Beiträge von Jaqui

    Hallo Leserunde,



    In den ersten Kapitel lernten wir O. kennen, wie er sich vor allen praktischen Problemen davon windet und keinen Fuß auf den Boden, sondern nur in die Pantoffeln bekommt. Das macht ihn zu einer lächerlichen Figur. Wie würden wir aber über ihn denken, wenn er wie der arme Poet Spitzwegs in seiner schäbigen Dachkammer seinen poetischen Träumen nachhängen würde? Hätten wir dann nicht mehr Respekt für ihn aufbringen können? Später sagt Stolz direkt zu Oblomow. „Du bist ein Poet, Ilia“, und was braucht ein Poet? Er braucht praktische Unterstützung, um die „schnöden“ Aufgaben des Lebens zu bewältigen. Hier sehe ich die Aufgabe von Stolz und er nimmt sie auch wahr, solange er bei o. bleiben kann.


    Da ist was dran, immerhin redete O. auch schon früher immer wieder über Stolz, so als warte er immer sehnsüchtig bis dieser zu ihm kommt und wieder alles ins Lot bringt und für ihn richtet.




    Was mich an dem Aufbau des 2. Teils stört, ist die Geschwindigkeit mit der G. über den Umzug hinweggeht. Wir haben anfangs die Wohnungsfrage als ein zentrales Problem erlebt, auf das G. immer wieder zurück kam. Jetzt geht alles ratzfatz, ohne Leidensweg, von einem Ort zum andern. Auf der anderen Seite, schreibt Gontscharow für meinen Geschmack etwas weitschweifig und verliert sich in Nebensächlichkeiten.


    Das hat mich gar nicht so sehr gestört, erst als du es hier erwähnt hast, ist mir das bewusst geworden, dass wir den ja gar nicht mitbekommen haben.




    Jetzt bin ich gespannt, was O. und O. verbinden oder trennen wird ;-)


    Diese Thematik wird noch sehr spannend, aber ich will nichts verraten, ich denke wenn alle den zweiten Abschnitt beendet haben, gibt es dazu sehr viel Gesprächsstoff.




    Ich habe im 2. Teil die ersten vier Kapitel gelesen, bemühe mich aber, wieder aufzuholen.


    Nur kein Stress, wir laufen ja nicht weg :winken:




    Meine Ansicht über Sachar hat sich kaum geändert. Für meine Begriffe ist er einfach zu faul und nimmt sich zu viel heraus. Bei aufrichtiger Zuneigung zu Oblomow sollte man doch erwarten, dass er sich mehr um seinen Herrn kümmert, auch wenn ihm das schwer fällt, weil Oblomow eine ganz eigene Art hat, sich vor unangenehmen Dingen zu drücken. Und selbst wenn ihm das nicht gelingt, lässt seine Solidarität zu wünschen übrig. Im Gespräch mit den anderen Dienstboten lässt er sich die Gelegenheit nicht entgehen, seinen Herrn zu diffamieren. Erst als die anderen Oblomow verspotten, schlägt er sich auf seine Seite, doch offensichtlich nur deshalb, weil sich die Angestellten untereinander über ihre Herrschaften definieren. Wie könnte er da Oblomow in Misskredit bringen?


    Von der Seite habe ich das noch gar nicht gesehen. Ich fand es toll wie er seinen Herrn verteidigt hat, dass er damit seine eigene Stellung sichern wollte, war mir in dem Moment nicht klar - aber eigentlich auch irgendwie logisch.
    In der Zwischenzeit hat Sachar seine Sympathien bei mir übrigens wieder verloren.




    In der Sue-Leserunde bin ich übrigens auch dabei.


    Auf die freue ich mich schon seit dem Sommer.


    Katrin

    Da ich mich auch für Sue angemeldet habe, sehe ich zu, in der letzten Oktoberwoche fertig zu sein.


    Dann verfolgen wir das gleiche Ziel, ich lese bei Sue auch mit :winken:




    Schade, dass die kleine Gang noch kleiner wurde, aber einige aus der Liste, die du (Jaqui) am Anfang aufgeführt hast haben sich ja noch nie gemeldet :sauer:


    Ja, das ist schade, ist aber öfter so. Da manche Leserunden weit im voraus geplant werden, kann immer etwas dazwischen kommen oder man hat eben gerade keine Lust mehr am Buch. Aber auch eine kleine interessierte Gruppe kann sich hervorragend über ein Buch unterhalten :winken:


    Sir Thomas: Dann bummel nur weiter :breitgrins: ich finde das Buch gerade sehr spannend und es fällt mir eigentlich schwer es neben mir liegen zu haben und nicht zu lesen, ich werde mal langsam weiter blättern.


