Beiträge von Dostoevskij

    Moin, Moin!


    Zitat von "aljaz"

    was ist denn der KVK? sollte ich den kennen?


    Der <a href="http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html">Karlsruher Virtuelle Katalog</a> (KVK) ist eine Metasuche in diversen Bibliothekskatalogen und anderen Bücherdatenbanken. Er stellt das wohl wichtigste Hilfsmittel dar, um einfach und unkompliziert an bibliografische Daten zu kommen. Mit seiner Hilfe informiere ich mich über erschienene Bücher eine Schriftstellers, vergleiche Ausgaben usw. Zusammen mit den Datenbanken der <a href="http://www.wikiservice.at/buecher/wiki.cgi?Zwischenbuchhandel">Barsortimenter</a> und Amazon ist er für mich einfach unverzichtbar.


    Zitat

    hab jetzt doch schon kurz in kapitel 7 reingeschaut, allerdings nur, um die stelle mit dem datum zu finden, werde ich aber auch nicht schlau raus...


    Tja, kann man nix machen. Habe leider keine original russische Ausgabe dabei, dann könnte ich auf Arbeit nachfragen, wo immer Russen entweder als Patienten liegen oder als Praktikanten arbeiten. Kennt jemand eine Seite, wo Dostoevskij Werke im russischen Original verfügbar sind?

    Moin, Moin!


    Zitat von "aljaz"

    sollten wir also warten, bis ihr anderen aufgeschlossen habt? schreibt einfach, was ihr dazu denkt...


    Ich werde nun auf alle Fälle warten, bis die anderen sich sowohl hinsichtlich des Standes der Dinge als auch zu den Dingen selbst geäußert haben. Auch ich sehe kein Problem im Lesetempo, weil auch die, die eventuell schneller sind, bei den Diskussionen, die Früheres aufgreifen, ja mitposten können.

    Moin, Moin!


    Zitat

    "Was haben wir heute? Mittwoch?" "Ja, ich glaube, Mittwoch, Mama", antwortete Adelaida. "Niemals wissen sie die Tage! - Welches Datum?" "Den siebenundzwanzigsten", sagte Ganja. "Den siebenundzwanzigsten? Das ist nach einer gewissen Berechnung leicht zu behalten." (S.130)


    Was für eine Berechnung? Diese Bemerkung ist mir schleierhaft.

    Moin, Moin!


    Zitat von "aljaz"

    bei mir sind's 629 seiten, plus 10 seiten nachwort von maximilian harden, hab den verdacht auch nur, weil ich so ne bertelsmann lesering ausgabe hab, und die 'nach der ersten vollständigen übersetzung von august scholz' ist, dieses 'nach' hat mnich etwas stutzig gemacht...


    Mhm, das klinkt in der Tat merkwürdig. Ich habe das Hardcover der 10-bändigen Piper-Sonderausgabe, der Roman umfaßt hier 950 Seiten (ohne Zusätze). Der KVK sagt zu seiner Ausgabe dies:


    Der Idiot : Roman / Fjodor M. Dostojewskij. [Nach d. 1. vollst. dt. Ausg. in d. Übers. von August Scholz.] Mit e. Nachw. von Maximilian Harden
    Verfasser: Dostoevskij, Fedor M. Scholz, August
    Verleger: Gütersloh : Bertelsmann Lesering
    Erscheinungsjahr: 1965
    Umfang/Format: 639 S. ; 8
    Gesamttitel: Bibliothek der Weltliteratur
    Originaltitel: Idiot <dt.>


    Ich denke, NACH meint hier nichts Schlimmes. :breitgrins:

    Moin, Moin!


