Beiträge von giesbert

    Auf meine ganz marginale, Frage: Strudlhofstiege vs Dämonen? ist aber leider bisher niemand eingegangen.


    ich habe beide Romane zwar mehrfach gelesen (Doderer war Thema der mündlichen Prüfung), habe aber keine so handfesten Erinnerungen mehr daran, dass ich substantiell etwas zur Klärung der Frage beitragen kann. Nur so viel: Mir ist kein Qualitätseinbruch in Erinnerung geblieben. Die Dämonen scheinen mir um ein vielfaches komplexer und vielschichtiger zu sein als die Strudlhofstiege (jedenfalls aus Doderers Perspektive, also vom Plan und Anlage des Romans her); als schlicht überwältigend habe ich die Schilderung des Justizpalastbrandes in Erinnerung.

    Vielleicht kann man sich darauf einigen, dass Doderer kein Meister des "Plot" und der Romankonstruktion war


    Ganz bestimmt nicht 8-)


    Es ist etwas länger her, dass ich die beiden Romane gelesen habe -- aber sie sind geradezu mustergültig konstruiert. Und dass angeblich "nichts passiert" kann man ja nun auch nicht sagen. Da gibt es doch wortwörtlich Mord & Totschlag genug.


    Weshalb das bekannte Apercu über Doderer - Doderer schreibt einen neuen Roman. Sein Inhalt: Herr K. geht über die Ringstraße. Die erste 1000 Seiten sind schon fertig - zwar ganz lustig, aber falsch ist.


    Im Grunde sind das ja lauter Gemeinheiten.

    Zur Zeit lese ich alles mögliche durcheinander:


    - Karl May, Ardistan & Dschinnistan (ein etwas zähes und seltsames Stück)
    - Hermann Wohlgschaft, Karl May (eine 3-bändige May-Biografie, mal sehen, wie weit ich komme)
    - Anton Tantner, Die Hausnummer (Gechichte der Hausnummern, interessantes Büchlein)
    - Walter Moers, Die Stadt der Träumenden Bücher (die derzeitige Hauptlektüre; nachdem der "Schrecksenmeister" schon da ist, muss ich mich sputen 8-))


    Geplant: Noch mal Kellers "Die Leute von Seldwyla", mindestens aber Spiegel, das Kätzchen (direkte Vorlage für den Schrecksenmeister)

    So habe ich zwar fest vor, "Finnegan's Wake" mal zu lesen


    Den lieb ich, der unmögliches begehrt!


    Da ich weiß, dass ich FW niemals werde lesen können, kümmert's mich auch nicht, dass ich es noch nicht gelesen habe.


    Aber ich hör's mir gelegentlich in Auszügen an, es gibt ganz wunderbare Lesungen, auch von Joyce selbst. Das ist zum einen ganz erstaunlich musikalisch (anders es gesagt - es "klingt gut"), zum anderen ist vieles sehr komisch. Also vieles von dem wenigen, das ich mitbekomme. Und anderes ist sehr beeindruckend, zB der Schluss des Wäscherinnen-Kapitels, bei Joyce geht das in einen wiesollmansagen mythisch raunenden Singsang unter, ziemlich toll.


    <a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Lese-Absichten</a> - Es heißt immer, man könne eine Menge über jemanden erfahren, wenn man weiß, welche Bücher er liest. Viel informativer ist aber oft, was derjenige gerne lesen möchte. [<a href="http://www.focus.de/kultur/buecher/was-uns-nervt_aid_66128.html">Weiter</a>]


    Hm, mal sehen -


    Joseph-Trilogie
    Suche nach der verlorenen Zeit
    Fluß ohne Ufer
    Mann ohne Eigenschaften

    ist doch egal ob ich weiß wie es ausgeht.


    Nein, ist es nicht.


    Schließlich sollte der Leser "einige Überraschungen, die er doch nur einmal hat" (Jean Paul), nicht leichtsinnig aufs Spiel setzen.

    Zitat

    Welche Verwerfungen [der Tod des Helden] mit sich bringt, zeigt das Schicksal vieler Karl-May-Leser, die sich in jungen Jahren auf ein Leben mit Winnetou eingestellt hatten und nach dessen Tod im dritten Band nie wieder ein Buch zur Hand nahmen. Stattdessen verfolgen sie im Fernseher die "Lindenstraße", das einzige Werk von Menschenhand, das fortdauert bin in alle Ewigkeit.


    (SZ Streiflicht, 16. 7.)