    Ich fand übrigens die Diskussion zwischen Olga und Oblomow über die "Liebe" und das "Verliebtsein" sehr spannend. So habe ich das noch nie gesehen, ich liebe meine Familie, aber verliebt bin ich in meinen Vater deswegen natürlich nicht. Verliebtsein ist eine andere Form der Liebe, eine die sich wandelt im Laufe der Zeit. Die Liebe zu den Eltern dagegen hat sich bei mir zumindest nicht wirklich gewandelt seit ich ein Kind war. Die Liebe zu anderen Menschen aber ist wieder verflogen und neue sind dazu gekommen.
    Das Buch hat wirklich ein paar interessante Aspekte zu bieten.


    Katrin

    Eine Literaturgeschichte ist aber noch kein Kanon. Literaturgeschichten der Nachkriegsliteratur gibt es zuhauf.


    Stimmt, da war ich wohl zu voreilig.




    Es gibt auch sehr interessante theoretische Werke, die sich mit der Kanonbildung beschäftigen.


    Das ist sicher auch ein sehr interessantes Thema, wobei ich ja der Meinung bin, dass ein Kanon immer etwas sehr Subjektives ist. Lässt man zehn Leute einen Kanon machen, haben wir zehn verschiedene Listen. Bei einigen Werken wird es Übereinstimmungen geben, aber der Großteil wird doch sehr individuell sein.


    Katrin

    Danke Dostoevskij, das ist ja eine tolle Liste :winken: Da werde ich doch gleich mal stöbern gehen.


    Und hier haben wir auch die Frage von Lost nach der Nachkriegsliteratur geklärt: "Weidermann, Volker: Lichtjahre. Eine kurze Geschichte der deutschen Literatur von 1945 bis heute. Köln: Kiepenheuer und Witsch, 2006. 323 S. ISBN: 978-3-462-03693-0"


    Ehrlich gesagt wusste ich gar nicht, dass sich so viele Bücher mit dem Thema "Kanon in der Literatur" beschäftigen.


    Katrin

    Robinson: Schade, dass du keine Zeit hast, du verpasst ein wirklich gutes Buch. :winken:


    Ich bin in der Zwischenzeit schon mal ein wenig vorangerast und habe die ersten sieben Kapitel des zweiten Teils gelesen.
    Oblomow stellt sich in Kapitel 6 ziemlich dämlich an :breitgrins: als er Olga seine Liebe gesteht, sich dann zurückzieht und als er erkennt, dass sie ihn auch liebt in Selbstzweifel windet. Anscheinend kann er nicht glauben, dass ihn jemand gern hat.


    Sachar hat sich aber im Gegensatz zu O. überhaupt nicht weiter entwickelt. Erkennt man O. in den letzten Kapitel nicht mehr wieder, so ist Sachar der ewig Gleiche.
    Er jammert, beschwert sich und will keinen Staub wischen. So wie es aussieht, hat Lost recht, wenn er meint, dass der Staub mehr ist als normaler Hausstaub. Sachar symbolisiert anscheinend das stagnierende, er will sich gar nicht bewegen. O. geht mit der Zeit, widerwillig zwar, aber dennoch.


    Ich bin schon sehr gespannt wie es weitergeht, ob Olga und O. ein Paar werden und vor allem wie es mit Sachar und Anisja weiter geht. Diese Frau fasziniert mich sehr, auch wenn ich es nicht verstehe, dass sie Sachar immer auf die Nase bindet, dass er unfähig ist. Eine kluge Frau würde schweigen und die Arbeit hinter seinem Rücken machen :zwinker:


    Katrin

    Die ersten vier Kapitel des 2. Teils habe ich nun hinter mir und das Buch wird immer lebendiger und spannender.


    Stolz schafft es doch tatsächlich Oblomow aus dem Haus zu kriegen - damit hätte ich nie im Leben gerechnet, aber O. gefällt das Leben außerhalb seiner vier Wände nicht wirklich. Er würde viel lieber ein Leben vorziehen, in dem es keinen Streit, keinen Neid und keinen Hass gibt. Tja, da müsste er ins Paradies zurückkehren, denn so ein Leben wird er nie finden.


    Stolz ist genauso wie ich ihn mir vorgestellt habe: voller Tatendrang und Lebenslust. Sogar Sachar wird in seiner Nähe aufgeweckter und ist voller Tatendrang.