    Kapitel 1/VI ist aus einem Guß. Myschkin sitzt immer noch am Frühstückstisch der Generalin mit ihren drei Töchtern. Eigentlich wollen diese eine Liebesgeschichte hören. Myschkin liefert ihnen eine, aber eine eigene, auf ihn zugeschnitte. Das große Plädoyer für die Unschuld, für die Kindheit als deren Urform. Myschkin inmitten der Kinder, für die er Partei ergreift, wo er sich wohl fühlt. Am Ende sagt er selbst, daß er dort Glück erlebte. Insofern ist die Rückkehr aus der Schweiz wie ein Verlassen des Paradieses. Hinaus in die Welt der Erwachsenen, die, so ahnt der Fürst, ihm einige Probleme bereiten wird. Überhaupt prophezeit er gerne und deutet Gesichter und Situationen, nennt die Dinge beim Namen. So ähnlich wie die Kinder selbst, die alles verstehen, alles ahnen:


    Zitat

    "Einem Kinde kann man doch alles sagen, alles! Es hat mich oft stutzig gemacht, wie schlecht Erwachsene Kinder verstehen, selbst Väter und Mütter ihre eigenen Kinder. Kindern sollte man nichts verheimlichen, wie man es gewöhnlich unter dem Vorwand tut, daß sie zu jung seien, und es für sie noch zu früh sei, manches zu wissen. Was das doch für eine traurige und klägliche Auffassung ist! Und wie gut es die Kinder begreifen, daß die Eltern sie für zu klein und zu dumm zum Verstehen halten, während sie doch tatsächlich alles verstehen! Die Erwachsenen wissen nicht, daß ein Kind sogar in der schwierigsten Angelegenheit einen äußerst guten Rat zu geben vermag. Mein Gott, wenn so ein Kind einen mit seinen klaren Augen wie ein kleiner Vogel treuherzig und glücklich ansieht - da muß man sich doch schämen, es zu belügen!" (S. 106)


    Alles gipfelt in dem großartigen Ausspruch: "Durch Umgang mit Kindern gesundet die Seele." Aus eigener Erfahrung kann ich das bestätigen.

    Moin, Moin!


    Zitat von "aljaz"

    ich habe bisher lebedews rolle überhaupt nicht verstanden, frage mich auch, warum rogoschin ihn einlädt, ihm zu folgen (kap. 1, s. 19)...


    Möglicherweise aus der Einsicht heraus, daß er der Penetranz sowieso erlegen sein wird, oder eben weil er sich denkt: diesen Menschen wirst du für böse Sache unbedingt noch brauchen.


    Zitat

    habe ne andere übersetzung als zumindest markus, von august scholz, dazu habe ich den verdacht, dass meine ausgabe bearbeitet/gekürzt ist...


    Glaube ich nicht, daß der Idiot gekürzt ist. Wieviel Seiten sinds denn bei dir?


    Zitat

    habe eben mein 5. kapitel überflogen und nach der 'vorwurf'-stelle gesucht, aber nicht gefunden, kannst du nochmal den genauen zusammenhang posten?


    Nach der Eseldiskussion soll Myschkin von der Schweizer Landschaft sprechen. "Oh, ich möchte gern einmal die Schweiz sehen!" sagte Adelaida. "Wann werden wir endlich einmal ins Ausland reisen? Da sitze ich nun hier und kann seit zwei ganzen Jahren keinen Vorwurf zu einem Gemälde finden." (...) "Suchen Sie mir ein Sujet, Fürst." (S. 91)


    Zum Kapitel 1/V nur so viel: Myschkin Mund greift neben vielen anderen Schilderungen nochmals das Thema Todesstrafe auf und versetzt sich in die Psyche eine kurz vor der Vollstreckung stehenden Verbrechers. Die drei Töchter setzen dem Fürsten zu; dieser geht gutherzig auf ihre teils provokanten Fragen ein. Vor meinem geistigen Auge sehe ich die Generalin förmlich offenen Mundes dasitzen und den Kontrahenten wie bei einem Tennis-Match zusehen: links, rechts, links, rechts... Kleines Fundstück zum Abschluß noch:


    Zitat

    "... und wie Sie daraus sehen, kann man doch nicht so leben, daß man keinen Augenblick ungenützt vergeudet. Aus irgendeinem Grunde ist es eben unmöglich" (S.97)

    Moin, Moin!


    Stieß eben auf den Begriff Chrestomathie (Seite 93), der mir unklar war und der sich spontan schwer ergooglen läßt. xenophanes half aus:


    Zitat

    "Chrestoma'thie [Chres·to·ma'thie] die; -,-n Textauszüge u. Zusammenstellung ausgewählter Texte von Autoren für Schulzwecke


    Außerdem fiel mir der Begriff Vorwurf (zu einem Gemälde auf) (Seite 91). Weiß jemand spontan, ob das gebräuchlich ist. Was steht in einer anderen (als Rashins) Übersetzung?

