Beiträge von JMaria

    Hallo zusammen,


    mich beschäftigt die Aussage Marcel Reich-Ranicki, dass das 19. Jahrhundert kaum eine nennenswerte Schriftstellerin in Deutschland hervor brachte. Ich zitiere aus Lauter Lobreden


    Zitat:
    Kannte das neunzehnte Jahrhundert auch nur eine einzige deutschsprachige Erzählerin, die man Jane Austen und George Eliot an die Seite stellen könnte? Kannten wir in der deutschen Literatur der ersten Hälfte unseres Jahrhunderts
    (20.Jahrh.) Schriftstellerinnen, die sich mit Katherine Mansfield oder gar mit Virginia Woolf vergleichen ließen? Gab es nach dem Zweiten Weltkrieg eine Frau, die eine ähnliche Rolle in unserem literarischen Leben gespielt hätte wie Simone de Beauvoir in Frankreich? Wie hoch ist in den Literaturen der kleinen skandinavischen Völker der Anteil der Frauen - von Selma Lagerlöf bis Tania Blixen -, wie selbstverständlich ihre Funktion seit mindestens hundert Jahren in der tschechischen Literatur oder in Polen, wo sie sich niemals als schwache und schutzbedürftige Wesen präsentierten, vielmehr überaus tüchtig waren und beherzt in der Öffentlichkeit auftraten. Es ist doch wohl kein Zufall, daß die einzige Frau, die als Politikerin und Publizistin Einfluß auf die Öffentlichkeit im spätwilhelminischen Deutschland ausüben konnte, eine polnische Jüdin war: Rosa Luxemburg.


    so aus den ersten Passagen zum Kapitel "Ricarda Huch, der weiße Elefant" .


    Der obige Auszug ist wie benannt nur ein Auszug und gibt nicht das ganze Thema her und Marcel Reich-Ranicki nennt ein paar Schriftstellerinnen, die man nicht unterschätzen sollte, deren Einfluß sich aber in Grenzen hielten.


    Woran liegt das, frag ich mich. Denn ich war auch schon auf der Suche nach einer deutschen Schriftstellerin, ähnlich der Virginia Woolf. Der angelsächsische Sprachraum scheint mir mehr Raum für Schriftstellerinnen gegeben zu haben.


    Lag es an dem langen 'Schatten' Goethes u.a. herausragende Dichter und Erzähler, dass sich kaum eine Schriftstellerin 'heraus' wagte mit neuen Ideen?


    Gab es in England einen Dichter wie Goethe? Wenn nicht - vielleicht konnten die Frauen dort deswegen 'mutiger' sein?


    Fragen über Fragen.
    Viele Grüße
    Maria

    Hallo zusammen,


    mich läßt ein Satz, den ich in einem Buch las nicht los und weil ich mich in der Klassischen Musikgeschichte nicht sehr gut auskenne, wende ich mich an euch, vielleicht könnt ihr es mir erklären:


    Zitat:
    Und noch ein Beispiel aus der Musikgeschichte: Bach war in er der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts nahezu gänzlich vergessen, erst Mendelssohn mußte die musikalische Welt mit seinen Werken bekannt machen.

    Zitat_Ende (Quelle: "Lauter Lobreden" von Marcel Reich-Ranicki).


    Wie hat Mendelssohn die Werke Bachs' bekannt gemacht? Ist hier Felix Mendelssohn Bartholdy gemeint?
    .
    .
    .
    Während ich dies schrieb, habe ich doch nochmals parallel dazu gegoogelt und habe die Antwort nun selbst entdeckt *lach*


    Naja, ich lass den Thread jetzt trotzdem mal stehen, vielleicht fällt euch dazu noch was ein oder jemand interessiert sich für die Antwort die ich hier fand: MDR.de


    So, jetzt druck ich mir den Text erstmal aus.


    bis dann
    Maria

    Hallo zusammen,


    Ich beschäftige mich immer noch mit Eduard von Keyserling. Nach "Fräulein Rosa Herz" habe ich mit "Beate und Mareile" weitergemacht. Wie immer fasziniert mich wie Keyserling seine Geschichten zum Ende bringt. Auch in "Beate und Mareile" ein Ende, das dem Leben der Protagonisten noch so einiges offen läßt. Als Nebentitel hat "Beate und Mareile" den Zusatz "Eine Schloßgeschichte". Das klingt trivial, aber das sollte den Leser nicht täuschen, denn es steckt sehr viel mehr darin. Es geht um die Ehe, die Sexualität im 19. Jahrhundert, erstaunlich offen und auch versteckt geht der Schriftsteller dieses Thema an.


