Für Freunde der Prähistorie unbedingt empfehlenswert:
Gebhard J. Selz,
„Sumerer und Akkader – Geschichte, Gesellschaft, Kultur“,
Beck-Verlag, 3.,
aktualisierte Auflage 2016, 127 Seiten, 8, 35 EURO
Wenn
sich jemand seit dem zarten Knabenalter von zwölf Jahren, das sind
nunmehr sieben Jahrzehnte, für Prähistorie, versunkene
Hochkulturen, weltweite Archäologie interessiert und sich seitdem
mit diesen Themen intensiv befasst, so glaubt dieser Jemand, mit Fug
und Recht von sich behaupten zu dürfen, er verfüge über
entsprechende vertiefte Kenntnisse (auch und besonders, was Literatur
betrifft) – gleichgültig ob Etrusker, Kelten, Assyrer, Hethiter,
Olmeken, Tolteken, Azteken, Maya, Inka- und Prä-Inka-Kulturen...
So
ist es mir mehr als Genugtuung, auf ein Werk hinzuweisen, das in der
Beck-Verlag-Reihe „Wissen“ erschien (Titel siehe oben), verfasst
von Gebhard J. Selz, „Professor für Altsemitische Philologie und
Orientalische Archäologie am Institut für Orientalistik der
Universität Wien“.
Denn
mir ist kein vergleichbares Werk bekannt, das mit solcher Präzision
und Akribie einen Überblick über und Einblick in die hohe Zeit von
Sumer und Akkad gewährt. Allein die Gliederung des Inhalts verrät
eine subtile Einteilung in unterschiedlichste Chronologien, in
Königslisten, Lebenswelt, Schrift-Erfindung, Natur, Landwirtschaft,
phänomenale Technik, Religion, Götterwelt, nicht zuletzt ständig
miteinander konkurrierende Stämme und „Staaten“, mithin nahezu
zahllose Kriege.
Weit
spannt der Autor den Bogen von der Jungsteinzeit / Kupfersteinzeit,
die er kurz streift, bis hin zum eigentlichen Schwerpunkt seiner
Abhandlung, der Spät-Uruk- (ca. 3400 – 3100) über die Ur- bis zur
Akkad-Zeit (letztere 2340 – 2200) und Ur III-Epoche (2112 – 2004)
sowie deren Untergang.
Eine
sinnvoll-übersichtliche Zeittafel ist ebenso hervorzuheben wie das
abschließende Register, das sowohl Personen-, Götter- und Ortsnamen
als auch Begriffe (Sachregister) aufweist.
In
ausführlicher und dennoch auf 127 Seiten komprimierte Weise werden
Fakten an Fakten – möglicherweise etwas zu kühl-sachlich -
aneinander gereiht.
Das
Bemerkenswerteste, Beeindruckendste, Ungewöhnlichste liegt meines
Erachtens indessen in Folgendem: Im Gegensatz zu der überwältigenden
Mehrzahl aller literarisch tätigen Historiker, besonders
Archäologen, dort wiederum Ägyptologen, verzichtet Prof. Selz auf
das traditionelle, überhebliche „So ist / war es und nicht anders
!“. Ganz im Gegenteil: Statt die berühmt-berüchtigten ,
apodiktischen, also keinen Widerspruch duldenden Behauptungen, wie
sie die Schreibtisch-Gelehrten über alles lieben, in die Welt zu
setzen, äußert der Autor oft genug Skepsis, Vermutungen, Zweifel,
lässt Fragen offen, wie allein folgende Formulierungen zeigen mögen:
„Man
kann nur vermuten (S. 65) / genauere Datierung (…) noch nicht
möglich (S. 73) / wissen wir (…) nur wenig (S. 75) / Gering ist
auch unsere Kenntnis (S. 75) / lässt sich derzeit nicht erweisen (S.
77) / weckt den Verdacht (S. 79) / nicht beweisbar (S. 82) / wird
sich vielleicht nie abschließend klären lassen (S. 88) / scheint
glaubwürdig (S. 92) / Wir können nur spekulieren (S. 100) / mit
vielen Fragezeichen versehen (S. 111)“ u.a.m. .
Summa
summarum ein opus, dessen Faktenreichtum inklusive des steten
Abwägens zwischen gesicherter historischer Realität und behutsamer
Mutmaßung sich wohltuend von anderen Werken unterscheidet !
Coyright
Peter = haukehaien 2018