Guten Morgen,
nein, ich bin nicht verschollen :redface: aber da ich Euch nicht mit Erklärungen für meine Abstinenz langweilen will, gleich zu Proust:
Ich befinde mich momentan am Ende des 2. Kapitel und empfinde es im Grundton wie Ihr sehr viel positiver als das erste - wahrscheinlich hängt es, wie Steffi erwähnt hat, mit den bewußten und unbewußten Erinnerungen zusammen. Die bedrückte Stimmung im ersten Kapitel kommt für mich sehr gut zum Ausdruck, als der Erzähler sagt "Nachdem der anästhesierende Einfluss der Gewohnheit aufgehört hatte, begann ich zu denken, zu fühlen - beides traurige Dinge." Wie resigniert das klingt! Bisher kann ich noch nicht ausmachen, ob die schlechten Erinnerungen an die Kindheit auf handfesten Hintergründen beruhen oder ob es sich hier "nur" um verzerrte Wahrnehmungen eines Kindes handelt.
Das zweite Kapitel fand ich dagegen amüsant; die Schilderungen der Tante Leonie, die nicht zur Ruhe kommt, als der Erzähler glaubt, ein unbekanntes Gesicht gesehen zu haben, haben mich sehr an meinen Geburtsort erinnert! Und dass "Marcel" leidenschaftlich gerne liest, macht ihn natürlich sympathisch :zwinker:
Zitat von "JMaria"
Ich habe das Gefühl, dass der Autor dem Leser Situationen zuspielt, die wir später wieder treffen und wir uns dann erinnern sollen. Also, dass auch wir evtl. die verlorene (Lese)Zeit wiederentdecken.
Ein sehr interessanter Gedanke. Ich hatte auch bei einigen Beschreibungen das Gefühl, dass diese nicht als Selbstzweck erzählt werden, sondern noch eine Bedeutung für später haben.
Zitat von "A.Prometheus"
Dennoch bleibt die gesamte Stimmung eine süße (süß wie eine Madeleine) und sanfte Kindheitserinnerung. Die Erwähnung des Todes wirkt nicht Furcht erregend.
Kann das daran liegen, dass der Tod an sich für ein Kind nicht furchterregend wirkt, weil es sich darunter nichts Konkretes vorstellen kann? Meine Oma sprach auch, solange ich denken kann, dass sie bald sterben würde, und ich fand es nie bedrohlich. Wenn sie aber von Bombenangriffen während des Krieges erzählte, konnte ich mir etwas darunter vorstellen und das machte mir angst. Diese Erinnerung finde ich übrigens auch heute noch bedrohlich, da geht es mir anders als Dir mit den Gewittern.
Liebe Grüße
Manjula