    Steffi: die Geschichte ist voll von Blumenmotiven und Symbolik.
    Weißt du ob es eine dunkelrote Rose gibt, namens: Sultan von Zanzibar?
    Mareiles' Kleid war geschmückt mit diesen Rosen.


    Google gab auf die Schnelle nichts her.


    @alle:
    gibt es eine Biographie über diesem Schriftsteller? Bei Amazon bin ich nicht fündig geworden.


    Viele Grüße
    Maria

    Hallo zusammen,


    angeregt durch diesen Thread lese ich derzeit "Lauter Lobreden". Gefällt mir sehr gut. Da bei mir eine große Wissenslücke in Bezug der Nachkriegsliteratur herrscht, ist diese Sammlung von Essays und Lobreden über div. Autoren sehr hilfreich mehr über diese zu erfahren. Insbesondere interessiert mich Wolfgang Koeppen, Hilde Spiel, Hans Werner Richter, Ricarda Huch, Marie Luise Kaschnitz.


    Ist sicherlich nicht das letzte Buch das ich von Marcel Reich-Ranicki lese.
    Grüße
    von Maria

    Zitat von "sandhofer"

    Hallo troll!


    Das ist z.B. im Grossen Forum nebenan eingeführt worden. Es macht die Startseite aber nur unübersichtlicher; wirklich mehr Information habe ich ja nicht. Ob und wer auf welchen andern Thread auch noch geantwortet hat, sehe ich ja sowieso nicht. Alles, was 'rausschaut dabei, ist, dass man mit der Maus noch genauer zirkeln muss, wenn man den letzten Beitrag aufrufen will. Also von meiner Seite ein ganz klares Nein.


    Sandhofer


    Hi zusammen,
    schließe mich Sandhofers Worten an. Ich finde es zu unübersichtlich und ich muß sowieso in die Foren reinklicken um zusehen, ob noch andere Themen bearbeitet wurden.


    bin nicht dafür.
    LG Maria

    Hallo zusammen,


    kennt jemand von euch bereits "Fräulein Rosa Herz" von Eduard von Keyserling?


    Ich habe es in den letzten Wochen gelesen. In einer Vita über Keyserling wurde geschrieben, dass er eher pessimistisch schreibt. Das mag auch in diesem Roman anklingen, dennoch steckt auch viel Humor und Weisheit in dieser Geschichte und am Ende des Romans so eine stille Resignation, dass sich die Geschichte wiederholen könnte, oder auch nicht... Genau die Art von Ende, die mir zusagt.


    Der Roman spielt in der Biedermeierzeit. Ein 17jähriges Mädchen mit dem Drang aus der Kleinstadt heraus zukommen und der Sehnsucht nach Liebe, gerät an einen jungen leichtfertigen Mann... Ihr könnt' euch vorstellen, dass das der Kleinstadt nicht verborgen bleibt.


    Hier noch ein Bericht über Keyserling:
    Der Fontane in Moll


    für mich war Keyserling die Entdeckung aus der SZ-Reihe.
    Gruß Maria

    Hallo Ivy
    oweh - was auch immer es ist, ich bins' nicht.
    ich hab bereits gestern das Album wieder raus genommen. Die Bilder sind also nicht mehr zu finden.

    tust du mir einen Gefallen? Könntest du deinen Text editieren und den Namen wieder rausnehmen. Das wäre nett.


    Gruß Maria

    Zitat von "nimue"

    Hallo Maria,


    vielen Dank für den Hinweis. Da ich mir schon lange eine "ordentliche" Ausgabe des Peter Pan kaufen möchte, kam er mir sehr gelegen. Leider habe ich keine Ahnung, welche (deutsche oder englische) Ausgabe nicht bearbeitet ist, sondern den ursprünglichen Text verwendet. Kann mir da jemand weiterhelfen? Ein Kinderbuch möchte ich mir nur ungerne kaufen. (Das gleiche Problem habe ich übrigens auch bei "Alice im Wunderland").


