Moin, Moin!
In Kapitel 1/II wird, wie schon angerissen, des Generals Jepantschins Familie vorgestellt. Dem folgt, während Myschkin auf eine Audienz beim General wartet, ein Dialog mit einem Bediensteten.
Bemerkenswert ist hier die Ablehnung der Todesstrafe, nicht zuletzt aus Dostoevskijs eigenem Erfahren heraus. Myschkin berichtet von einer Hinrichtung mit der <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Guillotine">Gouillotine</a>, die er in Lyon erlebt hat.
Zitat
"Ich habe einmal in Frankreich eine Hinrichtung gesehen. In Lyon. Mein Arzt, Professor Schneider, hatte mich dorthin mitgenommen." "Wird dort gehängt?" "Nein, in Frankreich wird nur enthauptet." "Was, schreit der Mensch dabei sehr?" "Wo denken Sie hin! Es geschieht ja in einem Augenblick. Der Mensch wird hingelegt, und dann fällt plötzlich von oben ein breites Messer auf seinen Hals, mittels einer Maschine - die Guillotine wird sie genannt - schwer, scharf, in einer Sekunde... Der Kopf springt vom Rumpf ab, ehe man mit dem Auge einmal blinken kann."
Die Bestrafung eines Mörders durch das Todesurteil hält er für ärger als die Tat, für die er bestraft werden soll, was er mit der Unfehlbarkeit des Todesurteils begründet. Die Gewißheit, sterben zu müssen, sei das Grausamste, was man einem Menschen antun könne, eine Seelenqual. Das "Bewußtseins der unfehlbaren Vollstreckung", die Hoffnungslosigkeit.
Zitat
"Für einen Mord getötet zu werden, ist eine unvergleichlich schwerere Strafe, als das begangene Verbrechen schwer ist. Laut Urteil getötet zu werden, ist unvergleichlich schrecklicher, als durch Räuberhand umzukommen. Wer von Räubern ermordet wird, nachts, im Walde oder sonstwo, hat zweifellos noch bis zum letzten Augenblick die Hoffnung auf Rettung. (S. 34)"
Zitat
Nehmen Sie zum Beispiel die Folter: da gibt es Schmerzen und Wunden und körperliche Qual, die aber lenkt einen doch von den seelischen Qualen ab, so daß einen bis zum Augenblick des Todes nur die Wunden quälen. Den größten, den quälendsten Schmerz aber verursachen vielleicht doch nicht die Wunden, sondern das Bewußtsein, daß, wie man genau weiß, in einer Stunde, dann in nur zehn Minuten, dann in einer halben Minute, sogleich, noch in diesem Augenblick - die Seele den Körper verlassen wird, und daß du dann kein Mensch mehr sein wirst, und daß das doch unfehlbar geschehen wird. Das Entsetzlichste ist ja gerade diese "Unfehlbar". Gerade wenn man den Kopf unter das Messer beugt und dann hört, wie es von obene klirrend herabklischt - gerade diese Viertelsekunden müssen die furchtbarsten sein. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 36)
Inzwischen ist klar geworden, daß Myschkin in seiner Ursprünglichkeit und Offenheit ein ungemein einnehmendes Wesen besitzt. Er wickelte bislang alle um den Finger: Rogoshin und nun im Kapitel 1/II den Diener, den er ganz beiläufig in eine angeregte Unterhaltung verwickelt. Ungekünstelt, unbedarft.