    Wassermanns "Fall Maurizius" beendet, P. G. Wodehouse "Onkel Dynamit" begonnen. Wassermann ist erstaunlich, Wodehouse auf den ersten 30 Seiten (weiter bin ich noch nicht), sehr amüsant.

    Das Thema ist aber schon älter:


    wird aber nicht richtiger.


    Die Harry-Potter-Story wird mit Band 7 abgeschlossen sein, da bin ich mir sehr sicher; die Romane folgen einfach zu deutlich dem klassischen Copperfield-Muster.


    Was natürlich nicht ausschließt, dass Rowling später noch Geschichten in der HP-Welt ansiedelt (so, wie es sie es mit ihren beiden Nebenbändchen "Quidditch through the ages" und "Fantastic Beasts & Where to find them" bereits getan hat).


    Was JKR in dem Interview sagt, ist nicht mehr, als eine Selbstverständlichkeit: Die geplante Geschichte ist mit Band 7 erzählt und zuende. Aber wer kann wissen, ob sie in 10 Jahren nicht noch einmal Lust bekommt, ihre Zauberwelt zu besuchen?


    Das, was die dt. (wohlgemerkt -- die deusche, nicht die britische; die, scheint's, das Interview nicht so gut verstanden hat wie ihre Kollegen vom Festland) da zusammenfaselt, ist das übliche dumme Zeug. Gewürzt mit der hierzulande unvermeidlichen Prise Neid und Überheblichkeit.

    Sehr schön. Aber sowas hatten wir doch schon mal? Ist wohl in irgendwelche Untiefen versunken.


    Und damit das nicht ganz off-topic ist: Derzeit spukt durch die dt. Presse die Meldung, JK Rowling würde einen 8. Harry-Potter-Band (Jugendbuch-Klassiker in spe und damit on-topic ;-)) nicht ausschließen. Was kompletter Blödsinn und ein weiterer Beleg für die teilweise erschreckend miese Qualität dt. Agentur-Meldungen ist. Näheres und einen Link zu dem sehenswerten Rowling-Interview, auf dem diese Falschmeldung beruht, gibt es hier:


    http://blog.handelsblatt.de/indiskretion/eintrag.php?id=1400

    im Russischen - und also auch im russischen Dostojewskijoriginal - werden Diminutive viel, viel häufiger benutzt als im Deutschen


    Was ja eher ein Argument dafür wäre, sie nicht zu übersetzen, zumindest nicht als Diminutiv, der hat im Deutschen ja anscheinend ein ganz anderes Gewicht als im Russischen.


    Zitat

    was wirft denn Nitzberg Urban im Volltext so vor? Das würd mich sehr interessieren! Und der Artikel ist leider nicht im Webbereich erhältlich.


    das müsste ich noch mal raussuchen, falls ich das nicht schon ins Altpapier geworfen habe. Aber es sind die unter Übersetzern wohl üblichen Vorwürfe: Missverstehen des Originals, falsches Deutsch, Witze ohne Witz etc. Er bringt ein paar Beispiele, Urban vs. andere Übersetzungen, die schon ziemlich heftig waren. Allerdings kann man sowas wohl mit jedem Übersetzer machen, der eine hinreichende Menge übersetzt hat.

    In der SZ findet sich heute ein Artikel über Googles Arbeit in Oxford ("Google scannt die Welt"). Mit einer erstaunlichen Information:


    Zitat

    In Oxford ... hat man gegen Ende 2005 mit der konkreten Massendigitalisierung der Bücher begonnen. Über eine Million Bände allein aus Oxford sollen der allwissenden Weltmaschine im sogenannten Volltext zugeführt werden. ... Richard Ovenden von der Bibliotheksleitung ... berichtet uns jetzt, ...: Google und die Bodleiana seien mit dem Projekt so weit fortgeschritten, dass die Arbeit in nicht mehr als einem weiteren Jahr abgechlossen sein wird. ... Im Jahr 2008, heißt das, wird das gesamte 19. Jahrhundert der Oxforder Buchbestände, einer der bedeutendsten Sammlungen der Welt, überall im Internet zugänglich sein.

    Also, hat sich das schon in den russischen Originalen verselbständigt, oder in den Übersetzungen


    In der europäischen oder wohl gar nur deutschen Wahrnehmung. Aber wie gesagt, allzusehr würde ich mich auf mein löchriges Gedächtnis da auch nicht verlassen. - Wäre vielleicht ganz interessant, einmal englische und dt. Übersetzungen russischer Literatur zu vergleichen.