    Liebe Grüße
    nimue


    Hallo nimue


    ich habe vom Dressler-Verlag eine Peter Pan Übersetzung. Da ich wissen wollte, ob sie ungekürzt ist, habe ich bei der Verlagsgruppe Oetinger nachgefragt, hier die Antwort:


    [i]
    danke für Ihre Anfrage betreffend Peter Pan. Nein, unsere Ausgabe ist nicht gekürzt. In den allermeisten Fällen sind die Bände unserer Klassikerreihe (die übrigens seit ihrer Umgestaltung 1998 nicht mehr Dressler Kinder Klassiker sondern nur noch Dressler Klassiker heißt) unbearbeitet. In einigen wenigen Fällen lassen sich Kürzungen nicht ganz vermeiden, wenn der Umfang des Buches - wie z. B. bei Moby Dick - den Rahmen dieser Reihe sprengen würde. Auf keinen Fall jedoch sind die Titel dieser Reihe "kindgerecht" bearbeitet, wir haben durchaus den Anspruch, auch Kindern einen möglichst originalgetreuen Text zu bieten.


    In der Hoffnung, Ihnen weitergeholfen zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
    --------------------


    Hallo zusammen,


    heute (15.03.05) stand in meiner Tageszeitung, dass auf Peter Pan neue Abenteuer warten.


    Die britische Kinderbuchautorin Geraldine McCaughrean wird unter dem Titel Captain Pan (*argh*) eine Fortsetzung schreiben.


    Das Kinderkrankenhaus Great Ormond Street in London, das die Rechte an dem Originalwerk besitzt, hatte im vergangenen Jahr einen Wettbewerb ausgeschrieben.


    Geraldine McCaughrean (53), hat mehr als 130 Bücher und Stücke geschrieben.


    Ich kenne die Kinderbuchautorin nicht. Vielleicht benötigt das Kinderkrankenhaus weitere Gelder um auf eine solche Idee zu verfallen.


    Viele Grüße
    Maria

    Hallo Steffi


    nicht erschrecken, mir ist noch etwas untergekommen, das ich posten möchte. :breitgrins:


    nochmals zurück zum Kapitel 1910. Mich beschäftigte noch immer die unterschwellige Gewalt, die darin erwähnt wird. Vielleicht kannst du dich noch erinnern, dass Rose ihre Cousinen Sally und Maggie besucht und dann Sally mitnimmt auf dieses Treffen.


    Bei diesem Treffen findet sich ein: Eleanor, Kitty, Mr. Pickford, Miriam usw...


    Hier noch ein Auszug zu den versteckten Hinweisen auf Gewalt:


    S. 161
    Vermutlich gibt es keinen anderen Weg, dachte sie (Eleanor)...


    S. 162
    „... und wir haben die ganze Angelgenheit in aller Offenheit diskutiert,“ sagte Kitty..


    S. 163
    Dann legte Mr Spicer wieder los; und Kitty fiel ein. Jetzt kam Rose. Sie waren alle unterschiedlicher Meinung. Eleanor hörte zu....


    S. 164
    „Was für ein starrköpfiger Haufen sie sind!“ sagte Kitty, sich an Eleanor wendend.
    „Gewalt ist immer falsch – findest du nicht auch? – immer falsch!“


    dazu habe ich noch was gefunden, das evtl. ein bisschen Licht in das Kapitel bzw. in die damalige Situation bringt.


    In dem Buch: Inspiration Bloomsbury: Der Kreis um Virginia Woolf wird im Kapitel „Liebe und Farben“ von Frances Spalding erwähnt, dass Roger Fry 1910 diese aufsehenserregende Ausstellung der Postimpressionisten machte. Für uns sind diese Werke von Matisse, van Gogh, Cezanne, Manet,... unbestritten Kunstwerke, zu damaliger Zeit war die englische Gesellschaft entsetzt. Interessant dazu ist, was diese Ausstellung an Reaktionen auslöste. Ich zitiere aus dem Buch (S. 81):


