Hallo hafis,
Nochmal, ich persönlich kann mir nicht vorstellen, dass aus der Popmusik der letzten 20 Jahre was bleibt. Ich wollte mich auch nur mit deinen Kriterien auseinandersetzen. Und auch in deinem letzen Posting finde ich nicht alles korrekt.
Hafis hat geschrieben:
Weiter besteht im bereich klassischer musik eine eher nationenübergreifende übereinstimmung dazu, was ein klassiker ist (jeder klassiker hat weltweit fans). Sind nicht die vorlieben in populärer musik nationalgebundener?
Vor einigen Jahren war ich mal für mehrere Wochen in einem Dorf in der Nähe von San Christobal de las Casas in Chiapas (das ist der wilde Süden Mexikos). Zum Abschied war ein gemeinsamer Gottesdienst angesetzt in dem auch ein gemeinsames Lied gesungen werden sollte. Obwohl ich eine katholische Erziehung genossen habe und jahrelang Messdiener war und die Leute in dem Dorf auch alle katholisch sind, gab es kein Kirchenlied, das wir gemeinsam kannten. Wir einigten uns auf Dylans „Blowin in the wind“, das die Mexikaner auf spanisch und wir Deutschen auf englisch sangen. Es war insgesamt eine sehr andächtige und ernste Angelegenheit. Aus vorherigen Gesprächen weiß ich, dass diese Leute (z.T. einfache Indios) weder Bach, Mozart noch Beethoven kennen. Soviel zu nationenübergreifender Klassik und nationalgebundener Popmusik. .
Hafis hat geschrieben:
Unabhängig vom persönlichen geschmack meine ich, dass madonna sowohl in musikalischer als auch in künsterischer qualität über den ganannten, außer vielleicht den beatles steht und dass dies somit einen klassikerstatus wahrscheinlicher macht. Und madonna ist im gegensatz zu den anderen unter den jungen seit langem kult.
Über persönlichen Geschmack kann man nicht streiten. Madonnas künstlerische Qualität über die der Bee Gees zu stellen, halte ich aber für sehr gewagt. Unbestritten ist Madonna ein Vermarktungsgenie und alles was oft genug auf Viva läuft ist Kult bei den „jungen“. Wobei ich nicht genau weiß, was du unter den „jungen“ verstehst. In meinem Bekanntenkreis gibt es einige junge Mädchen (<20) aus Ghana und Nigeria. Die schauen kein Viva, mangels TV-Gerät. Deren Musik: Shaggy und Nelly; Jackson und Madonna erzeugen nur müdes Gähnen, aber als ich mal eine CD „John Lennon live in New York“ vorspielte, fingen die sofort zu tanzen an, obwohl sie den Namen Lennons so wenig kannten als The Beatles. Soviel zu Kult bei den „jungen“.
Hafis hat geschrieben:
Ich denke schon, dass es sinn macht, zwischen U- und E-musik zu unterscheiden. Aber die definitionen sind natürlich etwas willkürlich. Ich würde als unterscheidungsmerkmale nennen: musik gemacht, mit dem anspruch auf hohe künstlerische qualität vs. gemacht mit dem anspruch auf hohe verkaufszahlen
Vorab: für mich persönlich ist Händel ein großer Komponist, Mozart ist genial: Die Beatles waren nicht mehr als eine Boygroup, wenn auch die bisher beste. John Lennon war ein guter Rockmusiker, der Liedermacher Robert Zimmermann, hat in der Nachfolge des Dichters Dylan Thomas, nach dem er sich dann auch nannte, einige gute Texte geschrieben. Ich selbst habe die Stones immer den Beatles vorgezogen und Bob Dylan nie besonders gemocht, d.h. erst vor etwa einem Jahr für mich entdeckt. Ich bin also nicht voreingenommen. Nun zu deinen Unterscheidungsmerkmalen:
Musik gemacht um dem Publikum zu gefallen:
Händels Wassermusik oder seine Feuerwerksmusik wurden als reine Unterhaltungsmusik geschrieben um Adlige auf einer Bootsfahrt oder bei einem Feuerwerk als Hintergrundmusik zu gefallen. Bachs Kaffe- oder Bauernkantate: reine Unterhaltungsmusik. Die meiste von Mozart geschriebene Musik zielte darauf ab, dem jeweiligen Auftraggeber zu gefallen. Insbesondere seine Opern waren auf das Gefallen des Publikums angewiesen. Mozart hat immer nur komponiert um Geld zu verdienen.
Musik aus künstlerischem Anspruch gemacht:
Die Beatles haben sich getrennt, weil Johns künstlerischer und Pauls kommerzieller Anspruch nicht mehr zusammen passten. Nach der Trennung hat John mit der „Plastic Ono Band“ in Toronto ein Konzert gegeben, dass wie man heute sagt, künstlerisch seiner Zeit um viele Jahre voraus war. Natürlich war das kommerziell kein Erfolg, John hat auch nach der Trennung von den Beatles nie versucht kommerzielle Musik zu machen (im Gegensatz zu Paul), sondern hatte einen künstlerischen Anspruch, Geld verdienen hatte er nicht mehr nötig. Zugegeben, er wurde seinem Anspruch nicht gerecht, aber das hast Du ja bei deinen Kriterien nicht genannt.
Bob Dylan könnte, wenn es ihm um hohe Verkaufszahlen ginge, heute genau so Stadien füllen wie die Stones, Tina Turner u.a. Stars der 60er. Statt dessen spielt er, auf seiner Never-ending-tour, seit Jahren, die Musik die er will und nicht die, die das Publikum will, weil Geld hat er genug. Davon abgesehen ist Dylan seit Jahren immer wieder als Kandidat für den Literaturnobelpreis im Gespräch und ich denke er wird ihn irgendwann auch erhalten. D.h. Dylan wird als Dichter, nicht als Komponist in die Geschichte eingehen.
Natürlich wäre es lächerlich Lennon oder Dylan als Komponisten in einem Atemzug mit Mozart zu nennen, ich wollte nur darauf hinweisen, dass deine Unterscheidungsmerkmale für U- und E-Musik falsch sind.
Gruß von Hubert