, aber vieles darin gefiel mir auch, zum Beispiel Zolas Emanzipationsgedanken, die er Marie in den Mund legt.

    Ich schrieb oben schon, dass meiner Meinung nach Zola ein gläubiger Katholik war; das geht aus der Städtetrilogie klar hervor - warum schreibt er sonst drei dicke Bände über derartige Themen? Was mich wundert, ist seine Vorstellung einer Erneuerung des Papsttums, die ich schlicht für völlig daneben halte. Entweder ist die Kirche demokratisch, dann aber ohne Papst und Kardinäle. Oder der Papst wird ein schlichter Priester ohne Herrschaftsanspruch, dann aber ist das Amt bedeutungslos. Zola kommt mir vor wie jemand, der den Kuchen gleichzeitig essen und behalten will. Vielleicht mache ich hier auch unzulässigerweise die Gedanken Froments zu denjenigen Zolas - aber m.M.n. ist die ganze Städtetrilogie und nachfolgend auch der Evangelienzyklus darauf angelegt, Zolas Ideen sozialer Reformen zu transportieren.


    Emile Zola hat in vielen seiner Bücher explizite Kirchenkritik geübt, aber dass die ganze umfangreiche Städtetrilogie einen katholischen Priester als Hauptperson hat, der als klare Sympathiefigur gedacht ist, lässt mich vermuten, dass er jedenfalls gläubiger Katholik war.

    "Rom" hat - wie zuvor übrigens auch schon "Paris" - Passagen, die einen das Gruseln lehren können. Wenn ich da zb lesen muss, wie Pierre Froment vor einer Weltkarte steht und die (eingefärbten) Gebiete, in denen sich die katholische Kirche etabliert hat, voll Sorge betrachtet. So viele Länder, in denen der Papst nichts zu sagen hat! Milliarden Menschen, riesige Gebiete, die für die Kirche erobert werden müssen! Es heißt hier mehrfach ausdrücklich, dass irgendwann die Kirche die Weltpolitik bestimmen müsse. Eine erneuerte Kirche zwar, wie Pierre sie sich vorstellt, aber es würde sich auf jeden Fall um die Weltherrschaft einer Gruppe alter Männer in Röcken handeln. Und das in einem Buch, das vor etwa 120 Jahren erschienen ist! Ich fasse es nicht! Ich habe versucht herauszufinden, wie Zolas persönliches Verhältnis zum Papsttum eigentlich war, aber außer dass er - wie schon erwähnt - freimütige Kirchenkritik geäußert hat (wie sein Pierre Froment das ja auch tut), findet sich nichts. Es gibt einen Sammelband mit seinen Notizen für den Rougon-Macquart-Zyklus, aber nichts zum Städtezyklus.

    "Lemprieres Wörterbuch" habe ich vor ein paar Monaten aus dem Offenen Schrank gefischt. Das möchte ich auch noch lesen. Aber wahrscheinlich in diesem Jahr nicht mehr. Nächstes Jahr gibts eine neue Leseliste.

    Ich habe ungefähr ein Drittel von "Rom" gelesen, dem mittleren Band von Zolas Städtetrilogie. "Lourdes" und "Paris" kenne ich bereits. Verglichen mit diesen beiden ist "Rom" bisher recht langweilig. Zeitweise habe ich das Gefühl, einen Reiseführer zu lesen. Aber ich bleibe dran, auch wenn ich öfter mal eine Seite querlese.

    Es war keine Spekulation, sondern als Redensart gemeint, wie man etwa auch sagt: "Ziehst du das schöne rote Kleid an?" - "Ich fürchte nein, es ist zu eng geworden." Da "fürchtet" man ja auch nichts, sondern will nur beschönigt ausdrücken, dass die Erwartung enttäuscht wird.

    Im übrigen, Leseigel , können wir hier unseren Austausch über das Buch so führen, wie wir wollen! ;)

    Kapitel 8: Gabriele ist gekränkt wegen der Osterpredigt ihres zukünftigen Schwiegervaters, in der er gegen die moderne Wissenschaft gewettert hat, die die Auferstehung leugne, und zwar einzig zu dem Zweck, sich "ungezügelten Trieben folgend, in der wilden Orgie der Sinne zu betäuben". Sie denkt jedoch immer noch, dass sich Johannes auf ihre Seite stellen müsste, zumal er "die religiösen Gegner in einem ganz anderen Ton und mit ganz anderen Mitteln zu bekämpfen pflegt".

    Interessant ist der Besuch im Schulzenhof: Der alte Schulze ist ein lustiger alter Mann von frivolem Witz, was Johannes sehr unangenehm ist; die Schulzentöchter dagegen, mit denen Johannes sich gern unterhält, sind entsetzlich langweilig. Man merkt hier schon deutlich, dass es zwischen den beiden Brautleuten keine rechte Verständigung geben kann. Und dass Gabriele vollends die bewusste Predigt kritisiert, geht schon gar nicht an.


    Nur noch zwei Kapitel! Ich fürchte, aus dieser Ehe wird nichts. Und obwohl Gabriele manchmal unnötig heftig wird, wenn sie Johannes' Vater "durch die Blume" einen aufgeblasenen Pfaffen nennt, würde ich doch eher ihre Partei nehmen. Aufgeblasen sind Johannes und sein Vater tatsächlich.


    Später mehr!

    Zitat

    Ich habe die Geschichte schon ganz gelesen

    Dann kann ich ja jetzt zugeben, dass ich sie auch schon ganz gelesen habe. :D:D:D

    Machen wir es so. Du übernimmst die nächsten beiden Kapitel und ich den Rest am Wochenende. Dann haben wir noch ein paar Tage Zeit, ein Fazit zu ziehen.

    Ich bin (wahrscheinlich) ab Mi oder Do nächster Woche für ca. 14 Tage unterwegs, werde zwar zeitweilig online sein, aber wohl nicht die Muße haben, hier wie gewohnt zu posten. Wollen wir vorher fertig werden? Meiner Meinung nach ist das zu schaffen ... Wir können aber auch gern bis Ende August aussetzen, wenn das besser passt.