    [Zitat]
    Die Öffentlichkeit empfand die Bilder als revolutionär, witterte Gewalt und verband sie mit damals aktuellen politischen Unruhen. In der durch die Ausstellung entfachten Diskussion gerieten die Bilder in Zusammenhang mit der Debatte um die irische Selbstbestimmung, mit dem Streik der walisischen Bergarbeiter – der im November vom Militär beendet worden war -, selbst mit der Angst vor einer deutschen Invasion, sowie der zunehmenden Gewalt der Frauenrechtlerinnen. Die Suffragetten waren wenige Tage nach Eröffnung der Postimpressionisten-Ausstellung ins Unterhaus einmarscheirt, als dort die Frage des Wahlrechts für Frauen verhandelt wurde. In den darauffolgenden sechsstündigen handgreiflichen Auseinandersetzungen hatte es hundertsiebzehn Verhaftungen gegeben. Diesem „Schwarzen Freitag“ folgte eine Welle der Gewalt; Fensterscheiben splitterten, Bilder wurden zerstört, Bomben explodierten und Feuer wurde gelegt, als die Suffragetten ihre Hoffnung auf parlamentarischen Einfluß schwinden sahen und Gewalt als ihr letztes Mittel erkannten. Die Frauenrechtlerinnen hatten mit den Postimpressionisten insofern einiges gemeinsam, als beide nicht nur enorm vital, sondern auch hundertprozentig von ihrer Sache überzeugt waren....[Zitat_Ende]


    die nachfolgenden Ausführungen zu diesem Thema lesen sich weiter sehr informativ und interessant. ‚Kunst und Leben seien nicht voneinander zu trennen’ so Roger Fry, die Bilder haben nicht nur ästhetische Wertmaßstäbe angegriffen sondern die existierende Gesellschaftsordnung ein wenig in Frage gestellt.


    und das wollte Virginia Woolf auch mit ihrem Buch „Die Jahre“.


    Liebe Grüße
    Maria

    Zitat von "Zola"

    Typ "Bücherwurm": Zweireihig bis auf den letzten Zentimeter vollgestopfte Regale (meist Modell Ivar oder Billy)


    Und zu welchem Typ gehörst du?


    Hi zusammen,


    "Bücherwurm" mit (noch) Platzmangel in den Regalen. Kein Modell Ivar oder Billy, sondern Marke Eigenbau aus Edelstahl :breitgrins:


    achja, Frage:


    Zitat

    Typ "Abenteurer": Hat gar keine Bücher in der ganzen Wohnung. Kein einziges. Nicht mal ein Kochbuch.


    warum ist jemand der kein einziges Buch im Haus hat, ein Abenteurer?
    geht das wieder in die Richtung, dass Bücherwürmer nicht 'richtig' Leben?
    (wir hatten da doch irgendwo einen Thread dazu)
    *grübel*


    LG Maria

    Hallo Steffi


    Zitat


    Zu den Flecken fällt mir noch VW's berühmte Kurzgeschichte "Das Mal an der Wand" ein.


    es gibt für mich noch viel zu lesen von Virginia Woolf :-)


    du hast noch wichtige Gedanken eingebracht, die mir nicht auffielen. Super.
    z.B. Kitty und ihre evtl. Ähnlichkeit mit Vita Sackville-West. Du hast recht, Kitty wird im Buch auch etwas männlich beschrieben, kommt im Alter noch stärker zu tage. Vita Sackville-West hatte ja auch etwas maskulines an sich.


    oder Peggys Fixierung auf Schuhe. Sehr seltsam.
    Der Hinweis von dir auf die Ängste der jüngeren Generation fand ich sehr schön. Ein Weltkrieg mitzumachen muß furchtbar gewesen sein, aber auch noch einen zweiten.... das ist Wahnsinn :sauer:


    die wirklich wichtigen Dingen auszusprechen kamen die Protagonisten nie dazu. Entweder fehlten ihnen die Worte, oder sie wurden unterbrochen oder es gab einfach keine Antwort auf Fragen wie nach dem Sinn des Lebens, diese Frage hat Eleanor mit in die neue Generation geschleppt, so dass Peggy schon wußte, was Eleanor wieder mal fragen würde.

    sind die Pargiter mit ihrem Leben zufrieden?
    Ich denke, es lief nicht alles so wie sie es sich dachten. Edward gab zu, dass er nicht so glücklich in seiner Gelehrtenlaufbahn ist. Martin wäre gerne Architekt geworden, statt zum Militär zu gehen.
    Kitty wäre lieber auf dem Land, diesen Wunsch erfüllt sie sich erst im Alter.