    Moin, Moin!


    Zitat von "sandhofer"

    Den habe ich tatsächlich nicht installiert. Und sehe im Moment auch keine Notwendigkeit dafür ...


    Ich wollte keinen Streit vom Zaun brechen. War ja nur eine kleine bibliomanische Sache für internette Büchermenschen.

    Moin, Moin!


    Zitat von "Georg"

    Keineswegs will ich dir ein Lesetempo vorschreiben, aber einer gemeinsamen Diskussion wäre es sicherlich förderlich, wenn du etwas drosseln könntest. Hattest du nicht irgendwann geschrieben, du willst das Buch nur nebenbei lesen?


    Mal sehen. Gestern habe ich jedenfalls die ersten vier Kapitel in einem Ruck gelesen und werde nun erstmal warten, bis ihr euch meldet. Da ich durch die familären Osterfeierlichen NACH meiner Arbeit sowohl zeitlich als auch konditionell (bin recht angesäuselt von Sekt und Weinbrand) heute sowieso wenig zustande bringe, sollte es mir nicht schwer fallen, innezuhalten und euren Statements zu lauschen.


    Zitat

    Wenn du nichts dagegen hast, werde ich dich zumindest während dieser Leserunde nicht mit Dostoevskij, sondern mit Markus anreden, einfach um Verwechslungen zu vermeiden?


    Das ist klug. :zwinker:

    Moin, Moin!


    Zitat von "Georg"

    hoffentlich hattet ihr einen ähnlich schönen Ostersonntag,


    Ich hatte heute den ersten von 8 Frühdiensten und begann ca. 18 Uhr zu lesen. Das wird auch in den nächsten sieben Tagen so sein. Viel vom Tag bekomme ich durch den doofen Umstand, arbeiten gehen zu müssen, nicht mit. Und die letzte Nacht brachte mir nur 4 Stunden Schlaf, so daß ich schon zu Beginn dieser längeren Arbeitswoche groggy bin.


    Aber der Idiot ist äußerst erfrischend. Ich las von Dostoevskij als letztes "Njetotschka Neswanowa" (Juli 2004) und "Aufzeichnungen aus einem Totenhaus" (März 2004). Allesamt Zweitlektüre, weil ich 1998 das (zugängliche) Gesamtwerk ausgelesen hatte und mich seitdem im zweiten Durchgang befinde.

    Moin, Moin!


    Zitat von "Georg"

    Die Frage nach unserem timing und wie lange die Leserunde dauern soll, ist eine berechtigte, (...) 4 Kapitel an einem Tag schaffe ich beim besten Willen nicht.


    Ich sehe da überhaupt kein Problem. Wenn jeder ab und an sagt, wo er ist, kann ich mich beispielsweise beherrschen und stoppe die Lektüre bzw. lese was anderes zwischendurch.

    Moin, Moin!


    Noch zwei Beispiele für die immer wieder beeindruckende Fähigkeit Dostoevskij, Menschen zu beschreiben und das Entscheidende an ihnen zu umreißen. Über den Schleimer Lebedeff aus Kapitel 1/I heißt es:


    Zitat

    Doch wieviel Lebenserfahrung er auch besaß - und sogar einige recht bemerkenswerte Fähigkeiten ließen sich ihm nicht absprechen -: er zog im allgemeinen durchaus vor, sich mehr als Vollstrecker fremder Ideen, denn als ein aus eigener Initiative Handelnder hinzustellen. Er war ein "treuer Untertan ohne zu kriechen" und - was erlebt man nicht alles in unserem Jahrhundert" - gab sich sogar als echter und herzlicher Russe. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 25)


    So eine richtige Beamtennatur. Und dennoch ein Russe, wie er eben laut D. auch dazugehört. Im Folgenden sinniert der General vor Myschkin, der wie im Zoom auf des Menschen Fähigkeit oder Unfähigkeit fährt, Gemeinsames zu entdecken und zu erleben.


