Hallo zusammen,
hallo ikarus,
Du hast gepostet:
In meiner ganzen Sekundärliteratur steht, daß der Simlicissimus aus fünf Büchern bestehen würde. Jetzt habe ich eine Ausgabe des Insel-Verlags, die merkwürdigerweise sechs Bücher enthält. Gibt es mehrere Ausgaben des Simlicissimus? Ist die Einteilung mal geändert worden? Von Grimmelshausen? Oder vom Insel-Verlag?
Bei der Erstausgabe des „Simplicissimus Teutsch“ zur Frankfurter Ostermesse 1668 bestand das Werk aus 5 Büchern/Teilen. Schon die zweite Ausgabe, die 1669 erschien, enthielt die Fortsetzung, die Continuatio. Heutige Ausgaben, enthalten meistens den Simplicissimus Teutsch plus Continuatio, also 6 Teile. Insgesamt ist der Simplicianische Zyklus von Grimmelshausen aber auf 10 Teile festgelegt und auch ausgeführt (dazu auch mein Posting vom 17.2.4 im Forum „ .... Chronik“ im Thread „Grimmelshausen“)
Dass die Continuatio wirklich erst nach dem Erfolg der ersten fünf Teile geplant, geschrieben und gedruckt wurde ist m.M. nach eher unwahrscheinlich. Begründung: Im 2. Teil des „Satyrischen Pilgram“ nennt Grimmelshausen schon „meinen Simplicissimus“ und dessen „lustige Manier“. Der „Satyrische Pilgram“ erschien 1666, so dass die Grimmelshausen-Forschung davon ausgeht, dass der „Simplicissimus“ 1665, spätestens 1666 abgeschlossen war – er erschien dann Ostern 1668, also 2 Jahre für die Drucklegung, jetzt kommt die Zeit, bis man feststellt, dass es ein Erfolg wird (dauerte damals ohne Buchhandelsvorbestellungen, ohne Besprechungen in Zeitung und TV, ohne Bestsellerlisten sicher länger als heute), dann der Entschluss eine Fortsetzung zu schreiben, dann der Schreibvorgang (Grimmelshausen war seit 1667 Schultheiß von Renchen, konnte sich also nur in seiner Freizeit dem Schreiben widmen), dann die Drucklegung und im Frühjahr 1669 also nicht mal ein Jahr nach der Erstauflage erschien die Zweitauflage mit der Fortsetzung – für mich nur schwer nachvollziehbar, ich denke daher, dass die Fortsetzung schon vorher zumindestens geplant wahrscheinlich aber auch schon geschrieben war.
Völlig unklar ist mir jedoch dieser Satzanfang aus dem 14. Kapitel des 2. Buchs:
"Daher wuchs ich auf wie ein Narr im Zwiebelland; der Hurenspiegel wurde mir glatt, und meine Leibeskräfte nahmen handgreiflich zu;..."
Ich kann mir weder unter einem Narren im Zwiebelland noch unter einem Hurenspiegel etwas vorstellen. Weiß vielleicht jemand, was damit gemeint sein könnte?
Sowohl im Hamburger Leseheft, als auch in der dtv-Ausgabe lautet der Satz so:
Und gleich wie mich niemand scheel ansehen durfte, also hatte ich auch von nirgends her keine Anfechtung, Sorg oder Bekümmernis; alle meine Gedanken legte ich auf die Musik, und wie ich dem einen und dem andern seine Mängel artlich verweisen möchte; daher wuchs ich auf wie ein Narr im Zwiebelland, und meine Leibskräfte nahmen handgreiflich zu; man sah mir in Bälde an, daß ich mich nicht mehr im Wald mit Wasser, Eicheln, Buchen, Wurzeln und Kräutern mortifizierte, sondern daß mir bei guten Bißlein der rheinische Wein und das hanauische Doppelbier wohl zuschlug, welches in so elender Zeit für ein große Gnad von Gott zu schätzen war, denn damals stand ganz Teutschland in völligen Kriegsflammen, Hunger und Pestilenz, und Hanau selbst war mit Feinden umlagert, welches alles mich im geringsten nicht kränken konnte.
Also weder handelt es sich um einen Satzanfang, noch kommt das Wort Hurenspiegel vor. Der insel-Verlag geht hier wohl eigene Wege. Zum Hurenspiegel habe ich auch keine Erklärung gefunden. Der „Narr im Zwiebelland“ wird in der dtv-Ausgabe als „einer, der ohne Sorgen gut gedeiht“ erklärt. In meiner Knaur-Ausgabe heißt es „Narr im Schlaraffenland“
Gruß von Hubert