    Maggy und Renny habe ich sehr positiv in Erinnerung, sie wirkten auf mich wie ein richtiges Paar, gleichberechtigt. Nicht so wie deren Eltern oder die Ehe von Abel Pargiter und seiner heimlichen Mätresse.


    danke für die schöne Leserunde :winken:


    Liebe Grüße
    Maria

    Hallo Steffi


    Zitat von "Steffi"


    Ich bin nun auch in der Gegenwart. Interessanterweise tauchen nun allmählich alle Verwandten auf Delias Fest auf. Wurde gesagt, aus welchem Anlass sie das Fest gibt ? Peggy spricht immer mit sich selbst; sie erinnert mich ein wenig an manche Figuren aus dem Ulysses. Sie versucht, Vergangenheit und Gegenwart miteinander zu verknüpfen - vielleicht fühlt sie sich ohne Halt ? Es ist manchmal schwierig, die Hintergründe der Gespräche herauszufinden. Warum z.B. trödeln Nicholas und Renny so lange ? Eleanor ist nun zum Inbegriff des viktorinischen Zeitalters geworden und ich frage mich, wie sie in diese Position hineingerutscht ist ?


    das letzte Kapitel wirft Fragen auf. Der Anlass des Festes wurde nicht genannt.


    Nicht Peggy, auch ihr Bruder North hingen ihren Gedanken nach. Mich erinnerte es an div. Passagen aus "Zum Leuchtturm". Ähnlich dem Gedankenfluss von Lili Briscoe. Viele Gespräche wurden begonnen, aber nicht zuende geführt. Dieses 'Stehenbleiben' mitten im Gespräch fand ich irgendwie spannend.


    Mir fiel noch auf, dass sich durch das gesamte Buch 'Flecken' ziehen. Es beginnt zu anfangs mit dem Patriarchen Abel Pargiter, der einen weißen Fleck im Gesicht hatte. Ich glaube auf einem Gemälde eines Vorfahrens ebenfalls. Diesen Flecken im Gesicht begegnet uns im Buch ziemlich oft.
    Keine Ahnung warum.


    Ich frag mich warum es zwischen Peggy und North so zu Spannung kommt. Das wird in keinem Satz erklärt. Nur einmal, im Kapitel Gegenwart, wird auf Peggys Bildung hingewiesen. Ist diese Bildung North ein Dorn im Fleisch? Vielleicht Neid?


    Worauf lief ihre "Bildung" hinaus? Sie machte sie nur kritisch, tadelssüchtig. S. 362


    Peggy hingegen sieht in North denjenigen der kleine Gibbses produzieren wird, sie wird kinderlos bleiben.


    Er wird sich mit einem rotlippigen Mädchen zusammentun, und ein alter Langweiler werden. Er muß, und ich kann nicht, dachte sie.... Sie würde keine Kinder bekommen, und er würde kleine Gibbses produzieren...


    Zitat von "Steffi"

    Eleanor ist nun zum Inbegriff des viktorinischen Zeitalters geworden und ich frage mich, wie sie in diese Position hineingerutscht ist ?


    der natürlich Lauf der Zeit?
    In jungen Jahren meint man den Eltern weit fortschrittlicher zu sein. Mit dem Alter nähert man sich wieder den Eltern? Die Kluft der Generation wird wieder geringer? Schwer für mich zu erklären.


    Nicholas führte das Wort "Poppycock" (Papperlapapp, Quatsch) ein. Ein amerikanischer Slang? Eine versteckte Verbindung zu Amerika, die moderne Welt?


    Delia versucht die Kluft zu überbrücken indem sie Leute aus allen Schichten einläd. Der Höhepunkt: die Kinder des Hauswarts, die größere Stücke Kuchen bekommen und dann ein Lied singen, das die Gäste garnicht verstehen. Auch so eine Vision von Virginia Woolf?


    Im Nachwort heißt es, dass Virginia Woolf "Faktum und Vision" in "Die Jahre" vereinigen wollte. Das ist ihr meines Erachtens gelungen.


    Besonders fiel mir das in folgender Szene auf:


    ...Und zum Schluß - " .. er nahm sein Glas in die Hand, "hätte ich auf die menschliche Rasse getrunken. Die menschliche Rasse", fuhr er fort, das Glas an die Lippen hebend, "die jetzt noch in den Kinderschuhen steckt, möge sie die Reife erreichen! Ladies und Gentleman!" rief er aus, sich halb erhebend und seine Weste dehnend, "darauf trinke ich!"


    Er stellte sein Glas mit einem Knall auf dem Tisch ab. Es zerbrach.


    was für ein Abschluß. Finde ich sehr visionär, wenn man bedenkt, dass der 2. Weltkrieg sich bereits am Horizont zeigt.


    Trotzdem endet das Kapitel mit Ruhe und Friedlichkeit.