    Zitat

    Und schließlich sind wir ja allem Anschein nach so verschieden geartete Menschen... aus verschiedenen Gründen -, daß es zwischen uns auch schwerlich viele Berührungspunkte geben wird. Das heißt, genau genommen bin ich selbst nicht der Meinung; es scheint nur zu oft, daß es keine Berührungspunkte gibt, und doch sind sogar sehr zahlreiche vorhanden. Das kommt nur von der Trägheit des Menschen, weil sie sich nur so nach dem äußeren Schein zusammenfinden, deshalb können sie auch nichts Gemeinsames entdecken. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 43)


    Für heute winkt das Bettchen. Durchaus denkbar, daß sich eine der lebendigen Figuren au dem Idioten in einen meiner Träume verirrt. Nastassja ist bislang noch wenig positiv in Erscheinung getreten; sie erscheint mir zu mitgenommen und zu verbittert und zu berechnend. Bleibt sie so?

    Moin, Moin!


    Kapitel 1/IV ist beschreibend. Als Rahmenhandlung dient die sich zum Frühstück versammelnde Familie General Jepantschins, der den Fürst dorthin mitschleifen will. Zunächst erzählt Dostoevksij ironisch, wie man eine Familie am Laufen erhält, d.h. Sand im Getriebe vermeidet:


    Zitat

    "Lisaweta Prokofjewna wurde mit jedem Jahre launischer, ungeduldiger und unduldsamer, ja, sie konnte bisweilen sogar sehr sonderbar sein. Doch da sie immer einen ihr äußerst ergebenen und von ihr gut erzogenen Gatten zur Hand hatte, so ergoß sich der Ärger, wenn sich ein solcher in ihrem Herzen angesammelt hatte, gewöhnlich über sein Haupt, worauf dann die Harmonie in der Familie wieder hergestellt war und alles von neuem im alten Gleise seinen gewohnten Gang nahm." (S. 59) -- Er behandelte sie nie als übereilte Handlung der unüberlegten Jugend. Und seine Gemahlin achtete er so hoch und fürchtete sie bisweilen so sehr, daß er sie offenbar sogar liebte. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 26)


    Zitat

    "Die Töchter kamen alle drei zum Papa, um ihm den Morgenkuß zu geben; die hatten nun allerdings keinen Grund, ihm gram zu sein, aber auch aus ihren Mienen glaubte sein argwöhnisches Gewissen etwas Besonderes herauszulesen. Freilich war der General aus gewissen Gründen mehr als nötig mißtrauisch geworden, und da er bei alledem noch ein erfahrener und geschickter Gatte und Vater war, so traf er schleunigt seine Vorkehrungen. (S. 60)"


    Eingebettet in diesen Rahmen ist die Entwicklung einer der Hauptfiguren, der Waise Nastassja Filipowna, die vom Gutsbesitzer Tozkij aufgezogen und wohl mißbraucht worden ist und der nun vor ihr, die eine kluge Frau geworden ist, einen Heidenrespekt hat. Aus ihren Fesseln gilt es sich zu befreien, so daß allerhand in die Weg geleitet wird. Nastassja soll verkuppelt und mit 75.000 Rubelm endgültig zum Schweigen gebracht werden. Dostoevskij schildert diese Entwicklungen und Beziehungen in einem Erzählfluß, dem man gebannt folgt und dabei immer eines mokanten Untertons gewahr ist, der mich zu dem Fazit verleitet: Oha, hier braut sich aber allerhand zusammen. Zu allem Überfluß hat sich auch General Jepantschin in verguckt, was bei einem Mann in fortgeschrittenem Alter ein wenig possierlich wirken kann:


    Zitat

    Übrigens ist ja bekannt, daß ein Mensch, der sich gar zu sehr von seiner Leidenschaft hinreißen läßt, und namentlich noch, wenn er dabei schon ein - wie man zu sagen pflegt - gesetzeres Alter erreicht hat, alsbald vollkommen mit Blindheit geschlagen und dann fähig ist, Hoffnungen sogar dort zu sehen, wo gar keine sein können, ja, daß er dann sogar trotz einer Stirnhöhe von fünf Zoll wie ein dummes Kind handeln kann. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 79)


    Mehr gibt es kaum zu sagen, die Handlung wird zunehmend dramatischer. Das Personenkarussell, wie man es aus russischen Romanen des 19. Jahrhunderts kennt und manchmal fürchtet, routiert.