    O. Vorstellung fand ich aber gar nicht so schlecht, immerhin würde er dann ein "normales" Leben haben, wäre verheiratet, würde aus dem Haus gehen und hätte jede Menge Freunde. Dass Stolz so vehement dieses Leben verdammt ist mir demnach nicht ganz klar. Er erklärt O. dass das ja ein Leben sei wie es die Väter geführt haben. Aber was ist daran so schlecht? Immerhin wäre es ein besseres Leben als jenes, welches O. derzeit führt. Vielleicht hat hier ja jemand eine Erklärung. :winken:


    Katrin


    Sozusagen ersetzt mir das Klassikerforum einen Klassikerkanon.


    Das ist sehr schön gesagt :klatschen:
    Ich bin aufgrund des Forums auch erst auf viele gute Werke gestoßen.


    Was haltet ihr eigentlich von diesem Buch als Grundlage für einen Kanon? Christiane Zschirnt - Bücher: Alles, was man lesen muss  [kaufen='3821816791'][/kaufen]


    Katrin


    Die ersten Seiten des zweiten Teils finde ich sehr amüsant. Gontscharow schwelgt genüßlich in der Beschreibung typisch deutscher Eigenschaften. Ich entnehme daraus, dass die Deutschen damals wohl nicht sehr beliebt gewesen sind bei den Russen. Ähnliches habe ich auch bei Tolstoi gelesen, so dass Gontscharow hier vermutlich keine persönlichen Abneigungen ins Spiel bringt, sondern eine allgemeine Einstellung wiedergibt.


    Das erste Kapitel im zweiten Teil ist wirklich sehr interessant, vor allem weil man hier Stolz kennenlernt. Und der ist das komplette Gegenteil von Oblomow.Wie sich die beiden gut verstehen können und immer noch Freunde sind, verwundert mich doch sehr. Da bin ich mal gespannt wie sich die Freundschaft entwickelt und geführt wird.


    Vielleicht waren die Deutschen früher ja wirklich so, wie sie in der Literatur beschrieben sind :breitgrins:


    Katrin


    Dante: Die Göttliche Komödie


    Das Buch hatte ich schon mehrmals in der Hand, aber irgendwas hat mich immer abgeschreckt. Vielleicht die Versform.




    Gibt es mittlerweile einen Kanon der deutschsprachigen Nachkriegsliteratur des 20. Jahrhunderts?


    Ich kenne keinen, wenn zufällig jemand einen findet, wäre es interessant zu wissen, wer und was draufsteht.


    Wolf: Bei anderen Gebieten, auch der chinesischen Literatur und so wäre ein Kanon sicher hilfreich.
    Ich bin zwar kein Comicfreund, aber 100 Titel sind viel - so viele Comics kenne ich ja nicht mal.


    Katrin

    Mit Ende des ersten Teils kann ich nur sagen: ein wunderbares Buch.


    Beim Traumkapitel habe ich eine Weile gebraucht um reinzukommen. Ganz anders war der Stil, die Sprache, ja die ganze Farbwahl die Gontscharow getroffen hat. Es hat irgendwie nicht reingepasst, aber nach einigen Seiten habe ich mich sehr wohl gefühlt in dem Kapitel.
    Ich kann Oblomow nun viel besser verstehen, dass er so geworden ist wie er ist. Er hatte ja überhaupt keine Chance sich weiter zu entwickeln bei diesen Verhältnissen im Dorf. Auch O. Vater hatte es nicht geschafft einen Brief zu schreiben, er wollte ihn ja nicht einmal aufmachen aus Angst vor Veränderungen.


    Die Idee dass Sachar und O irgendwie zusammen gehören, gefällt mir sehr, aber ganz überzeugt bin ich dennoch nicht dass das Gontscharows Idee war.


    Lost: Schön wenn ich dich mit meiner Bemerkung zum Nachdenken gebracht habe, auch wenn ich den Staub nur als Staub gesehen habe und gar nicht auf die Idee gekommen bin, dass es eine Metapher für etwas sein kann. Auf der anderen Seite würde niemand, auch der faulste Mensch nicht, in so einem Dreck leben wollen.


    Noch ein Wort zu Sachar: Bisher stand ich ihm eher neutral gegenüber, in Mitte von Kapitel 10 allerdings gewinnt er meine volle Sympathie. Nachdem sich die anderen am Tor auch über seinen Herrn beginnen aufzuregen, nimmt er ihn plötzlich in Schutz. Er verteidigt ihn als einen ganz tollen Menschen, der nie etwas böse tut.
    Im Grunde ist es das selbe wie bei wahrscheinlich jeden von uns: Wir selber dürfen über unsere Eltern oder Partner herziehen, aber wenn es jemand anders tut, werden wir wütend und nehmen die Person in Schutz.


    Zudem taucht im letzten Kapitel endlich Stolz auf, auf den bin ich schon sehr neugierig.


    Katrin