    Liebe Grüße
    Maria

    Hallo Steffi,


    Hier ein kleiner Zwischenstand zum Kapitel "Gegenwart".


    ein paar Gedanken in Kurzform:


    North besucht Sara. Wie immer ist es etwas verwirrend, wenn Sara ins Spiel kommt. Während des Besuchs spielt eine Posaune. Eine Metapher für irgendetwas? Ich verbinde Posaune immer mit 'Ankündigung' oder ähnlichem.


    [Eleonor und Peggy]
    man erfährt, dass Eleonor das Bild ihre Mutter reinigen ließ, so dass nun die Blume wieder sichtbar ist. Der Wunsch des Alters nach frühen Erinnerungen? Das Bild der Mutter blieb ein Kunstwerk, vermittelt Unnahbarkeit.


    Ein Satz, der prophetisch ist:


    "Meinst du, daß wir eines Tages in der Lage sein werden, die Dinge am anderen Ende des Telefons zu sehen?" sagte Peggy...


    wie die Zeit dies in Erfüllung brachte.


    die Geschichte schwengt zwischen North/Sara und Eleanor/Peggy hin und her, bis sich alle bei Delia treffen. Soweit bin ich aber noch nicht.


    Peggy ist eine sehr ernste Frau. Sie trauert um ihren gefallenen Bruder.


    wieder zurück zu North und Sara. Sie lesen Shakespeare:


    "Komödie", sagte er kurz. "Kontrast", sagte er, sich an etwas erinnernd, ws er gelesen hatte. "Die einzige Form der Kontinuität", fügte er aufs Geratewohl hinzu.


    Ist das Leben nicht Komödie und Tragödie zugleich?


    Das erinnerte mich an ein Victor Hugo, der in einem Vorwort zum Roman "Cromwell" (1827) folgendes über Shakespeare schrieb:


    "Hier erreichen wir den poetischen Höhepunkt der modernen Zeiten. Shakespeare ist das Drama, und das Drama, das in ein und demselben Luftstoß das Groteske und Erhabene, das Schreckliche und das Possenhafte, die Tragödie und die Komödie miteinander verschmilzt, das Drama ist diejenige Ausdrucksform, die der dritten Epoche der Poesie, der zeitgenössischen Literatur, zu eigen ist."


    als North, Sara, Maggie und Renny aufbrechen, löscht Maggie das Licht und schaut sich nochmals um:


    Sie knipste das Licht aus. Das Zimmer war jetzt fst dunkel, bis auf ein wäßriges Muster, das über die Decke waberte. In diesem geisterhaften, flüchtigen Licht waren nur Umrisse zu sehen; geisterhafte Äpfel, geisterhafte Bananen und der Schemen eines Sessels. Die Farben kehrten langsam zurück, als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnten, und die Substanz.... Einen augenblick stand sie da und schaute.


    Ich komme jetzt zum Empfang bei Delia.


    Gruß Maria

    Hallo Steffi,
    Hallo zusammen,


    nochmals zurück zu Napoleon, ein beliebtes Diskussionsthema von Nicholas. Es kommt auch im Kapitel "Gegenwart" nochmals kurz vor.


    in einem Nachwort zu Dostojewskij's 'Onkelchens Traum' fand ich folgenden Abschnitt zu Napoleon (der auch in diesem humoresken Roman von Dostojewskij als eine Art Chiffre vorkommt):

    "Für das frühe 19. Jht., das noch keinen Nietzsche kannte, war Bonaparte der Inbegriff des Übermenschen, des macht- und gewalthungrigen Individuums."


    das paßt auch zu den Kapiteln in "Die Jahre"


    (was allerdings Nietzsche in dieser Verbindung zu suchen hat, weiß ich nicht).


    Das Kapitel 1918 war schnell gelesen, fast nebenbei erfährt man, dass der Krieg zuende ist.


    Ich habe die "Gegenwart" begonnen und bin ca. bei der Hälfte des Kapitels. Soll ich eine Pause machen?


    ein schönes Wochenende wünscht
    Maria

    Zitat von "Steffi"


    Im zweiten Teil leitet VW auf Kitty über und es beginnt die wohl schönste Beschreibung bisher - endlich wieder VW wie ich sie liebe: zuerst kommt Kitty ihren gesellschaftlichen Pflichten nach und dann reist sie noch spät mit dem Nachtzug aufs Land. Diese Fahrt (auch später mit dem neuen Auto) erscheint mir wie in eine andere Welt, voller Poesie und Wunder; eine Welt ohne Menschen, ohne Verpflichtungen - wie frei fühlt sich Kitty, wie schön diese Bilder voller Licht und Farben !!!


