Beiträge von Vogelbeere

    Der Gedanke kam mir zum ersten Mal im Kapitel 1.7, bevor Old Jolyon seinen Sohn zuhause besuchen geht.

    "June had hardly been at home at all that week ; she had given him nothing of her company for a long time past, not, in fact, since she had become engaged to Bosinney. He never asked her for her company. It was not his habit to ask people for things! .... But where was he to go by himself? Ge could not go abroad alone;"

    So wie das geschrieben ist, kling für meine Ohren durchaus ein Vorwurf mit, dass June ihn "im Stich lässt."


    Irgendwo, ich glaube, bevor er seinen Sohn erstmals zu treffen wünschte, wurde auch ausdrücklich gesagt, er sei einsam, und an anderer Stelle, dass er sich selber jung fühlt, wenn er von Jüngeren umgeben ist. Sein plötzliches Interesse für seine Grosskinder wurde, wenn ich mich richtig erinnere, so erklärt.

    Deshalb mein Eindruck, dass er das Alleinsein zu Vermeiden versucht.

    Nun bin ich auch über den Indian Summer in den zweiten Teil gestartet.

    Der Indian Summer ist irgendwie ein merkwürdiges Kapitel, finsbury hat das oben treffend ausgedrückt:

    ... ganz anders als der Hauptroman, fast impressionistisch Landschaft und Stimmungen einfangend, dabei manchmal knapp am Kitsch vorbei schrammend und doch von ganz eigenartigem Charme. ...

    Im alte Jolyon sehe ich einen Menschen, der nicht allein sein kann, und deshalb die anderen eigentlich instrumentalisiert. Alle haben ihre Funktion nur für ihn.


    Im Moment bin ich nicht besonders in Leselaune, zuviele andere Projekte. Mal sehen, wie ich mit dem 2. Teil vorwärtskomme, aber ich bleibe dran!

    ... Er ist doch ein armer Sack, dass er aus seinen Denkmustern einfach nicht herauskommt.

    ...

    In der kleinen Bemerkung zu finsburys Beitragslöschung (Zitat: ... weil sich der Beitrag auf das zweite Buch "In Fesseln" bezieht.) fiel mir die Übersetzung des Titels auf. Wörtlich übersetzt müsste es doch einfach "In der Kanzlei" oder so was ähnliches heissen? "In Fesseln" passt aber gut zu diesem Gefesseltsein in Denkmustern.


    Wenn ich eure Beiträge lese, freue ich mich schon sehr auf die weitere Lektüre. Nächste Woche bin ich in den Ferien, und daher auch kaum online. Dafür wird es aber keine Zugfahr-Zwischendurchlektüren geben, und ich kann mich so richtig auf die Forsytes konzentrieren. Melde mich Ende Monat wieder :winken:

    Ich stecke immer noch im ersten Teil fest, habe soeben in Kapitel 1.9 die Ausfahrt von Dartie und Winifred mit Irene und Bosinney mitgemacht.


    Dartie würde Irene auch gerne ein bisschen näherkommen... wird sie schon als Freiwild betrachtet, weil sie ausserhalb der Ehe herumflirtet?

    Dartie wird im Stammbaum als "Man of the World" bezeichnet, während ja die Forsytes "Man of Property" sind. Wäre interessant, worin der Unterschied besteht.

    Ich habe mal überlegt, warum ich, mal abgesehen von ihrem passiven Charakter und ihrer ikonischen Darstellung - mit Irene nicht so warm werden kann: Meines Erachtens ist sie die einzige Hauptperson, über die ausschließlich in der Außensicht geschrieben wird. Bei allen anderen - alter, junger Jolyon, James, Soames, Winifred, Fleur, Jon, ja sogar June, Holly und Val - wechselt Galsworthy zwischen Innen- und Außenperspektive.

    Ja, ich denke, Irene dient hauptsächlich dazu, die Forytes charakterisieren zu helfen.

    Ich habe soeben die Ausfahrt der Darties mit Irene und Bosinney gelesen – ein sehr merkwürdiges Arrangement für ein Abendessen. Da wird viel Gewicht auf die Schilderung gelegt wie Dartie auf Irene reagiert. Er ist zwar, wie ausdrücklich betont wird, kein Forsyte, unterscheidet sich ja aber nicht allzu sehr von diesen.

    Die schwarze Spinne habe ich kürzlich wiedergelesen. Absolut lohnenswert.

    In der neuen Ausgabe, die der Diogenes-Verlag zur Zeit zusammen mit Philipp Theisohn erstellt.

    Meine verstorbene Mutter las Gotthelf gerne, und in ihrem Nachlass fand ich eine Ausgabe von "Anne Bäbi Jowäger". Das versuchte ich zu lesen, musste aber bald aufgeben.
    Vorletztes Jahr habe ich das (in einem Schottlandurlaub) einem Schweizer Paar erzählt. Die meinten beide, Gotthelf würde nicht mal mehr in seiner Heimat verstanden.
    "Uli der Pächter" und einige Novellen habe ich aber gern gelesen, und auch da kamen Wendungen vor wie dass Uli "mit seiner Schleipfe desumetrolet" sei. Meistens erschließt sich aus dem Zusammenhang, was gemeint ist.

    Wenn ich mich richtig erinnere, hat die neue Ausgabe auch einige Worterklärungen – aber es stimmt schon, das Meiste erschliesst sich aus dem Zusammenhang. Und ansonsten biete ich (als Sprecherin des Berner Dialekts) hier gerne Unterstützung an, falls Du, Zefira, oder sonst jemand, das Annebäbi nochmal anpacken möchtest. Ich habe diese Romane alle in der späteren Jugendzeit gelesen, und sollte es unbedingt nochmal tun!

