Tolles Zitat. Ich bin mir nur nicht sicher, ob ich dem Inhalt zustimmen soll. Ein Zitat, welches zum Nachdenken anregt.
Gruß, Thomas
Hallo zusammen,
ja, da bin ich mir auch nicht sicher...Wenn das Wort "immer" durch "meistens" ersetzt würde, hätte der Satz meine Zustimmung, denn wie oft versucht man, sich von typischen Verhaltensweisen zu lösen und schafft es doch nicht. Aber ab und zu bringt man es ja doch fertig, über den eigenen Schatten zu springen, deshalb finde ich die Aussage in dieser absoluten Form zu hart.
Ich habe nun auch den Tod der Großmutter hinter mir. Wie Ihr empfand ich die Schilderung, gemessen an Prousts sonstiger Ausführlichkeit, recht kurz. Hat mich aber trotzdem sehr berührt. Besonders am Ende, als geschildert wird, dass die Großmutter im Tod wieder jung wird und alles Elend ihres Alters abschüttelt:
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Auf dies letzte Lager hatte der Tod sie wie ein Bildhauer des Mittelalters mit den Zügen des jungen Mädchens hingestreckt, das sie einst gewesen war.
Ob Proust hier wohl nicht nur die sichtbare äußere Hülle, sondern auch die Erinnerungen an Tote meint? Zu Lebzeiten hat man als Bild einer Person ja immer vor Augen, wie sie momentan ist (z.B. alt und hinfällig). Nach dem Tod entsteht das Bild aber doch aus den gesamten Erinnerungen, auch aus früheren Zeiten. Wenn ich an meine verstorbenen Großeltern denke, habe ich (außer bei meinem Opa, der früh gestorben ist), nicht den alten, kranken , sondern eher den noch fitten, aktiven Menschen vor Augen.
Was ich sehr heftig fand, war Saint-Loups Brief, in dem er ja schreibt, er will den Erzähler schonen, aber dann ganz schöne Geschütze auffährt. Natürlich aus Eifersucht! Lustig war sein Kommentar über Odette, der er nicht vorgestellt werden will, weil sie eine ehemalige Hure ist. Tja, sein Schätzchen ist nicht mal ehemalig :zwinker: Zum Schmunzeln hat mich auch der Fürst von Faffenheim-Münsterburg-Weiningen gebracht, das muss ja für Franzosen der reinste Zungenbrecher sein.
JMaria: über das Duell bin ich auch gestolpert. Es scheint ja so gar nicht zum Erzähler zu passen.
Zum Schluss noch ein Zitat, das mir wieder zu Denken gibt:
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Vor allem aber drückte sich, wie oft die Schriftsteller, wenn sie durch die Tyrannei eines Monarchen oder einer Poetik, durch die Strenge der prosodischen Regeln oder die einer Staatsreligion geknebelt sind, zu einer Macht der Konzentration gelangen, die sie unter der Herrschaft einer freiheitlichen politischen Richtung oder literarischen Anarchie gar nicht nötig gehabt hätten, ...
Brillante Literatur ist also im Zustand der Unterdrückung oder Einschränkung eher zu erwarten als unter "freien" Bedingungen? Lässt sich auf Anhieb nicht leicht widerlegen. Proust hatte dabei sicher auch seine eigenen krankheitsbedingten Einschränkungen im Blickwinkel.
Eine Frage noch: Albertine erwähnt (in der "Bettszene") das Wort "Musmeh". Leider habe ich keine Ahnung, was das bedeutet - könnt Ihr mir weiterhelfen?
Viele liebe Grüße
Manjula