    Von den Selbstzweifeln "Die Jahre verändern die Dinge; zerstören Dinge; häuften Dinge an - Sorgen und Verdruß;" zum Genuß des Lebens "Sie fühlte sich warm, aufgehoben und behaglich ...".


    Gruß von Steffi


    Hallo zusammen,
    Hallo Steffi


    ich habe 1914 beendet und bin ebenso wie du begeistert von der Schilderung der Fahrt aufs Land. So muß sich V.W. auch immer gefühlt haben, wenn sie von London aufs Land fuhr, nach Monk's House.


    die Abfahrt kam irgendwie überstürzt und es wird dem Leser wieder nur das wichtigste mitgeteilt. Das Organisieren der Reise, evtl. Abschied von ihrem Mann, das kann sich der Leser nur vorstellen. Dass die Reise gut organisiert ist, zeigt dass der Wagen rechtzeitig vorfuhr, der Schaffner seine Ladyschaft erwartete und am Zielort, der Fahrer. Straff organisiert, aber zu unwichtig um es uns zu erzählen :zwinker:


    fast vergessen, es gab wieder so ein Hinweis, dass das alte traditionelle viktorianische Zeitalter vorbei ist und zwar auf S. 244 :

    Das neunzehnte Jahrhundert begibt sich zu Bett, sagte Martin zu sich selbst, als er beobachtete, wie sie (Lady Warburton) am Arm ihres Dieners die Stufen hinunterhoppelte.


    solche Hinweise ziehen sich bisher wie ein roter Faden durchs Buch. Endgültig wird diese Epoche wohl mit dem 1. Weltkrieg zu Grabe getragen.


    Ende Kapitel 1914:


    Die Zeit hatte aufgehört.


    [1917]


    bereits 3 Jahre Kriegszeit.
    Seltsam, dass die beiden Männer über Napoleon gesprochen haben.
    Vielleicht, weil dieser Herrscher nach der "Insel" griff? Wie später es auch Deutschland versucht?


    S. 264

    Die Deutschen!" sagte Renny. "Diese verdammten Deutschen!"...
    "Wieder ein Luftangriff", sagte Maggie und stand auf.


    Auffallend war das verschmutzte Geschirr, und Maggie sagt über sich selbst:


    Ja, wir sind schmutzig".... "zerlumpt", fügte sie hinzu.


    eine desolate Situation? Bedingt durch den Krieg?



    und die Teller..." ..... "Wir machen jede Woche einen kaputt".
    "Sie werden den Krieg über reichen".


    wirkt auf als ob wir mitten im Verfall sind.


    Der Neffe zieht in den Krieg. Sara ist außer sich und Eleanor bedauert ihren Neffen.


    So ähnlich wird sich Virginia Woolf gefühlt haben, als sie hörte wie Julian Bell in den spanischen Bürgerkrieg zog und kaum dort, nach ein paar Wochen sein Leben verlor. Eine schlimme Zeit für Vanessa Bell und Virginia Woolf.


    Nach dem Luftangriff sagt Eleanor zu Nicholas:

    "An die neue Welt..." sagte sie laut. "Meinen Sie, daß wir uns zum Besseren verändern werden?" fragte sie.


    die Antwort lautet "Ja, ja".


    was Eleanor aber nicht als Antwort genügt.


    Ich fand diesen Teil des Kapitels 1917 sehr spannend.


    und dann läßt Sara die 'Bombe' fallen und erwähnt, dass Nicholas homosexuell ist. (Hab ich das richtig verstanden?)

    Sara drückt sich so seltsam aus, sie sagt das 'andere Geschlecht'. Eigentlich müßte es das 'gleiche Geschlecht' heißen. Aber ich denke, sie sagt es in dieser Weise, weil sie es zu Eleanor sagt.


    Müßte Nicholas wirklich wegen seiner Gesinnung im Gefängnis sitzen, bzw. gefahrlaufen, dass es soweit kommt? Ich dachte 1917 war das Gesetz der 'Sodomie' (wie es damals in der englischen Gesetzgebung hieß) bereits geändert.(?)


    Egal, jedenfalls ein sehr offener Vorstoß von V.W.:


    "Ist das für Sie ein Grund", sagte er mit einem kleinen Zögern, "mich zu verabscheuen, Eleanor?"........