    Moin, Moin!


    Kapitel 1/III beinhaltet die Audienz Myschkins beim General in Anwesenheit seine Sekretärs, Sohn eine ehemaligen des Regimentskameraden und jetzigen Generals Iwolgin. Myschkin wirkt, wie Jepantschin erstaunt bemerkt, jünger, als er ist. Zeichen der Alterslosigkeit eines Heiligentypus? Oder Zeichen seiner Krankheit, wie der Fürst selber mutmaßt? Mit 27 Jahren ein Milchbart oder nur ein Ausdruck der Frische des Charakters, der ihn jung erhalten muß?


    Der General kommt aus der anfänglichen Distanz heraus und spendet dem Bedürftigen schließlich sogar 25 Rubel. Myschkin fließt das Wohlwollen förmlich zu. Bleibt abzuwarten, ob und welche Schwierigkeiten ihm aber auch aus seiner Verfaßtheit erwachsen werden.


    Zum Zeitpunkt der Handlung ist die Leibeigenschaft in Rußland AFAIK aufgehoben. Spricht man ab diesem Zeitpunkt eigentlich noch von "Seelen", die zu einem Gut gehören? Der Reichtum eines Gutsbesitzers wurde ja immer auch an der Anzahl der "Seelen" festgemacht, also des oder der Dörfer, die zum Gutshof gehörten. Ist das nach der Aufhebung der Leibeigenschaft nun nicht mehr zu sagen. Oder gehören die Dörfer auch weiterhin, wenn auch nur pro forma zu einem Gut?


    Myschkin erweist sich als Kalligraph und erhält einen Schreiber-Posten beim General mit 35 Rubel gehalt nebst einer Bleibe im Hause Iwolgin, wo Wohnungen vermietet werden.

    Moin, Moin!


    In Kapitel 1/II wird, wie schon angerissen, des Generals Jepantschins Familie vorgestellt. Dem folgt, während Myschkin auf eine Audienz beim General wartet, ein Dialog mit einem Bediensteten.


    Bemerkenswert ist hier die Ablehnung der Todesstrafe, nicht zuletzt aus Dostoevskijs eigenem Erfahren heraus. Myschkin berichtet von einer Hinrichtung mit der <a href="http://de.wikipedia.org/wiki/Guillotine">Gouillotine</a>, die er in Lyon erlebt hat.


    Zitat

    "Ich habe einmal in Frankreich eine Hinrichtung gesehen. In Lyon. Mein Arzt, Professor Schneider, hatte mich dorthin mitgenommen." "Wird dort gehängt?" "Nein, in Frankreich wird nur enthauptet." "Was, schreit der Mensch dabei sehr?" "Wo denken Sie hin! Es geschieht ja in einem Augenblick. Der Mensch wird hingelegt, und dann fällt plötzlich von oben ein breites Messer auf seinen Hals, mittels einer Maschine - die Guillotine wird sie genannt - schwer, scharf, in einer Sekunde... Der Kopf springt vom Rumpf ab, ehe man mit dem Auge einmal blinken kann."


    Die Bestrafung eines Mörders durch das Todesurteil hält er für ärger als die Tat, für die er bestraft werden soll, was er mit der Unfehlbarkeit des Todesurteils begründet. Die Gewißheit, sterben zu müssen, sei das Grausamste, was man einem Menschen antun könne, eine Seelenqual. Das "Bewußtseins der unfehlbaren Vollstreckung", die Hoffnungslosigkeit.


    Zitat

    "Für einen Mord getötet zu werden, ist eine unvergleichlich schwerere Strafe, als das begangene Verbrechen schwer ist. Laut Urteil getötet zu werden, ist unvergleichlich schrecklicher, als durch Räuberhand umzukommen. Wer von Räubern ermordet wird, nachts, im Walde oder sonstwo, hat zweifellos noch bis zum letzten Augenblick die Hoffnung auf Rettung. (S. 34)"