    Bei mir im Vorwort steht dazu: "Soames Forsyte, the "man of property", as old Jolyon whimsically calls his nephew (...) and who comes to stand for the central idea of family, is a triumph of characterization, and one of the most remarkable creations in Englisch fiction."


    Ebenfalls eindrücklich dargestellt fand ich in Kapitel 1.7 die Schilderung von Old Jolyons Einsamkeit, Langeweile und Selbstmitleid.

    Ein nettes kleines Detail: er geht noch St Johns Wood, um seinen Sohn zu besuchen, schaut sich im goldenen Nachmittagslicht interessiert um, denn:

    "...this was a district which no Forsyte entered without open disapproval and secret curiosity." - Bei aller Hochnäsigkeit kein bisschen besser als Normalsterbliche 😉


    Unterdessen bin ich auch im 2. Teil angelangt.

    ...Und so richtig toll fand ich auch die Beschreibung des Essens in "Junes Fest" - wie da alles aufgetragen, abgetragen, hereingebracht, herumgereicht wird - wie Figuren auf einer Spieldose. ....

    Ja, die fand ich auch toll. Nicht "beredtes Schweigen", sondern sozusagen "inszeniertes Schweigen. Bei all dem Auf- und Abgetragen steht wie ein grosses Monster das, worüber nicht gesprochen wird, im Raum.


    Herrlich auch anfangs Kapitel 2.4 wieder die Beschreibung der Klatsch- und Tratschbörse, bezeichnet als Forsyte 'Change. Wer wem wann was erzählt, selbstverständlich immer "with the least suspicion of curiosity, the merest touch of malice, and a real desire to do good." Es fast nie nötig, etwas offen zu sagen, denn: "This machine was too nicely adjusted;"

    ... Der alte, verwaiste Jolyon, der seinen Sohn seit fünfzehn Jahren nicht gesehen hat, ..., dem aber die Einsamkeit über dem Kopf zusammenschlägt. Aber er findet am Ende des Kapitels zu seinem Sohn zurück, ganz unspektakulär und nüchtern, wie es für die Kaufmannsfamilie typisch ist.

    Kapitel 1.2: Diese unspektakuläre Versöhnung hat mich sehr überrascht, weil sie gerade zu Beginn des Romans kommt. Dramaturgisch betrachtet wäre doch da ein längerer Prozess zu erwarten gewesen...? Da bin ich ja mal gespannt, wie es weitergeht und wozu der Sohn im weiteren Verlauf der Geschichte "gebraucht" wird.

    Der Anfang von Kapitel 1.3 hat mich etwas verwirrt. Schon wieder ein Familientreffen anlässlich Junes Verlobung? Und dann sagen noch die einen zu den anderen, sie hätten sich lange nicht gesehen? Da war ich wohl gestern Abend zu müde zum Lesen und muss das nochmal anschauen...

    So, ich bin gut gestartet, habe das Kapitel 1.1 (Teil I, Kapitel1) mit Genuss gelesen. Es liest sich leicht (trotz der winzigen Schrift meiner Ausgabe). Die Familie, in der sich eigentlich kaum jemand gegenseitig ausstehen kann, die aber doch einen starken Familien- und Standesdünkel zu haben scheint, wird auf unterhaltsame Art und Weise mit lockeren Strichen skizziert.

    Der zweiseitige Stammbaum leistete mir dabei sehr wertvolle Dienste, aber erstaunlicherweise empfinde ich ihn jetzt schon sehr übersichtlich und überhaupt nicht mehr Angst einjagend.

    Die Strudlhofstiege muss nun auf Seite 234 vorerst mal in die Warteschlaufe, Forsyte geht vor.

    Sie gefällt mir aber gut, auch wenn ich bei den vielen Sprüngen und Abschweifungen manchmal den Überblick verliere, wer nun mit wem...

    Sprachlich sehr schön, es ist eine Wohltat, nach all der Gegenwartsliteratur endlich wieder mal so zu lesen. Besonders gut gefallen mir die Personifizierungen der Tages- und Jahreszeiten, die immer wieder kurz aufblitzen.

    Ich lese auf Englisch, habe das Taschenbuch von Oxford World's Classics. Mit einer 21-seitigen Einführung, von der ich euch hoffentlich Anfang nächste Woche etwas berichten kann – und ja, der zweiseitige Familienstammbaum ist auch drin ( ...endet unten rechts mit einem Eintrag "Offspring. One killed in the war."...)

    Danke für eure Listen, davon ist schon wieder der eine oder andere Titel auf meiner Wunschliste gelandet!


    Selber habe ich ein paar unruhige und somit lesetechnisch unbefriedigende Jahre hinter mir. Wenig gelesen, und berufsbedingt im Durchzug-Modus, immer auf der Suche nach Neuerscheinungen für die "Empfehlungs-Ecke" in der Bibliothek.


    Positiv in Erinnerung sind mir 2024 geblieben:

    - Ralf Schlatter: Des Reimes willen Henk (ein Roman in Versen - herrlich)

    - Kai Meyer: Die Bücher, der Junge und die Nacht (brachte mich auf Potocki)

    - Markus Thielemann: Von Norden rollt ein Donner (führte mich dann zum Wehrwolf von Hermann Löns...)

    - Kira Mohn: Die Nacht der Bärin