    "Nicht im Geringsten"... Den ganzen Abend über hatte sie in bezug auf ihn, mit Unterbrechungen, dies, das und was nicht alles empfunden; aber jetzt trafen all diese Gefühle zusammen und ergaben ein einziges Gefühl, ein Ganzes - Zuneigung.


    ich denke, da liegt auch das Geheimnis der Erzählkunst Virginia Woolfs. Sie versucht immer das Ganze zu sehen, mit all seinen Augenblicken.


    das Kapitel endet mit einem ganz normalen menschlichen Bedürfnis: Essen.
    Nach all' dem Schrecken des Luftangriffs, sitzt im Bus ein alter Mann, zwinkert Eleanor zu und zeigt ihr was er in seiner Papiertüte hat:
    Brot mit Wurst belegt. Das Leben geht weiter.


    Komme zum Kapitel 1918.


    Viele Grüße
    Maria

    Hallo zusammen,


    sandhofer: Gute Besserung! :knuddel:


    Zitat von "Steffi"

    Vermutlich kommen in ihren Texten immer wieder solche Anspielungen vor, sie war ja eine vielbeschäftigte Literaturkritikerin. Leider gibt es keine ausführlich kommentierte deutsche Ausgabe, wobei VW ja überhaupt im deutschsprachige Raum sehr stiefmütterlich behandelt wird :sauer: Wie es in den englischsprachigen Ländern aussieht, weiß ich nicht.


    volle Zustimmung. Vielleicht besinnt sich der Fischerverlag seiner Autorin in der Zukunft. Ich glaube, es ist noch nicht mal alles übersetzt.


    Zitat


    Ich habe am Wochenende 1914 beendet, dazu hatte ich folgende Gedanken:


    ich bin noch im Kapitel 1914 und zwar in London.


    [1914]


    Diverse Uhren spielen eine große Rolle, so fiel es mir auf. Nicht alle Uhren gingen gleich.


    Es gab Pausen, Stillen .... Dann schlugen die Uhren aufs neue.


    in der Ebury Street eine brüchig klingende Uhr.
    die Bahnhofsuhr geht immer vor... usw.


    Martins' Gang durch London fand ich wie ein Zeitdokument. Ganz fantastisch. Man könnte mit dem Kapitel durch London ziehen und sich in die Vergangenheit tragen lassen.


    Virginia Woolf versteht es einfach Momente und Augenblicke zu erfassen. Dinge erfassen, die als Kleinigkeiten abgetan werden, aber doch so wichtig sind.


    Dieser Satz hat es mir angetan. (Fischer TB S. 207)


    Die Omnibusse strudelten und kreiselten in ewiger Strömung rund um die Stufen von St. Paul's.


    Viele Grüße
    Maria

    Hallo zusammen,


    ich habe letztes Jahr bereits dieses Kartenspiel entdeckt und selbst wenn man keine Spielpartner hat, sind die Karten ansehenswert und witzig in ihrer Einteilung.


    Hier der Spiegelbericht:


    [Url=http://www.spiegel.de/kultur/literatur/0,1518,342148,00.html]Literaten-Quartett[/url]


    das Literaten-Quartett kann man bei Libri.de bestellen, falls sich jemand dafür interessiert.


    Gruß Maria

    Hallo Steffi


    ich möchte dir noch meine neue Woolf-Errungenschaft vorstellen, das ich letzte Woche gebraucht bei Amazon-Marketplace gekauft habe:


    Reisen mit Virginia Woolf


    darin sind Reiseessays enthalten, die sie für Zeitschriften geschrieben hat.
    Auszugsweise heißt es in der Einleitung:


    Sie schrieb kein einziges Reisebuch, sie schrieb nur einige wenige Reiseessays für Zeitschriften, und in ihren Tagebüchern und Briefen war sie, was Reiseberichte betraf, bewußte zurückhaltend. Selbst in ihren jungen Jahren hütete sie sich vor dem, was sie "deskriptives Schreiben" nannte.....


    Virginia Woolf genoß ihre Reisen sehr, daheim oder im Ausland, und noch ein halbes Jahrhundert nach ihrem Tod bleibt uns ihr Vergnügen in ihren verstreuten Erinnerungen an Bewegung und Beobachtung erhalten, als ein überwiegend fröhliches Vermächtnis eines großartigen, aber tragischen Lebens.


    Gruß Maria