    Zitat

    Nehmen Sie zum Beispiel die Folter: da gibt es Schmerzen und Wunden und körperliche Qual, die aber lenkt einen doch von den seelischen Qualen ab, so daß einen bis zum Augenblick des Todes nur die Wunden quälen. Den größten, den quälendsten Schmerz aber verursachen vielleicht doch nicht die Wunden, sondern das Bewußtsein, daß, wie man genau weiß, in einer Stunde, dann in nur zehn Minuten, dann in einer halben Minute, sogleich, noch in diesem Augenblick - die Seele den Körper verlassen wird, und daß du dann kein Mensch mehr sein wirst, und daß das doch unfehlbar geschehen wird. Das Entsetzlichste ist ja gerade diese "Unfehlbar". Gerade wenn man den Kopf unter das Messer beugt und dann hört, wie es von obene klirrend herabklischt - gerade diese Viertelsekunden müssen die furchtbarsten sein. (Fedor M. Dostoevskij: Der Idiot, S. 36)


    Inzwischen ist klar geworden, daß Myschkin in seiner Ursprünglichkeit und Offenheit ein ungemein einnehmendes Wesen besitzt. Er wickelte bislang alle um den Finger: Rogoshin und nun im Kapitel 1/II den Diener, den er ganz beiläufig in eine angeregte Unterhaltung verwickelt. Ungekünstelt, unbedarft.

    Moin, Moin!


    amaztype ist eine bibliomane Spielerei, die ich auch <a href="http://amaztype.tha.jp/US/Books/Title?q=Klassiker">nicht vorenthalten will</a>.

    Moin, Moin!


    Milan Kunderas Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins


    Zitat von "Gretchens Freund"

    Meine Frage: Kennt überhaupt irgendwer hier im Forum dieses Buch? Ich frage nur, weil es ja nun nicht den Stand eines Klassikers hat wie die anderen...


    Es hat IMHO par excellence den Stand des in diesem Forum so geschmähten Modernen Klassikers. Die zweite Lektüre brachte keine Einbuße in der Bewunderung dieses Werkes.

    Moin, Moin!


    Eben mußte ich sehr lachen, als die drei Töchter Generals Jepantschins vorgestellt worden sind:


    Zitat

    "Mit einem Wort, es wurde sehr viele Lobenswertes von ihnen erzählt. Nichtsdestoweniger gab es auch solche, die izhnen nicht gerade wohlwollten. So sprach man z.B. mit wahrem Entsetzen davon, wieviel Bücher sie schon gelesen hätten." (S. 27)


    Was damals Entsetzen auslöste, würde heute mit Jubelstürmen begrüßt.

    Moin, Moin!


    Weil ich in diesen Tagen durchweg arbeiten muß, stecke ich noch am Anfang und konnte erst nur einige Seiten lesen. Schon am Anfang wird die Schutzlosigkeit Myschkins offensichtlich.


    Zitat

    "Aber, wie steht es mit den Frauen, Fürst? Seid Ihr ein großer Liebhaber des weiblichen Geschlechts? - das müßt Ihr mir im voraus sagen." -- "Ich? N-n-nein. Ich bin ja... Sie wissen vielleicht nicht, daß ich... daß ich infolge meiner Krankheit die Frauen überhaupt noch nicht kenne.."


    Sein Eingeständnis ist schon starker Tobak; gleichzeitig wird er durch sein Widersacher zum, wenn auch komischen Heiligen gestempelt. Und die Schmeißfliege Lebedeff, wie Rogoshin ihn selbst betitelt, ist einer, den man mitherkömmlichen Mitteln wohl kaum loswerden wird:


    Zitat

    "Nun zu, schlägst du mich, so wirst du mich nicht fortjagen. Schlage nur! Gerade damit erwirbst du dir meine Freundschaft. Hast du mich erst einmal verbleut, so hast du damit die Freundschaft besiegelt..."


    Was ist dem entgegenzusetzen? Die penetrante Macht des Unterwürfigen würde ich sie nennen.

    Moin, Moin!


    Auf einige meiner Ressourcen, die durch die Lektüre des "Idioten" sicher anwachsen werden, möchte ich hinweisen: <a href="http://www.wikiservice.at/buecher/wiki.cgi?Dostoevskij">BücherleiWiki: Dostoevskij</a>, <a href="http://www.bibliomaniac.de/zitate/zitate1.htm#dosto1">Dostoevskij-Zitate</a> und die <a href="http://www.bibliomaniac.de/fab/split/dosto.htm">Dostoevskij-Splitter</a>.