    Die Diminutiverei kam mir da insgesamt sehr ausgeprägt vor. Da das eine ganze Menge verschiedener Übersetzer waren, muss da irgendwie was typisches dran sein. Nicht nur bei dem allgegenwärtigen "Mütterchen".


    Dazu hat, glaube ich, Geier selbst etwas gesagt bzw. geschrieben. Das scheint eine Art Mode gewesen zu sein und sich dann als "russische Seele" verselbständigt zu haben. Oder so.


    Zitat

    Die Qualität der Geier-Übersetzungen scheint ja außer Frage zu stehen. Wobei ich mich allerdings frage, wie viele der so begeisterten Rezensenten in der Lage sind, das zu vergleichen, also, wie viele von denen denn wohl russisch können.


    tja, das ist das Problem. Kürzlich las ich in "Volltext" eine Kritik eines Russisch-Übersetzers an Peter Urban und seinen fast schon sakrosankten Cechov-Übersetzungen. Mit einigen wirklich haarsträubenden Beispielen. Aber dergleichen ist unter Übersetzern wohl üblich und von Außenstehenden nur schwer durchschaubar.


    Auf welche andere Übersetzung beziehst du dich denn? E.K. Rahsin?
    Wenn beim Titel gefälscht wurde, heißt es übrigens ja noch nicht, dass du die ganze Übersetzung vergessen kannst.


    E. K. Rashin. Und wenn der Titel schon so tendenziös verfälscht wird, liegt der Verdacht nahe, dass es um den Rest ebenfalls nicht gut bestellt ist. Wenn ich mich da richtig an meine Vergleicherei erinnere, ist Rashin durchwegs glatter, mit starkem Hang zum Diminuitiv. Was bei Geier schlicht eine "Kammer" ist, wird bei Rashin zum "Stübchen" etc.


    (Und gerade stelle ich fest, dass ich auch den Idioten in der Geier-Übersetzung habe. Sowas.)


    Mein aktuelles Problem: "Schuld und Sühne" von Dostojewskij...Manesse (billiger), oder Winkler (ca 50 Euronen)?


    In diesem konkreten Fall: weder noch. Die Übersetzung mit "Schuld und Sühne" ist einfach falsch, außer Swetlana Geiers "Verbrechen und Strafe" bleibt da leider nichts. Das ist nicht einfach eine Geschmacksfrage, die man auch anders entscheiden könnte, Geiers Text ist ein völlig anderer Roman. Ich hab mal ein paar Stichprobenvergleiche gemacht (Schuld und Sühne vs. Verbrechen und Strafe / Die Dämonen vs. Böse Geister) - da liegen Welten dazwischen.


    Blöd nur, dass ich kein Russisch und also auch nicht beurteilen kann, wer denn nun "richtiger" ist - aber da wollen wir Geier mal glauben 8-). - Immerhin, bei Schuld und Sühne / Verbrechen und Strafe hat man auch als nicht russisch Sprechender ein Indiz, dass Geier richtig liegt: Die englische Fassung heißt "Crime and Punishment".


    Hm ... die Werbung nimmt (gefühlt) noch mehr Platz ein; der Text ist nun winzig klein gesetzt ... schon schwierig genug zu lesen, wenn's darum geht, mal kurz was nachzuschlagen. Für eine Lektüre am Bildschirm definitiv ungeeignet ...


    och, ich find's nicht schlechter lesbar als vorher. Aber was mich nach wie vor nervt: Man kann die Textdateien nicht downloaden. Das ist für das originale Gutenberg-Projekt eine Selbstverständlichkeit. Aber hier wird alles in kleine HTML-Portionen zerhackt. Aus einfachem Grund: Man möchte gar nicht, dass sich jemand die Texte herunterlädt. Dafür verkauft man je ne CD.


    Da freu ich mich gleich doppelt über die CDs der Digitalen Bibliothek.

    So, ich hab jetzt 200 Seiten "Maurizius" gelesen und finde meinen ersten Eindruck bestätigt. Wassermann beherrscht sein Handwerk bewunderungswürdig; ganz erstaunlich, wie er die Erzählfäden spinnt, den komplizierten Sachverhalt webt und seine Sprache einen sehr langen Atem entfaltet, ohne langweilig zu sein.


    An ungewohnten Wörtern & Wendungen kann ich auch ewas beisteuern: "sie hatte dessen nicht weiter Arg" hab ich so auch noch nie gelesen. Und dass man für "drei" auch "Vierteldutzend" sagen kann, wäre mir auch nicht eingefallen.